Wann ist die Selbstbestimmung der Frau vollständig erreicht? Diskutieren wir zu wenig über mögliche Männerquoten? Wie weit dürfen Kunst und Kultur eigentlich gehen und wo werden bestimmte Grenzen überschritten?
Genauso reichhaltig an Themen und umfassend diese Fragen sind, so war es auch die Lesung am 09. März zu der die KAS Hamburg ins Grand Elysée Hotel geladen hatten. Bereits im letzten Jahr freuten wir uns über den Besuch der Autorin und Gesellschaftsaktivistin Zana Ramadani. Damals las sie aus ihrem Buch „Die verschleierte Gefahr“ und zeigte auf, wie sich Frauen mit europäischen Werten der Unterdrückung zur Wehr setzten können, die sowohl im Islam als auch in westlichen Kulturkreisen vorhanden sei. Ihren Grundsätzen ist die Autorin treu geblieben. Ihr neuestes Werk nimmt sich vor allem das Thema Selbstbefreiung der Frau vor. „Sexismus: Über Männer, Macht, und Frauen“ leistet einen Diskussionsbeitrag zur Gleichberechtigung und spart nicht an Kritik an bspw. der #MeToo-Bewegung.
Das Publikum wurde mit einem Rückblick auf ein Treffen der Autorin mit dem damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck in das Thema eingeführt. Ein Teil ihres Buches, welcher bereits zum Zeitpunkt der Veröffentlichung viel Aufmerksamkeit erhielt. Ihre Argumentationen sind dennoch nie von Einseitigkeit geprägt. Frau Ramadani betrachtet stets diverse Blickwinkel. So sei es durchaus unglücklich, dass unsere Gesellschaft heutzutage über mögliche Frauenquoten überhaupt nachdenken müsse. Aber auch die andere Seite erhält Beachtung. So gebe es genügend Berufe, die immer stärker vom weiblichen Geschlecht dominiert werden. „Von Männerquoten reden wir nicht“ wird nüchtern festgestellt.
Viel Zustimmung erhält Frau Ramadani für ihre klaren politischen Statements zur aktuellen Lage in Deutschland. So zeigt sie sich zunehmend besorgt darüber, dass in der Auseinandersetzung der politischen Ränder untereinander, die Vorteile der Demokraten der Mitte oftmals leicht untergehen. So machten es sich die Parteien links der Mitte durch ihre Rhetorik, die verkürzt als „Wählt uns, wenn ihr gegen die Nazis seid“ beschrieben wurde, deutlich zu einfach. Es sei für die politische Mitte in letzter Zeit zu einer großen Herausforderung geworden, in dieser polarisierten Atmosphäre, mit ihren Ideen und Wertevorstellungen überzeugend durchzudringen.
Einen kleinen Exkurs erhält das Publikum zudem über die aktuellen Entwicklungen in Bosnien-Herzegowina und Nordmazedonien, der ursprünglichen familiären Herkunft von Frau Ramadani. Laut ihrer Einschätzung habe sich besonders das religiöse Leben, vor allem durch den Einfluss anderer Staaten und Interessensgruppen, merklich verändert. Diese Entwicklungen stehen im deutlichen Widerspruch zu der von Frau Ramadani gewünschten Selbstbestimmung von Frauen. Zumindest das Tragen eines Kopftuches wirkt diesem Ziel laut der Autorin entgegen. Nur freiwillig Konvertierte könnten selbstbestimmt mit Kopftuch leben, da sie stets ohne Zwang und jegliche Verpflichtung diese Entscheidung getroffen haben. Nicht zuletzt spricht die Autorin die Entwicklungen in der Musikbranche an. Es gäbe genügend Künstler, die die Grenzen des Sagbaren deutlich überschreiten und deren Texte zu sehr von Hass und untragbaren Werten geprägt sind.
Ein Abend der viele Denkanstöße lieferte und dem Publikum neue Blickwinkel auf bereits vertraute Themen aufzeigte.
Text verfasst von: Tom Lotz
Text veröffentlicht von: Dr. Karolina Vöge
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