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Dr. Kathrin Menzel

Veranstaltungsberichte

Sofia, Plovdiv und das Tal der Rosen

von Dr. Kathrin Menzel

Eine kulturpolitische Reise nach Bulgarien

Bulgarien hat eine reiche, wechselvolle Geschichte, wartet mit vielen Überraschungen auf und hat auch einige Superlative zu bieten (mit die meisten Mineralquellen in Europa, die Entstehung der kyrillischen Schrift).

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Unsere Zeitreise führt nach Starosel mit einer der größten und besterhaltenen thrakischen Tempelgrabstätten Südosteuropas (5./4. Jh. v. Chr.), die erst im Jahr 2000 entdeckt wurde. In den Mauern des Grabes nisten Vögel, die sich von uns gestört fühlen. Im Talkessel von Kazanlak rufen zahlreiche thrakische Grabhügel Erstaunen hervor; künftige Grabungsstätten für Archäologen. Der Goldschatz von Panagjurischte hat nicht nur ein Gewicht von über sechs Kilogramm, sondern verweist mit der überaus kunstvollen Verarbeitung auf die Götter, Rituale und den sozialen Status thrakischer Fürsten.

Die Thraker wurden bereits in der Ilias erwähnt und ihre enge Verbindung zu den Griechen zeigt sich zum Beispiel an Orpheus, in Thrakien geboren und wichtiger Akteur der griechischen Mythologie oder dem thrakischen Soldaten und versklavten Gladiator Spartacus, späterer Anführer von Sklavenaufständen gegen die Römer.

Plovdiv, wie Rom auf sieben Hügeln gebaut, gilt als die älteste durchgehend besiedelte Stadt Europas und macht ihrer Auszeichnung als Kulturhauptstadt Europas in 2019 alle Ehre. Die Stadt ist gegründet in der Thrakischen Ebene, an den Ufern der Mariza und mit Blick auf die Rhodopen. Gelegen an der Römerstraße Via Militaris, die über die Balkanhalbinsel nach Byzanz führt, bauten die Römer gewaltige befestigte Straßen, Tempel, ein Stadion und ein Theater. Das römische Stadion wurde mit einer modernen Einkaufsstraße überbaut, ist jedoch an Teilabschnitten seiner ursprünglich 180-Meter-Länge einsehbar. Wir erreichen es über Rolltreppen in die Tiefe. Das zufällig bei Bauarbeiten frei gelegte antike Theater hat Platz für 7000 Zuschauer und wird auch noch heute im Sommer bespielt.

Seit dem 4. Jh. war Philippopolis Bischofsstadt, die Reste der Bischofsbasilika sind ausgegraben und werden heute mit ihren großflächigen, 2000 Quadratmeter umfassenden Mosaiken atemberaubend modern präsentiert.

Auf Schritt und Tritt begegnet man überraschenden, eindrücklichen Zeugnissen der bedeutenden Geschichte dieser Stadt. Selbst beim Abendessen schauen wir auf stimmungsvoll beleuchtete antike Architektur.

Aber auch die aktuellen Problemlagen lernt man bei einem kurzen Gespräch mit zwei Vertreterinnen der Roma-Community kennen. Leider gestatten wir uns nicht die Erfahrung, in den nur vier Kilometer von der Altstadt entfernten Stadtteil Stolipinowo zu fahren, der mit ca. 45.000 Einwohnern die größte Roma-Siedlung auf der Balkanhalbinsel beherbergt.

Seit der Reichsteilung 395 n. Chr. gehörte das Gebiet Bulgariens bzw. ein großer Teil der Balkanhalbinsel zum oströmischen Reich (Byzanz). Großartige Beispiele des gelebten bulgarisch-orthodoxen Glaubens sehen wir mit der Kirche von Bojana, am Fuße des Witoscha-Gebirges bei Sofia (UNESCO-Weltkulturerbe, Fresken aus dem 13. Jh.) und dem Batschkowo-Kloster am Eingang zu den Rhodopen (11. Jh.).

Auf unserer Reise geschehen auch häufige, unverhoffte Begegnungen mit der Architektur und der monumentalen Plastik aus kommunistischer Zeit: der Nationale Kulturpalast, das Museum für Sozialistische Kunst mit einem künstlerisch eindrucksvollen Skulpturenpark, die ehemalige Residenz von Todor Schiwkow und den von seiner Tochter am Rande von Sofia initiierte Glockenpark, gebaut für die Kinder der Welt.

Einen geologisch und architektonisch monströsen Höhepunkt erleben wir mit dem Busludscha-Monument. Es thront (wie ein inzwischen endgültig gelandetes UFO) auf dem Gipfel des Chadschi Dimitar (1400m) und wurde 1981 als demonstrative architektonische Geste zur 1300-Jahr-Feier der bulgarischen Staatsgründung gebaut.

Aber auch im kleinen Kalofer, der letzten Station der Reise durch eine fruchtbare, endlos mit Rosen und Lavendel bepflanzte liebliche Landschaft, begegnen uns steinerne „Helden“: prominent auf einem Hügel steht die Statue von Christo Botew, flankiert von drei Denkmälern, die auf die Freiheitskämpfer der April-Aufstände 1876 gegen die fast 500-jährige osmanische Herrschaft hinweisen.

Bulgarien ist auf dem Weg in die Eurozone, ein nationales Referendum zur Einführung des Euro ab 2026 wurde angekündigt. Diesem landschaftlich schönen sowie durch seine Lage im Zentrum der Balkanhalbinsel und als Schwarzmeer-Anrainerstaat geostrategisch wichtigen Land ist politische Stabilität und eine, von seit einigen Jahren rückkehrenden, im Westen ausgebildeten Eliten vorangetriebene wirtschaftliche Entwicklung zu wünschen, jenseits von Korruption und Nepotismus.

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