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"Widerstand und Versöhnung"

Ein Leben für die Menschen gegen die Diktatur

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mit Hebe Kohlbrugge (Utrecht)

Donndorf (15. April 2004)

Hebe Kohlbrugge ist eine Frau, die sich nicht an jene Regeln und Gesetze hält, die ein totalitäres Regime den Menschen oktroyiert. Tief im christlichen Glauben verwurzelt, hat sie ihr Leben all jenen Menschen gewidmet, deren Freiheit unter dem Joch einer Diktatur eingeschränkt war und die aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen Verfolgung erfuhren. Wenige Tage nach ihrem neunzigsten Geburtstag weilte die 1914 im niederländischen Utrecht geborene und heute noch dort lebende Hebe Kohlbrugge in Thüringen und stellte auf Einladung des Bildungswerks Erfurt der Konrad-Adenauer-Stiftung in der Ländlichen Heimvolkshochschule Kloster Donndorf ihr Buch „Zwei mal zwei ist fünf“ vor. Arno Brombacher, der Leiter der Heimvolkshochschule, bezeichnete das Buch in seiner Begrüßungsansprache als „praktische und faszinierende Gebrauchsanweisung für all diejenigen, die das Leben lieben und wissen, dass Leben nicht nach mathematischen Formeln abläuft, sondern dass Zwei mal Zwei auch Fünf sein kann!“

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Hebe Kohlbrugge (links) und Arno Brombacher, Leiter der Heimvolkshochschule

Als junge Frau kam Kohlbrugge, die bereits als Kindermädchen bei einem Neffen von Winston Churchill gearbeitet hatte, ins Deutsche Reich. Sie beschrieb ihre Neugier, jene gesellschaftlichen Veränderungen kennen zu lernen, die sich ab 1933 jenseits der Grenze ergeben hatten. Die anfängliche Begeisterung für die neue Ordnung sank aber, je mehr sie den Zwang begriff, der hinter den Aufmärschen und Begeisterungsstürmen für Hitler steckte. Sie schloss sich der Bekennenden Kirche an und lernte den Widerspruch zwischen der nationalsozialistischen Ideologie und dem christlichen Glauben kennen. Vor allem bemerkte sie, dass das neue Regime Teile der Bevölkerung ausgrenzte und systematisch entrechtete – Juden und Zigeuner.

In Fehrbellin arbeitete Kohlbrugge bei einem Pfarrer, wirkte vorwiegend in der Jugendarbeit. Bald kam sie in Konflikt mit dem Regime: Die Gestapo verhörte die junge Frau und inhaftierte sie kurzzeitig. Durch eine Initiative des niederländischen Botschafters wurde sie im Herbst 1938 freigelassen, aber „für ewig“, wie es in den Papieren hieß, aus Deutschland ausgewiesen.

Nachdem die Wehrmacht im Mai 1940 die Niederlande überfallen und besetzt hatte, engagierten sich Hebe Kohlbrugge und ihre Schwester Hanna im Widerstand. Vor allem verbreiteten sie Flugblätter, in denen sie gegen einen Ariernachweis der Einwohner protestierten: Alle Bürger mussten auf amtlichen Papieren bekunden, ob sie jüdischer Herkunft seien. Auch versuchte sie, geheime Dokumente an die in London sitzende niederländische Exilregierung zu schmuggeln. Dies war nur über die Schweiz möglich, doch die Behörden verweigerten die Einreise. Mit Hilfe zweier französischer Bauernburschen kam sie über die Grenze und überbrachte Informationen aus den Niederlanden. Darunter waren auch Geheimpläne der Deutschen, sie würden bei einem Rückzug die Deiche zerstören und somit große Teile des weitgehend unterhalb des Meeresspiegels liegenden Landes vernichten. Zudem half Kohlbrugge Juden bei der Suche nach Verstecken.

Bei einem neuerlichen Schmuggelversuch 1944 wurde Hebe Kohlbrugge aufgrund eines gefälschten Ausweises verhaftet. Um sich zu retten, wählte sie einen Trick und gab sich als Reichsdeutsche aus – was aufgrund der perfekten Sprachkenntnisse nicht auffiel. Sie habe vor dem Arbeitsdienst fliehen wollen, doch genau damit machte sie sich strafbar: Die Behörden wiesen sie – erneut „für ewig“ – aus den Niederlanden aus, ein Gericht verurteilte sie zu zehn Monaten Haft, von denen die Zeit in der Untersuchungszelle anerkannt wurde. Zunächst saß die junge Frau in einem niederländischen Lager ein und musste Strümpfe stopfen. Später kam sie ins Krankenrevier.

Im September 1944 evakuierten die Wachmannschaften das Lager und transportierte die männlichen Insassen nach Sachsenhausen, die weiblichen nach Ravensbrück. Hebe Kohlbrugge musste die neugeborenen Kinder versorgen – vor allem von polnischen Müttern -, doch wusste sie genau, dass es für diese Kinder kaum Rettung gab. Die Pflegerinnen hatten weder Windeln noch Nahrung und kämpften zudem gegen Krankheiten: Ein bis zwei Kinder starben jeden Tag. Auch Kohlbrugge selbst erkrankte und wurde unter Typhus-Verdacht in die Krankenstation eingeliefert. Da sie aber nicht an Typhus litt, sondern an einer seltenen Form von Tuberkulose mit Fieber, brachten befreundete Tschechinnen sie in eine andere Baracke und retteten sie vor dem sicheren Ansteckungstod. Am 24. Januar 1945 wurde Hebe Kohlbrugge überraschend entlassen: Trotz aller Wirren in den letzten Kriegstagen funktionierte die Bürokratie noch und beendete ihre Haft nach zehn Monaten.

Trotz allen Leids, das Hebe Kohlbrugge von deutscher Seite widerfuhr und das sie bei anderen Opfern des Regimes miterleben musste, spürte sie nach dem Krieg keinen Hass auf die Deutschen: Sie wusste zwischen den nationalsozialistischen Machthabern auf der einen und den von der Propaganda manipulierten Mitläufern auf der anderen Seite zu unterscheiden. Nur wenige Monate nach Kriegsende reiste sie wieder nach Deutschland – diesmal im Auftrag der niederländischen Kirche. Ihre Ziele waren Versöhnung und Hilfe beim Wiederaufbau. Bald lernte sie den späteren Bundespräsidenten Gustav Heinemann kennen, damals Oberbürgermeister von Essen. Er half ihr bei der Beschaffung eines illegalen Ausweises, der ihr die Reise in die sowjetische Besatzungszone ermöglichte.

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Hebe Kohlbrugge beim Signieren ihres Buches

In Magdeburg und Halle nahm sie Kontakt zu Kirchenvertretern auf, traf dabei den Hallenser Studentenpfarrer Johannes Hamel. Dieser betonte, dass nicht Pakete den Bürgern im Osten helfen könnten, sondern dass sie das Gespräch suchten. Bis zum Mauerbau führten die ostdeutschen Christen gemeinsam mit Hebe Kohlbruggge Gesprächskreise sowie die Bibelwochen in Weißensee durch; auch nach 1961 blieben die Kontakte erhalten. Bis zum Ende der DDR bauten Kohlbrugge und ihre Mitstreiter Beziehungen zu etwa 400 Gemeinden in der DDR auf, die zum Teil bis heute andauern. Auch in die moskauhörigen Diktaturen Mittel- und Osteuropas reiste die engagierte Niederländerin. Sie sandte Theologiestudenten in die Tschechoslowakei, nach Ungarn oder Polen – ja sogar nach Rumänien, wo die Geheimpolizei Securitate ein besonders wachsames Auge besaß. All diese Aufenthalte geschahen mit Unterstützung der jeweiligen Regierung, denn diese wollten gegenüber der Weltöffentlichkeit den Schein wahren, dass es den Kirchen im Sozialismus gut gehe.

Lediglich für die DDR erhielt Kohlbrugge keine Genehmigung zum Entsenden von Studenten. Erst Mitte der achtziger Jahre durfte mit Arno Brombacher der erste niederländische Student für vier Wochen in den ostdeutschen Teilstaat reisen. Bis zum Fall der Mauer folgten ihm 80 Personen. Brombacher selbst fand in Thüringen eine neue Heimat, wo er heute die Ländliche Heimvolkshochschule Kloster Donndorf leitet. Mit Hebe Kohlbrugge war eine Zeitzeugin fast eines ganzen Jahrhunderts an seiner Einrichtung zu Gast. Sie steht als Beweis dafür, dass Zivilcourage einer einzelnen Person das Leid von Opfern einer Diktatur mildern kann - auch wenn dazu die Regeln übertreten werden müssen, so dass selbst mathematische Gesetze nicht gelten.

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Hebe Kohlbrugge: Zwei mal zwei ist fünf. Mein unberechenbares Leben seit 1914, Leipzig 2003 (Evangelische Verlagsanstalt), 384 Seiten, 12,80 Euro.

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