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Was regeln in einem Triage-Gesetz?

з Dr. Katja Gelinsky

Zur Zuteilung von Überlebenschancen bei unzureichenden medizinischen Ressourcen (Teil 2)

Wer soll gerettet werden, wenn es zu wenige Kapazitäten gibt? Ärzte stehen hier vor der sogenannten Triage-Problematik. Was kann der Gesetzgeber tun, um Orientierung zu geben?

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Wenn es mehr Patienten als intensivmedizinische Kapazitäten gibt, stehen Mediziner vor einem Dilemma: Wem helfen sie in dieser sogenannten Triage-Situation? Und wer stirbt eventuell, weil man andere vorzieht? Gesetzliche Vorgaben können die Tragik der Triage nicht beseitigen. Es geht immer um Einzelfälle und Einzelfallentscheidungen. Aber der Konflikt würde für Patienten, Angehörige und Ärzte erträglicher, wenn der Gesetzgeber rechtliche Grenzen aufzeigt. Der folgende Beitrag gibt Anregungen.

 

Kurz und knapp

  •  Im Fall einer Epidemie, die dazu führt, dass die intensivmedizinischen Ressourcen nicht mehr für alle Patienten reichen, steht der Gesetzgeber vor einem Dilemma: Einerseits berührt die Zuteilung von Überlebens- und Sterberisiken elementare Grundrechte eines jeden akut behandlungsbedürftigen Patienten, andererseits sind überindividuelle Interessen der Gesundheitsfürsorge zu berücksichti-gen. Die staatlichen Möglichkeiten, die Patientenauswahl zu steuern sind jedoch begrenzt, da jedem Menschenleben allein aufgrund seiner Existenz der gleiche Geltungs- und Würdeanspruch zukommt.
  • Durch eine gesetzliche Vorgabe, die Patientenauswahl solle nach dem Zufallsprinzip erfolgen (Los-verfahren und strikte zeitliche Priorität) würde eine staatliche Bewertung von Leben und damit die Gefahr einer Missachtung der Menschenwürdegarantie vermieden. Mit Blick auf das ärztliche Be-rufsverständnis erscheint der Zufallsentscheid jedoch problematisch. Auch könnte der Eindruck ent-stehen, der Gesetzgeber versäume es, normative Orientierung für die Bewältigung existentieller Konfliktlagen zu geben.
  • Bei der Formulierung eines Negativkatalogs unzulässiger Klassifizierungskriterien bei der Patienten-auswahl könnte sich der Gesetzgeber an den Empfehlungen der medizinischen Fachgesellschaften kombiniert mit jenen des Ethikrates orientieren.
  • Der Gesetzgeber sollte den ethischen Empfehlungen folgen und auch eine Patientenauswahl anhand des Lebensalters und der Zahl der noch verbleibenden Lebensjahre für unzulässig erklären. Die Zu-teilung intensivmedizinischer Ressourcen allein am Maßstab des Alters oder der verbleibenden Le-benszeit stünde in eklatantem Widerspruch zur Grundrechtsordnung.
  • Aller Voraussicht nach würden sich die gesetzlichen Beratungen über ein Triage-Gesetz ohnehin ext-rem schwierig gestalten. Es wäre wenig hilfreich, sie zusätzlich mit einer fragwürdigen Vorzugsrege-lung für systemrelevante Berufe nach der Devise „rettet die Retter“ zu belasten.
  • Ein Triage-Gesetz, in dem spiegelbildlich zu den klinisch-ethischen Empfehlungen der medizinischen Fachgesellschaften eine möglichst „nutzbringende Teilhabe“ an der intensivmedizinischen Versor-gung nach Maßgabe der „klinischen Erfolgsaussicht“ vorgegeben würde, erscheint verfassungsrecht-lich nicht akzeptabel. Derartige Nützlichkeitserwägungen des Gesetzgebers wären mit der staatli-chen Verpflichtung zum Schutz des Lebens und zur Achtung der Menschenwürde nicht vereinbar.
  • Der Staat wäre verfassungsrechtlich zwar nicht verpflichtet, generell zu verbieten, dass das Kriterium klinischer Erfolgsaussicht für die Patientenauswahl herangezogen wird. Es sollte aber sichergestellt werden, dass keine „Kategorie hoffnungsloser Fälle“ entsteht, die keine realistische Chance haben, bei der Zuteilung von Beatmungsgeräten berücksichtigt zu werden.
  • Der Gesetzgeber sollte klarstellen, dass Ärzte, die zur Rettung eines Patienten die bereits aufgenom-mene intensivmedizinische Behandlung eines anderen Patienten trotz fortbestehender Indikation abbrechen (Ex-post Triage), nicht im Einklang mit der Rechtsordnung handeln. Zur Vermeidung von Strafbarkeit kommt nur ein Entschuldigungsgrund in Betracht.
  • Der Gesetzgeber kann die Tragik der Triage nicht beseitigen. Es geht immer um Einzelfälle und Ein-zelfallentscheidungen. Aber die Konfliktlage würde für Patienten, Angehörige und Ärzte erträglicher, wenn der Gesetzgeber rechtliche Grenzen bei der Patientenauswahl aufzeigt und damit das Ver-trauen in Entscheidungsprozesse stärkt, von denen zu hoffen ist, dass sie uns erspart

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