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Báo cáo quốc gia

Ägyptens unsichere Wahl

của Sahra Gemeinder, Dr. Andreas Jacobs

(in German)

Am 28. November 2011 beginnen die Wahlen zum ägyptischen Parlament. Was eine wichtige Etappe auf Ägyptens Weg zur Demokratie sein sollte, löst im Land wenig Euphorie aus. Denn die Wahlen finden unter denkbar schlechten Rahmenbedingungen statt. Das Wahlsystem ist unklar und unplausibel, Parteien und Kandidaten sind kaum überzeugend und wenig unterscheidbar, und auf dem Kairoer Tahrir-Platz, aber auch in den übrigen Landesteilen, kam es in der vergangenen Woche zu heftigen Auseinandersetzungen. Viele Ägypter fragen sich mittlerweile, ob das Land tatsächlich in Richtung Demokratie steuert.

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Zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte des Landes sollen die Ägypter ab dem 28. November in freier Wahl über die Zusammensetzung ihres Parlaments entscheiden. Die Bedeutung dieser Wahlen ist immens. Einerseits werden sie als wichtiger Stimmungstest die politischen Interessenlagen und Präferenzen der Ägypter aufzeigen. Andererseits wird das Ergebnis des Wahlgangs signifikanten Einfluss auf eine Reihe von politischen Grundsatzentscheidungen der nahen Zukunft haben, denn das neue ägyptische Parlament wird sowohl die Zusammensetzung der neuen Regierung als auch der verfassungsgebenden Versammlung beeinflussen. Allerdings ist unklar, ob die verschiedenen Wahlgänge überhaupt ordnungsgemäß durchgeführt werden können. Viele Vertreter der ägyptischen Demokratiebewegung hatten sich für eine Verschiebung ausgesprochen. Seit Tagen erschüttern Unruhen das Land, der genaue Ablauf der Wahlen ist vielen Ägyptern selbst am Wahltag noch unklar, und die Angst vor Schlägertrupps geht um. Hauptkritikpunkt ist aber das komplizierte Wahlsystem.

 

Wahlen ohne System

Die insgesamt 508 Mandate des Unterhauses im ägyptischen Parlament, der „Volksversammlung“, werden zu zwei Dritteln über Listen von Parteien und Parteibündnissen (332 Mandate) und zu einem Drittel über die individuelle Wahl einzelner Kandidaten (166 Mandate) bestimmt. 10 Mitglieder des Parlaments, traditionell Vertreter der koptischen Minderheit, werden vom Präsidenten bzw. vom herrschenden Militärrat ernannt. Das Land ist in 46 Wahlkreise für Listen und 83 Wahlkreise für individuelle Kandidaten aufgeteilt. Vor allem die Möglichkeit zur individuellen Kandidatur für ein Drittel der Sitze stieß bei den säkularen und liberalen Parteien auf massive Kritik. Hintergrund ist die Befürchtung, dass vor allem Vertreter des bisherigen Regimes und lokal gut vernetzte Mitglieder einflussreicher Familienclans als Unabhängige ins Parlament einziehen könnten. Auch die Größe der Wahlkreise ist ein Politikum. Angesichts der verbreiteten Praxis des Stimmenkaufs begünstigen kleine Wahlkreise einen Wahlerfolg korrupter und finanzkräftiger Einzelkandidaten. Viel diskutiert wurde schließlich auch die Regelung, die Wahl in mehreren Etappen durchzuführen. Gewählt wird das Unterhaus in jeweils einem Drittel der Gouvernorate am 28. November, 14. Dezember und 3. Januar. Am 25. November wurde dann noch kurzfristig beschlossen, die Wahllokale nicht nur einen, sondern zwei Tage zu öffnen, um lange Schlangen und Verzögerungen zu vermeiden. Falls einer der individuellen Kandidaten keine absolute Mehrheit erzielt, sollen außerdem am 5. Dezember, 21. Dezember und 10. Januar in den betroffenen Wahlkreisen Stichwahlen stattfinden. Ab Februar werden dann die Wahlen zum Oberhaus des Parlaments, des politisch weitgehend unbedeutenden „Schura-Rates“ nach einem ähnlichen Modus folgen. Offiziell begründet wird diese „Etappenwahl“ mit dem Fehlen politisch unvorbelasteter Richter zur Wahlbeobachtung. Kritiker sehen mit diesem permanenten Wahlzustand von Dezember bis Februar Tür und Tor für Manipulationen geöffnet.

Weiter verkompliziert wird das Wahlsystem durch ein eigentümliches Relikt aus dem Wahlrecht der Nasser-Ära. Seit 1961 müssen fünfzig Prozent der ägyptischen Volksvertreter Arbeiter oder Bauern sein. Trotz massiver Kritik wurde diese Regelung auch für den jetzt anstehenden Wahlgang beibehalten. Offiziell wird dies mit der Sicherstellung der Repräsentanz unterprivilegierter Bevölkerungsgruppen begründet. Kritiker vermuten hinter dieser Regelung allerdings den Druck einflussreicher Großgrundbesitzer und Familienclans, deren Vertreter sich durch eine Aufstellung als „Bauern“ häufig einen Vorteil im Wahlkampf verschafft hatten.

Wählen darf jeder Ägypter, der das 18. Lebensjahr vollendet hat. Als Nachweis der Wahlberechtigung dient der Personalausweis. Über die Eingabe des Namens bzw. der Nummer des Personalausweises auf der von der Obersten Wahlkommission erstellten Homepage (www.elections2011.eg) erhält jeder Wahlberechtigte sein Wahllokal zugewiesen. Dieses System funktioniert in den meisten Fällen, hat aber einen erheblichen Haken. Viele ärmere Ägypter können weder lesen noch schreiben und haben keinen Personalausweis, von einem Internetzugang ganz zu schweigen. Beobachter rechnen daher mit einem chaotischen Wahlablauf.

 

Viele Parteien, wenig Inhalt

Hierzu trägt auch die Unübersichtlichkeit der zur Wahl stehenden Parteien bei. Seit dem Sturz Mubaraks ist eine Vielzahl neuer Parteien gegründet und zugelassen worden. Knapp 70 sollen zurzeit aktiv sein. Über 50 Parteien haben sich bei der Obersten Wahlbehörde registrieren lassen, außerdem werden rund 15.000 Kandidaten zur Wahl antreten. Nach einer groben Einteilung können etwa 15 Parteien dem religiösen Spektrum zugeordnet werden. Daneben werden 25 Parteien als „säkular-liberal“, 12 als „sozialistisch“ und/oder „panarabisch“ und rund 10 als inoffizielle Nachfolgeorganisationen der verbotenen bisherigen Regierungspartei NDP eingestuft. Etwa die Hälfte dieser Parteien ist in vier Wahlbündnissen organisiert: der „Democratic Alliance“, die von der Partei der Muslimbrüder und einigen kleineren säkularen Parteien gebildet wird, die „Islamic Alliance“, in der sich die salafistischen und radikal-islamischen Parteien zusammengeschlossen haben, sowie dem eher liberal-säkular ausgerichtete „Egyptian Bloc“ und dem linken Bündnis „The Revolution Continues“. Über diese groben Zuordnungen hinaus fällt eine programmatische Einordnung dieser Parteien in vielen Fällen schwer. Inhaltlich gleichen die meisten von ihnen eher Lobbygruppen, die bestimmten prominenten Interessenvertretern einen Sitz im Parlament sichern sollen.

Die besten Wahlchancen hat nach einhelliger Meinung die von der Muslimbruderschaft ins Leben gerufene „Partei für Freiheit und Gerechtigkeit – Freedom and Justice Party“ (FJP). Nahezu alle Kommentatoren gehen davon aus, dass die FJP aufgrund der breiten sozialen Vernetzung der Muslimbruderschaft die stärkste Fraktion im neuen ägyptischen Parlament stellen wird. Manche prognostizieren sogar eine absolute Mehrheit. Hierzu passt, dass die Muslimbrüder bzw. die FJP in den vergangenen Monaten gezielt um ein gemäßigtes Auftreten bemüht ist. Darüber hinaus wird sie als eine der wenigen Parteien angesehen, in denen nicht sog. „Feloul“ (Vertreter des alten Regimes) aktiv sind. Dies macht sie auch für säkulare Wählerschichten wählbar. Allerdings hat die Muslimbruderschaft durch ihr Fernbleiben von den jüngsten Demonstrationen gerade hier wieder an Glaubwürdigkeit eingebüßt.

Das säkulare bzw. im ägyptischen Sprachgebrauch „liberale“ Lager ist demgegenüber fragmentiert und zerstritten. Eine gewisse herausgehobene Stellung spielen hier die traditionelle Wafd-Partei („Delegation“) sowie die von dem reichen christlichen Unternehmer Naguib Sawiris gegründete „Partei der freien Ägypter – Free Egyptians Party“ (FEP). Die Wafd-Partei gilt zwar vielen Wählern als „Blockpartei“ des alten Regimes, verfügt aber immer noch über erhebliches Organisations- und Mobilisierungspotenzial. Die FEP ist vor allem für Säkulare, Christen, Unternehmer und Akademiker attraktiv und kann auf erheblich finanzielle Ressourcen zurückgreifen. Ähnlich wie die Wafd-Partei leidet die FEP allerdings unter dem Vorwurf, vielen „Feloul“ eine neue politische Heimat zu geben.

Angesichts zahlreicher Kampagnen zur Veröffentlichung der Namen ehemaliger NDP-Mitglieder und der heftigen Diskussion über ein politisches Betätigungsverbot für Vertreter des alten Regimes könnte dieser Vorwurf eine nicht unerhebliche Rolle bei der Wahlentscheidung vieler Ägypter spielen. Auf die „schweigende Mehrheit“ wird es vor allem ankommen, welche Wahlchancen die knapp zehn Parteien haben, die von ehemaligen NDP-Mitgliedern gegründet wurden oder in denen sich ehemalige NDP-Mitglieder prominent engagieren. Fest steht nur, dass viele „Feloul“ versuchen werden, vor allem als Unabhängige wieder ins Parlament zu gelangen.

Mit den salafistischen Parteien ist nach dem Sturz Mubaraks schließlich ein neuer Spieler im parteipolitischen Kräftefeld Ägyptens aufgetaucht. Waren die Ultrareligiösen bislang eher unpolitisch oder aufgrund staatlicher Unterdrückung weitgehend ausgeschaltet, haben sie sich seit Februar quasi aus dem Stand organisiert. Vor allem der „Nour-Partei“ (dt. „Licht“) werden gute Wahlchancen zugesprochen. Insbesondere auf dem Land und in ärmeren Vierteln der Großstädte zeigen sich die Salafisten äußerst aktiv. Auch vor diesem Hintergrund blicken viele Säkulare und Christen mit Sorge den Wahlen entgegen.

 

Wahlkampf und Kampf

Seit Anfang November befindet sich Ägypten im Wahlkampf, der während der Ausschreitungen allerdings teilweise ausgesetzt wurde. Optisch dominiert wird dieser von einer ungewöhnlichen Dichte und Vielfalt an Wahlplakaten. Teilweise sind ganz Straßenzüge zuplakatiert, Autos sind mit Wahlpostern beklebt, gelegentlich zieren die Konterfeis von Kandidaten ganze Häuserfronten. Der eigentliche Wahlkampf verläuft auffällig inhaltsarm und konventionell. Nicht das Internet ist das Hauptmedium, sondern „klassische“ TV-Debatten und Wahlwerbesendungen, daneben aber auch viele Handzettel, Hausbesuche, Telefongespräche, Geld- und Sachgeschenke, soziale Dienstleistungen und persönliche Kontakte. Vor allem Letzteres wird bei der Wahlentscheidung eine wichtige Rolle spielen. Das Opferfest Anfang November hatten vor allem die islamistischen Parteien durch Geschenke und den verbilligten Verkauf von Lebensmitteln genutzt. Die Botschaft war klar: Wenn wir an die Macht kommen, sinken die Preise. Simple Aussagen wie diese und die Persönlichkeit der Kandidaten dominieren den Wahlkampf. Programmatische Positionen, Wahlslogans und Verweise auf die Parteizugehörigkeit verschwinden oft im Kleingedruckten der Plakate oder werden nicht genannt.

Laut einer Studie des International Peace Institut wussten Anfang November etwa zwei Drittel der Ägypter noch nicht, wen sie wählen sollten. Statt Aufbruchstimmung prägten Unsicherheit, Frust und die Angst vor einem Scheitern der ägyptischen Revolution den Wahlkampf. Die 10 Tage vor dem Wahltermin ausgebrochenen Unruhen, die bislang über 40 Menschen das Leben gekostet haben, sind daher kein Zufall. Immer deutlicher hatten sich in den vergangenen Wochen und Monaten die Anzeichen verdichtet, dass die herrschenden Militärs den politischen Übergang verzögern oder sogar ganz verhindern wollen. Polizei und Geheimdienst sind längst zu alten Praktiken zurückgekehrt, die Menschenrechtslage in Ägypten ist so schlimm wie unter Mubarak, die Medien sind zwar etwas freier, aber kaum besser geworden und nicht nur Ägyptens Christen fürchten mittlerweile um ihre Zukunft.

Im Oktober startete dann eine dubiose Kampagne, die den Chef des Militärrats, Mohamed Tantawi, zum Präsidentschaftskandidaten küren wollte. Anfang November sickerte schließlich durch, dass sich das Militär wesentlichen Einfluss auf die Zusammensetzung der verfassungsgebenden Versammlung sichern wolle. Wenig später legte der mittlerweile zurückgetretene Vize-Premier El-Selmi ein Papier vor, nach dem der Armee im neuen Ägypten „superkonstitutionelle“ Rechte zukommen soll. Vor allem das Budget der Militärs sollte der parlamentarischen Kontrolle entzogen bleiben. Als dann in der Nacht zum 19. November ein Zeltlager von Demonstranten auf dem Tahrir-Platz von den Sicherheitskräften gewaltsam aufgelöst wurde, riefen Vertreter von Ägyptens Demokratiebewegung zu einer „zweiten Revolution“ und zu einer Verschiebung der Wahlen auf. Zu groß war mittlerweile die Sorge, dass die Wahlen nicht der Beginn, sondern das Ende des ägyptischen Frühlings bedeuten könnten. Für viele, die in den vergangenen Tagen wieder auf dem Tahrir-Platz ausharrten, zeichnet sich längst ein dunkles Szenario ab: Mithilfe eines komplizierten und störungsanfälligen Wahlsystems könnten die derzeitigen Machthaber die Wahlen manipulieren oder für einen unklaren Ausgang sorgen. Die lange Übergangsphase – und ggf. die stillschweigende Duldung der Muslimbrüder – würde die Militärs als Ordnungswächter und Stabilitätsgaranten weiter etablieren und ihnen gleichzeitig den Weg in die zivilen Institutionen bahnen. Das neue Ägypten sähe dann ziemlich genau so aus, wie das alte.

 

Schlussfolgerungen

Die ersten Parlamentswahlen der Nach-Mubarak-Ära finden in einem Klima der Sorge statt. Viele Ägypter bezweifeln, dass die Wahlen unter den gegebenen Umständen überhaupt ordnungsgemäß stattfinden bzw. ein allgemein akzeptiertes Ergebnis hervorbringen werden. Sollte dies trotz des komplizierten Wahlsystems und ungeachtet der explosiven Sicherheitslage gelingen, wäre nach Ansicht der meisten Beobachter alles andere als ein Wahlsieg der religiösen Parteien und hier insbesondere der FJP eine Überraschung. Dies ist allerdings in Ägypten zurzeit kaum ein Thema. Nachdem Säkulare und Islamisten monatelang das Verhältnis von Religion und Staat zur Schicksalsfrage des neuen Ägyptens erhoben hatten, wird immer deutlicher, dass vorerst nicht die Rolle der Religion über die Zukunft des Landes entscheidet. Tatsächlich beschäftigt die Ägypter vor allem anderen, ob die Militärs bereit sein werden, Macht und Privilegien abzugeben und einer zivilen Regierung ins Amt zu helfen. Es ist die zivile und nicht die religiöse Frage, die momentan über Erfolg oder Scheitern des Demokratisierungsprozesses in Ägypten entscheidet.

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