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Die Europäische Union vor der Erweiterung

mit Dr. Dieter-L. Koch, MdEP (Weimar), Dr. Olaf Leiße (Jena/Erfurt), Tarvo Kungla (Jena)

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Weimar, 09. Januar 2004

„Europa muss wachsen! Europa ist eine Sache des Herzens, des Gefühls, des Verstandes, des Erlebens, des Erliebens!“ Mit diesen Worten begann Dr. Dieter-L. Koch am 09. Januar 2003 einen Vortrag am Goethegymnasium Weimar, wo das Bildungswerk Erfurt der Konrad-Adenauer-Stiftung anlässlich eines Europaprojekt-Tages eine Vortrags- und Diskussionsveranstaltung durchführte. Mit Dr. Koch war ein Referent zu Gast, der sich in Brüssel als „Lobbyist für Thüringen“ versteht, denn er vertritt als Abgeordneter des Europäischen Parlaments das Land zwischen Eisenach und Altenburg. Neben Koch wirkte Tarvo Kungla als Gesprächspartner. Der Politikwissenschaftler stammt aus Estland und ist derzeit als Doktorand an der Friedrich-Schiller-Universität Jena aktiv. Dritter Vertreter auf dem Podium war Dr. Olaf Leiße, der sich an der Universität Erfurt im Fachbereich Internationale Beziehungen mit der Europäischen Union beschäftigt.

Anlass für die Veranstaltung in Weimar war ein Schritt, den die Europäische Union am 1. Mai 2004 vollzieht: Mit acht Staaten Ost- und Mitteleuropas treten erstmals Länder aus dem ehemaligen sowjetischen Einflussgebiet dem Bündnis bei – abgesehen von der ehemaligen DDR im Jahre 1990, wenngleich der frühere deutsche Teilstaat schon seit EU-Gründung wegen des Vertretungsanspruches der Bundesrepublik de jure Mitglied war. Neben diesen acht Staaten gehören ab Mai 2004 auch die beiden Inselrepubliken Malta und Zypern zur EU – wenngleich für letzteres aufgrund der Teilung ähnliche Bedingungen gelten wie einst für Deutschland.

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Dr. Dieter-L. Koch, MdEP

Dr. Koch wies auf die Notwendigkeit der EU-Erweiterung hin, denn zum einen sei das Bündnis keine Festung und könnte jeden aufnahmen, der freiwillig beitreten möchte – zum anderen lägen Gründe für Missstimmungen unter Nachbarstaaten oftmals in der Nicht-Mitgliedschaft. Schließlich steht die Europäische Union als Garant für den Frieden auf dem Kontinent – ehemalige Kriegsgegner wie Deutschland und Frankreich haben sich in der Kooperation zu Freunden entwickelt. Allerdings warf Koch die Frage auf, welche Staaten zukünftig zur EU stoßen könnten. Bulgarien, Rumänien und Kroatien sitzen bereits in den Startblöcken; die ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken (und zum Teil Kriegsrivalen) auf dem Balkan streben ebenfalls die Aufnahme an. Bezüglich der Türkei ist dieser Schritt in der deutschen Innenpolitik höchst umstritten. Und selbst die Staaten Nordafrikas, des Nahen Ostens oder ehemalige Sowjetrepubliken wie die Ukraine oder Weißrussland könnten Aufnahmeanträge stellen. Als Fazit seiner Ausführungen betonte Koch, dass politische und wirtschaftliche Stabilität auf dem Kontinent nur durch die EU gewährleistet werden könne.

Tarvo Kungla stellte sein Heimatland Estland vor und zeichnete dessen Schritte zum EU-Beitritt nach. In kultureller wie religiöser Hinsicht habe Estland stets zu Europa gehört, sei aber nach kurzer Zeit der Unabhängigkeit (1918-1940) zunächst unter deutscher Okkupation, später unter sowjetischen Einfluss gelangt und habe ab 1945 als sowjetische Teilrepublik die Eigenständigkeit verloren. Erst 1991 wurde die Unabhängigkeit des Landes wiederhergestellt. In einem schweren Transformationsprozess entwickelten sich Demokratie, Wahlsystem, Gewaltenteilung, kommunale Selbstverwaltung, wobei der Aufbau stets von der Basis her erfolgte. Schwierig sei der Umbau der Wirtschaftsordnung zur sozialen Marktwirtschaft verlaufen, wobei die Entwicklung erfolgreicher ausfiel als in Litauen oder Lettland. Nicht zuletzt aufgrund der wirtschaftlichen Stärke spricht man von Estland vom „baltischen Tiger“. Allerdings herrschten niedriges Vertrauen der Bevölkerung in die Institutionen, soziale Probleme, hohe Kriminalität, ungleiche Einkommensverhältnisse sowie offene Minderheiten-Fragen, zumal mehr als ein Viertel der Bevölkerung aufgrund der sowjetischen Ansiedlungspolitik russisch ist.

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Tarvo Kungla, Friedrich-Schiller-Universität Jena

Als wichtigste Stufen zum EU-Beitritt nannte Kungla ein Freihandelsabkommen von 1994, das Assoziationsabkommen vom Juni 1995 sowie den Beitrittsantrag vom November 1995. Die Verhandlungen liefen von März 1998 bis 2002; Estland setzte in diesem Zeitraum alle EU-Gesetze in nationales Recht um. Im April 2003 kam es zum Vertragsabschluss, am 14. September des Jahres votierte eine klare Wählermehrheit (73 Prozent) beim Referendum für den Beitritt. Als wichtigste Pro-Argumente erwähnte Kungla wirtschaftliche (Aufschwung, Investoren, keine Abhängigkeit von Russland), sicherheitspolitische (Garant für „soft security“, Bekämpfung der Kriminalität, NATO-Mitgliedschaft) sowie kulturelle Aspekte (Wiederherstellung historischer Verbindungen). Contra-Argumente seien Befürchtungen des Verlusts staatlicher Souveränität, Gefährdung der Sprache sowie EU-Charakteristika (Bürokratie, Demokratiedefizit).

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Dr. Olaf Leiße, Universität Erfurt

Dr. Olaf Leiße stellte den EU-Konvent in den Mittelpunkt seiner Ausführungen und erwähnte zunächst das Scheitern des Europäischen Verfassungsvertrages, der auf dem Gipfel am 13. Dezember 2003 aufgrund des Widerspruchs eines Landes nicht zustande kam. Bereits die Regierungskonferenz von Nizza sei 2000 gescheitert, so dass auf dem Gipfeltreffen im belgischen Laeken (Dezember 2001) der Konvent als neues Gremium seine Arbeit aufnahm. Unter Führung des ehemaligen französischen Staatspräsidenten Valery Giscard d’Estaing sollte das neue Gremium nicht nur auf Ministerial- oder gar Staatsführungsebene tagen, sondern Experten zu Sachfragen einbeziehen. Beispielsweise gehörten dem Konvent Vertreter der nationalen Volksvertretungen sowie des Europaparlaments an, ebenso Angehörige der Beitrittsländer. Wichtigste Aufgaben waren die Erarbeitung der EU-Verfassung, die Vertiefung der Integration, die Vorbereitung der Erweiterung, die Grundrechtecharta sowie eine Vereinfachung der Verträge. Der Blick in den ausführlichen Verfassungsentwurf steht allerdings gerade als Beispiel für das Scheitern des letzten Ansinnens.

Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., 28.05.04

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