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Länderberichte

Regierungsumbildung in Polen

Drei neue Minister ernannt – Klaus „pustet aufs Kalte“ und Pöttering wird in der Tageszeitung Rzeczpospolita angegriffen

Aktueller Länderbericht des Auslandsbüros Polen der Konrad-Adenauer-Stiftung zur Regierungsumbildung in Polen und zur Kritik an Hans-Gert Pöttering, MdEP, in der Tageszeitung Rzeczpospolita.

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Der polnische Premier Donald Tusk (PO) hat am 13. Oktober drei ausgesprochene Fachleute für die Kabinettsposten Inneres, Justiz und Sport benannt, die nach der Entlassung der Vorgänger im Zuge der so genannten Glücksspielaffäre frei geworden waren (vgl. Länderbericht vom 7. Oktober). Gestern, am 14. Oktober, wurden die neuen Minister von Staatspräsident Lech Kaczyński formell ernannt.

Der bisherige Wojewode (Regierungspräsident) von Małopolska (Kleinpolen, Region Krakau), Jerzy Miller (57), wird neuer Innenminister. Miller ist ein Verwaltungs- und Finanzfachmann, der in den 90er Jahren Vizewojewode von Kleinpolen war und danach u.a. 1998-2000 als Vizefinanzminister in der Regierung von Jerzy Buzek, 2001-03 in der Polnischen Nationalbank, 2004-06 als Präses des Nationalen Gesundheitsfonds und 2006/07 als stellvertretender Oberbürgermeister der Stadt Warschau unter der Oberbürgermeisterin Prof. Gronkiewicz-Walc (PO) wirkte. Aus seiner Krakauer Zeit, in der an der Entwicklung der regionalen Partnerschaft mit dem Freistaat Thüringen mitwirkte, ist er mit dem früheren Thüringischen Ministerpräsidenten und Vorsitzenden der Konrad-Adenauer-Stiftung, Prof. Bernhard Vogel, verbunden. Zuletzt hielt er am 9. Juli die Laudatio bei der feierlichen Verleihung des Polnischen Offiziersordens an Vogel in Krakau.

Krzysztof Kwiatkowski, bisher Vizeminister, übernimmt das Justizressort und wird mit 38 Jahren jüngstes Kabinettsmitglied und bis zur anstehenden Gesetzesänderung gleichzeitig Generalstaatsanwalt. Er war von 1997-2001 persönlicher Sekretär des Premiers Jerzy Buzek, dem heutigen EU-Parlamentspräsidenten. Seit 2004 Mitglied der PO wurde er 2007 zum Senator gewählt. Im Senat stand er der Kommission für Gesetzgebung vor. Anfang 2009 wurde er zum Vizeminister im Justizressort berufen. Er sieht seine Schwerpunkte bei der Durchführung einer stärkeren Trennung von Exekutive und Judikative im Ministerium, in der Justizreform, der Hilfe für Opfer von Straftaten und bei der Einführung eines elektronischen Überwachungssystems.

Der Wirtschaftswissenschaftler Dr. Adam Giersz (62) aus Danzig, ebenfalls bisher schon Vizeminister und ehemaliger Tischtennisfunktionär, wird neuer Minister für Sport und Tourismus. Er war bereits in den frühen 1990er Jahren Mitglied der von Donald Tusk geführten Partei „Liberal-Demokratischer Kongress“ (KLD). Seit Ende 2004 arbeitete er im Ministerium für Bildung und Sport. Seit Februar 2005 war er Vizepräsident des polnischen Olympischen Komitees. 2007/08 diente er als Chef des politischen Kabinetts des Ministeriums für Sport und Tourismus. Ende 2008 wurde er ebenda stellvertretender Minister. Seine Ernennung stößt sowohl innerhalb des Ministeriums wie auch beim Koalitionspartner, der Polnischen Volkspartei PSL auf Zuspruch.

Der entlassene Regierungssprecher und PO-Abgeordnete Paweł Graś (45) wird bis zur Bennennung eines Nachfolgers das Amt übergangsweise weiter ausfüllen. Ein neuer Kandidat für den ebenfalls entlassenen jungen Kabinettschef und PO-Abgeordneten Sławomir Nowak (34) wurde nicht benannt. Außer dem Leiter der Premierkanzlei, dem Danziger Journalisten und vormaligen Vorsitzenden des Katholischen Laienrates in Polen, Tomasz Arabski (41), gelten nun nur noch der Chef der Beratergruppe in der Premierkanzlei, Minister Michał Boni (55), und der PR-Berater, Unterstaatssekretär Igor Ostachowicz (40), als engere persönliche Vertraute des Premiers in der Kanzlei.

Unterdessen greift die nationalkonservative Tageszeitung Rzeczpospolita in einer Analyse von heute unter dem Titel: „Klaus pustet aufs Kalte“ die Furcht des tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus vor Ansprüchen von Vertriebenen in Folge des Inkrafttretens des EU-Reformvertrages mit der Grundrechtscharta auf. Richtigerweise wird dabei zunächst kurz darauf hingewiesen, dass die Mehrzahl der Experten meine, die Charta gebe keinen Grund für derartige Befürchtungen. Zudem wird erwähnt, dass der Europäische Menschenrechtsgerichtshof bereits gegen die Klagen von Vertriebenen geurteilt hat.

Falscherweise wird allerdings sodann behauptet und ausführlich ausgebreitet, deutsche Politiker würden sich aktiv daran beteiligen, eine günstige Atmosphäre in Europa für Restitutionsansprüche von Vertriebenen zu schaffen. Als Beispiel wird dafür in wahrheitswidriger Weise die Rede des früheren Präsidenten des Europäischen Parlaments, Hans-Gert Pöttering, auf dem Tag der Heimat des Bundes der Vertriebenen 2007 angeführt, in der er sich ausdrücklich gegen Entschädigungsansprüche und gegen die Klagen der Preußischen Treuhand ausgesprochen hatte. Das Auslandsbüro Warschau der Konrad-Adenauer-Stiftung hat die Rede in seiner Reihe Rapporte der KAS Nr. 6/2008 in polnischer Sprache publiziert (http://www.kas.de/proj/home/pub/48/8/year-2008/dokument_id-13073/index.html).

Allerdings hatte Pöttering damals u.a. mit einem Zitat des polnischen Papstes Johannes Paul II. Vertreibungen als Unrecht klar benannt und hervorgehoben, „dass Staaten nicht das Recht haben, Menschen gewaltsam aus ihrer Heimat zu vertreiben.“

Der Hinweis auf dieses Menschenrecht ist manchen in Polen leider auch heute noch nicht nur unangenehm, sondern auch verdächtig und wird deshalb – wie das Beispiel der Analyse des Berliner Korrespondenten Piotr Jendroszczyk und des Auslandskorrespondenten Wojciech Lorenz der Rzeczpospolita zeigt – zur Verleumdung derjenigen missbraucht, die sich für das Grundrecht des Menschen einsetzen, in seiner Heimat zu leben.

Dass sie sich damit gleichzeitig auch gegen die Grundprinzipien der europäischen Wertegemeinschaft und gegen das Oberhaupt der Katholischen Kirche richten, scheint diesen Leuten in ihrer nationalen historisch-ethischen Beschränkung vielleicht nicht einmal bewusst zu sein. Weil der Beitrag der Rzeczpospolita aber für eine seit Jahren wiederholte antideutsche Polemik in nationalkonservativen Kreisen in Polen steht, die das Bewusstsein der Menschen durch gezielte Dessinformation zu vergiften versucht, gilt es, auf diese Agitation hinzuweisen und sie aufzudecken. Denn sie schürt Ängste und schadet den deutsch-polnischen Beziehungen.

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