Historischer Rundgang: Station 5
Erinnerungen an Konrad Adenauer in der Villa La Collina
Seine hohe Gestalt ohne Pathos, die Arme lässig an den Seiten des hageren Körpers herunterhängend, die knochigen Hände erwartungsvoll zusammengepreßt, so hatte ich […] seinen harten Schädel nahe genug. Das Licht der Morgensonne fiel in sein offenes Gesicht mit den tief eingegrabenen Furchen und in die Augen, die forschend schauten auf das, was ringsum geschah.
Inhaltsverzeichnis
Begegnungen mit dem Maler Graham Sutherland
Der Maler Oskar Kokoschka porträtiert Adenauer
In der “Villa la Collina” befinden sich noch einige Originalobjekte aus der Adenauer-Zeit wie etwa der Sessel und die weiße Kommode in der Eingangshalle. Auch Original-Bilder der bekannten Maler Graham Sutherland und Oskar Kokoschka, denen Adenauer in Cadenabbia damals “Modell gestanden” hatte, sind in der Villa zu sehen.
Begegnungen mit dem Maler Graham Sutherland
Der britische Maler Graham Sutherland besuchte Adenauer erstmals im Herbst 1963, wenige Wochen vor dessen Ausscheiden aus dem Amt des Bundeskanzlers, in Cadenabbia, um Adenauer zu zeichnen. Der ihn begleitende Fotograf Felix H. Man beschreibt die Situation während der Porträt-Sitzungen folgendermaßen: „Adenauer war ein vorzügliches Modell, das seine Position leicht, ohne sichtbare Anstrengung, und gerne für eine halbe bis dreiviertel Stunde beibehielt, trotz einer lebhaft geführten Unterhaltung, wobei der Kanzler es liebte, seine politische Überzeugung einem Engländer auseinanderzusetzen.“ Wie Man andeutete, fielen diese Äußerungen eher kritisch aus, was aber nicht verwundert, schließlich verzieh es Adenauer den Briten nie, dass sie ihn nach seiner Wiedereinsetzung als Oberbürgermeister von Köln 1945 – wie zuvor die Nationalsozialisten 1933 – des Amtes enthoben. Darüber hinaus war Adenauer zum Zeitpunkt von Sutherlands Besuch 1963 ein enger Verbündeter des französischen Präsidenten Charles de Gaulle, der Anfang dieses Jahres gerade erst eine Aufnahme Großbritanniens in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) durch sein Veto verhindert hatte. Doch Sutherland scheint diese kleinen Provokationen sportlich genommen zu haben. Mit dem Haupt-Ergebnis, einem 1965 fertiggestellten Porträt, zeigte sich Adenauer jedenfalls sehr zufrieden. Er erwarb das Gemälde für 110.000 DM, es hing lang über seinen Tod hinaus im Adenauer-Haus in Rhöndorf, später hing es unter den CDU-Kanzlern Helmut Kohl und Angela Merkel im Bundeskanzleramt in Bonn beziehungsweise Berlin. Seit 2023 hat es einen neuen Standort im Europabüro der Konrad-Adenauer-Stiftung in Brüssel gefunden.

Der Maler Oskar Kokoschka porträtiert Adenauer
Im April 1966 reiste der österreichische Maler und Vertreter der Wiener Moderne, Oskar Kokoschka, für drei Wochen nach Cadenabbia, um Adenauer zu porträtieren. Seine Gage betrug 200.000 DM. Sie wurde von einer Illustrierten Zeitung zur Verfügung gestellt und im Anschluss der Benefiz-Aktion „Kinder in Not“ gespendet. Auch hier fanden die beiden berühmten Persönlichkeiten während der Porträt-Sitzungen Gefallen aneinander und es kam zu lebhaften Diskussionen. Kokoschka beschreibt den Beginn der Porträtarbeiten folgendermaßen: „Auf jeden Fall hatte ich einen bequemen Lehnstuhl aufs Podium stellen lassen, damit er sich nicht überanstrengen sollte. Zwei bis drei Stunden täglich für mich zu stehen – er war immerhin schon über neunzig Jahre alt –, das, dachte ich, wäre zuviel für ihn. Er verwies mich schmunzelnd: Schließlich säße auch ich nicht beim Malen, und wir gehörten beide einer Generation an, die nicht altert. So war es mir auch recht, ihn aufrecht zu malen, wie er uns im Park begrüßt hatte und wie sich seine Erscheinung mir sogleich als geistiges Bild eingeprägt hatte.“

Die Illustrierte als Auftragsgeberin stiftete das Porträt dem Deutschen Bundestag, wo es in verschiedenen Büros, u.a. dem der damaligen Bundestagspräsidentin Prof. Dr. Rita Süssmuth hing. Im Februar 2006 übergab Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert das Gemälde Kokoschkas als Leihgabe an das Bundeskanzleramt. Bis zum Ende ihrer Amtszeit im Herbst 2021 hing es im Büro von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel. Eine kleinere, von Kokoschka gefertigte Porträt-Skizze, hängt heute in der Eingangshalle der „Villa La Collina“. Es handelt sich um eine Kreidelithographie, die ebenfalls auf seinen Aufenthalt 1966 in Cadenabbia zurückgeht und von der er 95 Exemplare anfertigte.
Bei der Bewertung des Ergebnisses von Kokoschkas Porträt hielt sich Adenauer öffentlich zurück, doch hielt er laut Überlieferungen die Proportionen seiner Arme im Verhältnis zum Gesamtkörper wohl für nicht so gelungen, was er sich mit einer „zunehmenden Sehschwäche“ des zehn Jahre jüngeren Künstlers erklärte.