Die unterschiedlichen politisch-gesellschaftlichen Entwicklungen in West- und Mittelosteuropa nach 1945 und die Transformationsprozesse nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Staaten 1989/90 brachten es mit sich, dass die Christliche Demokratie in Europa zwei höchst ungleiche Teilbilanzen vorzuweisen hat. Während in Belgien, den Niederlanden sowie in Deutschland und Italien die christlich-demokratischen Parteien eine einzigartige Erfolgsgeschichte zu verzeichnen haben und in hohem Maße auf die nationalen, internationalen und europapolitischen Entwicklungen Einfluss nehmen konnten, blieben den mittelosteuropäischen Christlichen Demokraten – nach zum Teil hoffnungsvollen Ansätzen 1945/46 – solche Erfolge versagt; die kommunistischen Machthaber schalteten sie aus. Ihre Mitglieder wurden zum Teil verfolgt; viele gingen in den Untergrund oder ins Exil.

Nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Regime bildeten sich in allen mittelosteuropäischen Ländern wieder spontan christlich-demokratische Parteien. Teilweise konnten sie – wie z.B. in Polen – zu Beginn des Transformationsprozesses Regierungsverantwortung ausüben. Doch haben die christlich-demokratischen Parteien Mittelosteuropas bis auf wenige Ausnahmen in der gegenwärtigen Phase Akzeptanzprobleme. Diese beruhen u.a. darauf, dass angesichts des Säkularisierungsprozesses die Charakteristika christlich-demokratischer und christlich-sozialer Programmatik und Politik vielfach noch auszuloten sind – ein Prozess, für den der Dialog zwischen den Christlichen Demokraten in West- und Mittelosteuropa von Bedeutung ist.

Die Beiträge des Sammelbandes analysieren die christlich-demokratischen und christlich-sozialen Bewegungen und Parteien in den mittelosteuropäischen Ländern sowie in den Kernländern der EU. Von besonderem Interesse ist dabei die Frage nach den historischen Voraussetzungen, den religiös-kulturellen Bedingungen und dem gegenwärtigen Standort der C-Parteien.

Günter Buchstab/Rudolf Uertz (Hg.): Christliche Demokratie im zusammenwachsenden Europa. Entwicklungen – Programmatik – Perspektiven. Verlag Herder Freiburg 2004. 414 S., 16 Euro