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Fotocollage mit Material von The White House/Adam Schultz und Rod Waddington / flickr / CC BY-SA 2.0 / creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/

Relatórios dos países

"This war has to end"

de Fabian Blumberg

100 Tage Biden und Perspektiven für eine Konfliktlösung im Jemen

Ein Ende des Krieges im Jemen – das ist die klare Forderung des neuen US-Präsidenten Joe Biden. Dies markiert eine Wende in der amerikanischen Außenpolitik, die mit einem neuen Kurs auch gegenüber Saudi-Arabien und dem saudisch-iranischen Verhältnis einhergeht. Durch die proaktive Initiative der neuen US-Regierung ergeben sich zum ersten Mal seit langer Zeit Perspektiven für eine Konflikt- und Kriegsbeilegung im Jemen. Viele zentrale Fragen bleiben jedoch noch ungeklärt.

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„This war has to end“ – Die neue Haltung der USA zum Jemen-Krieg

Im Jemen spielt sich die größte humanitäre Krise unserer Zeit ab: 24 der 28 Millionen Einwohner sind auf internationale Hilfslieferungen angewiesen. 250.000 Menschen wurden laut United Nations Development Programme (UNDP) durch Kämpfe sowie mangelnden Zugang zu Nahrungsmitteln, Gesundheitsversorgung und Infrastruktur getötet; dabei handelt es sich in 60 Prozent der Fälle um Kinder unter fünf Jahren. Jemen gilt in der Entwicklung um 21 Jahre zurückgeworfen. Hunger bestimmt das Leben – „large-scale famine is looming“[i]. Die Infrastruktur ist in großen Teilen zerstört. Wenige Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen (laut der Vereinten Nationen nur etwa 50 Prozent) sind funktionsfähig; es mangelt an Personal, Medizin, Schutzmasken, Tests und Elektrizität. Zudem grassieren Cholera, Diphterie und Dengue-Fieber. Alle zwei Stunden stirbt im Jemen eine Frau bei der Geburt eines Kindes aufgrund der desaströsen Gesundheits-versorgung. Reaktionsfähige staatliche Strukturen existieren nicht.[ii]

Vor diesem Hintergrund hatte Joe Biden bereits im Wahlkampf deutlich gemacht, dass die USA auf eine Beendigung des Krieges hinwirken müssten. Er untermauerte dies in seiner ersten außenpolitischen Grundsatzrede als US-Präsident am 4. Februar 2021. Mit Blick auf den Jemen sagte er, der Krieg müsse beendet werden; die USA würden ihre Unterstützung für offensive Operationen im Jemen-Krieg sowie den Verkauf von Waffen, die im Jemen eingesetzt werden könnten, einstellen.[iii] Die Lösung des Jemenkonflikts und die Beendigung des Krieges wurde so zu einem außenpolitischen Schwerpunkt. Mit dieser Haltung bricht Biden mit einer US-Politik, die unter seinen beiden Vorgängern den Krieg im Jemen noch unterstützt hatte. Erstmals überhaupt wird so etwas wie eine Strategie zur Beilegung des Krieges formuliert und praktische Schritte gegangen. Unterstrichen wird der Stellenwert dieses Ziels mit der Ernennung eines Sondergesandten, Timothy Lenderking.

Der praktische erste Schritt war die Einstellung amerikanischer Unterstützung für offensive Operationen Saudi-Arabiens im Jemen. Die Unterstützung beim Schutz gegen Attacken auf saudisches Territorium bleibt zwar bestehen, logistische und geheimdienstliche Unterstützung Saudi-Arabiens bei Operationen im Jemen dürften damit aber beendet sein. Einen plumpen Abzug aus dem Krieg haben die USA damit jedoch nicht vollzogen. Die Beilegung braucht Zeit, Strategie und regionale sowie internationale Unterstützung.

Auf dem Weg, diese Unterstützung aufzubauen, scheinen die USA in den ersten 100 Tagen recht weit gekommen zu sein. Die USA, die Vereinten Nationen und insbesondere der Oman arbeiten intensiv an einer Lösung; hinzu kommen die ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates sowie Deutschland, Schweden, Kuwait und die EU. US-Sondergesandter Lenderking verhandelt unter Vermittlung Omans mit den Huthi-Rebellen, führt „back channel discussions“ und Gespräche mit allen regionalen Akteuren in Abstimmung mit dem UN-Sondergesandten Martin Griffiths. Lenderking bezeichnet die Gespräche als „produktiv“.[iv]

So scheinen die USA willens, gemeinsam mit regionalen und internationalen Partnern, Zeit aufzuwenden und Strategien für eine Beilegung des Krieges und innerjemenitischer Konflikte aufzubauen und umzusetzen.

 

„We want the guns to fall completely silent“ – Ein saudischer Friedensplan

Zu diesen regionalen Partnern gehört offenbar an erster Stelle auch das Königreich Saudi-Arabien. Mit der neuen US-Administration bieten sich dem Königreich Chancen, sich aus einem Krieg zurückziehen zu können, den es bereits seit geraumer Zeit beenden will. Saudi-Arabien ist an einem Ende des Konflikts nicht nur interessiert, sondern arbeitet aktiv an einer Lösung, indem zum Beispiel über inoffizielle Kommunikations-kanäle mit den Houthis verhandelt wird.

Ende März legte das Königreich sogar einen Friedensplan vor – offenbar in Absprache mit den USA. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgte durch den saudischen Außenminister kurz nachdem dieser mit seinem amerikanischen Gegenüber Antony Blinken zum Thema Jemen telefoniert hatte. Außenminister Faisal bin Farhan al Saud erklärte, es solle ein landesweiter Waffenstillstand unter Aufsicht der Vereinten Nationen implementiert werden und rief zu direkten Friedensverhandlungen zwischen Huthis und der international anerkannten Regierung des Jemen auf. Um die Versorgung der Bevölkerung auch in jenen Landesteilen zu verbessern, die unter Kontrolle der Huthis stehen, sollen der Flughafen Sanaa sowie der Hafen in Hudeida wieder eröffnet werden.[v] Bin Farhan: „We want the guns to fall completely silent.“[vi]

Das Königreich öffnete daraufhin tatsächlich, zumindest punktuell, die Blockade des Hudeida-Hafens.[vii] Hiermit hat das Königreich im Grunde das vorgeschlagen, was die Huthis bisher forderten. Es ist das bisher weitestgehende Angebot; offenbar muss niemand das Königreich überzeugen, dass der Krieg beendet werden muss.

 

Kein Kriegsende in Sicht – Ausblick

Trotzdem ist fraglich, ob ein Waffenstillstand oder ein Friedensplan kurz- oder mittelfristig realisiert werden kann. Zwar äußerten die Huthis, sie seien zu Gesprächen bereit, reagierten insgesamt aber ablehnend auf den saudischen Vorschlag mit Verweis, es handle sich lediglich um eine Ansammlung alter Vorschläge. Die Blockade aller See- und Flughäfen müsste aufgehoben werden und könne nicht zur Vorbedingung für eine Friedensvereinbarung gemacht werden.[viii] Am Tag nach der Veröffentlichung des saudischen Plans attackierte die Gruppe einen Flughafen in Saudi-Arabien mit einer Drohne und setzen ihre Angriffe im Land fort.[ix]

Die Huthis haben nach wie vor wenig Interesse an einer Beilegung des Konflikts. Sie sehen sich in einer Position der Stärke, haben ihre militärischen Kapazitäten weiter ausgebaut und dringen immer wieder tief in jene Gebiete vor, die als Gebiete der international anerkannten Regierung gelten. Die Versuche der Huthis, die Stadt Marib einzunehmen sowie Drohnenangriffe  im Landesinneren Saudi-Arabiens halten an.[x] Eine Änderung der Rhetorik, Strategie und Handlungen der Huthis hat sich derweil nicht abgezeichnet.

Nach 100 Tagen Biden bleibt die Kernfrage offen, wie die neue US-Administration mit der Tatsache der jemenitischen Fragmentierung umgehen kann und welche Argumente und Druckmittel sie und andere internationale Akteure haben, um die Huthis dazu zu bewegen, die Waffen niederzulegen und Kompromisse einzugehen.

Hinzu kommt, dass auch der Iran aktuell kein Interesse daran zu haben scheint, Einfluss auf die Huthis zu nehmen und sie dazu zu bewegen, sich auf einen Friedensplan einzulassen. Der iranische Botschafter in Sanaa, der nur von den Huthis als solcher anerkannt wird, ließ seine Ablehnung der saudischen Friedensinitiative mittels Twitter erkennen. Schon zu Beginn der Amtszeit Bidens ermunterte Teheran die Huthis, ihre Offensive auf Marib weiterzuführen, trotz Bidens Ankündigung, Unterstützung für offensive Operationen Saudi-Arabiens einzustellen. So behält sich der Iran vor, regional über die Huthis Saudi-Arabien in Bedrängnis zu halten.

Ob daran die saudisch-iranischen Gespräche, die nun in Bagdad stattfinden, und bei denen laut Berichten auch der Jemen und die Aktionen der

Huthis eine Rolle spielen, etwas ändern,

bleibt abzuwarten. Iran soll zugesagt haben, seinen Einfluss auf die Huthis (soweit vorhanden) zu nutzen, um Angriffe der Huthi auf Saudi-Arabien zu beenden – wenn Riad im Gegenzug die Gespräche zum JCPOA unterstützt. Wie stark jedoch die Einwirkungsmöglichkeiten des Irans auf die Huthis wirklich sind und ob die Huthis ein Interesse an einem Ende des Krieges haben, von dem sie aktuell eher profitieren, ist fraglich.

 


 

[i] UN Humanitarian: Ten things you need to know about Yemen right now, OCHA, 17.02.2021, in: https://unocha.exposure.co/ten-things-you-need-to-know-about-yemen-right-now [16.04.2021].

[ii] Vgl. Blumberg, Fabian: Jemen, in: Engelkes, Simon / Schulz, Ludwig u.a. (Hrsg.): Ein Jahr Corona-Pandemie im Nahen Osten und Nordafrika, KAS Coronaperspektiven, März 2021, in: https://www.kas.de/documents/252038/11055681/Ein+Jahr+Corona+im+Nahen+Osten+und+Nordafrika.pdf/1c06b55e-e553-cf4d-2ceb-5946eb0de3e1?version=1.1&t=1615538930032, S. 15-16 [16.04.2021] sowie Artikel: Motherhood on the brink in Yemen, UN News, 26.03.2021, in: https://news.un.org/en/story/2021/03/1088352 [16.04.2021].

[iii] The White House: Remarks by President Biden on America’s Place in the World, 04.02.2021, in: https://www.whitehouse.gov/briefing-room/speeches-remarks/2021/02/04/remarks-by-president-biden-on-americas-place-in-the-world/ [16.04.2021].

[iv] US Department of State: U.S. Special Envoy Lenderking’s Trip to Saudi Arabia and Oman, Press Release, 31.03.2021, in: https://www.state.gov/u-s-special-envoy-lenderkings-trip-to-saudi-arabia-and-oman/ [16.04.2021]. Siehe auch US Department of State: U.S. Special Envoy for Yemen Lenderking’s Trip to Germany and the Gulf, Press Release, 12.04.2021, in: https://www.state.gov/u-s-special-envoy-for-yemen-lenderkings-trip-to-germany-and-the-gulf/ [16.04.2021]; Yaakoubi, Aziz El: U.S. officials have met Yemen’s Houthis as Washington seeks end to war, Reuters, 03.03.2021, in: https://www.reuters.com/article/us-yemen-security-usa-idUSKBN2AV1VH [16.04.2021] sowie Artikel: US ‘energising’ talks to end Yemen war: Special envoy, Al Jazeera, 16.02.2021, in: https://www.aljazeera.com/news/2021/2/16/us-in-back-channel-talks-to-end-yemen-war-special-envoy [16.04.2021].

[v] Vgl. Artikel: Intel: Saudi Arabia announces peace initiative to end Yemen war, Al-Monitor, 22.03.2021, in: https://www.al-monitor.com/originals/2021/03/intel-saudi-arabia-announces-peace-initiative-end-yemen-war [16.04.2021] sowie Gladstone, Rick / Almosawa, Shuaib: Saudi Arabia offers Cease-Fire in Yemen and Lifting of Blockade, New York Times, 22.03.2021, in: https://www.nytimes.com/2021/03/22/world/middleeast/saudi-arabia-offers-peace-yemen.html [16.04.2021].

[vi] Zitiert nach: Artikel: Saudi peace initiative applauded internationally but downplayed by Yemenis, Al-Monitor, 01.04.2021, in: https://www.al-monitor.com/originals/2021/04/saudi-peace-initiative-applauded-internationally-downplayed-yemenis [16.04.2021].

[vii] Vgl. Elbagir, Nima / Dewan, Angela: First fuel ship this year docks in Hodeidah as Saudi-led coalition relaxes blockade, CNN, 26.03.2021, in: https://edition.cnn.com/2021/03/25/middleeast/yemen-fuel-ship-hodeidah-dock-intl/index.html [16.04.2021].

[viii] Vgl. Tweet محمد عبدالسلام, Twitter, 22.03.2021, in: https://twitter.com/abdusalamsalah/status/1374009890855862272?s=20 [16.04.2021].

[ix] Vgl. Artikel: Yemen’s Houthis say they fired drone at Saudi airport after truce offer, Reuters, 23.03.2021, in: https://www.reuters.com/article/us-yemen-security-idUSKBN2BF1T1 [16.04.2021].

[x] Vgl. z.B. Alasrar, Fatima Abo 2021: For Yemen’s Houthis, the status quo is the key to power, in: https://www.mei.edu/publications/yemens-houthis-status-quo-key-power [16.04.2021]; Barrington, Lisa: Drone strike on Riyadh oil refinery claimed by Houthis cause fire, Reuters, 19.03.2021, in: https://www.reuters.com/article/saudi-security-yemen-int-idUSKBN2BB19Q [16.04.2021]; Artikel: Yemen’s Houthis say they attacked Saudi capital with drones, no confirmation, Reuters, 01.04.2021, in: https://www.reuters.com/article/us-saudi-yemen-attacks/yemens-houthis-say-they-attacked-saudi-capital-with-drones-no-confirmation-idUSKBN2BO4ZB [16.04.2021].

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A Fundação Konrad Adenauer está representada, com escritórios próprios, em cerca de 70 países em cinco continentes diferentes. Os colaboradores locais no estrangeiro conseguem assim relatar em primeira mão acontecimentos actuais e desenvolvimentos de longo prazo no país onde vivem. Na rubrica “Relatos nacionais” oferecem aos utilizadores do site da Fundação Konrad Adenauer, a título exclusivo, análises, informações de fundo e avaliações.