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Duell Nicolas Sarkozy - Ségolène Royal

Die Analysten wollten sich im Vorfeld alle nicht festlegen, die Meinungsumfragen prognostizierten zwar ein Duell Sarkozy-Royal als wahrscheinlich, eine Überraschung aus der Mitte oder von Rechts wurde jedoch auch nicht ausgeschlossen. Doch das Ergebnis des ersten Wahlgangs der französischen Präsidentschaftswahlen ist eindeutig: Nicolas Sarkozy, der Kandidat der rechtskonservativen UMP geht nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis des französischen Innenministeriums mit 31,11% als Sieger hervor, gefolgt von Ségolène Royal, der Kandidatin der Sozialistischen Partei PS, die mit 25,83% abschloss; die französischen Wähler stehen bei der Stichwahl am 6. Mai somit vor einer klassischen Richtungswahl Rechts-Links.

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François Bayrou, der Kandidat der zentristischen UDF, dem sogar Chancen für den zweiten Wahlgang eingeräumt worden waren, blieb an dritter Stelle mit 18,55% (immerhin hat er sein Ergebnis von 2002 verdreifacht); Le Pen, der Kandidat der rechtsextremen Front National erreichte mit nur 10,51% das schlechteste Ergebnis für seine Partei seit 1988. Die anderen kleineren Kandidaten kamen auf gänzlich unbedeutende Prozentpunkte - mit Ausnahme des Trotzkisten Olivier Besancenot, der 4,11% erreichte.

Bei dieser Wahl gab es drei besondere Voraussetzungen: Es waren insgesamt 44,5 Mio. Wähler zur Wahl aufgerufen – im Vergleich zu 2002 waren dies 3,3 Mio mehr Wahlberechtigte. Dies ist einerseits auf das demographische Wachstum aber auch auf das verstärkte politische Interesse der Auslandsfranzosen zurückzuführen; andererseits auch auf die Werbekampagnen in den Banlieues, deren Bewohner nach den Unruhen im vergangenen Jahr aufgerufen waren, sich in die Wählerlisten einzutragen. Darüber hinaus kam der sog. „21. April 2002 Effekt“ hinzu, der die Wählerschaft ebenfalls mobilisierte. Hinzu kam, dass die Franzosen in den Überseegebieten erstmals zeitlich vor den Franzosen in Frankreich wählten, und schließlich wurde in 82 Gemeinden zum ersten Mal mit elektronischen Wahlmaschinen gewählt.

Die Wahlbeteiligung erreichte mit 84,6% fast einen neuen Rekord (71,6% in 2002), ähnlich der Wahlbeteiligung der ersten direkten Präsidentenwahl der V. Republik 1965.

Nicolas Sarkozy trat bereits kurz nach 20 Uhr, nachdem die ersten Hochrechnungen veröffentlicht worden waren, vor die jubelnde Anhängerschar, die unweit der Pariser Parteizentrale zu einer Siegesfeier zusammengekommen war. Als Sieg für die Demokratie – „ce premier tour de l’élection présidentielle est une victoire pour notre démocratie“ – kommentierte er die Rekord-Wahlbeteiligung. Er zollte Ségolène Royal Respekt als Person und bekundete auch Respekt gegenüber ihren Ideen verbunden mit der Hoffnung, dass der zweite Wahlgang eine wahre Debatte der Ideen würde. Er betonte, dass er sich während des gesamten Wahlkampfes an alle Franzosen wenden wollte, insbesondere an diejenigen, die „Angst vor der Zukunft“ haben, die er davor beschützen wolle. Sarkozy schloß mit den Worten „rassembler le peuple français autour d’un nouveau rêve français, celui d’une République fraternelle“ – sein Ziel sei es, die „Franzosen in dem Traum einer brüderlichen Republik zu einen“.

Royal trat erst eineinhalb Stunden nach Schließung der Wahllokale mit den Worten „notre victoire est possible“ (unser Sieg ist möglich) vor die Presse. Sie appellierte an die Franzosen, für „eine Republik des Respekts zu stimmen und einen „Systemwechsel“ herbeizuführen, die Wähler seien angehalten, ein „neues Frankreich zu erfinden“. Als Antwort auf Sarkozys Rede betonte Royal, sie wolle „Frankreich reformieren, ohne es brutal zu behandeln“ („je refuse de cultiver les peurs“).

Trotzkisten, Kommunisten und Grüne haben bereits am Abend des ersten Wahlgangs zur Stimmabgabe für Royal am 6. Mai aufgefordert. Le Pen möchte am 1. Mai seine Wahlempfehlung abgeben. Bayrou, der sein Wahlergebnis als „Sieg einer dritten Kraft in der politischen Mitte“ interpretiert, hat sich noch zu keiner Wahlempfehlung hinreißen lassen.

Wie ist dieses Ergebnis zu bewerten? Nicolas Sarkozy führt seit Januar in den Umfragen und ging in die erste Wahlrunde mit dem Ziel, den größtmöglichen Abstand gegenüber den Konkurrenten zu erreichen. Das ist ihm gelungen, er liegt mit gut 5 Prozentpunkten vor Royal. Damit erreicht er eines der besten Ergebnisse, das je in einem ersten Wahlgang erreicht wurde – nach François Mitterrand in 1988 (34,10%) und Valéry Giscard d’Estaing in 1974 (32,60%). Mit 25,8% der Stimmen hat Royal ein besseres Ergebnis als erwartet erreicht – mehr als die Prozentzahl, die Jospin, Chevènement und Taubira in 2002 zusammen für sich beanspruchen konnten; die Stimmenzersplitterung auf die zahlreichen Kandidaten aus dem „linken“ Lager ist nicht eingetroffen. Bayrou und Le Pen hatten sich beide Hoffnungen auf den zweiten Wahlgang gemacht – die sog. Protestwahl blieb allerdings aus. In 2002 hatten einige Faktoren das Trauma Le Pen begünstigt – die Schwäche von Jospin und Chirac, die hohe Anzahl der Kandidaten und eine weniger hohe Wahlbeteiligung. Le Pens Alter mag dieses Mal auch die eigenen Sympathisanten von seiner Wahl abgeschreckt haben. Hinzu kam, dass Bayrou die „gemäßigte“ Alternative der Protestwahl bot. Aber Bayrous Motto „weder links noch Rechts“, sein nicht vorhandenes Programm bot den meisten doch nicht die überzeugende Alternative.

Der Wahlkampf hatte in den letzten Wochen den Eindruck gemacht, als würden die Grenzen zwischen Rechts und Links verwischt, als gäbe es den klassischen Bipolarismus in Frankreich nicht mehr und dass tendenziell eine neue Kraft der Mitte erwachsen würde. Der 1. Wahlgang zeigt jedoch ein klares Ergebnis: Die Wählerschaft will das Duell Sarko contra Ségo, die Wahl zwischen Rechts und Links. Die Franzosen haben sich von dem Trauma von 2002 befreit, indem sie Le Pen eine klare Absage erteilten. Sarkozy ist es gelungen, einen Teil von Le Pens traditioneller Wählerschaft zu überzeugen. Es ist auch das erste Mal, dass keiner der „kleinen“ Kandidaten über die schicksalhafte 5%-Hürde hinausgekommen ist (Anmerkung: erst ab 5% bekommen die Parteien ihre Wahlkampfkosten erstattet). Die „vote utile“, die Strategie der „nützlichen Stimmabgabe“ kam eindeutig zum Tragen: ein Großteil der Wähler des sozialistischen Lagers haben nicht für Royal gestimmt, weil sie wirklich von ihr überzeugt sind, sondern um die Präsenz des linken Lagers in diesem Wahlgang zu sichern. Am 6. Mai erwartet uns voraussichtlich ein spannendes Kopf an Kopf-Rennen. Der Ausgang der Stichwahl wird von drei Faktoren entscheidend abhängen – den Neigungen der Wählerschaft Bayrous, der Fähigkeit der Protagonisten Sarkozy und Royal in den knapp 14 Tagen bis zur Stichwahl noch stärker zu polarisieren und die eigenen Wähler nochmals stärker zu mobilisieren und dem Fernsehduell der beiden Kandidaten, das die Franzosen mit Ungeduld erwarten.

Wer auch immer der neue Präsident oder die Präsidentin wird – die Wähler erwarten von ihm oder ihr eine Wende in der Politik. Wird Frankreich „Präsidentin“ gemäß dem Slogan von Ségolène Royal oder wird es Nicolas Sarkozy sein, der die Franzosen in eine neue Zukunft führt? Aus den ersten Meinungsumfragen, die noch am gestrigen Wahlabend geführt wurden, geht Sarkozy eindeutig als Favorit hervor.

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