Am 30. Juni 2025 fand die vierte Ausgabe der Veranstaltungsreihe DemocrAIcy unter dem Titel „Schutz vs. Kontrolle: Cybersicherheit und digitale Souveränität“ statt. Im Mittelpunkt standen Fragen nach der Sicherung demokratischer Strukturen in einer zunehmend digitalisierten Welt – zwischen technologischer Abhängigkeit, staatlicher Kontrolle und der Notwendigkeit resilienter Infrastrukturen. Prof. Frank Pisch (TU Darmstadt) und Tanissa Conradi (Konrad-Adenauer-Stiftung) eröffneten die Veranstaltung mit einer kurzen Begrüßung und führten in die Themenstellung ein.
Im ersten Impuls des Abends stellte Ferdinand Gehringer, Referent für Cybersicherheit und Geheimschutzbeauftragter bei der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), die sicherheitspolitische Arbeit der Stiftung vor. Den zweiten Impuls lieferte die Cybersicherheitsforscherin Prof. Dr. Haya Schulmann. Sie betonte, dass Innovation eine Grundvoraussetzung für digitale Souveränität sei. Jedoch sollte das Ziel nicht digitale Autarkie, sondern gegenseitige Abhängigkeit sein. Weiterhin merkte Schulmann an, dass unsere Technik sicherer gestaltet werden müsse. So werde bei Open-Source-Modellen häufig argumentiert, dass der offene Quellcode durch viele Augen kontrolliert werde und somit sicherer sei. Doch prominente Sicherheitslücken wie Heartbleed hätten dies widerlegt. Als Lösungsansatz schlug Schulmann vor, Open-Source-Quellcode öffentlich einsehbar, aber nur begrenzt bearbeitbar zu machen, um Sicherheit und Transparenz zu vereinen.
In der anschließenden, von Prof. Pisch moderierten Diskussion wurde deutlich, dass Innovation, Cybersicherheit und Standortpolitik eng miteinander verknüpft sind. Deutschland verfüge über starke Forschung – z. B. im Bereich der Quantentechnologie – müsse jedoch Wege finden, um diese Erkenntnisse schneller in marktfähige Produkte zu überführen. Der sogenannte „Death Valley“-Effekt, bei dem viele Innovationen auf dem Weg zur Umsetzung scheitern, müsse überwunden werden.
Gehringer merkte an, dass es verbindlicher politischer Zielsetzungen bedürfe. Es müssten klare strategische Prioritäten gesetzt und ausgewählte Schlüsselakteure gezielt gefördert werden, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Auch die Risikobereitschaft müsse in Deutschland steigen – ebenso wie der Mut, bestehende Systeme radikal neu zu denken. Die Frage, wessen Aufgabe Innovation ist, beantworteten Gehringer und Schulmann gemeinsam: Es brauche Wissenschaft, Wirtschaft, Politik – und die Gesellschaft.
Zudem wurde deutlich, dass es oft schon an einer grundlegenden Übersicht über die digitale Infrastruktur fehle – sowohl bei Behörden als auch in der Privatwirtschaft. Selbst große Unternehmen wüssten häufig nicht genau, welche Systeme und Datenströme sie tatsächlich betreiben. Für eine wirksame Cybersicherheitsstrategie sei jedoch eine klare und umfassende Kenntnis der eigenen digitalen Strukturen unverzichtbar. Auch wurde in diesem Zusammenhang das Vergaberecht kritisiert: Aus Cybersicherheitsperspektive ist das günstigste Angebot nicht immer auch das sicherste.
Die vierte Ausgabe der Reihe DemocrAIcy zeigte: Cybersicherheit ist längst ein politisches Querschnittsthema. Sie entscheidet über die Resilienz von Demokratien, wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und gesellschaftliche Freiheit im digitalen Raum. Statt auf totale Unabhängigkeit zu setzen, sollten demokratische Staaten auf strategische Partnerschaften, klare politische Ziele und gezielte Exzellenz setzen – und so selbst Standards in der globalen digitalen Ordnung setzen. Digitale Souveränität bedeutet nicht Isolation, sondern bewusste Gestaltung und Verantwortung.
Obezbedio
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