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Veranstaltungsberichte

Gespräch mit dem Holocaustüberlebenden Tomás Kertesz

Am Montag den 28. April luden die Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. und Lidia Assoratti den Zeitzeugen Tomás Kertesz in die Schule Prof. Jaim Weitzman ein. Vor Schülern sprach der Holocaustüberlebende von seinen Erlebnissen.

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Veranstaltung, die Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. mit dem Holocaustüberlebenden Tomás Kertesz organisiert hat, fand am Montag unter besonderen Vorzeichen statt: Am „Jom HaShoa“ gedachten Menschen aus aller Welt der sechs Millionen Juden, die während des Nationalsozialismus ihr Leben verloren haben. Tomás Kertesz entkam dem Terror mit Glück und erzählte den Viert- und Fünftklässlern seine Geschichte: „Als ich so alt war wie ihr, lebte ich in Budapest genauso wie ihr heute. Mit meinen Freunden vergnügte ich mich beim Schwimmen und Wettlaufen.“ Kertesz veranschaulichte die Sorglosigkeit vieler Juden in jener Zeit mit der Parabel vom Frosch im Kochtopf. „Der Frosch schwimmt in einem Topf auf dem Herd, glücklich darüber, dass das Wasser so schön warm ist. Aber er bemerkt nicht, wie es langsam zu kochen anfängt, und eh er sich versieht, ist er verbrüht.“

Im Alter von 15 Jahren erlebte Tomás Kertesz den Einmarsch der Nazis in Ungarn; von da an begann für ihn ein brutaler Kampf ums Überleben – zwischen Hunger, Verfolgung und Bombenangriffen. Enteignet und entrechtet sperrte man die Familien ins Ghetto und in die Arbeitslager. Kertesz berichtet davon, dass er und seine Kameraden allein einen täglichen Fußmarsch von einer Stunde ohne Essen auf sich nehmen mussten. „In den Dörfen, durch die wir auf unserem Weg kamen, gaben sie uns nichts, nur weil wir Juden waren.“ Doch nicht alle Menschen waren gleich. Vor einem Haus stand ein Korb voll Äpfel aus dem sich die Jungen bedienten. „Wir dachten schon, wir würden Ärger bekommen, weil wir die Äpfel geklaut hatten, aber jeden Tag stand wieder ein voller Korb vor diesem Haus.“ Kertesz erzählt differenziert und so betont er am Ende seines Vortrages, nicht alle Deutschen oder Ungarn seien Naziverbrecher gewesen. Man dürfe niemals verallgemeinern, schließlich sei gerade dies ein Instrument der Nationalsozialisten gewesen, mit der sie „die Juden“ zum Ziel ihres grenzenlosen Hasses machten.

Bei der Evakuierung des Ghettos versteckte sich Kertesz zunächst in einem Heizkessel und fand dann Unterschlupf im Keller von Freunden. So entkam er den berüchtigten Todesmärschen. „Die Leute brachten uns Brot, Marmelade und Kichererbsen. Wir banden uns Tücher um die Schuhe, damit man im Nachbarkeller keine verdächtigen Schritte hörte.“ Die Leidenszeit war jedoch nach dem Einmarsch der Roten Armee noch nicht vorüber. Kertesz erzählt: „Als die Russen den Keller aufbrachen, dachten sie, wir seien versteckte Nazis.“ Mit Hilfe der schwedischen Botschaft und dem später vom Staat Israel als „Gerechter unter den Völkern“ ausgezeichneten Diplomaten Raoul Wallenberg erlangte Kertesz einen schwedischen Ausweis als Übersetzer, der ihn vor weiterer Verfolgung schützte.

Im Anschluss an seine Erzählung hatten die Kinder Gelegenheit, dem Zeitzeugen Fragen zu stellen. So fragte einer der Jungen, was die Welt aus seiner Geschichte lernen sollte. Kertesz gab darauf eine unerwartete Antwort: „Dass die Menschen im Grunde genommen gut sind“, sagte er. „Ich habe so viel Hilfe erfahren, ohne die ich nicht überlebt hätte. Es darf keine Diskriminierung, keine Verallgemeinerungen geben.“ Gleichwohl habe ihn die Erinnerung an die Ereignisse an diesem Morgen tief erschüttert. Kertesz ermahnte die Schüler zuletzt, bei allem was sie in Zukunft täten, immer „Mensch“ zu bleiben.

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