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Zum derzeitigen Stand der brasilianischen Agrarreform

от Friedrich Christian Matthäus

Ein Dauerthema der politischen Agenda

Die brasilianische Agrarreform steht seit Wahlperioden auf der politischen Agenda Brasiliens - doch wie wahrscheinlich ist ihre Umsetzung heute?

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Ein Dauerthema der politischen Agenda

Seit Ende des Zweiten Weltkriegs gab es in Brasilien verschiedene Versuche einer großen Agrarreform, jedoch brachte keine Reform nachhaltigen Erfolg. In der Verfassung von 1988 ist in Artikel 184 die Notwendigkeit einer Agrarreform vorgeschrieben; als Grund wird recht vage die „Soziale Funktion der Landwirtschaft“ genannt.

Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva sprach sich im Wahlkampf 2002 für eine Bodenreform aus und gewann so zunächst die Unterstützung der Landlosenbewegung MST und letztlich die Präsidentschaftswahl 2003. Alle Hoffnungen ruhten auf ihm und er begann mit einer strategisch organisierten Ansiedlung von Familien in ruralen Gebieten. Nach offiziellen Zahlen wurden im Zeitraum von 2003 bis 2015 etwa 950.000 Familien auf dem Lande angesiedelt – wieviele aber dauerhaft blieben ist unklar. Lulas Regierungen resümierten daher 2010: Trotz einiger Erfolge blieb der große Wurf aus – und wird heute auch nicht mehr erwartet. Ein weiteres Indiz hierfür ist auch die aktuelle Auseinandersetzung zwischen den zwei (!) brasilianischen Landwirtschaftsministerien.

Verteilung ministerieller Zuständigkeiten

Die ministeriellen Zuständigkeiten für die Agrarreform verteilen sich auf zwei Ministerien, deren Ausrichtung geschichtlich bedingt konträr ist: MAPA und MDA.

Das Ministerium für Agrarwesen, Fischerei und Viehzucht (MAPA) ist auf die Belange der großen Agrarproduzenten ausgerichtet und ist für die Landwirtschaftsgesetzgebung zuständig. Dieses wird seit 2007 von der PMDB geführt; seit Januar 2015 ist Kátia Abreu, eine ehemalige Senatorin und Abgeordnete des ländlichen und fruchtbaren Bundesstaates Tocantins, zuständige Ministerin. Als Viehhalterin und Präsidentin des Agrarverbandes besitzt sie ausgewiesene Expertise und wichtige Kontakte, steht aber im politischen Gegensatz zu den Kleinproduzenten und Landlosen. Insbesondere die Landlosenbewegung (MST) und indigene Interessensgruppen lehnten Ihre Ernennung als Ministerin ab, aber auch Umweltschützer protestierten lautstark gegen die Ernennung einer Verfechterin des Agro-Businesses.

Die Interessen der Kleinproduzenten werden politisch eher vom Ministerium für landwirtschaftliche Entwicklung (MDA) vertreten, das seit Jahren fest in der Hand der Präsidentenpartei PT ist. Dem Minister Patrus Ananias, ebenfalls seit Anfang 2015 im Amt, wird auf Grund der Implementierung zweier Sozialprogramme unter Lulas Ägide zur Bekämpfung von Armut und Hunger zugetraut, das schwierige Thema Agrarreform anzugehen.

Der Konflikt ist somit institutionell bedingt und wird von der Präsidentin durch die Platzierung von Ministerkandidaten gesteuert. Beide Minister werden versuchen, ihre jeweiligen Interessen durchzusetzen und die ihnen zur Verfügung stehenden institutionellen und politischen Möglichkeiten auszuschöpfen.

So schrieb Ministerin Abreu (MAPA) in einem Gastbeitrag für die Tageszeitung Folha de São Paulo, es gäbe keine Latifundien – Großgründe - mehr in Brasilien. Deshalb könne eine Landreform nur noch lokal und an ausgewählten Punkten durchgeführt werden. Dies steht im Gegensatz zur Forderung der Landlosenbewegung, in einem einzigen Restrukturierungsprogramm alle großen Agrarkonzerne und Großgrundbesitzer zu enteignen . Das MDA verweist öffentlich wiederum auf die wichtigen sozialen Aspekte einer Landreform sowie damit einhergehende Armutsreduzierung.

Eine allumfassende Agrarreform in dieser Legislaturperiode erscheint unwahrscheinlich. Die vielen Jahrzehnte meist fruchtloser Bemühungen und unzähliger Versprechungen der Politik haben das Vertrauen der Landlosen in die Politik nachhaltig geschädigt.

Agro-Business Wachstumskonstante in wirtschaftlicher Schieflage

Gegen eine schnelle Durchsetzung spricht im Übrigen auch der Stellenwert der Agrarreform auf der politischen Agenda. Heute leben 85% der brasilianischen Bevölkerung in Städten (zum Vergleich: Deutschland: 74%); das Thema Bodenreform ist somit für das Gros der Brasilianer schlichtweg nicht von Bedeutung.

Brasilien geht derzeit durch den qualitativ wie quantitativ größten Korruptionsskandal seiner Geschichte: Der staatlich gelenkte Ölkonzern Petrobras soll an die Regierungspartei PT sowie ihre Hauptverbündeten PMDB und PP systematisch illegale Spenden vergeben haben; große Baufirmen durch Bestechung sich lukrative Aufträge der Petrobras gesichert haben. Der Skandal zeigt eine enge Verbindung zwischen privater, staatlicher und halbstaatlicher Wirtschaft sowie der Politik auf, sodass sich das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung binnen einer Woche (Februar 2015) halbiert hat. Die politische Agenda in Brasília ist daher ebenso wie die öffentliche Meinung weit davon entfernt, die Brisanz der Agrarreform auch nur zu erwähnen.

Darüber hinaus befindet sich Brasilien nun endgültig in der wirtschaftlichen Stagnation. Von mageren 0,5 Prozent Wachstum ist 2015 noch die Rede – das Land bildet somit gemeinsam mit Russland das Wachstumsschlusslicht der einst aufstrebenden BRICS-Staaten. Jüngst erst attestierten führende Ökonomen, Brasilien könne bereits zu Ende dieses Jahrzehnts lange nicht mehr als BRICS-Land geführt werden, da es die hierfür notwendigen wirtschaftlichen Kriterien seit dem Ende der Amtszeit Lulas nicht mehr erfüllt habe und voraussichtlich auch nicht mehr erfüllen werde. Ein konstanter Wachstumstreiber ist - im Gegensatz zur international wenig wettbewerbsfähigen Industrie und dem schwächelnden Binnenkonsum der neuen brasilianischen Mittelschicht - das Agro-Business. Auch um nicht offizielles Negativwachstum verkünden zu müssen erscheint eine Parteinahme Dilma Rousseffs für die industrialisierte und organisierte Agrarindustrie am wahrscheinlichsten.

Agrarreform bleibt weiterhin unwahrscheinlich

Denkbar erscheint die Umsetzung von Agrarreformen, wie sie von MAPA-Ministerin Kátia Abreu angekündigt wurde: lokal und an ausgewählten Orten. Dass die - jedoch kaum mehr interessierte - Öffentlichkeit diese Wahrheit nur allmählich akzeptiert, zeigt noch immer die Emotionalität dieses langjährig debattierten Themas.

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