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Rapoarte de țară

Traditioneller Klientelismus in neuem Gewand

de Dr. Georg Eickhoff

Venezuela vor den Regionalwahlen am 16. Dezember 2012

Nach der Wahl ist vor der Wahl. Gerade erst musste Venezuelas Opposition eine schwere Niederlage einstecken. Sie blieb bei den Präsidentschaftswahlen um sechs Prozentpunkte oder rund eine Million Stimmen hinter ihrem Ziel zurück. Und schon muss sich das bunte Parteienbündnis der "Unidad" für die Wahl der Gouverneure in allen 23 Bundesstaaten am 16. Dezember neu aufstellen.

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Das von Wahlexperten beschriebenen Bündnis des Revolutionsführers Hugo Chávez, seiner sozialistischen Staatspartei und der parteiischen Wahlbehörde ist ein schwieriger Gegner. Zudem hat die gefürchtete sozialistische Wahlmaschinerie, die Medienberichten zufolge unglaubliche Geldsummen aus den öffentlichen Kassen und sämtliche staatlichen Ressourcen einsetzen kann, bei den Präsidentschaftswahlen am 7. Oktober gezeigt, dass sie den traditionellen Klientelismus des Erdölstaates mit moderner, technisierter und gleichsam industrialisierter Effektivität ausgestattet hat.

Der junge Präsidentschaftskandidat der Opposition Henrique Capriles Radonski war am 12. Februar 2012 bei offenen Vorwahlen als Einheitskandidat des Parteienbündnisses "Mesa de Unidad Democrática" bestimmt worden. Er konnte sich bei einer Rekordbeteiligung von 3,1 Millionen Wählern mit 64 Prozent und einer Million Stimmen Vorsprung durchsetzen. Mit diesem kraftvollen Anschub zog er optimistisch in den eigentlichen Wahlkampf "zwischen David und Goliath", wie er selber oft hervorhob. Seine Kampagne von Haus zu Haus und von Dorf zu Dorf wurde auch vom Gegner gelobt. Hunderte von gut besuchten Massenveranstaltungen im ganzen Land verführten die Opposition allerdings zu einem Triumphalismus, der schließlich Organisationsmängel und Risse im Parteienbündnis zur Folge hatte.

In der politischen Nachlese zur Präsidentschaftswahl fehlte es nicht an Selbstkritik der "Unidad". Dennoch waren sich die Beteiligten, ihre Berater und zahlreiche unabhängige Beobachter einig, dass die Parteilichkeit der Wahlbehörde, der Missbrauch staatlicher Mittel, der ungleiche Zugang zu den Medien sowie eine Atmosphäre der Bedrohung der Wählerschaft, die Umfragen zufolge erhebliche Zweifel an der Wahrung des Wahlgeheimnisse hegte, die wesentlichen Gründe für den abermaligen Sieg des charismatischen Hugo Chávez darstellen. Sollte er trotz seiner angeblich überwundenen Krebserkrankung, über die nur spärliche offizielle Informationen vorliegen, seine gesamte neue Amtszeit ausfüllen können, so wird er zu deren Ende im Jahr 2019 genau zwanzig Jahre im Amt gewesen sein.

Modernes Datenbankmanagement im Wahlkampf

Die Krankheit des Revolutionsführers, der nur drei bis vier Wahlkampfveranstaltungen pro Woche wahrnahm, und die beachtliche Kampagne des Herausforderers haben am 7. Oktober die Anhänger des Chavismus stark mobilisiert. Ihnen war klar, dass es diesmal um das Überleben der Revolution ging und dass Comandante Chávez kraftvolle Hilfe brauchte. Die nie zuvor erreichte Wahlbeteiligung von 81 Prozent wirkte sich zum Vorteil des Amtsinhabers aus, der nach Expertenmeinung sämtliche öffentlichen Mittel wie zum Beispiel den Fuhrpark der Erdölgesellschaft PDVSA einsetzen ließ, um Wähler zum Wahllokal zu transportieren. Dazu wurden politischen Beobachtern zufolge die personenbezogenen Daten herangezogen, die aus der Volkszählung des Vorjahres und aus dem Zensus des staatlichen Wohnbauprogramms aus dem Jahr 2010 hervorgegangen waren.

Wähler aus dem Osten der Hauptstadt Caracas berichten, dass sie am Nachmittag des 7. Oktober in ihrer Wohnung mit dem Hinweis aufgesucht wurden, dass man wisse, dass sie noch nicht gewählt hätten. Man erwarte sie am Ausgang des Wohnblocks für den Transport zum Wahllokal. Die Zeugen gaben an, dass sie am Wahlgeheimnis zweifelten, denn wenn man wisse, dass sie noch nicht gewählt hatten, dann können man möglicherweise auch herausbekommen, für wen sie abstimmten.

Dies ist ein Beispiel für modernes Datenbankmanagement im Hintergrund, das dem traditionellen Klientelismus des Erdölstaates Venezuela neue Durchschlagskraft verliehen zu haben scheint. Denn mit der Durchleuchtung und Überwachung der Wählerschaft waren nach Meinung politischer Beobachter auch millionenfache, individuelle Wahlgeschenke verbunden, die mit Hilfe der flächendeckenden Datenerfassung personenscharf zugewiesen und an der Wahlurne eingefordert worden seien.

Wenn "Industrialisierung" die Standardisierung, Technifizierung und massenhafte Anwendung eines rationellen Produktionsprozesses bedeutet, dann kann man bei der fließbandartigen Stimmenproduktion von einer "Industrialisierung traditioneller Klientelpolitik" sprechen. An die Stelle der persönlichen Beziehung des traditionellen Patrons zu seiner Gefolgschaft, die er unter prekären wirtschaftlichen Bedingungen mit familienbezogenen Gnadengaben an sich bindet, tritt die anonyme und atomisierende Erfassung in digitalen Datenbanken, die gezielt zur Verbreitung von Angst und Unterwürfigkeit, aber auch von Dankbarkeit für individuelle Wahlgeschenke eingesetzt werden.

Hat die Opposition überhaupt eine Chance?

Die Führung des Oppositionsbündnisses ist sich bewusst, dass sie bei den anstehenden Regionalwahlen trotz der Krankheit des Staatspräsidenten einen sehr starken Gegner vor sich hat, der ihren Angaben zufolge wiederum von der Parteilichkeit der Wahlbehörde und dem Missbrauch staatlicher Ressourcen profitieren wird und darüber hinaus auf die neuen technische Methoden der effektiven Wahlorganisation zurückgreifen kann.

Da der erfolglose Präsidentschaftskandidat Henrique Capriles Radonski im Staat Miranda zur Wiederwahl antritt, besteht für die Regierung ein starker Anreiz, ihre Wahlmaschine mindestens in einigen Regionen wieder mit voller Wucht zum Einsatz zu bringen. Sollte es wiederum zu einer hohen Beteiligung kommen, was bei Regionalwahlen eher die Ausnahme darstellt, dann wird es Capriles trotz Heimvorteil und Amtsbonus am 16. Dezember sehr schwer haben.

Dasselbe gilt für den zweiten Sieger der Vorwahlen vom 12. Februar, Gouverneur Pablo Pérez, der im bevölkerungsreichen Staat Zulia zur Wiederwahl antritt. In keinem anderen Staat ist der Chavismus von Präsidentschaftswahl zu Präsidentschaftswahl so stark gewachsen wie in Zulia, wo er deutlich siegte. Zwar kann man die Ergebnisse nicht eins zu eins auf die Regionalwahlen umrechnen, doch auch Pablo Pérez steht damit vor einer großen Herausforderung. Andere Staaten, wo bisher Mitglieder der "Unidad" regieren, stehen ebenfalls auf der Kippe.

Hinzu kommt die Aushungerung der Regionalregierungen, die finanziell von der Zentralregierung abhängen. Die Gouverneure können deshalb kaum auf glanzvolle Regierungsleistungen verweisen. Diese sind vielmehr den Parallelstrukturen vorbehalten, die Präsident Chávez in verschiedenen Staa-ten eingesetzt und mit reichlichen finanziellen Mitteln ausgestattet hat. Dies gilt insbesondere für Zulia, wo der ehemalige Gouverneur und Präsidentschaftskandidat Francisco Arias Cárdenas die Vorzüge des Sozialismus symbolisiert und gegen Pablo Pérez antritt.

Nach den offiziellen Leitlinien der Regierung, die im "Ersten Sozialistischen Plan der Nati-on" aus dem Jahr 2007 und im Wahlprogramm der zurückliegenden Präsidentschaftswahl, dem "Sozialistischen Plan 2013 bis 2019", niedergelegt sind, sollen die Gouverneure in Zukunft noch weniger zu sagen haben. Dies gilt auch für die Bürgermeister, die im April nächsten Jahres gewählt werden. Die sozialistische Planung sieht vor, dass die in der Verfassung genannten Funktionen der regionalen und lokalen Amtsinhaber schrittweise von Nachbarschaftsräten und sogenannten "Kommunen", die einen Zusammenschluss von Nachbarschaftsräten bilden, wahrgenommen werden sollen. Schon jetzt übertreffen die Finanzzuweisungen an die rund 40.000 bestehenden Nachbarschaftsräte die Investitionsmittel der verfassungsmäßigen Territorialbehörden um ein Vielfaches.

Damit steht die Opposition in einem immer aufwändigeren Wahlkampf, bei dem es um immer weniger geht. Denn die Ämter der Gouverneure und Bürgermeister werden schrittweise ihrer Bedeutung entleert. Unter der Devise, dass man politische Handlungsräume, auch wenn sie nur symbolischer Natur sind, niemals kampflos räumen darf, zieht die "Unidad" unverdrossen in eine neue Schlacht, bei der es nun besonders schwer ist, die eigene Anhängerschaft in die Wahllokale zu bringen. Und das auch noch zur Weihnachtszeit.

Ausblick: Wahlen ohne Chávez?

Präsident Hugo Chávez hat bereits angekündigt, dass er aus Gesundheitsgründen kaum in den Regionalwahlkampf eingreifen wird. Auf gewisse Weise wird es also eine nationale Wahl (nur im Hauptstadtdistrikt von Caracas wird diesmal nicht gewählt), aber ohne Chávez. Damit könnte sie aus Sicht der Revolution zu einem Probelauf für mögliche künftige Wahlen ohne Chávez werden. Kann die sozialistische Wahlmaschinerie ausreichend Wähler an die Urnen bringen, auch wenn es nicht direkt um den charismatischen Führer geht?

Von der Antwort auf diese Frage und von Sieg und Niederlage der stärksten Führer der Opposition bei den Regionalwahlen am 16. Dezember wird auch abhängen, ob man mittelfristig erwarten kann, dass die sozialistische Partei bei einer eventuellen Wahl ohne Chávez siegen wird, und ob sie es wagen kann, die Bürgerschaft zu einem Verfassungsreferendum einzubestellen, nach dem die Sozialistische Republik Venezuela ausgerufen würde. Die Stärkung des Rätesystems der "Kommunen" wurde mitten im Regionalwahlkampf von Außenminister und Vizepräsident Nicolás Maduro, den viele für einen möglichen Chávez-Nachfolger halten, als ein "verfassungsgebender Prozess" angekündigt.

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