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An erster Stelle rangiert immer das, was am meisten entbehrt wird

Buchvorstellung "Was ist Gerechtigkeit? - Befunde im vereinten Deutschland"

Was ist für das Leben in einem freiheitlichen demokratischen Staat wichtiger? Freiheit oder Gleichheit? Diese Ausgangsfrage warf der Ehrenvorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung, Prof. Dr. Bernhard Vogel, gleich zu Beginn der Vorstellung des Buches „Was ist Gerechtigkeit? Befunde im vereinten Deutschland“ auf. Er zielte damit auf die zahlreichen Umfragen ab, die den Unterschied zwischen den Menschen in den neuen und den alten Bundesländern vor allem daran festmachen, dass die Ostdeutschen die Gleichheit höher bewerten würden als die Freiheit.

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An erster Stelle rangiert immer das, was am meisten entbehrt wird, so Vogel. Während der Friedlichen Revolution stand die Freiheit im Vordergrund. Nach der Überwindung des SED-Unrechtsregimes stelle sich jetzt die Frage, ob die Gerechtigkeit alle erreicht habe. Diesen Fragen auf den Grund zu gehen definierte Vogel als Aufgabe der Konrad-Adenauer-Stiftung und aller politischen Stiftungen. Das Buch Was ist Gerechtigkeit? Befunde im vereinten Deutschland leistet, so Vogel, hierzu einen wichtigen Beitrag.

Mit besonderer Spannung erwarteten die rund 350 Teilnehmer in der Dresdner Dreikönigskirche den Präsidenten des Sächsischen Landtages Dr. Matthias Rößler. Er stellte das Buch inhaltlich vor. Gerechtigkeit, so Rößlers Ausgangsüberlegung, sei ein schwieriger Begriff, der auch in der Sächsischen Landesverfassung einen zentralen Stellenwert einnimmt. Was Gerechtigkeit sei, könne aber selbst die Verfassung nicht abschließend klären; es ist stets nur eine Annäherung an Gerechtigkeit möglich. Angesichts der jahrtausendewährenden Diskussion über die Frage „Was ist Gerechtigkeit?“ spannt der Sammelband einen Bogen „von Platon bis Arnold Vaatz“. Ein hilfreicher Einstieg in das Thema, so Rößler, ist der Beitrag „Gerechtigkeit – Philosophie als Anleitung zur Politik“ von Michael Borchard und Thomas Schrapel. Schon Platon habe davor gewarnt, Gerechtigkeit auf den Aspekt der Gleichheit zu verengen. Sie dürfe aber auch nicht mit dem Sozialstaat gleichgesetzt werden, wie Hans Maier herausgearbeitet habe. Dies gelte auch für die Frage der „inneren Einheit“, die oft auf die ausgleichende Gerechtigkeit verengt werde, wie Hans-Joachim Veen zu Recht kritisiere.

Ulrich Blum lege in seinem Beitrag dar, dass der „Aufbau Ost“ keine Fehlinvestition, sondern gerechtfertigt war, weil er notwendige Infrastrukturunterschiede ausgeglichen habe. Orientiert an der Entwicklung in der Schweiz rät Martin Lendi, bei der Entwicklung von Regionen nicht nur ökonomische Gesichtspunkte heranzuziehen, sondern die konkreten Vorhaben an den Kriterien der Zweckmäßigkeit, des Gebotenen und eben auch des Gerechten auszurichten. Gert Pickel schließlich weist empirisch nach, dass die Unterschiede in der Mentalität von Ost und West nicht so groß seien, wie oft unterstellt. Auch die Arbeitslosigkeitserfahrungen, die im östlichen Teil der Bundesrepublik insgesamt größer sind, würden sich nicht nennenswert auf die Einstellungen der Ostdeutschen zur Gerechtigkeit auswirken, wie der Text von Thorsten Faas darlege.

Ungerchtigkeiten letztlich eine Folge des Zweiten Weltkrieges und der Teilung

Zuletzt hob Rößler das Interviewgespräch zwischen Arnold Vaatz und Bernhard Vogel hervor. Beide sind sich einig, dass der Transformationsprozess nach der Wiedervereinigung nicht vollständige Gerechtigkeit mit sich gebracht habe. Die Ungerechtigkeiten seien letztlich aber eine Folge des Zweiten Weltkrieges und der innerdeutschen Teilung. Die friedliche Überwindung des SED-Unrechtsregimes und das Bemühen, nachträglich Gerechtigkeit herzustellen, würden zeigen, dass die deutsche Einheit die größte Leistung der Deutschen sei.

Rößlers Fazit: „Jeder wird in dem Buch eine Antwort auf die Frage ‚Was ist Gerechtigkeit?’ finden, der nicht nach einer abschließenden Antwort sucht.“ Für Rößler wird deutlich, dass sich die Idee der Gerechtigkeit im Menschen selbst realisiert. Die „Früchte der Gerechtigkeit“ erntet man nur in einer Gesellschaft, wo es Freiheit und Gleichheit gibt. Das Buch werde seinen Platz unter den politikwissenschaftlichen Beiträgen zu den Werten und zur deutschen Einheit finden. Es sei eine Einführung und Einladung zur weiteren Beschäftigung mit den Quellen zum Thema „Gerechtigkeit“.

In der vom Chefredakteur der Super Illu moderierten Podiumsdiskussion gingen der evangelisch-lutherische Landesbischof Sachsens Jochen Bohl, Arnold Vaatz MdB, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, und Prof. Dr. Bernhard Vogel unter anderem der Frage nach, ob in der DDR nicht eine besondere Gerechtigkeit bestanden habe im Sinne von „Wir hatten wenig, aber alle gleichviel“. Vaatz warnte davor, von der SED-Sprache, die sich ständig um Gleichheit und Gerechtigkeit drehte, auf das Vorhandensein von Gerechtigkeit in der DDR zu schließen. Im Alltag habe eine „Zwei-sprachigkeit“ vorgeherrscht. Was in einer Gesellschaft für Gerechtigkeit gehalten wird, hänge von den Regeln ab, die als legitim gelten. Wenn sie als ungerecht aufgefasst werden, werden sie angepasst. Dies war aber in der DDR nicht möglich. Stattdessen wurden abweichende Meinungen kriminalisiert und verfolgt. Das Wertesystem der SED wurde letztlich mit Gewalt durchgesetzt. So sei ein Klima der permanenten Kontrolle und des Zwangs zur Lüge entstanden, das das Leben in der DDR zerstörte. Gerecht ist es nicht zugegangen.

Nach der Wiedervereinigung mehr gelungen als gescheitert

Die weitere Diskussion drehte sich um die Frage, ob es nicht gerecht gewesen wäre, die Eliten nach der Wiedervereinigung konsequent auszutauschen. Viele, die sich in der Bürgerrechtsbewegung engagierten, sähen sich nicht genügend einbezogen. Vogel unterstrich demgegenüber, dass es durchaus einen großen Elitenaustausch gab. Letztlich hätte bei der Personalpolitik aber die fachliche Eignung im Vordergrund gestanden. Auch die verbreitete Kritik am Personal aus dem Westen, das wichtige Funktionen in den neuen Ländern übernahm, sei zu pauschal. Zwar habe es auch Mitarbeiter gegeben, die nur kamen, weil sie ihre Vorgesetzten in den alten Bundesländern loswerden wollten, die meisten wollten aber einfach nur helfen und hätten die neuen Länder vorangebracht. Umgekehrt hätten sich auch viele aus den neuen Ländern nach der Wiedervereinigung bewährt, obwohl sie kaum auf ihre Ämter vorbereitet waren. Vogel folgerte daraus, dass nach der Wiedervereinigung mehr gelungen als gescheitert sei.

An dieser Sichtweise machte Landesbischof Bohl mit Blick auf die Arbeitslosigkeit in den neuen Ländern Abstriche. Sie sei regelrecht zu einer Geißel ausgewachsen. Viele hätten nach 1990 keine Chance mehr gehabt, sich in den Arbeitsmarkt einzubringen. Auch über zwanzig Jahre nach der Wiedervereinigung sähen viele Menschen das Prinzip der ausgleichenden Gerechtigkeit mit den Füssen getreten, während sich in Teilen der Gesellschaft eine Mentalität der Bereicherung breitgemacht hätte. Der Auffassung, dass nicht alles nach der Wiedervereinigung gut gelaufen sei, stimmte Vaatz zu. Er machte jedoch deutlich, dass dies vor dem Hintergrund der besonderen Situation von 1989 und der von der Mangelwirtschaft bedingten Mentalität der Ostdeutschen gesehen werden muss. Letztlich zahlen die Arbeitslosen den Preis für vierzig Jahre Planwirtschaft. Durch die Solidarität des wirtschaftlich starken Teils Deutschlands habe man immerhin Schlimmeres verhindert. Ziel sei eine lebensfähige Wirtschaft gewesen, so auch Vogel, die die Grundlage für neue Arbeitsplätze legt. Vaatz warnte davor, bei der Suche nach Wegen aus der Arbeitslosigkeit zu sehr auf den Staat zu setzen. Der Staat sei nicht der „Cheforganisator von Gerechtigkeit“. Seine Aufgabe sollte sich darauf beschränken, den Rahmen zu setzen, damit sich die Menschen frei entfalten können.

Mit Blick auf die Debatte um eine Angleichung der Renten in den alten und den neuen Bundesländern empfahl Vaatz genau zu prüfen, was hier unter Angleichung gemeint sei und ob dies wirklich zu mehr Gerechtigkeit führe. Im Jahr 1990 lag der Durchschnittslohn in den neuen Ländern bei 30 Prozent des Westniveaus. Dennoch erhalten die heutigen Rentner im Osten eine erhöhte Rente. Ohne diese Höherwertung würden die ostedeutschen Rentner deutliche Einbußen hinnehmen müssen. Einer Angleichung im Sinne einer Abschaffung der Höherwertung könne er deshalb nicht zustimmen. Durch die Lohnangleichung zwischen Ost und West werde sich langfristig auch die Rente erhöhen. Allerdings habe man unterschätzt, dass sich die Lohnunterschiede nur so langsam angleichen.

Kein oberflächlicher Gerechtigkeitsdiskurs

Im Anschluss beendete Dr. Michael Borchard, Leiter der Hauptabteilung Politik und Beratung der Konrad-Adenauer-Stiftung, die Veranstaltung mit einem Ausblick auf die weitere Arbeit der Stiftung zum Thema „Gerechtigkeit“. Die Konrad-Adenauer-Stiftung versteht es als Auftrag, das Thema voranzubringen, weil Gerechtigkeit zum christlichen Menschenbild gehört und nicht mit der Gleichheit identisch ist. Außerdem wendet sich die Stiftung gegen einen oberflächlichen Gerechtigkeitsdiskurs. Sie will das Thema differenziert betrachten. Borchard kündigte an, dass das Bildungswerk Dresden hierzu 2013 eine Veranstaltungsreihe durchführen wird.

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