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Georgien, Russland und Abchasien

Wie man einen „Frozen Conflict“ zum Kochen bringt

In den letzten Wochen war ein deutlicher Anstieg der Spannungen zwischen Georgien und Russland im Konflikt um das von Georgien abtrünnige Abchasien zu verzeichnen. Sogar von drohendem Krieg war immer wieder die Rede.

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Abchasien und Südossetien hatten sich nach dem Zerfall der Sowjetunion Anfang der 1990er Jahre in Bürgerkriegen von Georgien abgespalten. Das Land, vor allem die Hauptstadt Suchumi, wurde weitgehend zerstört. Mehr als 200.000 Menschen, darunter die Mehrheit der georgischen Bevölkerung Abchasiens, flüchteten oder wurden vertrieben. Seit den Waffenstillstandserklärungen von 1992 (Südossetien) und 1994 (Abchasien) spricht man in beiden Fällen von „Frozen Conflicts“, eingefrorenen Konflikten. Abchasien und Südossetien werden von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt und gehören völkerrechtlich weiter zu Georgien. Russland jedoch unterstützt die Gebiete - zum Ärger Georgiens.




Russland will die politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Abchasien vertiefen

Anfang März 2008 hat das russische Außenministerium die Aufhebung seiner 1996 eingeführten Sanktionen gegen Abchasien und Südossetien im Bereich von Handel, Wirtschaft und Finanzen sowie dem Verkehrswesen angekündigt und andere GUS-Länder aufgefordert, ebenso zu verfahren.



Mitte April kündigte der Kreml dann an, dass Russland seine wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit mit Abchasien und Südossetien vertiefen wird. Rechts- und Verwaltungsakte beider Gebiete sollen von Russland anerkannt werden. Im südrussischen Krasnodar und in der Republik Nordossetien sollen „Quasi-Konsulate“ des russischen Außenministeriums eingerichtet werden.



In Abchasien leben - Schätzungen zur Folgen – rund 300.000 Menschen. Davon sind nur etwa 70.000 ethnische Abchasen; Der Rest der Bevölkerung setzt sich aus Russen, Armeniern und Georgiern (insb. im Gali-Distrikt) zusammen. Die Bevölkerung von Südossetien wird auf 70.000 geschätzt. Die große Mehrheit der Bevölkerung in Abchasien und Südossetien hat in den vergangenen Jahren russische Pässe beantragt – die einzige Möglichkeit, die kleinen Gebiete zu verlassen. Russland gab diesen Anträgen in aller Regel statt.



Zur Begründung der Erleichterungen im politischen und wirtschaftlichen Umgang mit Abchasien und Südossetien hieß es nun in Präsident Putins Erlass, Russland müsse alles für den Schutz seiner Bürger tun und wolle auch deren Lebensumstände verbessern. Die Entscheidung kommt aber auch dem russischen Olympia-Standort für 2014, Sotschi, zugute. Sotschi grenzt direkt an Abchasien und kann nun bei den geplanten Baumaßnahmen von der Nutzung abchasischer Infrastruktur und Ressourcen profitieren.




Die georgische Regierung reagiert empört auf Russlands Vorgehen.

Nach seiner Wiederwahl im Januar 2008 hatte der georgische Präsident Micheil Saakaschwili die Verbesserung der Beziehungen zwischen Russland und Georgien zu einem seiner vordringlichsten Ziele erklärt. Davon ist mittlerweile keine Rede mehr.



Die Empörung in Georgien über die „Fast-Anerkennung“ Abchasiens und Südossetiens durch Russland ist groß. Der georgische Außenminister erklärte, die neue russische Politik gegenüber den beiden Gebieten, sollte sie denn umgesetzt werden, wäre eine „de facto“ Annexion und eine grobe Verletzung internationalen Rechts. Europäische Union und NATO äußerten sich ebenfalls besorgt über diesen Schritt Russlands.



Die georgische Führung in Tiflis verfolgt einen strikten „Westkurs“ und strebt als ein vordringliches außenpolitisches Ziel die NATO-Mitgliedschaft an. Russlands offizielle Ankündigung, die Beziehungen zu Abchasien und Südossetien zu vertiefen, interpretiert man in Georgien als „Strafaktion“ gegen die eigenen NATO-Aspirationen.

Auch die russische Zeitung „Kommersant“ berichtete bereits im März, dass Russland im Falle eines NATO-Beitritts Georgiens, Abchasien und Südossetiens anerkennen wolle. In einem Interview der russischen Nachrichtenagentur RIA Novosty bestätigte Wadim Gustow, Vorsitzender des Ausschusses für GUS-Angelegenheiten im Föderationsrat: „Er Russlands Präsident, K.P. sagte eindeutig: Georgien will um jeden Preis in die NATO, wir aber wollen nicht, das sich die Nato mit jedem Jahr mehr unseren Grenzen annähert. Weil dort über 100 000 russische Bürger leben, deren Rechte und Freiheiten sowie Sicherheit, Russlands zu gewährleisten bereit ist. Die NATO-Mitglieder befinden sich nah an unserer Grenze, Russland aber wird dort 2014 - unter anderem - die Olympischen Spiele durchführen.“ (…) „Wir legen unsere Karten offen: Heute erkennen wir sie nicht an, aber laut Beschluss der entsprechenden Strukturen sagen wir Abchasien und Südossetien, dass Russland ihr treuer Freund und zuverlässiger Nachbar ist. Das sind nicht nur Worte, ihnen folgen Taten.“



Die georgische Regierung allerdings sieht in der provokativen „Fast-Anerkennung“ Abchasiens und Südossetiens durch Russland erst recht eine Bestätigung für die Dringlichkeit des angestrebten NATO-Beitrittes und wird seine Bemühungen um die Aufnahme in den „Membership-Action-Plan“ der NATO weiter forcieren.



Allerdings: Seit Ende März gestatt Russland wieder Direktflüge nach Georgien. Seit Mitte April wurde der Brief- und Zahlungsverkehr wieder aufgenommen. Russland stellte zudem für die nächsten Monate eine Erleichterung bei der Visumserteilung, die Wiedereröffnung von Grenzposten und normalen Warenaustausch in Aussicht. Auf eben diese Schritte verweist Russland, um zu belegen, dass es an einer Entspannung der ohnehin sehr schlechten Beziehungen zwischen beiden Ländern interessiert ist.



Die georgische Regierung jedoch interpretiert das russische Vorgehen als klassischen Fall von „Zuckerbrot und Peitsche“ und fordert weiterhin die Rücknahme des Erlasses über die Ausweitung der Beziehungen zu den abtrünnigen Gebieten. Der georgische Außenminister erklärt hierzu: „In Russland hält man es für möglich, ein Drittel von Georgien zu annektieren, und gleichzeitig mit den verbleibenden zwei Dritteln die Beziehungen zu verbessern. Das ist eine falsche Haltung.“




Eine abgeschossene Drohne ist Anlass zur weiteren Eskalation

Eine am 20. April 2008 über Abchasien abgeschossene, unbemannte georgische Aufklärungsdrohne sorgte für die Eskalation der Spannungen. Das georgische Verteidigungsministerium veröffentlichte Videomaterial, das den Abschuss der Drohne durch ein Kampfflugzeug vom russischen Typ MIG-29 zeigt. Nur Russland, nicht Abchasien, verfüge über entsprechend ausgebildete Piloten – heißt es auf georgischer Seite.



Das Moskauer Außenministerium teilte mit, die georgische Beobachtungsdrohne sei von der abchasischen Luftabwehr abgeschossen worden. Putin äußerte in einem Telefongespräch mit Saakaschwili sein Unverständnis bezüglich der Flugroute der Drohne über Abchasien, die geschlossenen Abkommen widerspreche.



Am 23. April wurde die Lage im Südkaukasus auf einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates diskutiert. Der georgische Außenminister sprach von „sehr alarmierenden Anzeichen für eine schleichende Annektion“. „Es geht nur um die wirtschaftliche Entwicklung beider Regionen“, wiederholte der russische UN-Botschafter. Deutschland, Großbritannien, Frankreich und die USA veröffentlichten eine gemeinsame Stellungsnahme, in dem sie ihre Besorgnis

„über die jüngsten Initiativen Russlands zur Herstellung offizieller Beziehungen mit den faktischen Machtorganen in Abchasien und Südossetien ohne Zustimmung der georgischen Regierung“ zum Ausdruck brachten. Russland wurde aufgefordert, seine Beschlüsse rückgängig zu machen bzw. nicht umzusetzen.




Ein Krieg der Worte zwischen Russland und Georgien verunsichert die Bevölkerung



Die Spannungen zwischen Russland und Georgien ließen jedoch auch nach der Sitzung des Sicherheitsrates nicht nach: Ende April erklärte das russische Außenministerium in einer ausführlichen Erklärung, Georgien bereite einen Angriff auf Abchasien vom Kodori-Tal aus vor. Zwischenzeitlich bestätigte jedoch sowohl der dortige Posten der UN-Militärbeobachter als auch internationale Wahlbeobachter, die sich zur Beobachtung der georgischen Parlamentswahlen im Kodori-Tal aufhalten, dass sich keine georgischen Soldaten oder schweres militärisches Gerät in der fraglichen Schlucht befinden.



Ob es sich um eine vorsätzliche Falschmeldung der russischen Seite in einer ohnehin extrem angespannten Situation handelte, ist schwer nachzuweisen. Die angebliche Bedrohung Abchasiens durch eine georgische Truppensammlung im Kodori-Tal wurde von Russland jedenfalls dazu genutzt, die Verstärkung seiner Friedenstruppen um 500 weitere Soldaten zu begründen. Zwar bleibt Moskau mit dieser Aufstockung unterhalb der festgelegten Obergrenzen für die russischen Friedenstruppen. Deeskalation sieht jedoch eindeutig anders aus.



Aber auch die georgische Seite reagiert verbal nicht immer angemessen. Markige Worte kennzeichnen die offiziellen Erklärungen der georgischen Regierung: Der georgische Präsident teilte Mitte Mai einer Delegation von vier EU Außenministern mit, dass Russlands gegenwärtiges Vorgehen „den aggressivsten Versuch der Revision der Weltordnung seit dem Ende des Kalten Krieges“ darstellen würde. Und auch der ebenfalls als „Aggression“ gebrandmarkte Vorwurf, Moskau würde schweres Kriegsgerät nach Abchasien verlegen, konnte von internationalen Beobachtern bislang nicht bestätigt werden.



Georgische Medien berichteten am 18. Mai von einem gepanzerten Fahrzeug der russischen Friedenstruppe für Abchasien, das in der Stadt Zugdidi – also deutlich jenseits der de-facto Grenze zu Abchasien auf georgischem Gebiet – in einen Unfall mit einem Pkw verwickelt war. Der Fahrer soll alkoholisiert gewesen sein. Das Russische Außenministerium erklärte umgehend, der „Zugdidi-Vorfall“ sei eine Provokation der georgischen Behörden, die darauf abziele, die russische Friedensmission zu diskreditieren.



Unter der Bevölkerung Abchasiens - Abchasen, Georgiern, Russen wie Armeniern - ist die Angst vor einer erneuten militärischen Auseinandersetzung groß. Der „Krieg der Worte“ zwischen Russland und Georgien trägt zu massiver Verunsicherung bei. „Wir ertrinken in einem Whirlpool von Informationen und wissen trotzdem nicht, was vor sich geht“ – so fasste ein im abchasischen Gali-Distrik lebender Georgier die Situation zusammen.

In den letzten Wochen wurde ein „eingefrorener“ Konflikt allmählich auf die Herdplatte manövriert und nun wird fahrlässig mit dem Temperaturregler gespielt. Und dennoch: Während begrenzte militärische Eskalationen nicht auszuschließen sind, scheint ein Krieg nicht unmittelbar bevor zu stehen. Nach wie vor haben alle Seiten in einem Krieg mehr zu verlieren als zu gewinnen.

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