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Ägypten erwartet Obama

Am 4. Juni wird US-Präsident Barack Obama in Kairo seine lange angekündigte Grundsatzrede an die muslimische Welt halten. In der ägyptischen Öffentlichkeit wird seit Wochen über den Inhalt dieser Rede und ihre Begleitumstände spekuliert. Bereits jetzt ist allerdings klar, dass Obamas Auftritt für Ägypten einen wichtigen Imagegewinn als politische Führungsmacht im arabischen und muslimischen Raum bedeutet.

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Für Ägypten hat die Rede Obamas im Kuppelsaal der Kairo Universität enorme Symbolwirkung. Allein die Tatsache, dass der amerikanische Präsident diese Rede von ihrem Land aus an die Muslime der Welt richten wird, ist für viele Ägypter bedeutsam genug. Indem Obama in Kairo spricht, und nicht etwa in Ankara, Riad oder Islamabad, vollziehe er die längst überfällige Anerkennung der kulturellen und politischen Bedeutung Ägyptens für die Region und darüber hinaus. Dennoch werden auch Inhalt und Folgen der Ansprache in den ägyptischen Medien breit diskutiert. Gegenstand dieser Spekulationen sind weniger die US-amerikanischen Interessen gegenüber der Region als vielmehr die eigene Erwartungshaltung an eine neue – und das heißt für fast alle Ägypter bessere – US-Politik gegenüber den Muslimen bzw. den muslimischen Staaten im Allgemeinen und Ägypten im Besonderen.

Dementsprechend beliebt sind in den ägyptischen Medien zur Zeit fiktive Entwürfe der Rede Obamas, offene Briefe an den US-Präsidenten oder Leitartikel und Kommentare, in denen persönliche Erwartungen an die Präsidentenrede formuliert werden. Insgesamt erwarten die Ägypter, dass der amerikanische Besucher auf fünf Themenbereiche eingeht: den arabisch-israelischen Konflikt, die regionale Sicherheit, die Unterstützung von Demokratie und Menschenrechten, den Neubeginn der Beziehungen zwischen Ägypten und den USA und den Respekt vor dem Islam und den Muslimen.

 

Nahostkonflikt

Beim Thema Nahostkonflikt schwankt die Mehrzahl der Ägypter zwischen Hoffen und Abwarten. Die jüngste Begegnung zwischen Präsident Obama und dem israelischen Ministerpräsidenten Netanyahu wird zwar als viel versprechend im Sinne einer vermeintlich kritischeren US-Position gegenüber Israel gesehen, insgesamt überwiegt aber eine abwartende Haltung. Einige Beobachter spekulieren sogar darauf, dass Obama die Gelegenheit zu einer neuen diplomatischen Initiative nutzen wird. Hisham Youssef, der Sprecher der Arabischen Liga, wird sogar mit der Vermutung zitiert, der US-Präsident wolle während seiner Kairoer Rede einen konkreten Friedensplan vorstellen. Die Bedingungen an eine mögliche neue US-Friedensinitiative liefern eine Reihe von Leitartiklern gleich mit. Ein prominenter Kommentator der unabhängigen Tageszeitung Al-Masr Al-Yawm fordert seine Landsleute beispielsweise auf, Obamas Charmeoffensive nicht blind auf den Leim zu gehen und stattdessen auf den arabischen Positionen im Nahostkonflikt zu beharren. Ähnlich, aber diplomatischer äußert sich der bekannte Kommentator Wahid Abdel Meguid. Er warnt seine Landsleute in der Tageszeitung Al-Wafd vor überzogenen Erwartungen und rät von weiteren arabischen Friedensbemühungen ohne vorhergehende israelische Zugeständnisse ab. Die regierungsnahe Al-Ahram macht sich hingegen vor allem Gedanken über die praktischen Folgen einer neuen US-Politik gegenüber Israel. Ob Obama wirklich etwas bewirken könne, werde sich nicht anhand seiner Rede beurteilen lassen, sondern nur anhand von politischen Initiativen, die er unweigerlich folgen lassen müsste.

 

Regionale Sicherheit

Auch beim zweiten möglichen Thema der Präsidentenrede, den Kriegen im Irak und in Afghanistan, ist die Erwartungshaltung ambivalent. Auf Nachfragen wird die Befriedung Iraks und (ferner) Afghanistans als wichtigstes Anliegen vieler Ägypter an die US-Politik angegeben. Meinungsumfragen bestätigen diesen Eindruck. Nach dem jährlichen „Arab Public Opinion Survey“ der Universität Maryland bezeichnet eine Mehrheit der Ägypter Anfang 2009 den Rückzug US-amerikanischer Truppen aus dem Irak als ihr wichtigstes Anliegen an die US-Politik – noch vor dem Abschluss eines israelisch-palästinensischen Friedens. Tatsächlich spielen die Kriege in der täglichen Vorberichterstattung über den Präsidenten-Auftritt aber kaum eine Rolle. Dies lässt zweierlei Schlüsse zu. Entweder (wie im Falle Iraks) wird der amerikanische Abzug aus dem Irak nur noch als Frage der Zeit angesehen, oder (wie im Falle Afghanistans) ist er für die öffentliche Meinung in Ägypten tatsächlich nur von nachrangigem Interesse. Ein Kommentator der englischsprachigen Egyptian Gazette vermutet daher eine ganz andere Agenda. Nicht die Beendigung bisheriger Militäreinsätze in der Region sei das Anliegen Obamas, sondern die Vorbereitung einer neuen politischen und evtl. sogar militärischen Auseinandersetzung mit dem Iran.

 

Demokratie und Menschenrechte

Beim Thema Demokratie und Menschenrechte sind die ägyptischen Erwartungen an die Präsidentenrede eindeutig zurückhaltend. Anders als von sein Amtsvorgänger Bush sind von Obama bislang keine Forderungen nach mehr Demokratie an US-Hilfen für Ägypten geknüpft worden. Auch über Mubarak und seine Amtsführung hat Obama bislang kein kritisches Wort verloren. Stattdessen wurden die jährlichen Mittel für Maßnahmen der Demokratieförderung von 50 auf 20 Millionen US-Dollar zusammengestrichen. Obwohl aus dem Weißen Hauses versichert wurde, dass der Besuch nicht als Unterstützung der politischen Verhältnisse in Ägypten gemeint sei, befürchten viele Ägypter, dass der neue US-Präsident dem Mubarak-Regime als Preis für einen „neuen Realismus“ in der Außenpolitik ein Gütesiegel guter Regierungsführung ausstellen und kritische Entwicklungen wie Wahlmanipulationen, Folter, Korruption und die Situation der Christen im Land nicht ansprechen werde. Kritik an der Präsidentenrede kommt daher erwartungsgemäß von den oppositionellen Muslimbrüdern. Obama trage durch seinen Auftritt nur zur Stabilisierung der bestehenden Verhältnisse bei. Falls der amerikanische Präsident über Freiheit reden sollte – so ist aus den Reihen der verbotenen Oppositionsgruppe weiter zu hören –, sei die staatlich kontrollierte Kairo Universität ohnehin der falsche Ort. Andere oppositionelle Stimmen äußern sich vorsichtiger. Die USA seien regionalpolitisch auf die Zusammenarbeit mit der ägyptischen Regierung und daher auf gute Beziehungen angewiesen, könnten aber gleichzeitig auf Demokratisierungsfortschritte hinarbeiten. Der prominente Menschenrechtsaktivist Saad Eddin Ibrahim schlägt daher aus dem amerikanischen Exil vor, die zukünftige US-Politik solle, anstatt sich von der ägyptischen Regierung durch unrealistische Forderungen zu entfremden, „die Infrastruktur der Demokratie“ im Land fördern. Mit solchen Überlegungen steht er allerdings weitgehend allein. Die Mehrzahl der Kommentatoren begnügt sich mit der Forderung nach einer Abkehr der USA von der Unterstützung undemokratischer Regime in der Region. Eigentümlicherweise wird dies auch von regierungsnahen Stimmen angemahnt.

 

Amerikanisch-ägyptische Annäherung

Wesentlich erwartungsvoller wird in Ägypten das vierte mögliche Thema der Präsidentenrede gesehen: die Verbesserung der bilateralen Beziehungen zwischen Kairo und Washington. Der Irak-Krieg, aber auch die Kritik der Bush-Administration am autoritären Führungsstil Mubaraks hatten dazu geführt, dass der ägyptische Präsident seine früher jährlichen Besuche im Weißen Haus über fünf Jahre aussetzte. Die bisherige Amtszeit Obamas wurde deshalb längst für einen Neubeginn genutzt. In den vergangenen Monaten reisten hochrangige Delegationen in die beiden Hauptstädte, um die Wiederannäherung diplomatisch vorzubereiten. Kurz nach den Besuchen Senator Kerrys und Außenministerin Clintons in Ägypten entließ Kairo als Geste guten Willens den prominenten Oppositionellen Ayman Nour aus dem Gefängnis, und ein ägyptisches Gericht hob die Strafverfolgung Saad Eddin Ibrahims auf. Bereits zuvor hatte US-Verteidigungsminister Gates erklärt, dass die Militärhilfen an Ägypten in Höhe von immerhin 1,3 Milliarden US-Dollar jährlich nicht an Bedingungen wie demokratische Reformen oder die Einhaltung der Menschenrechte geknüpft seien. Ein weiterer Höhepunkt blieb dem ägyptisch-amerikanischen Frühling allerdings verwehrt. Seinen ursprünglich für Ende Mai geplanten Besuch in Washington hatte der ägyptische Präsident auf Grund des plötzlichen Todes seines Enkelsohnes absagen müssen. Als umso wichtiger für das bilaterale Verhältnis wird deshalb der Kairo-Besuch Obamas angesehen. Für viele Ägypter ist dies die längst überfällige Anerkennung der politischen Bedeutung Ägyptens in der Region. Gerade in jüngerer Zeit gab es in Ägypten immer wieder Befürchtungen, die USA könnten sich zu stark mit Teheran beschäftigen und über Versuche einer amerikanisch-iranischen Annäherung ihren traditionell wichtigsten muslimischen Verbündeten vernachlässigen. Osama Ghazali Harb, ein bekannter semi-oppositioneller Denker, mutmaßt dementsprechend, dass Ägypten nicht nur Ort, sondern vielmehr eigentlicher Adressat der Rede sei. Auch für den ägyptischen Außenminister Abul Gheit ist naturgemäß klar, dass Obama in Kairo an der richtigen Adresse sei. Kairo, so Abul Gheit, sei die Hauptstadt des moderaten Islam sowie der arabischen und muslimischen Welt.

 

Respekt und Anerkennung

Beim fünften Thema, der Verbesserung der amerikanisch-muslimischen Gefühlslage, hat Obama bereits viel erreicht, ohne auch nur ein Wort gesagt zu haben. Allein seine Bereitschaft zu dieser Rede an diesem Ort zu dieser Zeit wird ihm von vielen Ägyptern als Geste des guten Willens hoch angerechnet. Ansonsten erwartet man von Obama nicht nur die verbale Bekundung von Respekt und Anerkennung – man will sie auch tatsächlich hören und sehen. Hier lässt sich mit Worten in der Tat viel erreichen. Allerdings sind auch gerade in diesem Bereich die Erwartungen am diffusesten. Manche Kommentatoren überbieten sich in ihren Überlegungen, wem der US-Präsident auf muslimischer Seite Anerkennung zu zollen hätte: der muslimischen Philosophie, der arabischen Mathematik und Medizin und vieles mehr. Ein Kommentator verweist sogar darauf, dass amerikanische Astronauten den Mond nur auf der Grundlage arabischer Wissenschaften betreten hätten. Äußerungen wie diese zeigen, wie groß die Erwartungen an Obama als interkultureller und interreligiöser Heilsbringer sind. Selbst wer in Ägypten nicht an den Kampf der Kulturen als weltpolitisches Paradigma glaubt, hält Obama für den Mann, der ihn für beendet erklären könnte.

 

Ort und Zeit der Rede

Seit Wochen war über den Ort der Rede in den ägyptischen Medien spekuliert worden. Nachdem lange von der geschichtsträchtigen Al-Azhar-Moschee im historischen Stadtzentrum die Rede war, brachte die Oppositionszeitung Al-Masr Al-Yawm vor rund zwei Wochen erstmals die Kairo Universität als Ort des Geschehens ins Spiel. Die US-amerikanische Botschaft, die den Ort erst bestätigte, als die Universität längst für die Öffentlichkeit geschlossen und Schauplatz umfassender Reinigungs- und Verschönerungsmaßnahmen geworden war, gab hierfür Sicherheitsgründe an. Beobachter mutmaßen allerdings, dass der Ortswechsel auch politische Gründe hatte. Einerseits sollen ausgerechnet die oppositionellen Muslimbrüder die Idee einer Präsidentenrede in der Al-Azhar aufgebracht haben. Andererseits gilt die Al-Azhar-Universität als Ort staatlich kontrollierter Orthodoxie, dem viele Muslime den Glanz vergangener Zeiten absprechen.

Die Kairo Universität ist daher das in vielerlei Hinsicht sicherere Pflaster. Aber auch die hat bessere Tage gesehen. Während die staatsnahe Presse die Kairo Universität als führende Hochschule der Region preist, kursieren auf Kairos Straßen Witze über ihren wahren Zustand. Für den Karikaturisten der Tageszeitung Al-Alam Al-Yawm ist dementsprechend klar, warum Obama an der Kairo Universität spreche. Schließlich hätte der US-Präsident sein Harvard-Studium hier fortsetzen wollen. Grund für den Spott ist unter anderem ein jüngst veröffentlichtes internationales Hochschul-Ranking, das die Kairo Universität nicht zu den 500 besten Hochschulen der Welt zählt – im Gegensatz zu sechs israelischen Unis. Der Obama-Besuch ist deshalb auch ein wichtiger Imagegewinn des staatlichen ägyptischen Bildungswesens gegenüber den zahlreichen privaten Elite-Universitäten. Bei Professoren und Studenten überwiegt daher der Stolz, dass der amerikanische Präsident gerade ihrer Uni die Ehre gibt. Kritik am großen Bahnhof für Obama wird daher eher hinter vorgehaltener Hand geübt. Professoren und Studenten fragen sich, warum die umfangreichen Verschönerungs- und Renovierungsarbeiten nicht im vergangenen Jahr – zum hundertjährigen Jubiläum der Universität – durchgeführt wurden. Auch die Karikaturisten gehen nicht zimperlich mit dem Aufwand des Obama-Besuchs um. Der Zeichner von Al-Masr Al-Yawm fragte sich etwa, ob nicht auch die Pyramiden für den Obama-Besuch abgetragen oder zumindest neu gestrichen werden sollten.

Aber nicht nur der Schauplatz der Rede beschäftigt die Ägypter, sondern auch der Weg dahin. Die Kairo-Universität liegt im Südwesten der Stadt, der Flughafen im Nordosten. Die stauerprobten Kairener stellen sich daher auf chaotische Verkehrsverhältnisse ein oder bleiben am 4. Juni direkt zu Hause. In vielen Schulen der Umgebung, darunter die nahe gelegene deutsche Schule, findet am Tag des Besuchs kein Unterricht statt. Läden werden geschlossen, ganze Straßenzüge geräumt und Balkone gesperrt. Zwangsweise zuhause bleiben auch die über 200.000 eingeschriebenen Studenten der Kairo Universität. Die ursprünglich für den 4. Juni angesetzten Examensprüfungen werden später nachgeholt.

Etwas skurril muten schließlich noch Spekulationen über den Zeitpunkt der Rede an. Am 5. Juni 1967 begann der für Ägypten katastrophale „Sechs-Tage-Krieg“. Schon seit langem kursieren in Ägypten Gerüchte, nach denen Israel den Krieg u.a. deshalb begonnen habe, um eine angeblich wenige Tage zuvor absehbare Annäherung des Nasser Regimes an die USA zu verhindern. Obama, so wird weiter orakelt, habe den Zeitpunkt absichtlich gewählt, um deutlich zu machen, dass er sich bei der amerikanischen Annäherung an Ägypten bzw. an die Araber nicht von Israel reinreden lasse.

 

Schlussfolgerungen

Unabhängig davon, was Präsident Obama in seiner Rede sagen wird, ist sein Auftritt für die ägyptisch-amerikanischen Beziehungen schon jetzt ein Erfolg. Vielen Ägyptern ist klar, dass sich nicht alle Probleme im Verhältnis zwischen den USA und der muslimischen Welt von heute auf morgen bereinigen lassen. In einer stark auf Respekt und Anerkennung beruhenden Kultur ist aber allein die Tatsache, dass ein US-amerikanischer Präsident (mit afrikanischen und muslimischen Wurzeln) von Ägypten aus zu den Muslimen der Welt sprechen wird ein unschätzbarer Gewinn – sowohl für das Selbstwertgefühl der Ägypter als auch für das Image ihres Landes.

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Sankt Augustin Deutschland