Historischer Rundgang: Station 2
Adenauer als Kirchgänger und seine Begegnungen mit Einheimischen
Hier in der Provinz Como würde ich mit großer Mehrheit gewählt.
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Ehrenbürger von Cadenabbia di Griante

Sein christlicher Glaube spielte für Konrad Adenauer zeitlebens eine wichtige Rolle und war fester Bestandteil seines Alltagslebens. Wie in Rhöndorf, so besuchte er auch während seiner Aufenthalte in Cadenabbia am Sonntagmorgen regelmäßig die Heilige Messe. Zumeist wurde er dabei von einer oder mehreren seiner Töchter begleitet. Den Weg von der „Villa La Collina“ hin zur Dorfkirche „Chiesa dei Santi Nabore e Felice“ legten Adenauer und seine Begleiterinnen zu Fuß zurück. Häufig grüßten Einheimische und Besucher Adenauer auf dem Weg von oder zur Kirche oder spazierten hinter der Kanzler-Gruppe hinterher. Diese für die Öffentlichkeit sichtbaren Kirchgänge trugen wesentlich zu seiner Beliebtheit vor Ort bei.

Ehrenbürger von Cadenabbia di Griante
Bei seinem letzten Aufenthalt in seiner Zeit als Bundeskanzler lud Adenauer am 12. September 1963 als besondere Geste der Verbundenheit lokale und regionale Würdenträger zu einem Empfang in das Hotel Bellevue in Cadenabbia ein, was auch die Wertschätzung des Staatsmanns für die einheimische Bevölkerung zum Ausdruck brachte. Umgekehrt war Adenauer bereits während seines ersten Aufenthalts am Comer See im Februar/März 1957 zum Ehrenbürger von Cadenabbia di Griante ernannt worden – der prominente Besucher hielt dem Ort die Treue; im September/Oktober 1966, rund ein halbes Jahr vor seinem Tod, war er letztmalig in der „Villa La Collina“ zu Gast. Dort empfing er während seiner Aufenthalte auch immer wieder lokale Gruppen und Würdenträger. Bei solchen Gelegenheiten wurden dem (Alt-)Kanzler bisweilen auch schon mal lokale Tänze oder andere kulturelle Darbietungen präsentiert. Er zeigte sich “immer wieder beeindruckt von dem freundlichen Empfang und von der Gastfreundschaft, die mir überall entgegengebracht werden.“

Lokale Kontakte
Zu den Einheimischen, zu denen Adenauer während seiner Aufenthalte wiederholt in Kontakt stand, gehörten u.a. der Bürgermeister von Griante, Paolo Roda, der Vorsitzende des Fremdenverkehrsverbandes und Arzt Giovanni Zampa, der Ortsgeistliche Don Fernando Nani, der als junger Priester manchmal die Sonntagsmesse zelebrierte, sowie Renzo Toscani. Letzterer war Sänger und Friseur zugleich, hatte als junger Mann ein Gesangsstudium am Mailänder Konservatorium absolviert, dann aber das väterliche Friseurgeschäft in Griante übernommen. Wenn Adenauer zu Besuch war und die Heilige Messe besuchte, trat er manchmal als Solist mit kirchlichen Liedern im Gottesdienst auf, um dem gläubigen prominenten Gast eine besondere Ehre zu erweisen. Darüber hinaus war er auch einfach Adenauers Urlaubs-Friseur. So kam es, dass “der Alte”, während ihm die Haare geschnitten wurden, auch Gesangseinlagen präsentiert bekam. Laut Toscani habe Adenauer dabei mitgesummt und angeblich auch mitgesungen. Adenauer sprach zwar kaum Italienisch und Toscani kein Deutsch, aber sie kommunizierten so gut es ging auf Französisch miteinander.
„Der Alte“ war übrigens ein zumeist respektvoll gemeinter Spitzname für Adenauer. Die Bezeichnung war in der bundesdeutschen Öffentlichkeit sowie in den Medien verbreitet.
Außerhalb des Ortes liegt auf 475 Metern Höhe die kleine Wallfahrtskirche „San Martino“, die Adenauer vom Park der „Villa La Collina“ aus samt dem Berg gut im Blick hatte. Mindestens zweimal wanderte er mit seinen Töchtern zu diesem beliebten Ausflugziel, solange er den steilen Aufstieg körperlich noch bewältigen konnte. Von dort aus bietet sich dem Besucher ein phantastischer Blick über den See, die Bergsilhouette des Engadin und die anliegenden Ortschaften.

