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Der Supreme Court der USA in der Krise?

Ein Interview über die Verfassungskrise in den Vereinigten Staaten

Professor Russell A. Miller sieht den Supreme Court in einer Legitimationskrise. Grund dafür seien vor allem die unstrukturierten und politisch stark umstrittenen Verfahren zur Ernennung der Richterinnen und Richter. Er fordert nachdrücklich einen Verhaltenskodex für das höchste und am öffentlichkeitswirksamsten agierende Gericht des Landes. Dies würde dazu beitragen, den Ruf und die Integrität des Gerichtshofs als geschätzte Institution zu festigen und zu stärken. Um die Krise des Supreme Court zu überwinden, müsse zuallererst die Krise der amerikanischen Politik bewältigt werden.

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Professor Miller, wir sind besorgt über die Vorgänge auf der anderen Seite des Atlantiks. Wie steht es derzeit um die Rechtsstaatlichkeit in den Vereinigten Staaten von Amerika, die eine der ältesten Demokratien der Welt sind?

Miller: Viele Amerikaner machen sich große und zunehmende Sorgen über den Zustand, die Funktionsfähigkeit und die Integrität unseres Justizsystems. In den letzten Jahren haben sich diese Bedenken vor allem auf den Supreme Court fokussiert, das höchste und am öffentlichkeitswirksamsten agierende Gericht des Landes – das einzige Gericht, das unmittelbar durch die Verfassung eingerichtet wurde, und das Gericht, welches für die bindende Auslegung der Verfassung und der Bundesgesetze zuständig ist. Einige Amerikaner gehen so weit, dass sie den Supreme Court in einer schweren Krise sehen.

 

Richter nehmen eine wichtige Kontrollfunktion im Rechtsstaat ein. Um den Zustand der Rechtsstaatlichkeit in einer Gesellschaft zu messen, ist es hilfreich, den Umfang des Vertrauens der Öffentlichkeit in die Gerichte heranzuziehen. Wie steht es derzeit um das Vertrauen der Amerikaner in den Supreme Court?

Miller: Die letzten Umfragen verdeutlichen das Schwinden des Vertrauens der Amerikaner in den Supreme Court. Im Jahr 2022 gaben 40 % der Amerikaner an, dass sie mit der Arbeit des Supreme Court einverstanden sind, während 58 % den Gerichtshof und seine Arbeit ablehnen. Der Wert von 40 % Zustimmung gleicht dem niedrigsten Stand aller Zeiten aus dem Jahr 2021. Beunruhigend ist aber, dass die 58 % Ablehnung der höchste Wert ist, der je zu verzeichnen war. Die Besorgnis über das öffentliche Ansehen des Gerichtshofs ist so groß, dass Präsident Biden eine Sonderkommission einberief, um mögliche Reformen des Supreme Court evaluieren zu lassen. Die Kommission erhielt die Aufgabe, eine unabhängige Analyse der relevantesten Argumente für und gegen eine Reform des Supreme Court zu erstellen. Die Kommission kam in ihrem Abschlussbericht im Dezember 2021 zu dem Schluss, die Nation sei seit einiger Zeit in eine intensive und anhaltende Debatte über die personelle Zusammensetzung des Gerichts, die Ausrichtung seiner Rechtsprechung und die Frage, ob die politischen Parteien gegen die Bestimmungen verstoßen haben, die den Prozess der Berufung von neuen Richtern regeln, verstrickt. Dennoch hat die Kommission keinen Konsens über die Reform oder konkrete Maßnahmen zur Beseitigung dieser streitigen Probleme erzielt.

 

Vor allem die Ernennung neuer Richter am Supreme Court scheint intensive politische Debatten mit sich zu bringen. Im Gegensatz zu den Richtern am deutschen Bundesverfassungsgericht, deren Amtszeit nach 12 Jahren oder mit dem Erreichen des 68. Lebensjahres endet, haben die Richter am Supreme Court ihr Amt auf Lebenszeit inne. Welche Auswirkungen haben die letzten Ernennungen auf den Supreme Court gehabt?

Miller: Die derzeitige Krise basiert auf einem unstrukturierten und politisch stark umstrittenen Verfahren zur Ernennung der Richter am Supreme Court. Die neun Richter des Gerichtshofs werden vom Präsidenten nominiert und müssen vom Senat bestätigt werden, um ihr Amt antreten zu können, welches sie auf Lebenszeit ausüben. In der amerikanischen Geschichte wurden die 165 Nominierungen des Präsidenten für den Supreme Court in der Regel ohne große Zwischenfälle geprüft und durchgewunken. Doch seit Ende der 1980er Jahre sind die öffentlichen Anhörungen zur Bestätigung der vorgeschlagenen Richter durch den Senat ein intensiver politischer Schlagabtausch geworden, der live im Fernsehen übertragen wird. Der erste derartige Fall ereignete sich im Jahr 1987. Die Mehrheit im Senat lehnte die Nominierung des Richters Robert Bork durch Präsident Reagan ab. Die Republikaner betrachteten dies als ein ideologisches Manöver, das die verfassungsmäßige Befugnis des Präsidenten, die Justiz zu gestalten, untergrabe.

Vor kurzem – und das ist vielleicht der vorrangige Auslöser für die aktuelle Kritik am Gerichtshof – gab es zwei höchst umstrittene Ernennungen. Im Jahr 2016, fast ein Jahr vor dem Ende der zweiten Amtszeit von Präsident Obama, starb unerwartet der ausgesprochen konservative Richter Antonin Scalia. Präsident Obama nominierte den Richter Merrick Garland. Allerdingt blockierte der von den Republikanern kontrollierte Senat die Prüfung von Garlands Ernennung für fast sieben Monate, um sie über die Präsidentschaftswahlen 2016 hinaus zu verzögern. Nach seinem Sieg bei den Präsidentschaftswahlen 2016 nominierte Donald Trump den konservativen Richter Neil Gorsuch, um den noch freien Sitz zu besetzen. Dies veranlasste liberalere Kommentatoren und Wissenschaftler, den Republikanern den Vorwurf zu machen, sie hätten einen Sitz am Gerichtshof „gestohlen“.

Im Jahr 2018 trat Richter Kennedy von seinem Richteramt zurück. Er war von einem republikanischen Präsidenten ernannt worden und wollte sicherstellen, dass ein Republikaner die Möglichkeit haben würde, seinen Nachfolger zu benennen. Präsident Trump nominierte den konservativen Richter Brett Kavanaugh, um die freie Stelle von Richter Kennedy zu besetzen. Das ist von Bedeutung, da sich Kennedy in der Vergangenheit eher als gemäßigte Stimme am Gerichtshof erwiesen hatte und in Fällen mit sowohl konservativen als auch progressiven politischen Entscheidungselementen oft die entscheidende Stimme für die eine oder die andere Seite abgab. Nun hat sich das ideologische Gleichgewicht des Gerichtshofs entscheidend nach rechts verschoben. Noch problematischer war, dass die Demokraten bei der Anhörung zur Ernennung durch den Senat Zweifel an Kavanaughs Eignung vortrugen, die auf kurz zuvor aufgetauchten Anschuldigungen sexuellen Fehlverhaltens in seiner Jugendzeit fußten. Die Nation sah, wie die Professorin Christine Blasey-Ford aussagte, Kavanaugh habe sie im Sommer 1982 auf einer Highschool-Party mit physischer Gewalt sexuell belästigt. Kavanaugh reagierte auf die Anschuldigung bei der Anhörung mit einer Mischung aus stoischem Abstreiten, Herabwürdigungen der Zeugin und nahezu hysterischer Empörung. Dennoch wurde er mit 50:48 Stimmen in seinem Amt bestätigt.

Diese Ereignisse verdeutlichen nochmals die großen Risiken dabei, sich zur Wahl zu stellen, die entgegenschlagende Feindseligkeit der Gegenseite und die intensive parteiliche Prägung, die derzeit regelmäßig die Ernennung von neuen Richtern am Supreme Court überschatten. Es ist zu vermuten, dass das Ernennungsverfahren parteipolitische und ideologische Ernennungen begünstigt und dann durch seinen ruppigen und tief eingreifenden Ablauf diese Positionen weiter verfestigt. Erschwerend kommen die enorme politische Bedeutung jeder Ernennung und das damit einhergehende große Medieninteresse hinzu.

Die Empörung der Demokraten über die Ernennung von Richter Gorsuch, welche sie als "gestohlenen Sitz" am Gerichtshof ansehen, beruht darauf, dass die Republikaner im Senat und Präsident Trump tatsächlich gegen alte Normen und Traditionen verstoßen haben, die sichergestellt hätten, dass Präsident Obama den Nachfolger von Richter Scalia ernennen kann. So gefährlich das Aushöhlen solcher Normen auch ist, so ist doch nichts an der Ernennung von Richter Gorsuch formell illegitim. Er ist ein verfassungsgemäß legitimiertes und rechtskonform ernanntes Mitglied des Gerichtshofs. Die Parallelen zwischen diesen etwas übertriebenen und nicht völlig zutreffenden Behauptungen eines "gestohlenen" Platzes im Supreme Court und den von Präsident Trump erfundenen und destruktiven Behauptungen, die Präsidentschaftswahl 2020 sei "gestohlen" worden, sind problematisch.

Lassen Sie mich noch eine letzte Anmerkung zu diesem Thema machen: Es ist wichtig festzuhalten, dass beide politischen Parteien zur Politisierung des Gerichtshofs und zur Parteilichkeit beigetragen haben, die jetzt das Nominierungsverfahren überschatten. Wie ich bereits erwähnte, waren es die Demokraten, die die Nominierung von Richter Bork durch Präsident Reagan ablehnten. Und es waren die Demokraten, welche die "nukleare Option" ergriffen, die Senatsregel abzuschaffen und eine 60-Stimmen-Mehrheit ebenso für die Bestätigung von Richtern der unteren Bundesgerichte einzuführen. Die Republikaner folgten diesem Beispiel, indem sie die Super-Mehrheitsregel für die Ernennung von Richtern des Supreme Courts in die Luft jagten. Sofern der Gerichtshof nun irreversibel zerstört ist, haben beide Parteien schmutzige Hände.

 

Aber sind die Richter nicht unabhängig? Selbst wenn sie sich einer politischen Partei zugehörig fühlen, sollte dies keinen Einfluss auf ihre Entscheidungen haben.

Miller: Diejenigen, die behaupten, der Gerichtshof sei in eine Legitimationskrise geraten, argumentieren, der Gerichtshof sei aufgrund der jüngsten republikanischen Nominierungen von Parteilichkeit befallen und dass er begonnen habe, grob ideologische Urteile zu fällen. Unbestreitbar verfolgt der derzeitige Gerichtshof eine neue, konservative Verfassungsagenda. Der vielleicht deutlichste Beweis dafür ist die umstrittene und heftig umkämpfte Entscheidung des Gerichts vom letzten Sommer, den fünfzig Jahre alten Präzedenzfall (Roe v. Wade), der ein Recht auf Abtreibung festschrieb, aufzuheben. Diese knappe 5:4-Entscheidung war das Ergebnis einer jahrzehntelangen parteibetriebenen politischen und rechtlichen Kampagne zur Abschaffung des Abtreibungsrechts in Amerika. Die eindeutig konservative Ausrichtung des Gerichts wurde auch noch einmal durch die Entscheidung im Juni 2023 bestätigt, die positive Diskriminierung (Affirmative Action) zu beseitigen. Diese Politik erlaubte es dem Staat, die Rasse als Faktor bei der Entscheidungsfindung heranzuziehen, um zwingende politische Ziele wie die Beseitigung früherer Diskriminierungen oder die Förderung der Meinungsvielfalt im Bildungswesen zu fördern. Um konservative Verfassungsziele voranzutreiben, hat die konservative Mehrheit des Gerichtshofs in fünf Jahren nun bereits zehn Mal einen Präzedenzfall gekippt. Dies ist ein rasantes Tempo, welches der Gerichtshof für Verfassungsänderungen an den Tag legt. Es ist bezeichnend, dass die Aktivitäten des Gerichtshofs inzwischen mehr als parteipolitisches Bestreben, denn als Folge einer neuen rechtswissenschaftlichen Sichtweise auf den Fall anzusehen sind. Wie bereits erwähnt, ist das Ansehen des Gerichtshofs in der Gesellschaft auf einem historischen Tiefstand angelangt. In differenzierteren Umfragen zeigt sich jedoch, dass sich das Gefühl, der Gerichtshof handele parteipolitisch, weiter vertieft. Mit überwältigendem Vorsprung sind es die Demokraten, die ihr Vertrauen in den Gerichtshof verlieren.

Darüber hinaus gibt es Bedenken hinsichtlich möglicher Parteilichkeit und fehlender Integrität am Gerichtshof. Nachrichtenberichten zufolge haben mehrere Richter extravagante Geschenke (insbesondere in Form von Urlauben und Reisen) erhalten, die nicht oder nicht ordnungsgemäß angemeldet wurden. Einige der Richter verfügen zudem über beträchtliche Anlageportfolios, die von den Entscheidungen des Gerichtshofs mit betroffen sein könnten. Und schließlich gibt es Anschuldigungen, dass die Ehefrauen und Ehemänner die Prominenz und die Macht der Richter ausnutzen, um sich selbst zu bereichern, oder dass sie sich in Washington in politische Angelegenheiten einmischen, die einen parteiischen Schatten auf die Arbeit der Richter werfen. So hat beispielsweise die Frau des Obersten Richters Roberts in den letzten Jahren mehr als 10 Millionen Dollar als Personalvermittlerin für Juristen verdient. Und die Frau von Richter Thomas ist eine sehr prominente Lobbyistin und politische Strategin der Republikaner mit engen Verbindungen zum Trump-Lager.

 

Wie geht es angesichts dieses dramatischen Lagebildes weiter? Wie kann der Gerichtshof Ihrer Meinung nach wieder an Stärke gewinnen? Wie kann er das verlorene Vertrauen der Öffentlichkeit zurückerobern?

Miller: Es gibt verschiedene Reformvorschläge, darunter die Forderung nach einer strengeren externen ethischen Kontrolle des Gerichts, nach einer Änderung des Ernennungsverfahrens, um mehr Richter an den Gerichtshof zu bringen, und nach einer Begrenzung der Amtszeit der Richter am Gerichtshof.

Einigen der Forderungen nach einer Reform des Supreme Courts stehe ich jedoch skeptisch gegenüber. Zu oft scheint es sich dabei um parteipolitische Spielereien zu handeln, um die vorgebliche derzeitige Parteilichkeit am Gerichtshof zu beseitigen. Bei den Kritikern des Gerichtshofs handelt es sich größtenteils um Demokraten, die vor allem über die politischen Niederlagen, die sie durch die Entscheidungen des Gerichtshofs erleiden, enttäuscht sind. Diese Stimmen übersehen jedoch einige wichtige Punkte. Erstens funktioniert der Gerichtshof insgesamt sehr gut und trifft die meisten seiner Entscheidungen im Konsens (9-0) oder nahezu im Konsens (8-1 oder 7-2). Zweitens ist der Gerichtshof seit jeher eine politische (wenn auch nicht offen parteiliche) Institution, die schon so manches Mal mit fragwürdigen Manövern seine Entscheidungen herbeigeführt hat. Aus Respekt vor der unverzichtbaren, aber fragilen Institution halte ich es jedoch für wichtig, zu betonen, dass der gegenwärtige Zustand weder völlig dysfunktional noch neu ist. Möglicherweise ist das derzeitige Verhalten und die Zusammensetzung des Gerichtshofs nicht einmal schlimmer als in früherer Vergangenheit Amerikas. Die Demokraten sollten erkennen, dass sie derzeit lediglich erleben, wie sich das Blatt am Gerichtshof wendet, nachdem die Rechtsprechung über mehrere Generationen hinweg ihre verfassungsrechtlichen und politischen Positionen meistens begünstigt hat.

Zumindest teilweise müssen die Diskussionen über eine Krise des Gerichtshofs und die Forderung nach Reformen unter diesem Aspekt gesehen werden: Nachdem sie das Spiel auf dem Spielfeld verloren haben, möchten viele Demokraten nun die Regeln ändern – auch auf die Gefahr hin, dem Gerichtshof selbst dauerhaften Schaden zuzufügen. Meine Ablehnung gegenüber den Reformforderungen ist in der Sorge um das dauerhafte Wohl der Institution selbst begründet und beruht auf meiner Beobachtung der Fragilität des Justizwesens in Ländern wie Ungarn, Polen und jetzt auch Israel. Der Supreme Court, der auf eine fast ein Vierteljahrtausend lange Geschichte zurückblicken kann, ist eine generell gut funktionierende Institution, die die meiste Zeit mit einem bewundernswerten Maß an Übereinstimmung und juristischer Raffinesse arbeitet. Auch wenn ich mit den Ergebnissen vieler seiner jüngsten Entscheidungen nicht einverstanden bin, so zögere ich doch, zuzustimmen, dass wir darauf reagieren sollten, indem wir den Gerichtshof leichtfertig den parteipolitischen Interessen des jeweiligen Tages opfern.

Dennoch stimme ich nachdrücklich zu, dass bei den ethischen Problemen, die das Gericht derzeit hat, dringender Handlungsbedarf besteht. Der Gerichtshof sollte schnell handeln und sich entweder dem Verhaltenskodex für Bundesrichter unterwerfen oder einen speziellen eigenen Verhaltenskodex beschließen. Wenn der Gerichtshof nicht von sich aus tätig wird, sollte der Kongress Gesetze verabschieden, die dem Gerichtshof strengere ethische Maßstäbe auferlegen. Dies sollte eine Verdeutlichung und Verschärfung der Berichtspflichten sowie eine strengere Anwendung der Abberufungsregel in solchen Fällen beinhalten, die den Anschein von unangemessenen Verhalten oder Befangenheit erwecken. Tatsächlich würde diese Reform dazu beitragen, den Ruf und die Integrität des Gerichtshofs als geschätzte Institution zu festigen und zu stärken.

Es sind vor allem die anderen Forderungen nach strukturellen Reformen, die ich als problematisch empfinde.

Eine Abkehr von der lebenslangen Ernennung, die den Richtern derzeit zuteilwird, ist aller Wahrscheinlichkeit nach rechtlich nicht möglich. Das würde wohl eine Änderung von Artikel III, Abschnitt 1 der Verfassung erfordern, der besagt, dass "die Richter sowohl der obersten als auch der untergeordneten Gerichte ihr Amt bei guter Führung ausüben sollen." Die US-Verfassung ist bekanntermaßen nur schwer zu ändern, weshalb dieser Reformvorschlag keine Aussicht auf Erfolg hat. Pläne, dem Gerichtshof weitere Richter hinzuzufügen (sogenanntes "court-packing"), um ein parteipolitisches Gleichgewicht herzustellen, sind trotz der theoretischen rechtlichen Durchführbarkeit ebenso wenig erfolgsversprechend. Der Kongress kann die Anzahl der Richter am Gerichtshof frei festlegen. Wenn jedoch weitere von den Demokraten ernannte Richter hinzukommen, würde das die parteiliche Prägung des Gerichtshofs weiter verstärken, und das Ziel, als unabhängiges Rechtsprechungsorgan zu funktionieren, weiter in die Ferne rücken lassen. Eine Änderung dahingehend, dass künftig mehr Richter im Gericht vorgesehen sind, führt auch zu einer geringeren Stabilität des Gerichts und zu einer geringeren rechtssicheren Vorhersehbarkeit der Präzedenzentscheidungen des Gerichtshofs. Eine ständige Rotation neuer Richter am Gerichtshof würde wohl dazu führen, dass frühere Entscheidungen regelmäßig revidiert werden würden. Darüber hinaus scheint mir dieser Vorschlag eine Einladung an jede Kongressmehrheit zu sein, den Gerichtshof so umzugestalten, dass er sich der jeweiligen politischen Haltung anpasst. Einige Mitglieder der Biden-Kommission befürchteten, dass ein künftiger Kongress, wenn der heutige damit beginne, weitere Richter zu berufen, dasselbe ebenso tun könnte. Eine solche Maßnahme könnte daher künftig zu einem Gerichtshof mit 30, 40 oder gar noch mehr Richtern führen.

Vielleicht ist es nicht verwunderlich, dass eine prominente und immens einflussreiche Institution wie der Supreme Court ebenfalls Opfer der Schwierigkeiten geworden ist, die die amerikanische Politik plagen: die starke Polarisierung, die Entwertung demokratischer Normen und das Entstehen politischer Extrempositionen. Dass der Gerichtshof jetzt unter einer Legitimationskrise leidet, könnte daher womöglich auf eine Infektion durch die allgemeine politische Stimmung im Lande zurückzuführen sein. Um die Krise des Supreme Court zu überwinden, wäre es daher das Wichtigste, die Krise der amerikanischen Politik zu bewältigen.

 

Herr Professor Miller, herzlichen Dank für dieses Gespräch!

Die Fragen wurden von Dr. Franziska Rinke, Referentin für Rechtsstaatsdialog und Völkerrecht bei der Konrad-Adenauer-Stiftung, gestellt.

 

Lesen Sie das Interview mit Professor Russell A. Miller "Der Supreme Court der USA in der Krise?" hier als PDF.

Das Interview ist in gekürzter Fassung auch in der Deutschen Richterzeitung (DRiZ – Heft 10/2023) erschienen. 

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