Der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung, Prof. Dr. Norbert Lammert, erläuterte in seiner Begrüßung, die Welt habe sich seit der erstmaligen Verleihung des Preises im Jahr 1980 „gründlich verändert – und die Medienwelt noch etwas gründlicher“. Aber bei all diesen Veränderungen, die es in den letzten Jahren und Jahrzehnten ganz offenkundig gegeben habe – eines sei immer noch so wichtig wie eh und je: Menschen. Denn es seien Verlegerinnen und Verleger, Journalistinnen und Journalisten, die sich an die Aufgabe machten, das, was ist, zu vermitteln. „Und wenn sie es nicht tun, findet es halt nicht statt.“
Lammert betonte besonders die Bedeutung der kommunalen Ebene. Er verwies darauf, dass der Namensgeber der Stiftung, lange bevor er Bundeskanzler und Parteivorsitzender wurde, Oberbürgermeister einer großen deutschen Stadt gewesen sei. „Die kommunale Ebene ist nicht einfach eine der Ebenen von Politik, sondern die, die den Menschen am nächsten ist.“ Dort finde – bei Lokalpolitikern und Lokalmedien gleichermaßen – eine „unmittelbare Realitätsbegegnung“ statt: „Auf der kommunalen Ebene haben Lügen kurze Beine“, so Lammert.
Auswirkungen auf die Urteilskraft der Gesellschaft
Die Festrede hielt in diesem Jahr Prof. Dr. Armin Nassehi, Vizepräsident der Ludwig-Maximilians-Universität München. Der renommierte Soziologe war 2021 der erste Fellow der Konrad-Adenauer-Stiftung und gehört ihrem Kuratorium an. Auch Nassehi erklärte, wie stark die Welt sich verändert habe; deshalb seien auch die Medien andere geworden. Dies wirke sich auf die Urteilskraft der Gesellschaft insgesamt aus. „Medien beschreiben die gemeinsame Welt – und stellen sie dadurch erst her.“
Lokaljournalismus sei dabei nicht einfach nur nette Geschichten, die näher dran sind – sondern er zeige Gesellschaft und deren Entwicklungen auf lokaler Basis. Es gelinge aber immer weniger, „so etwas wie ein gemeinsames Bild der Welt herzustellen – und von diesem Bild beruhigt zu sein“. Heute sei von den kommunalen bis zu den globalen Beschreibungen der Welt spürbar, dass es kaum noch das Gefühl gebe, „in einer nicht-krisenhaften Situation zu leben“. Stattdessen dominierten multiple Krisen, die im Kommunalen sichtbar würden und Vertrauen erschütterten. Politik und Medien, aber auch Wissenschaft seien deshalb gefragt, Erzählungen zu finden, die die Welt plausibler machen.
Große Themenvielfalt bei den Einsendungen
Im Anschluss würdigte die Sprecherin der Jury, Jana Klameth, die Preisträger des Jahres 2024. Insgesamt hatte es 274 Einsendungen gegeben, darunter 49 für den Volontärswettbewerb. Klameth machte deutlich, dass die Bewerberzahlen für den Preis seit Jahren rückläufig seien. Die Gründe dafür seien vielfältig – und dürften mit der allgemeinen Entwicklung der Medien-Branche zusammenhängen: Digitalisierung, Kostendruck, Medienkonzentration, Stellenabbau, Wettbewerb durch Soziale Medien und Vertrauensverlust.
Die gute Nachreicht sei aber: Nach Eindruck der Jury leide die Qualität der Einsendungen trotz der genannten Widrigkeiten nicht. Die sechs Jury-Mitglieder hätten „viel Stoff für lange Abende“ gehabt, so Klameth. Die Themenvielfalt sei dabei so groß gewesen wie das Leben selbst. Sehr viele Einsendungen seien investigative Recherchen gewesen, die sich „mit der Aufdeckung von Missständen, Mauscheleien und Korruption“ beschäftigten. „Das zeigt: Die Regionalzeitungen werden, trotz aller Probleme, ihrer Wächterfunktion gerecht“, betonte Klameth.
Beispiel für konstruktiven Journalismus
Den Sonderpreis für Volontärsprojekte erhielten die Volontärinnen und Volontäre der Mitteldeutschen Zeitung in Halle. Sie hatten sich im Projekt „Ladenschluss – ist das die Zukunft der Innenstädte?“ mit einer Entwicklung beschäftigt, die sehr viele Städte und Gemeinden betrifft – und mit dem sich viele Redaktionen beschäftigen. „Aber so umfassend, originell und multimedial wie die Volontärinnen und Volontäre der Mitteldeutschen Zeitung das Thema bearbeitet haben, ist herausragend“, lobte die Jury. Zudem hätten sie sich nicht nur auf den Ist-Zustand konzentriert, „sondern auch nach neuen Ideen und positiven Entwicklungen gefahndet – so geht konstruktiver Journalismus.“
Mit dem 3. Preis wurde Anne Lena Mösken von der Freien Presse Chemnitz für ihre Reportage „Ein Leben für Großschirma – Die Geschichte hinter dem Tod des Bürgermeisters Volkmar Schreiter“ ausgezeichnet. Darin erzählt die stellvertretende Chefredakteurin vom Suizid des erfahrenen Kommunalpolitikers, an dem, so erzählte man sich hinter vorgehaltener Hand, die AfD im Stadtrat mit ihrem Verhalten nicht ganz unschuldig gewesen sein soll. Die Reportage sei "ein Lehrstück über das Funktionieren bzw. das Nichtfunktionieren von Demokratie" und führe vor Augen, "wohin die Verrohung von Sitten, Bedrohungen und Zermürbungstaktiken gerade in der Kommunalpolitik führen können", würdigt die Jury.
Sophie Sommer von der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung erhielt für ihre Reportage „Ich spüre noch seine Hände auf mir“ den 2. Preis für das Jahr 2024. Die Redakteurin begann im Winter 2023 mit der Recherche über Kinderprostitution in Dortmund – mit viel Mut und Hartnäckigkeit. Acht Monate lang hat sie mit Sozialarbeiterinnen und Polizisten gesprochen, mit Staatsanwälten und Anwältinnen; sie ging in Stadtviertel, vor denen sie selbst Wohnungslose und Drogenabhängige gewarnt hatten; sie hat sich durch Aktenberge gegraben und konnte schließlich mit einem Opfer sprechen. „Dank dieses Einzelschicksals konnte Sophie Sommer von einem gesamtgesellschaftlichen Problem erzählen, das erschüttert und sprachlos macht“, so die Jury über die „beispielgebende Reportage“.
Von der Lokalzeitung in die Tagesschau
Mit dem 1. Preis wurde die Augsburger Allgemeine für die Berichterstattung über einen mutmaßlichen Folter-Skandal in der JVA Augsburg-Gablingen ausgezeichnet. Dort sollen Häftlinge misshandelt und teils über Wochen nackt und ohne Matratze in isolierten Spezialzellen eingesperrt worden sein. Die Enthüllungen der Augsburger Allgemeinen hatten deutschlandweit für Aufsehen gesorgt – in der Tagesschau wurde ebenso berichtet wie in überregionalen Zeitungen und Zeitschriften. Das Aufdecken des Skandals und das konsequente Dranbleiben hat die Jury ebenso beeindruckt wie das Bemühen der Redaktion, das Thema auf allen Kanälen und somit für verschiedene Zielgruppen aufzubereiten – die Berichterstattung sei „herausragend“ und „vorbildlich“.
Der Lokaljournalismus stehe unter großem Druck, machte Chefredakteur Peter Müller im Gespräch mit Moderator Jan Martensen, der eloquent und charmant durch den Abend führte, deutlich. Man brauche Freiräume, um solche aufwändigen Recherchen wochenlang machen zu können. Die Rahmenbedingungen würden aber immer schwieriger: „Wir haben große Digitalkonzerne, die – im Unterschied zu uns Lokalzeitungen – für ihre Inhalte nicht verantwortlich sind, und keine Steuern in Deutschland zahlen.“ Es sei eine Aufgabe der Politik, sich diesem ungleichen Wettbewerb anzunehmen, so Müller.
Deutscher Lokaljournalistenpreis 2024 – 1. Preis: Mutmaßlicher Skandal in JVA Augsburg-Gablingen
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Deutscher Lokaljournalistenpreis 2024 – 2. Preis: Reportage „Ich spüre noch seine Hände auf mir"
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Deutscher Lokaljournalistenpreis 2024 – 3. Preis: Der Tod des Bürgermeisters Volkmar Schreiter
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Deutscher Lokaljournalistenpreis 2024 – Sonderpreis für Volontärsprojekte: Ladenschluss
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