COVID-19 und seine Folgen
COVID-19 und seine Folgen
COVID-19 und seine Folgen
Auswirkungen und Entwicklungen der Pandemie
Die Corona-Pandemie hält die Welt mit täglich steigenden Fallzahlen in Atem. Sie hat nicht nur Auswirkungen auf die Gesundheitssysteme vieler Länder sondern setzt Regierungen und Wirtschaft weltweit unter Druck. Auf dieser Themenseite bündeln wir Beiträge unserer Expertinnen und Experten und Auslandsmitarbeiterinnen und Auslandsmitarbeitern zu aktuellen Entwicklungen in der Krise.
In der interaktiven Karte finden Sie neben einer aktuellen Bestandsaufnahme zum Thema "ein Jahr Corona", die sich mit der aktuellen Lage und den Entwicklungen in den betroffenen Staaten auseinandersetzt, auch ausgewählte Publikationen zu Verlauf, Maßnahmen und Lösungsansätzen im Umgang mit der Pandemie.
Interaktive Karte – COVID-19 weltweit
Deutschland
Der erste Coronafall in Deutschland wurde am 28. Januar 2020 bekannt. Die Fallzahlen stiegen anfangs rasant, sodass die Bundesregierung mit weitreichenden Entscheidungen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus steuerte. Am 11. Februar 2020 hat die WHO den Namen Covid-19 für das neuartige Virus vergeben und einen Monat später sprach die WHO offiziell von einer Pandemie. Spätestens seitdem ist Corona das beherrschende Thema in Deutschland. Nach Lockerungen im Sommer 2020 werden seit November wieder Einschränkungen gegen die Ausbreitung des Virus verhängt. Die Impfungen gegen das Covid-19 begannen in Deutschland Ende Dezember 2020.
Ausgewählte Publikationen zum Thema COVID-19
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Verschwörung in der KriseRepräsentative Umfragen zum Glauben an Verschwörungstheorien vor und in der Corona-KriseVerschwörungstheorien haben in der Corona-Krise besondere Aufmerksamkeit erhalten. Es entstand der Eindruck eines weit verbreiteten Glaubens an eine Corona-Verschwörung, nach der das Virus erfunden oder in seiner Gefährlichkeit weit übertrieben dargestellt werde. Zudem wurde vermutet, dass der Glaube an Verschwörungstheorien mit der Corona-Krise deutlich zugenommen habe. Beiden Fragen ist die Konrad-Adenauer-Stiftung in repräsentativen Umfragen nachgegangen.
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Sie sind überallEine repräsentative Umfrage zu VerschwörungstheorienDie Verbreitung von Verschwörungstheorien wird mit Sorge betrachtet. Und die Corona-Pandemie hat ihnen medial noch einmal Auftrieb gegeben. Bereits vor der Pandemie hat die Konrad-Adenauer-Stiftung in einer repräsentativen Befragung erhoben, wie verbreitet der Zweifel an etabliertem Wissen und der Glaube an Verschwörungstheorien war. Bereits vor der Pandemie neigte fast ein Drittel der Bevölkerung zu Verschwörungstheorien.
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Triage-Empfehlungen grenzüberschreitend betrachtetEine Befragung europäischer IntensivmedizinerDie Belastung der Gesundheitssysteme durch die COVID-19-Pandemie hat eine grenzüberschreitende Debatte darüber angestoßen, wie über die Zuteilung intensivmedizinischer Ressourcen entschieden werden sollte, wenn diese nicht mehr für alle Behandlungsbedürftigen reichen (sog. Triage-Situation). Mittlerweile gibt es dazu verschiedene Leitlinien, Empfehlungen und Handreichungen. Unsere Befragung europäischer Intensivmediziner vermittelt einen Eindruck, welches Vorgehen in neun Ländern empfohlen wird.
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Homeoffice: Zukunft der Arbeit?Mobiles Arbeiten in der gesellschaftspolitischen Debatte
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Die Mär vom dysfunktionalen FöderalismusWarum der Föderalismus bei der Bewältigung von SARS-CoV-2 hilftWährend der Corona-Krise gerät der Föderalismus unter Druck. Zu unrecht. Denn gerade er hilft, die Krise zu bewältigen. Ein Plädoyer für den Föderalismus.
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Belgien
Zu Beginn des Jahres 2020 wurden die ersten Corona-Fälle in Belgien bekannt. Ähnlich wie in anderen europäischen Staaten wurde das Virus auch in Belgien zum ersten Mal von Reisenden aus Wuhan ins Land gebracht. Anfangs handelte es sich hierbei jedoch um Einzelfälle. Ab etwa Anfang März nahmen die Corona-Fälle allerdings rasch zu. Eine wichtige Rolle spielten hierbei die einwöchigen Frühlingsferien Ende Februar, die besonders Familien als Möglichkeit zum Skiurlaub nutzen. Viele Urlauber brachten das Coronavirus aus den Skigebieten mit, sodass die Fallzahlen in Belgien stark zunahmen. Unter diesem Eindruck traten auch in Belgien im Laufe der zweiten und dritten März-Woche einschneidende Maßnahmen in Kraft, die einen ersten landesweiten Shutdown bedeuteten. Politisch bemerkenswert war, dass es unter dem Eindruck der akuten Krisensituation gelang, zumindest vorläufig eine Regierung zu bilden. Im notorisch gespaltenen Belgien hatte es zuvor eine lange Phase gegeben, in der es auf Grundlage des Ergebnisses der letzten Parlamentswahl nicht gelungen war, eine Regierung zu bilden. Neue Premierministerin wurde, wenn auch zeitlich begrenzt, Sophie Wilmés von der liberalen Partei Mouvement Réformateur (MR). Einige Monate später gelang es dann sogar, dauerhaft eine neue Regierung unter der Führung von Alexander De Croo (Open VLD – flämische liberale Partei) zu bilden.
Der Frühjahr-Shutdown zeigte Wirkung, sodass ab Mai Schritt für Schritt wieder Lockerungen beschlossen wurden, und das öffentliche Leben in Teilen wieder hochgefahren wurde. Die Geschäfte in Belgien öffneten beispielsweise ab dem 11. Mai wieder. Allerdings begann ab Mai auch eine Phase, die geprägt war von uneinheitlichen lokalen Maßnahmen, bei denen viele Bürgerinnen und Bürger nur schwer den Überblick behielten. Dies galt insbesondere für das Tragen von Masken im öffentlichen Raum.
Im Laufe des Julis entwickelten sich die Fallzahlen insbesondere im flämischen Teil Belgiens wieder vergleichsweise dynamisch, sodass weitere Lockerungen nicht in Kraft treten konnten. Deutschland erklärte die Provinz Antwerpen im Sommer sogar zum Risikogebiet. Mit Blick auf eine allgemeine Maskenpflicht im öffentlichen Raum fuhr Belgien weiterhin einen schwer nachvollziehbaren Kurs. Zunächst galt ab Anfang August eine allgemeine Maskenpflicht im öffentlichen Raum, diese wurde Ende September trotz gestiegener Infektionszahlen wieder zurückgenommen, bevor sie ab Ende Oktober wieder in Kraft trat. Dieses Hin und Her steht exemplarisch und ist besonders bemerkenswert, da sich das Infektionsgeschehen in Belgien im Laufe des Septembers landesweit wieder sehr dynamisch entwickelte und schließlich im Oktober teilweise dramatisch eskalierte.
Das Land war zu diesem Zeitpunkt eines der stärksten von der Pandemie betroffenen europäischen Länder. Genauso wie im Frühjahr drückte sich dies nicht nur in den Fallzahlen, sondern auch in sehr hohen Sterblichkeitsraten aus. Nach zunächst schrittweisen Verschärfungen der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie kam es ab Mitte Oktober de facto zum zweiten landesweiten Shutdown. Das öffentliche Leben wurde heruntergefahren, indem Geschäfte, Cafés und Restaurants schließen mussten. Eine nächtliche Ausgangssperre wurde eingeführt, private Treffen stark begrenzt und eine Homeoffice-Pflicht beschlossen. Das Maßnahmenpaket erzielte wieder seine Wirkung, was sich in niedrigeren Fallzahlen ab Ende November/Anfang Dezember widerspiegelte. Infolgedessen durften zumindest ab Dezember die Geschäfte wieder öffnen. Der Großteil des restlichen öffentlichen Lebens verblieb aber auch im Dezember und Januar im Stillstand.
Mit Beginn des Jahres 2021 zeigte sich Belgien in Bezug auf Reiserückkehrer erstaunlich konsequent. Rückkehrende sind seither verpflichtet, eine Quarantäne von mindestens sieben Tagen einzuhalten und sich verpflichtend zwei Mal testen zu lassen. Diese Maßnahmen werden engmaschig kontrolliert. Gleichzeit hat auch Belgien mit dem Impfen begonnen und kämpft wie alle EU-Staaten mit der Knappheit der Impfstoffe. Interessant ist, dass sich sowohl für das BioNTech/Pfizer- als auch für das AstraZeneca-Vakzin große Produktionsstätten in Belgien befinden. Die EU wird in den kommenden Monaten also auch in dieser Hinsicht gebannt Richtung Belgien blicken.
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
UPDATING AFRICAN NDCs IN TIMES OF COVID-19 - LOST MOMENTUM?Olivia Rumble and Andrew Gilder, Climate Legal, South AfricaCOVID-19 has important consequences for the full operationalisation of the Paris Agreement including the fundamentally important mechanism for increased domestic climate change ambition, namely the Nationally Determined Contributions (NDCs) submitted by country Parties to the Agreement. Every effort should be made to maintain the progress that has been achieved in framing national mitigation and adaptation efforts as NDCs, since the Paris Agreement was concluded. Review and updating of African NDCs is at risk including from lack of finances and pandemic restrictions and connectivity challenges which hamper the required specialist input and stakeholder engagement processes. These issues are particularly acute in African Least Developed Countries (LDCs). Despite these factors, the African continent has considerable global strategic value and influence and increases in African climate change ambition, as expressed in NDCs, will likely have cross pollinating effects on other developing countries. The following illustrative approaches might be applied to overcoming the above-mentioned hurdles to African NDC development: - use of developed country Party delegation country-offices and their internet connectivity to facilitate meetings on host country NDCs between local players, including the public and private sectors, civil society and specialist advisors; - development of awareness campaigns of the NDC review process; - support for public gatherings that conform to local pandemic requirements and outdoor venues, and similar actions tailored to local requirements. Whilst seemingly inconsequential in scale, these types of actions of support can have far reaching implications for LDC governments and the wider public. Unquestionably, climate finance also continues to play a dominant role in the region’s NDC review process and in this context, developed countries should be particularly attuned to ensuring that outgoing financial support for their review and implementation remains forthcoming.
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High hopes, low expectations – Brussels’ perspective on the future of Europe after COVID-19Final reportOn 1 July this year, Germany took over the Presidency of the Council of the European Union (EU), at a time when the EU’s future hinges upon an apt European response to the COVID-19 crisis. What are the Brussels community’s main concerns and expectations of the German Presidency in light of the current situation and with respect to the EU’s long-term future?
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Vorbericht: Wie Brüssel die Zukunft Europas nach Corona siehtAm 1. Juli dieses Jahres übernahm Deutschland die Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union zu einem Zeitpunkt, an dem die Zukunft der EU von einer europäischen Reaktion auf die Corona-Krise abhängt. Was sind die wesentlichen Anliegen und Erwartungen der Brüsseler Community an die deutsche Ratspräsidentschaft angesichts der aktuellen Situation und im Hinblick auf die längerfristige Zukunft der EU?
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Niederlande
In den Niederlanden wurden die ersten bestätigten Infektionen Ende Februar gemeldet und breiteten sich anschließend schnell aus. Besonders betroffen war zunächst die Provinz Nordbrabant im Süden des Landes. Dort wurden folgerichtig auch erste Maßnahmen wie die Absage von Veranstaltungen ergriffen. Am 12. März folgten dann auch auf nationaler Ebene die ersten – zunächst noch sehr großzügigen – Maßnahmen. Innerhalb weniger Tage wandten sich sowohl König Willem-Alexander als auch Ministerpräsident Mark Rutte an die Bevölkerung und appellierten eindringlich, sich an die Maßnahmen zu halten und „Social Distancing“ zu praktizieren. Im Falle des Ministerpräsidenten war es die erste direkte Ansprache an die Nation seit der Ölkrise 1973. Erst am 23. März traten schließlich strengere Regelungen in Kraft, die alle Zusammenkünfte von mehr als drei Personen untersagten und die Bevölkerung dazu aufriefen, mindestens 1,5 Meter Abstand voneinander zu halten. Im Gegensatz zu vielen Ländern Europas wurde während der ersten Welle zu keinem Zeitpunkt eine Ausgangssperre verhängt. Stattdessen verfolgte die Regierung von Anfang an die Strategie eines sogenannten „intelligenten Lockdowns“, welche stärker auf die gesellschaftliche Eigenverantwortung abzielte und mit Geboten statt Verboten arbeitete. So blieb der Einzelhandel etwa weitgehend geöffnet und das Tragen von Masken war zunächst überhaupt nicht und ab dem 1. Juni ausschließlich im öffentlichen Nahverkehr – nicht aber in Supermärkten oder anderen geschlossenen Räumen – vorgeschrieben.
Nachdem das Land trotz dieser wenig restriktiven Maßnahmen vergleichsweise gut durch die erste Pandemiewelle gekommen war, und im Sommer einige Einschränkungen wieder aufgehoben wurden, verschlechterte sich die Lage im Herbst 2020 drastisch. Die sprunghaft ansteigenden Infektionszahlen führten im November und Dezember zu immer mehr Krankenhauseinweisungen und Todesfällen, welche das in den vergangenen Jahren auf Effizienz ausgerichtete Gesundheitssystem des Landes an die Grenze der Belastbarkeit brachte. So mussten vereinzelt Patienten aus den südlichen Provinzen zur Behandlung nach Nordrhein-Westfalen ausgeflogen werden. Unter dem Eindruck dieser Entwicklungen wurden die Corona-Schutzmaßnahmen merklich verschärft und mündeten im Dezember 2020 schließlich in einen landesweiten Lockdown. Dieser wurde im Januar 2021 trotz Rückgang des Infektionsgeschehens weiter verschärft. Wegen des Auftretens verschiedener Virusmutationen wurden die Kontaktbeschränkungen ausgeweitet und eine nächtliche Ausgangssperre beschlossen. Vor allem letztere führte zu einer intensiven politischen Debatte im Parlament und zu Protestaktionen in verschiedenen Städten des Landes. In den Nächten nach Inkrafttreten der Ausgangssperre kam es in rund 20 niederländischen Städten zu den schwersten Krawallen seit 40 Jahren, als sich Fußball-Hooligans und Corona-Leugner gewalttätige Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften lieferten. Umfragen zufolge steht die übergroße Mehrheit der Bevölkerung jedoch hinter der Verschärfung der Corona-Maßnahmen.
Mit Anrollen der zweiten Pandemie-Welle mussten die politischen Entscheidungsträger in Den Haag anerkennen, dass die Politik des „intelligenten Lockdowns“ nicht mehr ausreichend war, um das Infektionsgeschehen im Land im Zaum zu halten. Eine im Laufe der Pandemie immer wieder aufgeworfene Thematik sind die im Vergleich zu anderen Ländern niedrigen Testkapazitäten, die im Laufe der Pandemie zwar ausgeweitet wurden, insgesamt jedoch deutlich hinter denen anderer (auch kleinerer) europäischer Staaten zurückbleiben. Im Herbst 2020 wurde in diesem Zusammenhang diskutiert, ob niederländische COVID-Tests in belgischen Laboren untersucht werden könnten, um die eigenen (meist sehr viel kleineren Labore) zu entlasten. Zudem starteten die Niederlande erst am 6. Januar 2021 – und damit als letzter EU-Mitgliedsstaat – die nationale Impfkampagne gegen das Virus, was ebenfalls zu politischen und gesellschaftlichen Diskussionen führte.
Inmitten dieser in vielfacher Hinsicht angespannten Gesamtsituation starteten die Parteien des Landes Ende Januar in den Wahlkampf zur Parlamentswahl 2021, die am 17. März stattfinden wird. Die Frage, wie das Land am besten aus der Krise herausgeführt werden kann, nimmt dabei eine zentrale Rolle ein. Ähnlich wie in Deutschland, hat der Staat der Wirtschaft im Jahr 2020 massiv unter die Arme gegriffen, um den ökonomischen Schaden der Pandemie zu begrenzen. Nun hofft man nach einem BIP-Einbruch von rund fünf Prozent im Jahr 2020, den Pfad der wirtschaftlichen Erholung einschlagen zu können.
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Pandemie, Regierungskrise und Wahlkampfauftakt in den NiederlandenEine aktuelle Bestandsaufnahme vor der Parlamentswahl 2021Die Bundestagswahl 2021 wirft ihre Schatten voraus und wird den zukünftigen Kurs der Bundesrepublik in vielerlei Hinsicht bestimmen. Doch nicht nur in Deutschland wird der Ausgang einer nationalen Wahl mit Spannung erwartet. In den benachbarten Niederlanden sind die Bürgerinnen und Bürger bereits im März dazu aufgerufen, ein neues Parlament (Zweite Kammer der Generalstaaten) zu wählen. Zuletzt trat die Regierung von Ministerpräsident Mark Rutte aufgrund eines Beihilfenskandals zurück und führt die Amtsgeschäfte nunmehr kommissarisch weiter, um die Corona-Maßnahmen des Landes zu koordinieren..
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Polen
Die Epidemie des Coronavirus SARS-CoV-2 hält in Polen an. Vom Beginn der Pandemie bis zum 22.01.2021 gab es 1.464.448 COVID-19-Infektionen, 34.908 Todesfälle und 1.213.012 gelten als genesen. Es wurden 8.284.096 Tests durchgeführt und 644.999 Menschen geimpft. Der erste Fall einer Coronavirus-Infektion in Polen wurde am 4. März 2020 festgestellt. Aufgrund der sich ausbreitenden Epidemie wurden die ersten Einschränkungen eingeführt. Eine Woche später waren Schulen und Kindergärten geschlossen und Massenveranstaltungen wurden abgesagt. Nach ein paar weiteren Tagen beschloss die Regierung, die Grenzen zu schließen, und die Menschen, die nach Polen zurückkehrten, wurden verpflichtet, sich einer zweiwöchigen Quarantäne zu unterziehen. Am 20. März wurde eine epidemische Notlage ausgerufen.
Während des Lockdowns im Frühjahr durften nur Lebensmittelgeschäfte, Drogerien und Apotheken geöffnet sein. Das Verlassen des Wohnortes war nur in begründeten Fällen möglich. Die Maskenpflicht und die Einhaltung einer sozialen Distanz von 1,5 Meter wurden eingeführt. Die Auswirkungen dieser Einschränkungen spiegelten sich in der Wirtschaft wider. Die Inflation wuchs dynamisch und erreichte im zweiten Quartal einen schon lange nicht verzeichneten Wert von 4,5%, während das BIP in diesem Zeitraum um 8,4% im Vergleich zum Vorjahr sank.
Nach dem ersten Schock entschied die Regierung, dass es möglich sei, die Wirtschaft sukzessive wieder zu öffnen. Am 20. April begann die erste Stufe der Aufhebung der Beschränkungen - man konnte wieder Parks und Wälder betreten. Nach weiteren zwei Wochen wurden Hotels und Baugeschäfte eröffnet, am 18. Mai Restaurants und Friseursalons. Bis Juli ging die Zahl der Corona-Infizierungen zurück - die Zahl der Todesfälle sank, und die Zahl der Genesungen stieg.
Anfang August begann die Zahl der Infektionsfälle jedoch wieder zu steigen. Im Oktober spitzte sich die epidemische Situation in Polen zu, und die Zahl der neuen Fälle pro Tag begann in die Tausende zu gehen. Am 21. Oktober überstieg die Zahl der neuen Corona-Fälle pro Tag zum ersten Mal 10.000. Am 24. Oktober wurde Polen mit Blick auf die Inzidenzwerte zur roten Zone, womit schärfere Schutzmaßnahmen verbunden waren. Trotzdem war der Monat von gravierenden Anstiegen geprägt - ein weiterer bedeutender Rekord waren über 20.000 Fälle am 29. Oktober. Der Höhepunkt der Ausbreitung des Virus fand im November statt und brachte das Gesundheitssystem an seine Grenzen. Ab Dezember begann die Zahl der Infektionen, aufgrund der Einschränkungen des Wirtschafts- und Soziallebens, wieder zu sinken. Gleichwohl verschlechterte sich die ökonomische Situation der Unternehmen und Haushalte, die ihre Ausgaben reduzierten. Infolgedessen schrumpfte die Wirtschaftstätigkeit im vierten Quartal 2020 erneut. Das Ausmaß des BIP-Rückgangs war jedoch geringer als im zweiten Quartal, als ein starker negativer Schock die meisten Sektoren der Wirtschaft traf und die Aktivität der Industrie, des Baugewerbes und des Dienstleistungssektors einschränkte.
Die Pandemie hatte und hat gravierende Auswirkungen auf die polnische Wirtschaft. Offiziell befindet sich Polen in einer Rezession, die jedoch im Vergleich zu anderen europäischen Ländern relativ mild ist. Es wird erwartet, dass das Haushaltsdefizit im Jahr 2020 109,3 Mrd. PLN und im nächsten Jahr - 82,3 Mrd. PLN erreichen wird. Noch schlimmer sieht die Situation des gesamten öffentlichen Finanzsektors aus - hier wird ein Defizit im Verhältnis zum BIP von 12 Prozent erwartet, d.h. fast 250 Milliarden Zloty. All dies führt dazu, dass die Staatsverschuldung im nächsten Jahr fast 1,5 Billionen PLN betragen wird und das Risiko besteht, dass die verfassungsmäßige Verschuldungsgrenze (60% des BIP) überschritten wird.
Die Regierung wird die Schulden durch Steuererhöhungen oder Abgaben in den Griff bekommen müssen. Auf der Ausgabenseite wird es schwieriger sein, Einsparungen zu finden, zumal kostspielige Hilfsprogramme umgesetzt wurden. Das Ministerium für Familie, Arbeit und Sozialpolitik teilte mit, dass Unternehmer und Arbeitnehmer bis September 2020 133,6 Mrd. Zloty als Teil der Anti-Krisen-Schutzmaßnahmen erhielten. Die wichtigsten Formen der Unterstützung, die Unternehmer in Anspruch genommen haben waren: 1) Befreiung von den Sozialversicherungsbeiträgen (ZUS), 2) Finanzhilfe beim Arbeitsausfall, 3) sowie Zuschüsse und Mikrokredite.
Das Anti-Krisen-Schutzschild mitsamt den nachfolgenden Gesetzesänderungen hat sich so oft geändert, dass bereits im Januar 2021, die 7.0 Version des Schutzschildes eingeführt worden ist. Der Gesetzgeber hat im Durchschnitt beinahe einmal pro Monat neue Lösungen eingeführt bzw. Fehler der verabschiedenden Regelungen korrigiert. Die Unternehmer kritisierten die ständigen Änderungen in den Vorschriften und die mangelnde Sicherheit über den Umfang und Kriterien der Förderung.
Trotz der Tatsache, dass die Anti-Krisen-Regelungen nicht immer präzise waren und viele Male geändert werden mussten, nutzten die Unternehmer die oben genannten Formen der staatlichen Hilfe sehr bereitwillig. Es sollte betont werden, dass die drei oben erörterten Lösungen an Kleinstunternehmer gerichtet waren, die etwa 96 % aller Unternehmen in Polen ausmachen.
Trotz verschiedenster Schutzmaßnahmen haben sich viele Wirtschaftszweige bis heute nicht erholt, etwa die Unterhaltungs- und Kulturindustrie, die Gastronomie oder die Luftfahrbranche. Viele Unternehmer gingen daher auf die Straße, um gegen die aus ihrer Sicht unzureichende staatliche Unterstützung zu protestieren. Sozialprogramme wie Kindergeld oder Zusatzrenten spielten in der Krise eine bedeutende Rolle als Stabilitätsanker.
Das Jahr 2020, obwohl sehr schwierig, endete mit einer besseren Bilanz als von vielen prognostiziert. Es stellte sich heraus, dass die polnische Wirtschaft eine erhebliche Widerstandskraft hat. Wichtige Faktoren in diesem Kontext waren: Stimulierung durch den Anti-Krisen-Schutzschild, billiger (Abwertung der polnischen Währung PLN) und diversifizierter Export, schnelle Anpassung die Unternehmer an die neuen Bedingungen und keine drastische Konsumsenkung. Die aktuellen Prognosen deuten auf einen Rückgang des BIP im 2020 um ca. 3,4 % hin. Die Inflation hat sich im letzten Quartal 2020 bei ca. 3 % stabilisiert und befindet sich nach Angaben der Polnischen Nationalbank NBP im Abwärtstrend. Die Arbeitslosigkeit, obwohl höher als vor der Pandemie, lag in der zweiten Jahreshälfte bei 6,1 %. Bemerkenswert ist, dass der Handel Deutschlands mit Polen gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres gestiegen ist. Polen behielt damit eine Spitzenposition im Handel mit Deutschland.
Aktuell wird der Lockdown langsam gelockert, wenngleich viele Wirtschaftszweige ausgeschlossen sind. Immerhin sind die Kindergärten geöffnet und Kinder der Klassen 1 bis 3 kehrten im Januar 2021 in die Schule zurück, ältere Kinder und Studenten lernen weiterhin online.
Die Stimmung der Bevölkerung hat sich durch die begonnenen Impfungen etwas aufgehellt. In der ersten Phase, die am 27. Dezember begann, wurde das Gesundheitspersonal geimpft. Ab 15. Januar können zusätzlich 80-Jährige und chronisch kranke Menschen einen Temin beintragen. Obwohl das Impfsystem wegen Verzögerungen und Problemen bei der Anmeldung kritisiert wurde, funktioniert es im Großen und Ganzen. Letztlich bleibt die Knappheit des Impfstoffs der limitierende Faktor und wird dazu führen, dass Abstand, Masken, Testen und Umsicht auch weiter das gesellschaftliche Leben in Polen prägen werden.
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
Lockdown der Demokratie in Zeiten von COVID-19Die Coronavirus-Pandemie hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Regierungsführung demokratischer Staaten. Zeitgenössische Demokratien mussten sich anpassen, unter extremen Zeitdruck handeln und demokratische Prinzipien gegen den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Bürger abwägen. Lesen Sie hier einen Bericht über die Herausforderungen demokratischer Systeme in Zeiten einer Pandemie von Dr. Kinga Wojtas und Dr. Katarzyna Walecka in polnischer Sprache. Die Autorinnen sind beide Politikwissenschaftlerinnen und Mitbegründerinnen der Stiftung zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung STAN. Außerdem bekleiden beide eine Assistenzprofessur an der Kardinal Stefan Wyszyński Universität in Warschau.
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Tschechien
Die Moldau-Republik setzte seit Beginn der Pandemie auf strikte Maßnahmen, führte mit als erstes Lockdowns ein und bewältigte die Krise bis zum Sommer 2020 mit am besten in Europa. Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, Schließungen von Geschäften, Homeoffice, dann auch teilweise oder ganzheitliche Schließung von Schulen, Home-Schooling und das seit Beginn der Pandemie durchgesetzte Tragen von Masken führten zu sehr guten Ergebnissen bei der Pandemiebekämpfung.
Dieser im Vergleich zu anderen europäischen Länder große Erfolg der Tschechischen Republik wirkte allerdings trügerisch: Die nun als erste Welle identifizierte Phase wurde als Ende der Pandemie identifiziert. Schlagartig im Sommer erfolgte Lockerungen der Eindämmungskonzepte ließen die Inzidenzzahlen explodieren. Reiserückkehrer aus dem „wohlverdienten“ Sommerurlaub insb. auf dem Balkan, einem Hochrisikogebiet, brachten weitere Infizierungen mit sich. Seitdem ist Tschechien allzu oft europäisches Schlusslicht bei den Covid19-Inzidenzen und kämpft mit inkonsistenten Lockdown-Regelungen, der Überlastung des Gesundheitssystems, ersten wirtschaftlichen Folgen des Tourismusrückgangs sowie Desinformation und Disziplinlosigkeit selbst höchster Regierungsvertreter und Beamter. Die Unruhe in der Gesellschaft ist seit Herbst 2020 merklich gewachsen. Für Tschechien ungewöhnlich drastische und teils gewalttätige Demonstrationen sind zwar nur vereinzelt aufgetreten, allerdings gelten sie genauso als ernstzunehmendes Ventil wie der Protest der Restaurant- und Kneipenbesitzer, die bewusst ihre Lokalitäten öffnen und ihr Unverständnis für den Schlingerkurs der Regierung reagieren.
Als Hochrisikoregion von der Bundesrepublik eingestuft, wird auch die deutsch-tschechische Zusammenarbeit auf die Probe gestellt: Wie mit Pendlern insb. für den Pflege- und Gesundheitssektor in Bayern und Sachsen umgehen? Wie Warenverkehr, Handel und Lieferketten erhalten, ohne Inzidenzen in die Höhe schnellen zu lassen? Wie konsistente und gemeinsame Strategien tatkräftig umsetzen? All das sind im Binnenverhältnis der Nachbarländer genauso relevante Fragen wie im Gesamtrahmen der EU. Tschechien muss auch im Sinne der gemeinsamen Eindämmung der Pandemie wieder zum Kurs konsistenter und konsequenter Maßnahmen zurückkehren, um einerseits die extrem hohen Zahlen schnellstmöglich zu reduzieren, aber vor allem die Glaubwürdigkeit von politischen Institutionen als Problemlösungsinstanzen wiederherzustellen. Vor dem Sommer hatten es die Verantwortlichen bereits bewiesen, seitdem bleibt die Regierung den Beweis schuldig.
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Wer führt Tschechien aus der Krise?Parteien verkünden Bündnisse für Parlamentswahlen 2021Die Tschechische Republik befindet sich mit einer der weltweit höchsten per-capita Todesraten durch COVID 19 / Corona in einer schweren Krise. Der nun ausgerufene, zweite Lockdown soll die Pandemie im Land eindämmen. Drastische Maßnahmen folgen auf eine Phase, in der die tschechische Regierung von Premier Andrej Babiš (ANO) und Sozialdemokraten (ČSSD) zögerlich bis unvorbereitet auftrat. Nun steht schon der dritte Gesundheitsminister in den Startlöchern, die Verantwortung für das Management der Krise zu übernehmen. Fragen der Staatsverschuldung, der Effektivität der öffentlichen Verwaltung sind offener denn je, das Gesundheitswesens ist überlastet, die Unzufriedenheit der Bürger steigt. Im Schatten der Corona-Krise tut sich politisch nun einiges: Die bislang konkurrierenden Parteien des bürgerlich-liberalen Lagers haben eine Wahlkoalition für die Im Herbst anstehenden Parlamentswahlen geschlossen. Auch Mitte-Links stehen Wahlkoalitionen bevor. Welche politischen Folgen ergeben sich aus der Pandemie und den neuen Wahlstrategien der Parteien?
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Österreich
Als die österreichische Bundesregierung Mitte März 2020 zum ersten vorläufigen Höhepunkt der Corona-Krise dem Land einen weitreichenden Lockdown verordnete, war sie gerade einmal zwei Monate im Amt. Von der üblichen Einarbeitungszeit und politischen Schonfrist konnte in diesem Fall daher keine Rede sein. Vielmehr musste eine bisher einzigartige Situation ohne Erfahrungswerte aus vergleichbaren Krisen gelöst werden. Der Lockdown wurde flankiert durch massive Stützungsmaßnahmen wie großzügige Kurzarbeits-Regelungen, Steuerstundungen oder Ersatzzahlungen für Umsatzeinbrüche, um einen Zusammenbruch der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes zu verhindern. Dass dies gelungen ist, sieht man daran, dass die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Jahr 2020 in Österreich so niedrig wie seit Jahren nicht mehr war und die Arbeitslosigkeit im Vergleich mit anderen Ländern moderat. Der Preis dafür ist ein enormes Budget-Defizit im Bundeshaushalt. Zunehmend werden daher Stimmen laut, die vor einer dauerhaften Alimentierung von nicht (mehr) tragfähigen Geschäfts-Modellen und Strukturen warnen. Die schweren Eingriffe in Wirtschaft und Alltagsleben haben dabei der Popularität der Regierung lange Zeit nicht geschadet. Die Zustimmungswerte erreichten Mitte April 2020 ihren Höhepunkt.
Seit Ende 2020 wächst die Unzufriedenheit in der Bevölkerung und sinkt die Akzeptanz der Einschränkungen. Immer wahrnehmbarer artikulieren sich Gegner der Corona-Maßnahmen, wobei sich nach Aussagen des Verfassungsschutzes in Demonstrationen Unzufriedener auch immer häufiger Extremisten aller Art einmischen. Maßnahmen wie die so genannte ‚Corona-Ampel‘, die die Entscheidungen für Einschränkungen an konkrete Kriterien knüpfen sollte, verloren aufgrund politischer ‚Einfärbung‘ schnell an Akzeptanz. Darunter litt auch zunehmend die Kommunikation seitens der Regierung. Vor diesem Hintergrund ist ein Strategiewechsel zu sehen. Statt dem ‚virologischen Quartett‘, bestehend aus Bundeskanzler, Vizekanzler, Gesundheits- und Innenminister, treten seit Mitte Januar 2021 neben Bundeskanzler (ÖVP) und Gesundheitsminister (Grüne) auch zwei Landeshauptmänner (Wien – SPÖ und Steiermark, derzeit Vorsitz der Landeshauptleute (zu vergleichen mit den Ministerpräsidenten in Deutschland) – ÖVP) bei den Corona-Pressekonferenzen auf. Da die Bundesländer für die Umsetzung aller Maßnahmen im Gesundheitsbereich – z. B. der Impfungen – zuständig sind, wird deren Einbindung in die Kommunikationsstrategie als notwendig erachtet.
Bereits ab Ende Dezember 2020 wurde in Österreich mit der Corona-Impfung begonnen. Da der Impfstoff noch nicht in ausreichender Menge verfügbar ist, erfolgt die Impfung nach einer Prioritätenliste, bei der vor allem Heimbewohner, alte Menschen und Personal im Gesundheitswesen berücksichtigt werden. Um keinen Impfstoff verfallen zu lassen, können sich Interessierte in Listen aufnehmen lassen, um ggf. kurzfristig bei übrig gebliebenen Impfdosen kurzfristig versorgt zu werden.
In vielen Bereichen des Alltags hat die Digitalisierung im letzten Jahr einen massiven Schub erlebt. Viele Unternehmen, deren Unternehmenskultur Home-Office trotz technischer Machbarkeit bisher nicht vorsah, haben einen Wandel vollzogen. Das gilt auch im Bildungsbereich, wobei Universitäten und höhere Schulen leichter mit digitalen Lernformen zurechtkommen. Im Pflichtschulbereich hängt der Erfolg sehr vom Engagement und den Möglichkeiten der Betroffenen auf beiden Seiten ab, nicht zuletzt von der technischen Ausstattung.
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Wien: Neue RealitätenSowohl die Landes- als auch die Bundesregierung in Wien sehen sich neuen Realitäten gegenüberFünf Wochen nach der Wien-Wahl sind die Koalitionsgespräche zu einem Ergebnis gekommen. Wien bekommt eine ganz neue Regierung. Das Attentat am 2. November in der Innenstadt von Wien führt zu einer Debatte über die Zusammenarbeit der Behörden. Anders als im Frühjahr halten sich die Corona-Infektionszahlen in Österreich hartnäckig oben. Das Regieren wird mühsamer.
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Wie FPÖ-Bruch und Corona-Bonus die Wahlen in Wien beeinflussenVorwahlbericht zu den Gemeinderats- und Kommunalwahlen in Wien 2020In Wien wird am 11. Oktober 2020 sowohl auf Kommunal- als auch auf Landesebene gewählt. Aufgrund der Corona-Pandemie verläuft der Wahlkampf stiller als sonst. Laut Umfragen ist das Wiener Regierungsbündnis aus SPÖ und Grünen stabil, die ÖVP wird zulegen können. Der Bruch innerhalb der FPÖ dürfte aber die politische Landschaft Wiens ändern.
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Ungarn
Ungarn war im ersten Halbjahr 2020 sehr gut durch die erste Welle der Corona-Epidemie gekommen. Im Laufe der zweiten Welle ab Ende August aber wurde das Land vor weitere große Herausforderungen gestellt. Im Zeitraum März-Mai 2020 wurde das öffentliche Leben auf ein Mindestmaß heruntergefahren. Universitäten, Schulen, Kindergärten und Krippen schlossen wie auch sämtliche Kultur- und Sportstätten. Ein Großteil der Geschäfte durften nur bis 15.00 Uhr öffnen, Restaurants und Kaffeehäuser mussten schließen. Der grenzüberschreitende Personenverkehr wurde weitgehend reduziert und bis Mai galt eine umfangreiche Ausgangsbeschränkung. Erst danach wurden die Restriktionen schrittweise und regional unterschiedlich gelockert, bis Ende Juni wurden dann alle, bis auf das Verbot von Großveranstaltungen, aufgehoben. Trotz steigender Infektionsdynamik wurden mit der anrückenden zweiten Welle viele der einschneidenden Maßnahmen aus dem Frühjahr nur langsam und schrittweise wieder eingeführt. Die Regierung erklärte, dass „die alten Menschen zu schützen, die Bildungseinrichtungen geöffnet und die Wirtschaft aufrechtzuerhalten“ sei.
Unterschiedliche Ursachen waren dann für die größere zweite Welle verantwortlich: Die belastenden Einschränkungen von März bis Mai zeigten Wirkungen. Die Bevölkerung schien ermüdet. Die Sommermonate wurden als Rückgewinn der persönlichen Freiheit gefeiert und unangenehme Warnungen drangen zu den Menschen kaum noch durch. Im Sommer führte die Regierung eine sog. „Nationale Konsultation“ durch. Die Bevölkerung wurde u.a. zu ihrer Einstellung hinsichtlich der Maßnahmen im Kontext der Corona-Krise befragt. Etwa 1,8 Millionen Menschen nahmen an dieser Umfrage teil. Das Ergebnis bestärkte die Regierung darin, nur solche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu ergreifen, die für die Mehrzahl der Menschen weitgehend akzeptabel wären. Darüber hinaus wollte die Regierung bewusst keinen zweiten „lockdown“, da die Wirtschaft dies kaum verkraftet hätte.
Am 11. März 2020 erklärte die ungarische Regierung wegen der Corona-Folgen verfassungsgemäß eine nationale Gefahrenlage. Am 30. März 2020 stimmten 137 der 199 Abgeordneten der Ungarischen Nationalversammlung dem Gesetz zu, das umfangreiche und zeitlich unbegrenzte Befugnisse für die Regierung beinhaltete. Die zahlreichen Kritiker sahen darin eine Instrumentalisierung der Krise durch die Regierung, um mit uneingeschränkter Macht auch in der Zeit danach regieren zu können. Bereits am 18. Juni jedoch erklärte die Regierung auf Anforderung des Parlaments die Gefahrenlage für beendet. Seitdem regelt nun ein neues Gesetz zur Abwehr einer “Gesundheitskrisenlage“ den Gefahrenschutz für zunächst maximal sechs Monate. Diese Frist kann von der Regierung verlängert werden. Dies entspricht vom Grundgedanken her dem deutschen Verfahren und regelt die zu treffenden Maßnahmen im allgemeinen Gesundheitsgesetz.
Seit Beginn der Epidemie gab die Regierung die Parole aus, dass das „Land funktionsfähig bleiben muss“. Die wichtigsten ungarischen wirtschaftspolitischen Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Pandemie waren Kredit- und Steuererleichterungen für Kleine und Mittlere Unternehmen sowie Lohnausfallkompensationen für Arbeitnehmer. Die Regierung wollte so den Bürgern vor allem ein nachhaltiges Erwerbseinkommen sichern. Dazu wurde eine Reihe von Anreizen für Arbeitslose und Unternehmen angeboten. Ministerpräsident Viktor Orbán erklärte am 27. April 2020, dass es „keinen Ungarn geben werde, der nach Ablauf des dreimonatigen Arbeitslosengeldes kein Jobangebot seitens der Wirtschaft oder des Staates erhält. Für jeden Arbeitsplatz, der durch das Virus vernichtet wurde, werden wir einen neuen schaffen“. Die Arbeitslosigkeit betrug Ende 2020 auch „nur“ rund 4,6%, jedoch sind auch trotz der Krise die Bruttolöhne um durchschnittlich 10% gestiegen. Die Krise hat das Land dennoch schwer getroffen. Die Inflation stieg im Jahresverlauf auf 3,5%, die Staatsverschuldung drastisch auf rund 80%, das Haushaltsdefizit auf 9%. Der Leitzins der Ungarischen Notenbank beträgt nun 0,75%. Die aktuellen BIP-Prognosen für 2020 gehen von einem Rückgang von rund 5,4% aus.
Die ungarische Regierung hat zur finanziellen Entlastung von Bürgern und Unternehmen (u.a. Halbierung der kommunalen Gewerbesteuer) die Einnahmemöglichkeiten der Kommunen erheblich reduziert. Die Opposition kritisiert dies als eine bewusste „Bestrafung“ der von ihr regierten Hauptstadt Budapest und einigen weiteren größeren Städten. Die Regierung erklärte sich in der Zwischenzeit aber prinzipiell dazu bereit, über einen teilweisen Ausgleich der Einnahmeausfälle mit den größeren Kommunen zu verhandeln.
Die ungarische Regierung hat die Beschaffung der Corona-Impfstoffe durch die Europäische Kommission hinsichtlich Tempo und Umfang immer als unzureichend beklagt. Sie hat daher schon sehr früh auch mit chinesischen und russischen Anbietern von Impfstoffen verhandelt. Sobald diese von den ungarischen Gesundheitsbehörden zugelassen worden sind, will sie diese auch in sehr großer Stückzahl zum Einsatz bringen. Kritiker befürchten, dass die bereits vergleichsweise geringe Impfbereitschaft der Bevölkerung so noch weiter abnehmen wird, da viele kein Vertrauen in diese Impfungen haben.
Die zweite Corona-Welle in Ungarn hat auch Dank der Disziplin der Bevölkerung Anfang des Jahres 2021 ihren Höhepunkt erreicht. Das ungarische Gesundheitssystem hat den besonderen Belastungen, entgegen den Erwartungen insbesondere der Opposition, bisher relativ gut in Stand gehalten. Die signifikante Abnahme der Infektionszahlen lässt Hoffnung aufkommen. Die hohen Todeszahlen in Verbindung mit Corona sind aber eine große Herausforderung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die ungarische Regierung wird alles tun, dass die Wirtschaft wieder so schnell wie möglich in Schwung kommt. Die schnelle und umfangreiche Durchführung der Impfkampagne wird einen großen Einfluss auf den Rückhalt der Regierung in der Bevölkerung haben. Die Impfungen mit zertifizierten Wirkstoffen aus China und Russland könnten dabei durchaus eine wichtige Rolle spielen.
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
Imagining the post-Covid Visegrad 4V4 Summer SchoolThe Robert Schuman Institute in cooperation with the Konrad-Adenauer-Stiftung has held a summer school event in Visegrad, Hungary, between September 28-30, 2020.
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Ungarn zur Jahresmitte 2020Der unerwartete Ausbruch der Corona-Pandemie stellte auch Ungarn vor große HerausforderungenDie ungarische Regierung reagierte rasch und mit umfangreichen Maßnahmen zur Eindämmung der Auswirkungen der Notlage. Das Land ist - wie einige andere Länder in der Region - bisher gut durch die Krise gekommen. Jetzt steht vorrangig die Wiederankurbelung der Wirtschaft auf der politischen Agenda des Landes. Der vorliegende Länderbericht soll einen Überblick über die wichtigsten innenpolitischen Themen in Ungarn vor der Sommerpause 2020 geben.
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Slowakei
Die Slowakei hat durch frühzeitige, strikte Maßnahmen und Einschränkungen im öffentlichen Leben die erste Welle der Covid19-Pandemie mit am besten in Europa bewältigt. Das Land hatte bis zum Sommer ca. 1500 registrierte Erkrankungen, davon 28 Todesfälle. Dazu beigetragen hat die hohe Disziplin der politischen Spitzenvertreter, die insbesondere das damals in Europa teils noch unübliche Tragen von hochwertigen Masken forciert und vorgelebt hatten.
Der Erfolg aber war trügerisch. Die erste, damals als einzige Welle eingeschätzte Phase wurde mit dem Drang zum Sommerurlaub und Freiheit jäh beendet. Die Rücknahme von Beschränkungen, eine sich in Sicherheit wägende Regierung, stark zunehmende Desinformation und eine Müdigkeit der Bevölkerung bei der Pandemie-Bekämpfung forderten schnell Tribut. Seitdem kämpft die Slowakei angesichts rapide steigender Zahlen und eines unter Druck stehenden Gesundheitssektors hart für die Eindämmung der Pandemie. Ende Oktober führte das Land einen die gesamte Bevölkerung erfassenden Flächentest durch, bis dato weltweit einzigartig. Neben den daraus resultierenden Daten war vornehmliches Ziel eine erneute Disziplinierung der Bevölkerung: Der Kampf ist noch nicht zu Ende, so das klare Signal. Die Slowakei setzt seitdem auf einen strikten Lockdown, harte Einschränkungen in der Bewegungsfreiheit sowie des öffentlichen Lebens und wiederholte, die gesamte Bevölkerung erfassende Flächentests. Der Erfolg dieser Maßnahmen bleibt abzuwarten.
Die Slowakei hat vorgelebt, wie diszipliniert ihre Bevölkerung Maßnahmen respektiert, wenn entsprechende Signale und ein Vorleben seitens der Spitzenverantwortlichen transparent und klar erfolgt. Zugleich zeigt das Land, wie viel Innovation im Bereich der Impfstoffsuche, wie viel logistisches Organisationstalent bei der schnellen Bereitstellung von Tests für die gesamte Bevölkerung (!) notwendig sind, um erfolgreich Maßnahmen zu realisieren. Zugleich zeigt sich aber auch, dass Konstanz und Stabilität als weitere Faktoren die Durchhaltekraft der Bevölkerung massiv mitbestimmen. Zuletzt gerieten die Verantwortlichen genau in diesem Bereich zunehmend unter Druck, so dass mit der steigenden Desinformation, der Ungeduld der slowakischen Bevölkerung das Warten auf durchschlagende Effekte von Flächentests, Lockdown und Impfkampagne endlich sichtbar werden. Ein Geduldsspiel, das wie für uns alle kaum vorhersehbar ist.
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Europa brauch einen strategischen KompassDie Bundesverteidigungsministerin und CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer besuchte die Slowakei. Sie traf sich mit Regierungsvertretern und diskutierte mit jungen Leuten.Vor dem Hintergrund wachsender hybrider Bedrohungslagen forderte die deutsche Verteidigungsministerin und CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer während einer Gesprächsrunde der Konrad-Adenauer-Stiftung und GLOBSEC in Bratislava, dass Europa sich geschlossen aufstellt. An der Diskussion nahmen unter Moderation des GLOBSEC-Präsidenten, Róbert Vass, 20 Studenten vor Ort und über 40 Interessierte online teil. Die Veranstaltung wurde mit live eingespielten Online-Umfragen unterfüttert.
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Rumänien
Die Corona-Krise traf Rumänien zunächst weniger hart als die meisten westeuropäischen Länder, obwohl das Gesundheitssystem bereits vor der Pandemie überfordert und sanierungsbedürftig war. Ein relativ früh angeordneter Lockdown in der ersten Welle und strenge Quarantänemaßnahmen für Einreisende aus dem Ausland – vor allem rückkehrende Rumänen aus der Diaspora – zeigten in den ersten Monaten ihre Wirkung, sodass die Infektionszahlen bis Anfang Herbst 2020 unter Kontrolle gehalten werden konnten. Seither kam es zu einem starken Anstieg der Infektionszahlen und der Hospitalisierung, insbesondere auch der Belegung von Intensivstationen, mit entsprechender Belastung des Gesundheitssystems. Statt eines zweiten Lockdowns setzte die damalige Regierung unter Premierminister Ludovic Orban (Nationalliberale Partei) auf gezielte Maßnahmen auf lokaler Ebene bzw. in bestimmten Bereichen des öffentlichen Lebens, darunter eine nächtliche Ausgangssperre, die erneute Schließung von Schulen (die seit Anfang November 2020 und bis Ende Januar 2021 galt) und eingeschränkte Öffnungszeiten für Geschäfte. So konnten die Infektionszahlen stabilisiert und zuletzt etwas gesenkt werden.
Zu den wirtschaftlichen Auswirkungen zählt ein Haushaltsdefizit von über neun Prozent in 2020 (2021 wird von bis zu sieben Prozent ausgegangen, womit die Staatsverschuldung 2021 45 Prozent erreichen soll. Während des Lockdowns in der ersten Welle und wieder infolge der zweiten Welle wurden zwar alle Schulen geschlossen, weitgehende Einschränkungen für die Wirtschaft wurden aber vermieden. Abgesehen von Einkaufszentren durften sogar im Frühjahr sämtliche Geschäfte offenbleiben, während Betriebe (auch solche, die in anderen Staaten als nicht-essentiell eingestuft würden) ebenfalls – unter Einhaltung von Hygiene-Auflagen – tätig blieben. Touristische Reisen sind seit Juni im Inland ohne Einschränkungen möglich. Zwischen März und Juni und wieder seit dem Herbst hat die Regierung außerdem Home Office angeordnet, wenn es die Tätigkeit zulässt – was in Rumänien auch deshalb gut funktionieren konnte, weil das Land über schnelle und zuverlässige Internet-Verbindungen verfügt. Besonders hart getroffen sind die Hotellerie und die Gastronomie. Dennoch waren sogar im ersten Lockdown Hotels für Dienstreisende geöffnet und während der zweiten Welle durften zumindest die Außenbereiche von Restaurants und Cafés – ebenso wie Restaurants von Hotels – offen bleiben, wenn auch nur bis zum frühen Abend. Im Verlauf der Krise wurde ein umfangreiches Regierungsprogramm zur Unterstützung betroffener Unternehmen, einschließlich der Übernahme eines Teils der Gehaltszahlungen und – seit Herbst – der Einführung von Kurzarbeit äquivalent zum deutschen Modell aufgelegt. Geholfen hat dabei, dass Rumänien bereits vor der Krise eher einen Mangel an Arbeitskräften aufwies, sodass es zu keiner dauerhaften Erhöhung der Arbeitslosigkeit gekommen ist.
Die Ende 2020 begonnene Impfkampagne steht vor ähnlichen Problemen wie in anderen EU-Ländern, vor allem im Hinblick auf die niedrige Anzahl zur Verfügung stehender Dosen, und Sorgen hinsichtlich der Impfbereitschaft in der Bevölkerung. Nach einer ersten Phase der Impfkampagne, die für medizinisches Personal vorgesehen ist, begann zum 15. Januar die zweite Phase, die für Senioren (ab 65 Jahren), chronisch Kranke und sog. essentielle Mitarbeiter unterschiedlicher Bereiche vorgesehen ist. Letzteres hat für Kontroversen gesorgt, weil etwa neben Lehrern oder Polizisten auch eine Vielzahl an weiteren Berufsgruppen – ebenso wie Parlamentarier und Minister (und ggf. deren Mitarbeiter) – Zugang zu Impfungen erhalten, während es noch zu wenig Impfstoff gibt. Dennoch scheint die Infrastruktur für die Impfkampagne gut organisiert zu sein und die Impfbereitschaft dürfte langsam steigen.
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Kommunalwahlen in RumänienErfolge für PNL und USR PLUS, Konsolidierung der PSDBei der Kommunalwahl in Rumänien am 27. September konnte die regierende Nationalliberale Partei (PNL) des Ministerpräsidenten und Parteivorsitzenden Ludovic Orban die meisten Stimmen erlangen. In Bukarest gewann der von einem Wahlbündnis aus PNL und der USR PLUS (Union Retter Rumänien-Partei Freiheit, Einheit und Solidarität) getragene Kandidat Nicusor Dan gegen die Amtsinhaberin Gabriela Firea von der PSD. In Bukarest erzielte vor allem USR PLUS ein gutes Ergebnis. Landesweit schnitt aber auch die PSD deutlich besser ab als bei der Europawahl 2019 und im Vergleich zu ihren seitherigen Umfragewerten. Die Kommunalwahl stellte auch den letzten Stimmungstest vor den anstehenden Parlamentswahlen am 6. Dezember dar.
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Bulgarien
Die Coronavirus-Epidemie begann in Bulgarien am 8. März 2020 mit dem Nachweis des ersten Falles. Zum 24. Januar 2021 gab es 214 696 registrierte Fälle in allen 28 Regionen des Landes, 177 888 Personen galten als genesen, die Todesfälle beliefen sich auf 8811. Als aktiv galten 26 997 Fälle.
Die in Bulgarien eingeführten antiepidemischen Maßnahmen waren und sind im Vergleich zu den meisten anderen Balkanstaaten und vielen westeuropäischen Ländern relativ moderat. Die Fallzahlen und Todesfälle erhöhten sich im Laufe des Frühjahrs, hielten sich aber noch sehr in Grenzen. Ausgehend von der Erfahrung mit anderen respiratorischen Viren hofften manche Experten auf ein Abklingen der Epidemie im Laufe des Sommers. Die Fallzahlen stiegen jedoch wieder, nach Meinung mancher Fachleute wegen der verfrühten Aufhebung gewisser Restriktionen, so wurden beispielsweise im Mai und Juni Abiturbälle und sportliche Massenveranstaltungen wieder zugelassen.
Ein besonders drastischer Anstieg der Ansteckungen und Todesfälle war insbesondere in den Monaten Oktober, November und Dezember zu verzeichnen, er korrelierte u.a. mit dem Schulbeginn und der Aufnahme des Studienbetriebs an Universitäten. Im November gab es insgesamt 91 449 neue Infektionen und 2560 Todesfälle, in Dezember 54 898 Ansteckungen und 3309 Todesfälle. Am 23. November wurde der bisherige Höchstwert der Inzidenz mit 626 Fällen auf 100 000 Einwohner gemeldet. Ebenfalls im November lag der Prozentsatz der positiven Proben bei 36,35, was nach Ansicht von Fachleuten für eine starke Zirkulation des Virus in der Bevölkerung sprach. Im Mai waren hingegen lediglich 2,8 % der Proben positiv.
Besonders hoch war im Herbst die Zahl der Todesfälle, Bulgarien war bei dieser Kennziffer zeitweilig eines der führenden Länder in der EU, sowie weltweit. Am 8. Dezember erreichte sie einen Spitzenwert mit 27,7 Todesfällen auf 100 000 Einwohner. Das Land hat ohnehin einer der höchsten Sterberaten auf der Welt, Fachleute stellten als zusätzlichen Faktor den relativ schlechten Gesundheitszustand der Bevölkerung mit zahlreichen chronischen Krankheiten heraus, die bei Covid-19 ein Risikofaktor sind.
Am 28. November wurden die antiepidemischen Maßnahmen wieder verschärft, u.a. wurden Schulen, Universitäten, Gaststätten und Nachtlokale geschlossen. Die Erkrankungshäufigkeit ging daraufhin innerhalb von ca. 4 Wochen zurück, auch die Todesfälle reduzierten sich, wenn auch zunächst nicht ganz so deutlich. Ebenso sank die Zahl der Hospitalisierungen und Intensivfälle. Am 24. Januar gab es 266 neue Fälle und 12 Todesfälle. Seit dem 22. Dezember werden Antigen-Schnelltests den PCR-Teste angeglichen und offiziell in die Statistik der Neuerkrankungen aufgenommen.
Zum 21. Januar lag Bulgarien an 27. Stelle in der EU bei der Erkrankungshäufigkeit an Covid-19 und an 5. Stelle auf dem Balkan, bei der Sterblichkeit auf dem 9. Platz in Europa und auf dem 1. Platz auf dem Balkan. Die 14-Tage-Inzidenz lag am 21. Januar bei 106 auf 100 000 Einwohner. Die Hälfte der bulgarischen Regionen hat inzwischen bei 60-120 Erkrankungen auf 100 000 Einwohner mit einem Spitzenwert in der Region Wratza von 169 und auf dem anderen Pol Rasgrad mit 59.
Vorerst wird trotz Protesten bestimmter Branchen nicht an eine Lockerung der antiepidemischen Maßnahmen gedacht.
Am 26. Dezember sind die ersten Impfstoffe in Bulgarien eingetroffen. Der erste geimpfte Bulgare war Gesundheitsminister Kostadin Angelow. Das erklärte, sehr ehrgeizige Ziel der Regierung ist, bis zum Sommer 70 % der Bulgaren zu impfen. Der Nationale Impfplan des Kabinetts sieht eine bestimmte Reihenfolge vor, so dass in Phase 1 medizinisches Personal, in Phase 2 Personal von sozialen Institutionen und Pädagogen, in Phase 3 Beamte und Angestellte in besonders relevanten Bereichen, in Phase 4 und 5 Personen über 65 Jahre sowie chronisch Kranke geimpft werden sollen. Zum 14. Januar lag Bulgarien auf dem letzten Platz in der EU bei den Geimpften mit 0,25 % auf 100 Personen.
Ausgewählte Publikationen der Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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SOE-Medienforum im hybriden Format: Qualitätsjournalismus ist in Krisenzeiten wichtiger denn jeDie größte Medienkonferenz in Südosteuropa fand am 22. Oktober online und vor Ort in Belgrad, Fažana, Podgorica, Sarajevo, Sofia und Tirana statt.Das XIV. „South East Europe Media Forum“ (SEEMF), das dieses Jahr zum ersten Mal in einem hybriden Format an sechs Standorten in ganz Südosteuropa stattfand, diskutierte die durch die COVID-19 Pandemie entstandenen wirtschaftlichen Herausforderungen für die Medien, die Entwicklungen in Bezug auf nachhaltige digitale Übergänge sowie die Glaubwürdigkeit der Medien im Kontext einer globalen Krisenlage.
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Neues Buch über Medienfreiheit in Südosteuropa mitten in der COVID-19-PandemieMit Länderberichten aus Albanien, Bulgarien, Rumänien und SerbienDas Medienprogramm Südosteuropa der Konrad-Adenauer-Stiftung und das Center for the Study of Democracy Sofia haben zusammen mit Medienexperten die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Medienfreiheit in der Balkanregion untersucht.
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With the smartphone against virusesConstitutional considerations of corona apps in five regions of the worldWith the help of the corona app, Covid-19 infection pathways should become traceable. Most countries around the world have introduced these apps. We are looking at the regions South-East Europe, Asia, Latin America, the Middle East, North Africa and Sub-Saharan Africa. How is the legal framework on site? What about the practical implementation? What problems have arisen?
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Griechenland
Griechenland ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie
Die Krisen des vergangenen Jahrzehnts, ob Finanzkrise, Migrationskrise oder Vertrauenskrise, sind alle mit Griechenland verbunden. Athen spielte darin in den Augen der meisten Europäer keine rühmliche Rolle. Doch seit dem Ausbruch der Pandemie hat sich das Bild Griechenlands gewandelt, sowohl in den Augen der Einheimischen als auch in denen internationaler Beobachter. Das entschlossene, vorausschauende Handeln der griechischen Regierung um Premier Kyriakos Mitsotakis in der gegenwärtigen Pandemie hat dazu geführt, dass Hellas mittlerweile international als Vorbild im Kampf gegen das Virus gesehen wird. Im direkten europäischen Vergleich hat das Land die niedrigsten Infektions- und Todesraten durch Covid-19, und auch die zweite Welle hat es bisher gut gemeistert. Allerdings ist Griechenland in wirtschaftlicher Hinsicht eins der am härtesten getroffenen Länder in der Europäischen Union. Auf die durch die Finanzkrise verursachte Rezession ist nun fast unmittelbar eine zweite, noch schärfere gefolgt. Die Wirtschaft ist 2020 um mehr als zehn Prozent abgestürzt, die Arbeitslosigkeit und Staatsverschuldung haben zum Jahreswechsel neue Höchststände erreicht, mit Abstand auch im europäischen Umfeld. Das öffentliche Leben befindet sich seit Monaten nah am Stillstand. Doch die Regierung in Athen hat neben dem kompetenten Management der Gesundheitskrise die Chancen zu notwendigen Reformen in der öffentlichen Verwaltung - Stichwort Digitalisierung - genutzt. In Sachen öffentlicher Dienstleistungen, aber auch beim Online-Learning wurden beeindruckende Fortschritte erzielt. Dies wissen die krisengeplagten Griechen zu schätzen: Umfragen zeigen hohe Zustimmungswerte für den Regierungskurs der Nea Dimokratia; das seit der Finanzkrise verloren geglaubte Vertrauen der Bürger in die Politik ist zurückgekehrt. Auch das Vertrauen internationaler Finanzmärkte und von Investoren in Hellas hat dem wirtschaftlichen Einbruch zu Trotz erstaunlich zugelegt. Historisch niedrige „Spreads“ auf staatliche Anleihen und neue Großinvestitionen u.a. von Volkswagen und Microsoft belegen, dass Premier Mitsotakis und seine Mannschaft in der Krise das Land in die richtige Richtung steuern. Aber auch auf europäischer Ebene zeigen einerseits die starke diplomatische Unterstützung der Mitgliedsstaaten im Konflikt mit der Türkei, sowie andererseits die anteilig bemerkenswert hohen Gelder aus dem neuen EU-Wiederaufbaufonds, dass Athen neuerdings wieder als verlässlicher und konstruktiver Partner gewürdigt wird.
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Wachsen aus der Corona-Krise Chancen für Griechenland?Das von der langjährigen Wirtschaftskrise immer noch geschwächte Land entdeckt neue StärkenHut ab! Derzeit loben zahlreiche internationale Beobachter Griechenland und das Krisenmanagement der Regierung Mitsotakis. Denn anders als in Italien und Spanien, aber auch in von der Größe vergleichbareren Staaten wie Portugal oder Belgien gibt es in Griechenland wenig Infizierte und Tote von Covid-19. Das Land kennt durch die Jahre der Rezession vor allem seine Schwächen, nicht zuletzt im Gesundheitssystem. Deshalb hat Athen das einzig Mögliche getan und frühzeitig auf die drohende Katastrophe regiert. Am heutigen Montag (04. Mai 2020) treten erstmals behutsame Lockerungen in Kraft. Gleichzeitig setzt die Regierung auf neu gewonnene Stärken und auf ein neues Phänomen, das bei den Bürgern lange in Vergessenheit geraten war: Zuversicht.
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Online-lernen in Zeiten von COVID 19Fireside-discussionEine Online Fireside-diskussion der Konrad Adenauer Stiftung über Bildung, Digitalisierung und die Covid 19-Ära.
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Chancen der Digitalisierung in Politik und Wirtschaft in Zeiten von Covid-19Online DiskussionEine Diskussion im Rahmen der Thessaloniki International Fair
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Europas Süden und das Corona-Hilfsprogramm der EUAuslandsbüros Süd- und Westeuropa, Athen, Madrid, Paris und RomDie Wahrnehmung der Ergebnisse des EU-Ratsgipfels in Südeuropa – Berichte aus Italien, Spanien, Frankreich, Griechenland und Zypern.
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Frankreich
Ein Jahr nach Beginn der Covid-Krise lassen sich folgende politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Tendenzen in Frankreich feststellen:
Nach dem Lockdown ist vor dem Lockdown: Die Franzosen zeigen sich zunehmend ermüdet durch die Stop-and-Go-Strategie der französischen Regierung. Trotz der sehr harten Bedingungen der französischen Lockdown-Variante (Ausgangsbescheinigungen, Ausgehradius von 1km) plädiert inzwischen eine Mehrheit der Franzosen für einen dritten Lockdown (75% für einen regionalen, 52% für einen nationalen Lockdown).
Die Franzosen haben kein Vertrauen in das Krisenmanagement ihrer Regierung: Nur 48% der Franzosen denken, dass die Regierung der Wirtschaft ausreichend helfen wird; die Impfkampagne wird nur von 37% als zielführend eingeschätzt. Dennoch blieben in Frankreich große Proteste aus. Die Einschränkung der eigenen Freiheitsrechte nahm trotz der sehr harten Lockdown-Maßnahmen kaum Raum in der öffentlichen Debatte ein; das kollektive Verantwortungsgefühl, basierend auf dem französischen Wert der „Fraternité“, scheint zu dominieren.
Die Coronakrise hat den französischen Zentralismus in Frage gestellt. Kritisiert wird vor allem die Schwerfälligkeit des bürokratischen „Millefeuilles“ bei der Umsetzung der Vorgaben der nationalen Regierung, die mangelnde Kommunikation und in Teilen undifferenzierte Vorgehensweise. Deutlich wird dies insbesondere im Rahmen der französischen Impfkampagne, die sehr schleppend angelaufen ist. Regionale und kommunale Vertreter sehen sich zunehmend als vernachlässigtes und schwächstes Glied des politischen Systems Frankreichs.
Rückkehr zur klassischen Aufgabenteilung zwischen Präsident und Premierminister: Nach einer Omnipräsenz des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron zu Beginn der Pandemie, die sich im Rahmen mehrerer Fernsehansprachen geäußert hat, wurde die Kommunikation über Infektionszahlen und Pandemiebekämpfungsstrategien inzwischen wieder dem Premierminister Jean Castex überlassen. Macron hat bereits den Wahlkampf 2022 im Blick, in den er als Reformer und nicht als gescheiterter Krisenmanager einziehen möchte.
Ein Jahr Pandemie wird zunehmend zum demokratischen Drahtseilakt: Im Jahr 2021 stehen Regionalwahlen an, die bereits von März auf Juni 2021 verschoben wurden. Staatspräsident Emmanuel Macron sieht sich zunehmend dem Vorwurf ausgesetzt, diese letzten „Testwahlen“ vor den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen 2022 aufgrund schlechter Umfragewerte aufschieben zu wollen. Die politische Opposition hat das Krisenmanagement der Regierung inzwischen als zentrales Thema für die eigene Wahlkampfstrategie ausgemacht. Die diagnostizierte Amateurhaftigkeit der En Marche-Bewegung versucht man nun mit eigener langjähriger politischer Erfahrung und tiefer lokaler Verankerung zu kontern.
Die „Egal was es koste“-Devise droht aus wirtschaftspolitischer Sicht zu entgleisen: Nach offiziellen Zahlen des Wirtschafts- und Finanzministeriums hat Frankreich im Pandemiejahr 2020 zusätzliche 44,1 Milliarden € ausgegeben, davon 41,8 Milliarden € für Notfallpläne. Das Staatsdefizit hat sich somit um 85 Milliarden € erhöht und steigt von knapp 93 Milliarden € im Jahr 2019 auf 178,2 Milliarden € an. Um die Debatte zu entpolitisieren, kündigte Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire nun die Einrichtung einer Expertengruppe an, die Szenarien für die Sanierung der öffentlichen Finanzen in den kommenden 5-10 Jahren entwickeln soll. Das Streitthema „Austerität“ schwebt nun erneut wie ein Damoklesschwert über Frankreichs wirtschaftspolitischer Ausrichtung.
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Maskendiplomatie oder diplomatische Maskerade?Frankreichs Beziehungen zu China in Corona-ZeitenDie französisch-chinesischen Beziehungen leiden unter der Corona-Krise. Frankreich kritisiert Chinas Masken-Diplomatie, die insbesondere die von Staatspräsident Emmanuel Macron eingeforderte europäische Solidarität in Zweifel zieht. Gleichzeitig sorgen die offenen Angriffe Chinas auf das französische Krisenmanagement für Irritationen. Daneben wächst in Frankreich die Sorge vor der Übernahme geschwächter französischer und europäischer Unternehmen, aber auch über politische Manipulationen der öffentlichen Meinung.
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Frankreich im Kampf gegen das Corona-VirusAusgangssperre und die Kritik von Opposition und MedienFrankreich hat dem Corona-Virus den Krieg erklärt.Mit einer sehr restriktiven Ausgangssperre, die am Ostermontag um vier Wochen bis zum 11. Mai verlängert wurde, hofft die französische Regierung, die Virus-Ausbreitung zu verlangsamen. Die politische Entscheidung für eine erhebliche Einschränkung des öffentlichen Lebens hatte sich Staatspräsident Emmanuel Macron auch angesichts der im März angesetzten Kommunalwahlen nicht leichtgemacht. Obwohl gerade im wirtschaftlichen Bereich großangelegte Hilfspakete geschnürt wurden, stehen Macron und die Regierung bei Opposition und Medien zunehmend in der Kritik. Die Krisenkommunikation der Entscheidungsträger wird von vielen Franzosen nicht verstanden. Daneben wird den Franzosen schmerzhaft bewusst, dass durch die Sparmaßnahmen der letzten Jahre die Krisenvorsorge unzureichend war und das französische Gesundheitssystem am Tropf hängt. Daher hat Präsident Macron am Ostermontag langfristige Änderungen seiner Politik angekündigt.
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Europas Süden und das Corona-Hilfsprogramm der EUAuslandsbüros Süd- und Westeuropa, Athen, Madrid, Paris und RomDie Wahrnehmung der Ergebnisse des EU-Ratsgipfels in Südeuropa – Berichte aus Italien, Spanien, Frankreich, Griechenland und Zypern.
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Spanien
Auch die aktuell dritte Infektionswelle (Stand: Januar 2021) mit dem Covid-19-Virus trifft Spanien schwer. Seit Beginn der Pandemie infizierten sich bisher über 2,5 Mio. Menschen. Davon verstarben laut Regierung über 55.500 Erkrankte nachweislich an dem Virus. Das entspricht der zehnhöchsten Todeszahl weltweit. Laut dem Nationalen Statistikinstitut betrug die Abweichung vom üblichen Jahresdurchschnitt der Sterbefälle jedoch sogar über 77.688 Fälle.
Die Impfkampagne ist von logistischen Problemen in einigen Autonomen Gemeinschaften begleitet, sodass es fraglich ist, ob das Versprechen der Regierung, bis zum Sommer 2021 70 % der Bevölkerung immunisiert zu haben, eingehalten werden kann. Diese Schätzungen beruhen auf einer Versorgung mit Impfstoffen von sieben Anbietern, was bisher nicht als gesichert gilt. Spanien entwickelt drei eigene Impfstoffe, die jedoch wahrscheinlich erst Ende 2021 zugelassen sein werden.
Die nationale Impfstrategie sieht vor, zuerst alle Über-80-Jährige zu impfen, die in Seniorenheimen wohnen. Darauf folgen das zugehörige Pflegepersonal, das medizinische Personal im Einsatz gegen die Corona-Pandemie, sowie alle weiteren Pflegebedürftigen der Pflegestufe III. Daran anschließend werden alle Über-80-Jährige geimpft, die nicht in Pflegeheimen wohnen. Danach werden alle Über-64-Jährigen sowie gesundheitlich belastete Risikopatienten immunisiert. Anschließend kommen verschiedene weniger gefährdete Bevölkerungsgruppen stufenweise an die Reihe.
Seit dem 9. November 2020 gilt ein sechsmonatiger Alarmzustand in Spanien. Die ausgesprochen lange Periode ohne parlamentarische Kontrolle wird unter Juristen, Politikern und der Presse kontrovers diskutiert. Über anhängige Verfassungsbeschwerden wurde bisher noch nicht entschieden. Die meisten Autonomen Gemeinschaften haben auf dessen Grundlage eine begrenzte Ausgangssperre verhängt, die es verbietet, die eigene Region zu verlassen und in benachbarte Regionen zu reisen.
Gesundheitsminister Illa ist am 26. Januar zurückgetreten, weil er Spitzenkandidat der Sozialistischen Partei Kataloniens (PSC) bei den Regionalwahlen in Katalonien ist, die voraussichtlich am 14. Februar stattfinden werden. Trotz seines umstrittenen Managements der Covid-9-Pandemie erwartet das regierungstreue Umfrageinstitut CIS einen Wahlsieg der PSC. Andere Umfragen lassen dagegen einen erneuten Wahlsieg der Koalition der separatistischen Parteien Esquerra Republicana (ERC) und Junts per Catalunya (JxCat) erwarten.
Die Lage im Schulwesen in Spanien ist unübersichtlich. Die Kompetenzen im Bildungssystem liegen bei den Autonomen Gemeinschaften. Diese legten größtenteils Wert darauf, trotz der Prognosen die Schulen umgehend nach den Weihnachtsfeiertagen zu öffnen. Es existieren teilweise Rotationsmodelle, bei denen einige Schüler physisch anwesend sind, während andere online zugeschaltet sind.
Die spanische Wirtschaft ist von der Pandemie sehr stark betroffen. Nach vorläufigen Zahlen betrug die Einbuße des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im vergangenen Jahr ca. 11 %. Erste Vorhersagen erwarteten für 2021 eine Erholung von ca. +5% bis +5,5%, doch ist es angesichts der anhaltenden Pandemie und Einschränkung der Wirtschaftstätigkeit fraglich, ob diese Wachstumsmargen erreicht werden. Der Tourismus beispielsweise, der ca. 13% zum BIP beiträgt, erlebte im vergangenen Jahr eine Einbuße von -78,0% des Vorjahresumsatzes. Nach Berechnungen der EU-Kommission betrug die Arbeitslosigkeit in Spanien 2020 knapp 17% und es wird erwartet, dass sie 2021 und 2022 zunehmen wird. Spanien hätte damit die höchste Arbeitslosenquote in Europa. Bei der Jugendarbeitslosigkeit weist Spanien mit 39,2% schon 2020 die schlechtesten Zahlen des gesamten OECD-Raumes auf. Die Regierung hat bisher keinen schlüssigen Plan vorgelegt, wie sie die Unternehmenslandschaft und den Arbeitsmarkt wirkungsvoll stärken will.
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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COVID 19 – Aktuelle Lage in Spanien und PortugalDie dritte Infektionswelle mit dem Covid-19-Virus trifft Spanien schwer. Seit Beginn der Pandemie infizierten sich bisher über 2,5 Mio. Menschen. Davon verstarben laut Regierung über 55.500 Erkrankte, bei denen das Virus nachgewiesen werden konnte. Das entspricht der zehnhöchsten Todeszahl weltweit. Auch in Portugal verschlechtern sich die Aussichten zum Jahresbeginn 2021, so dass die sozialistische Regierung António Costas ab dem 20. Januar eine landesweite Ausgangssperre entschied, ähnlich derer wie sie bereits im April 2020 beschlossen worden war. Portugal hat 10,28 Millionen Einwohner, so dass die bisher am Covid-19 verstorbenen 10.721 Personen einer hohen Sterblichkeitsrate von 104,25 entsprechen. Bis Ende Januar 2021 infizierten sich über 650.000 Personen mit dem Virus.
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Das Coronavirus erschüttert SpanienSpanien ist nach Italien das vom Coronavirus am stärksten betroffene Land in Europa. Bis zum Abend des 29. März waren offiziell über 80.000 Spanier mit dem Virus infiziert und mehr als 6.700 Patienten sind daran gestorben. Das bereits am 14. März verfügte weitgehende Ausgehverbot wurde noch einmal verschärft, sodass bis vorerst 9. April eine totale Einschränkung der Bewegungsfreiheit herrscht, von der nur Arbeitnehmer ausgenommen sind, die in lebensnotwendigen Bereichen tätig sind. Gleichzeitig hat Ministerpräsident Pedro Sánchez von der Europäischen Union "mutige und energische Entscheidungen" verlangt, darunter auch sogenannte „Wiederaufbau-Anleihen“. Der Ton gegenüber den europäischen Partnern, die dies ablehnen, wird zunehmend schärfer. Das lenkt auch von eigenen Versäumnissen ab. Dr.
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Spanien im Griff der PandemieCovid-19 bedroht nicht nur Menschenleben und die Volkswirtschaft, sondern auch die demokratische Kultur des LandesDer Kampf gegen COVID-19 in Spanien verschärft die politische Situation im Land. Vor dem Hintergrund der Pandemie präsentieren sich die spanische Politik und ihre Akteure auf eine Weise, die nicht nur die Gesundheit der Bevölkerung und die Volkswirtschaft gefährden, sondern auch die demokratische Ord-nung und Kultur des Landes: Denn der teilweise unbedachte Umgang mit den Institutionen der freiheit-lichen Demokratie und die ungenügende Verständigungsbereitschaft zwischen den politischen Lagern erschüttern zunehmend den notwendigen demokratischen Grundkonsens.
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Europas Süden und das Corona-Hilfsprogramm der EUAuslandsbüros Süd- und Westeuropa, Athen, Madrid, Paris und RomDie Wahrnehmung der Ergebnisse des EU-Ratsgipfels in Südeuropa – Berichte aus Italien, Spanien, Frankreich, Griechenland und Zypern.
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Portugal
In Portugal verschlechtern sich die Aussichten zum Jahresbeginn 2021, so dass die sozialistische Regierung António Costas ab dem 20. Januar eine landesweite Ausgangssperre entschied, ähnlich derer wie sie bereits im April 2020 beschlossen worden war. Allerdings gilt diese vorerst nur bis Ende Januar 2021 und ist weniger restriktiv, als dies von März bis Juni 2020 in Spanien der Fall war. Portugal hat 10,28 Millionen Einwohner, so dass die bisher am Covid-19 verstorbenen 10.721 Personen einer hohen Sterblichkeitsrate von 104,25 entsprechen. Bis Ende Januar 2021 infizierten sich über 650.000 Personen mit dem Virus, was einer Quote von über 6300 pro 100.000 Einwohnern in 14 Tagen seit Ausbruch der Pandemie entspricht. Im letzten Januar-Wochenende schnellte diese Infektionsrate auf bis zu 14.000 Fällen pro Tag hoch. Aufgrund der Überlastung der eigenen Krankenhäuser, in denen zurzeit knapp 6.500 Covid-19-Patienten behandelt werden – davon knapp 800 auf Intensivstationen - erwägt die portugiesische Regierung, internationale Hilfe zu erbitten.
Im Rahmen der Ausgangssperre dürfen nur Basiskonsumgüter verkauft werden, der restliche Handel bleibt geschlossen. Auch alle Bildungseinrichtungen bleiben seit dem 22. Januar 2021 geschlossen. Der Weg zur Arbeit darf weiterhin beschritten werden. Die eigene Gemeinde darf an den Wochenenden prinzipiell nicht verlassen werden, öffentliche Plätze und (Freizeit-)Einrichtungen dürfen nicht benutzt werden, wobei Individualsport jedoch erlaubt ist. Auch der Gang zur Wahl des Staatspräsidenten am 24. Januar und eine Woche davor war von der Ausgangssperre ausgenommen worden.
Gegenüber der Ausgangssperre vom Frühjahr 2020, wo eine Einschränkung der Mobilität von bis zu 70% erreicht worden sein soll, liegt der Wirkungsgrad gegenwärtig bei rund 30%. Wie in anderen EU-Staaten auch pendelt die öffentliche Meinung zwischen einer gewissen Unzufriedenheit mit den Präventionsmaßnahmen und Rufen nach strikteren Einschränkungen.
Die wirtschaftlichen Einbußen, die das Coronavirus im Jahr 2020 verursachte, sind in Portugal ebenfalls enorm. Die EZB rechnet für 2020 für Portugal mit einem negativen Wirtschaftswachstum von -9,3% und einer Erholung im Jahr 2021 von +5,4% und für 2022 mit +3,5% - sofern die Pandemie nicht anhält. Bei der Arbeitslosenquote liegt Portugal für 2020 mit 8,0% nur um 0,3% über dem EU-Durchschnitt, während es 2021 mit 7,7% voraussichtlich sogar um 0,3% unter dem EU-Durchschnitt liegen wird.
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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COVID 19 – Aktuelle Lage in Spanien und PortugalDie dritte Infektionswelle mit dem Covid-19-Virus trifft Spanien schwer. Seit Beginn der Pandemie infizierten sich bisher über 2,5 Mio. Menschen. Davon verstarben laut Regierung über 55.500 Erkrankte, bei denen das Virus nachgewiesen werden konnte. Das entspricht der zehnhöchsten Todeszahl weltweit. Auch in Portugal verschlechtern sich die Aussichten zum Jahresbeginn 2021, so dass die sozialistische Regierung António Costas ab dem 20. Januar eine landesweite Ausgangssperre entschied, ähnlich derer wie sie bereits im April 2020 beschlossen worden war. Portugal hat 10,28 Millionen Einwohner, so dass die bisher am Covid-19 verstorbenen 10.721 Personen einer hohen Sterblichkeitsrate von 104,25 entsprechen. Bis Ende Januar 2021 infizierten sich über 650.000 Personen mit dem Virus. |
Finnland
In Finnland wurden bislang insgesamt 46 894 Covid-19 Infektionen registriert (mit 692 Todesfällen). Bis zum 5. Februar wurden dazu 211 Infektionen durch verschiedene Mutationen des Virus gemeldet. Insgesamt hat Finnland im Vergleich auch mit den nordischen Nachbarländern die Pandemie bislang relativ gut unter Kontrolle. Trotz restriktiver Maßnahmen wurde ein strenger Lockdown vermieden und Finnland hat sich, auch wegen einer sehr gut ausgebauten digitalen Infrastruktur, schnell an die Situation anpassen können.
Bereits im März 2020, als in Finnland erst einzelne Fälle von Covid-19 Erkrankungen registriert wurden, hat die Regierung im Rahmen des Notstandsgesetzes umfangreiche Maßnahmen und Einschränkungen durchgesetzt. Versammlungen von mehr als 10 Personen wurden verboten. Öffentliche Dienste wie Schulen, Bibliotheken und Schwimmbäder wurden geschlossen. Zudem hat Finnland seine Außengrenzen geschlossen. Am 17. März forderte das Finnische Institut für Gesundheit und Wohlstand (THL) alle Rückkehrer aus dem Ausland auf, engen Kontakt zu vermeiden. Zwischenzeitlich wurde auch die Region Uusimaa rund um die Hauptstadt Helsinki isoliert und die Ein- und Ausreise stark beschränkt.
Aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona Pandemie ergriff die Regierung verschiedene Unterstützungsmaßnahmen und nahm mehr Schulden auf. Die Beschränkungen wurden von Mai bis Juni gelockert, nachdem die erste Welle der Epidemie deutlich abgeklungen war.
Wegen zunehmender Diskussion über die Verhältnismäßigkeit und rechtliche Begründung des Notstandsgesetztes im weiteren Pandemieverlauf, hat die Regierung das Gesetz über übertragbare Krankheiten dahingehend geändert, dass viele, wenn auch nicht alle Beschränkungen einer einzelnen Region ohne ein Notstandsgesetz auferlegt werden können. Das Notstandsgesetz wurde am 15. Juni aufgehoben und durch eine Hybridstrategie zur Pandemiebekämpfung ersetzt. Seit Herbst 2020 wurden somit je nach Krankheitssituation regionale Beschränkungen für die Gebiete eingeführt, in denen sich die Epidemie beschleunigte oder ausbreitete.
Nach Ausbruch der zweiten Welle und registrierten Fällen von Mutationen des Covid-19 Virus in den Herbst- und Wintermonaten 2020-2021 wurden erneut stärkere Maßnahmen und Reisebeschränkungen landesweit eingeführt. So ist die Einreise nach Finnland nur noch für engere Familienangehörige oder aus dringend notwendigen Gründen gestattet. Alle Einreisenden von außerhalb der EU und aus Risikogebieten innerhalb der EU werden bei der Ankunft getestet. Ende Januar 2021 legte die Regierung einen dreistufigen Plan vor, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verringern:
Stufe 1: Umsetzung der bisherigen Hybridstrategie, die je nach Krankheitssituation mit regionalen Einschränkungen arbeitet.
Stufe 2: Landesweite Maßnahmen und Beschränkungen dem Infektionsgeschehen entsprechend.
Stufe 3: Situation des Notstands. (Level 3 soll bis zuletzt vermieden werden)
Estland
Der Verlauf der ersten Welle der COVID Infektionen verlief in Estland wie in allen Baltischen Staaten insgesamt sehr reduziert. Der erste große Ausbruch war nach einem internationalen Basketballspiel zu verzeichnen, wonach eine ganze Insel unter Quarantäne stand. Insgesamt gab es aber im Vergleich weniger Fälle, die Baltischen Staaten öffneten die sog. Baltic Bubbel und Estland war damals wie auch heute offener als andere Länder.
Während der ersten Welle zeigte das digitale Estland auch seine Stärke in der Innovation. Ein nationaler sowie ein internationaler Hackathon wurde kurzfristig initiiert. Besonders interessant war dazu eine Online Messe für Investoren – laut Berichten ein voller Erfolg.
Die zweite Welle seit dem Herbst hat aber Estland wie alle anderen Staaten in der Region hart getroffen. Zurzeit liegt der 14-Tage Wert bei 521,6, insgesamt verstarben 376 Menschen an oder mit Corona.
Die derzeitigen Restriktionen gelten in den beiden Regionen mit den meisten Fällen bis zum 01. Februar. Der Verkauf von Alkohol ist nach wie vor eingeschränkt – bis zum 28. Februar, es sollen aber einige andere Regelungen bzgl. Museen etc. gelockert werden. Nach wie vor gilt Maskenpflicht in Innenräumen, keine öffentlichen Veranstaltungen, 2+2 Regelung. Restaurants dürfen von 6-19 Uhr mit 25% Belegungskapazität geöffnet sein. Öffentliche Veranstaltungen mit Gruppen bis zu 10 Personen sind bis 22 Uhr gestattet.
In der ersten Impfphase wurden 24 196 Personen geimpft, davon haben bis jetzt 2134 auch die 2. Impfung erhalten.
Digitales Lernen
Wichtig ist der Unterschied: unter homeschooling wird in Estland die Variante verstanden, dass Eltern sich für freiwillig für diese Variante des Unterrichts entschieden haben. Die zurzeit vorherrschende Form wird als Distanceschooling bezeichnet, was die Lage sicherlich auch genauer beschreibt.
Wegen der Pandemie werden die meisten Kinder im Distanceschooling unterrichtet. Das Distanceschooling zeigt dabei deutlich den Mangel an den Schulen, den Unterricht bewusster und flexibler zu planen. Die Situation ist eine Herausforderung für alle und hat in vielen Familien zu Spannungen geführt.
Probleme: Nicht genügende Anzahl an PC-s, mangelnde IT-Kenntnisse, Abstandsregelugen konnten nicht eingehalten werden, mangelnde Disziplin bei allen Beteiligten etc..
Folge: Die Eltern waren überlastet – sie sollten auf dem Laufenden sein, was schulisch erforderlich ist, gegebenenfalls selbst unterrichten. Nicht alle Lehrer waren imstande alle Inhalte über das Internet zu vermitteln – teilweise aufgrund mangelnder Kenntnisse, teilweise weil das Netz überlastet war.
Deutlich wurde, dass die sogenannte E-Schule nur dann funktioniert, wenn die technischen Lösungen da sind und die Lehrer entsprechend inspiriert und professionell geschult sind.
Fazit: auch in Estland glänzt nicht alles digital.
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Estnische Wirtschaft – Chancen und Risiken in der Corona-KriseHilfe für Estlands Wirtschaft in der KriseAuch Estland hat unter den Beschränkungen durch die Corona Krise zu leiden. Die Wirtschaft wird insbesondere vom Einbruch des Tourismussektors, der Schließung aller Kultur- und Freizeitstätten sowie von den Ladenschließungen besonders hart getroffen. Die Regierung hat daher wie auch in anderen europäischen Staaten Maßnahmen ergriffen, um Bürgerinnen und Bürger zu schützen und Unternehmen zu unterstützen. Ein Unterschied zu anderen Ländern besteht darin, dass Estland durch seine ausgeprägte IT-Struktur erkennbar Chancen zur weiteren Entwicklung dieses Wirtschaftsbereiches sieht und auch ergreift.
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Lettland
Nach einer eher leichten ersten Phase der Pandemie im Frühjahr 2020 und danach folgendem recht entspannten Sommer wurde die Situation in Lettland seit Oktober immer angespannter. Als Gründe werden sowohl der regelmäßige Schulbetrieb und die Rückkehr vieler Reisenden aus dem Ausland als auch der Rückgang der Disziplin bei der Beachtung der Anti-Corona Vorsorgemaßnahmen genannt.
Kritik gab es zudem an der unklaren Strategie der Regierung und der mangelnden Kommunikation. Die Kritik bezog sich besonders auf das Krisenmanagement der Gesundheitsministerin. Zurzeit – Ende Januar 2021 - ist es gelungen, die Zahl der Neuerkrankungen, zwar auf hohem Niveau, aber zu stabilisieren. Hinzu kommen die Auswirkungen des Lockdowns, der zurzeit bis zum 07. Februar beschossen ist, inklusive Ausgangssperren am Freitag und Samstag zwischen 22 und 5 Uhr. Die Zahl der Tests ist merkbar erhöht worden, der Anteil der Erkrankungen bei den Testergebnissen beläuft sich auf ca. 8%, nach 12-15% Ende Dezember / Anfang Januar. Es werden verbreitet auch Schnelltests verwendet und es gibt die Möglichkeit, den Test an Selbstbedienungsautomaten durchzuführen.
Mit dem Rücktritt der Ministerin und der Ernennung eines neuen Gesundheitsministers wurde ein schnelleres Tempo bei den Impfungen und die Erarbeitung der Impfstrategie erreicht. Dafür wird eine spezielle Stelle eingerichtet, die die Impfordnung ausarbeiten und koordinieren soll. Bei der Logistik sollen auch die Streitkräfte beteiligt werden.
Ein aktuelles Thema ist immer noch die Kapazität der Krankenhäuser, wobei nicht die Bettenbelegung das Problem darstellt, sondern die Verfügbarkeit der behandelnden Ärzte und Pflegekräfte.
Besorgniserregend entwickelt sich nach wie vor die Situation in den Seniorenheimen. Etwa 13,4 % aller Erkrankungen werden dort registriert.
Momentan werden keine Lockerungen der Covid-Maßnahmen geplant. Lockerungen sollen erst in Kraft treten, wenn die Zahl der Erkrankungen unter einen Wert von 200 von 100000 gefallen ist. Aktuell sind es mehr als 600. Der direkte Schulbetrieb wurde nach den Winterferien nicht aufgenommen. Nun werden auch die Grundschulklassen online unterrichtet.
Fazit: Nach einem vergleichsweisen harmlosen Verlauf in den ersten Monaten der Pandemie, entglitt die Entwicklung im Spätherbst der Kontrolle. Ausschlaggebend hierfür könnte gewesen sein, dass Litauer, wo der Ausbruch der 2. Welle schon früher begann, noch einige Wochen ohne Quarantäne nach Lettland reisen durften.
Die Diskussionen über e-learning sind auch in Lettland vorhanden, scheitern hier aber nicht am Netzausbau, sondern teilweise an nicht vorhandenen Geräten bei Schülerinnen und Schülern. Auch einige Lehrer haben noch Probleme – aber im Vergleich geringer.
Lettland war das erste Land, dass eine COVID-Kontakt-App entwickelt hat und diese funktioniert nachweislich.
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Vorgezogene Neuwahlen in RigaEin Korruptionsskandal brachte die Stadtregierung in SchwierigkeitenRiga hätte eigentlich erst im Sommer 2021 wählen sollen. Doch ein erneuter Korruptionsskandal brachte die Stadtregierung in Schwierigkeiten. Rund zehn Jahre bestimmten die Parteien „Saskaņa“ (S)/ „Harmonie“ und „Gods kalpot Rīgai!“ (GKR)/ „Es ist eine Ehre, Riga zu dienen!“ die Politik der lettischen Metropole, und dies trotz zahlreicher systematischer Korruptionsversuche. Lange Zeit wurden alle Angriffe auf die Stadtregierung durch den damaligen Bürgermeister der Stadt, Nils Ušakovs, abgewehrt, der seit dem letzten Jahr Abgeordneter im Europaparlament ist.
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Litauen
Die erste Quarantäne, die in Litauen am 16. März 2020 verhängt wurde, dauerte bis 16. Juni. Sie war mit tiefgreifenden Beschränkungen des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens verbunden: Betriebe und Einrichtungen, Geschäfte, gastronomische Betriebe, Freizeit-, Kultur-, Unterhaltungs- und Sportstätten mussten schließen. Die Arbeitgeber wurden verpflichtet, überall, wo es umsetzbar war, die Arbeit im Homeoffice zu ermöglichen. Geschlossen wurden auch die Schulen, der gesamte Unterrichtsbetrieb wurde auf online-Arbeit umgestellt. Es wurden Einschränkungen der Personenbewegung und der Durchführung von Veranstaltungen und Versammlungen verordnet.
Die durch die Pandemie bedingte Schrumpfung der litauischen Wirtschaft im Jahr 2020 wurde nach dem ersten Lockdown auf 7,3 bis 8,1 Prozent geschätzt. Die Arbeitslosenzahl erreichte im Mai 2020 11,5 Prozent. Als Hilfe für die Wirtschaft verabschiedete das Parlament im März ein von der Regierung beschlossenes Programm zur Wirtschaftsförderung und Linderung der COVID-19-Folgen, das mit rund 5 Mrd. Euro bzw. 10 Prozent des BIP ausgestattet werden sollte. Im Mai billigte das Parlament ein zusätzliches Corona-Maßnahmenpaket von rund 1 Mrd. Euro. (s. KAS-Länderbericht).
Der zweite Ausbruch der Corona-Pandemie erreichte Litauen den Angaben des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) zufolge im September 2020: In der zweiten und dritten Septemberwoche wurden 769 Fälle der Neuerkrankungen an Covid-19 registriert. Die litauische Regierung gab aber vorerst bekannt, dass keine weiteren damit verbundenen Einschränkungen geplant seien. Im Falle von größeren Ausbrüchen wurden lokale Quarantänen in Aussicht genommen.
Die Reaktion der Regierung auf die veränderte epidemiologische Situation im Lande und die rasch zunehmenden Zahlen der Neuerkrankungen war vermutlich nicht zuletzt vom Datum der bevorstehenden Parlamentswahlen am 11. Oktober (2. Wahlrunde am 25. Oktober) abhängig.
Am 7. November 2020 wurde in Litauen Nationalquarantäne zunächst für drei Wochen bis 29. November verordnet, die später bis zum 31. Januar 2021 verlängert wurde.
Zu den anfangs eingeführten Beschränkungen für Betriebe und Einrichtungen, Geschäfte, gastronomische Betriebe, Freizeit-, Kultur-, Unterhaltungs- und Sportstätten, Untersagung der Veranstaltungen und Versammlungen an öffentlichen Orten und Arbeit im Homeoffice wurden am 16. Dezember 2020 die Schließung der Nichtlebensmittelgeschäfte, Kontaktbeschränkungen und Beschränkungen der Personenbewegung zwischen den einzelnen Gemeinden beschlossen. Die Schulen wurden geschlossen, der Schulunterricht auf Online-Schulung umgestellt.
Die Rate der Covid-Erkrankungen in Litauen erreichte gemäß den Angaben von ECDC für 21. Januar 2021 rund 716 Fälle pro 100.000 Einwohner. Damit war das Land auf Platz 6 in Europa nach der Zahl der Covid-Erkrankungen und auf Platz 4 nach der Zahl der Covid-bedingten Toten. (BNS, 21.01.2021).
Die ersten Lieferungen des Corona-Impfstoffs von „BionTech“ und „Pfizer“ erreichten Litauen am 26. Dezember 2020. Laut Impfungsplan des Gesundheitsministeriums wurden als erste die mit Covid-Erkrankten in Kontakt stehenden Ärzte und das Pflegepersonal der Krankenhäuser sowie die Patienten mit hohem Risiko geimpft, im ersten Quartal 2021 soll die Impfung des medizinischen Personals und der Apothekenbeschäftigten abgeschlossen sein. Anschließend sollen die Ärzte und Einwohner der Alters- und Pflegeheime, die älteren als 65 Jahre Personen und Personen mit chronischen Krankheiten geimpft werden. Es wird damit gerechnet, dass die darauffolgende Massenimpfung, die rund 70 Prozent der Gesamtbevölkerung des Landes umfassen soll, bis Anfang Sommer 2021 abgeschlossen werden kann.
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Wirtschaftliche Perspektiven für Litauen in COVID19-ZeitenWirtschaftsförderungsprogramm und ein Corona-Maßnahmenpaket als Hilfen für die schrumpfende litauische WirtschaftNach Schätzungen unterschiedlicher Institutionen wird mit einer durch die Coronavirus-Pandemie bedingten Schrumpfung der litauischen Wirtschaft von 7,3 bis 8,1 Prozent im Jahr 2020 gerechnet. Das Parlament verabschiedete im März ein von der Regierung beschlossenes Programm zur Wirtschaftsförderung und Linderung der COVID-19-Folgen. Eine der neu geplanten Maßnahmen stieß dabei auf heftige Kritik.
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Malta
Am 7. März 2020 wurden auf Malta die ersten Corona-Fälle registriert. Als die Zahl innerhalb von drei Wochen auf mehr als 150 Fälle anstieg, beschloss die Regierung am 26. März einen partiellen Lockdown. Dieser sah eine Ausgangssperre für über 65-Jährige, Schwangere und Menschen mit Vorerkrankungen sowie für die Menschen, die im selben Haushalt leben, vor.
Ähnlich wie in vielen anderen europäischen Ländern wurden Kontaktbeschränkungen erlassen. Schulen, Hotels und Gaststätten sowie der Flughafen wurden geschlossen. Neben einer Aufstockung von Intensivbetten und Beatmungsgeräten verfolgte Malta von Beginn an das Ziel, möglichst viele Schnelltests durchzuführen und auf diese Weise die Infizierten zu identifizieren und zu isolieren. Maltas Schnelltest-Rate ist prozentual nach wie vor eine der höchsten innerhalb der EU. Bis zum 26. Januar 2021 wurden insgesamt 596.183 Tests durchgeführt – bei rund 438.000 Einwohnern. Zum Vergleich: Deutschland hat im selben Zeitraum etwa 37,5 Millionen Tests durchgeführt.
Die WHO lobte Malta für das gute Management zur Eindämmung der ersten Welle der Pandemie. Die Maßnahmen zeigten ihre Wirkung: Bis Anfang Mai 2020 reduzierte sich die Zahl der Neu-Infizierten auf 4 pro Tag. In der Folge hob die Regierung die Beschränkungen schrittweise auf. Zu Beginn des Sommers waren nahezu alle Maßnahmen inklusive des Verbots von Massenveranstaltungen aufgehoben. Anfang Juli registrierte Malta mit 11 aktiven Fällen die niedrigste Zahl innerhalb der EU.
Die Aufhebung der Beschränkungen sowie die laxe Handhabung der Hygiene- und Distanzvorschriften ließ die Zahl der Corona-Patienten jedoch innerhalb kürzester Zeit dramatisch ansteigen: Die zweite, weitaus tödlichere Welle traf Malta bereits im August 2020 und führte zu Beginn des Herbstes zur neuerlichen Schließung von Bars und Nachtlokalen. Distanz- und Maskenpflicht wurden fortan vehement kontrolliert.
Bis Ende 2020 haben sich auf Malta bei rund 440.000 Einwohnern insgesamt 12.774 Personen mit Covid-19 infiziert. 219 Personen sind an oder mit Covid-19 verstorben. In der ersten Welle (Stichtag 30. Juni 2020) zählte Malta 670 Infizierungen und 9 Todesfälle. Die zweite Welle (1. Juli - 31. Dezember 2020) traf das Land mit 12.104 Infizierungen und 210 Todesfällen.
Ein erstes Hilfspaket kündigte die Regierung am 18. März an. Dieses zielte insbesondere auf die Erhaltung von Arbeitsplätzen und einer Unterstützung der am härtesten betroffenen Sektoren ab. Dazu zählten Steueraufschübe und Lohnzuschüsse, Arbeitslosen wurde u.a. ein Grundeinkommen von 800 EUR pro Monat zugesichert. Ab Juni verlagerte sich der Schwerpunkt der Maßnahmen auf einen langfristigen Wirtschaftsförderungsplan, der darauf abzielte Geschäftskosten für Unternehmen zu senken und den Konsum zu steigern.
Das maltesische Gesundheitssystem hat der Corona-Pandemie trotz des hohen Anstiegs in der zweiten Welle gut standgehalten. Die teils übertrieben positive Haltung des Premierministers Robert Abela wurde während in der zweiten Welle heftig kritisiert: er habe ein falsches Sicherheitsgefühl vermittelt. Seit dem Impfbeginn am 27. Dezember 2020 verspricht Abela „back to business as usual“ bis Mai 2021.
– Dr. Nino Galetti, Patricia Liberatore
KAS-Auslandsbüro Italien, Malta und Heiliger Stuhl
Schweden
Schweden hat vor einem Jahr einen viel beachteten „Sonderweg“ in der Bewältigung der Corona Krise beschritten, dem mit der zweiten Welle seit November 2020 allerdings deutlich mehr Einschränkungen des öffentlichen Lebens gefolgt sind.
Das „schwedische Modell“ des Wohlfahrtsstaates wird von der Mehrheit der Bevölkerung bis heute akzeptiert. Daraus folgt, dass das Vertrauen der Menschen in die öffentlichen Institutionen und die allumfassende Daseinsvorsorge groß ist und Vorgaben der Behörden auch eingehalten werden. Dies beruht auf Gegenseitigkeit, denn auch der Staat hat Vertrauen in das Verantwortungsbewusstsein der Bürger.
Das Aussprechen von Empfehlungen war somit von Anfang an die klare Strategie im Umgang mit der Pandemie und wurde nur in Teilbereichen und sehr viel später durch Verbote ersetzt.
Aber gerade in den ersten Monaten, als sich viele ansteckten oder Corona ähnliche Symptome hatten, herrschte gleichermaßen viel Ratlosigkeit, wo und wann man sich testen lassen und wohin man sich um ärztlichen Rat wenden konnte. Die Krankenhäuser nahmen nur die Patienten auf, die intensiver Pflege benötigten und führten keine Tests für die Allgemeinheit durch. Die Devise, die ausgegeben wurde, hieß: Hände waschen; zuhause bleiben, wenn man Symptome verspürt und die Hotline 1177 anrufen; Abstand halten.
Daraufhin stiegen die Infektions- und Todeszahlen und besonders die Altersheime waren stark betroffen. Jetzt musste die Regierung einlenken und untersagte unter anderem ab April 2020 den Besuch von Altersheimen auch für Angehörige.
Zustände in Altersheimen und bei der häuslichen Pflege werden seitdem von allen politischen Parteien im schwedischen Riksdag aufgearbeitet mit Verweis auf grundlegende Versäumnisse bei der Gesundheitsversorgung, die bislang dezentral in den Händen der Regionen liegt und untereinander offensichtlich schlecht koordiniert und auch „kaputtgespart“ wurde.
Tatsache ist, dass sich Schweden erst mit erheblicher Verzögerung auf die Krise eingestellt hat. Natürlich hat das Land seit 200 Jahren keinen Krieg und keine größeren Krisen mehr erlebt, um es gewohnt zu sein, schnell in den Krisenmodus zu schalten. Aber Anpassungen an die Lage wurden zögerlich und erst stufenweise durch den schwedischen Riksdag vorgenommen. Einen Lockdown mit Schließung von Geschäften und Restaurants hat es zu keinem Zeitpunkt gegeben.
Seit Anfang 2021 gilt, dass sich nicht mehr als 4 Personen treffen und Restaurants ab 20 Uhr keinen Alkohol ausschenken dürfen (und somit die Gäste wegbleiben); Maskenpflicht herrscht in den öffentlichen Verkehrsmitteln zu Stoßzeiten zwischen 7 und 9 sowie 16 und 18 Uhr. Ein überwiegender Teil der Arbeitnehmer arbeitet im Homeoffice, die Anordnung dazu erfolgt von den Unternehmen selbst und ist keine behördliche Vorgabe. Die digitale Vernetzung in Schweden ist so gut, dass man von größeren Problemen im virtuellen Arbeitsalltag bisher nichts gehört hat.
Zum 6. Februar wird Schweden erstmalig einen negativen Test bei der Einreise ins Land verlangen, bislang konnte man ungehindert, ohne Quarantäne und Test, zumindest aus der EU einreisen.
Grundschulen und Kindergärten waren zu keinem Zeitpunkt der Pandemie geschlossen, eine Tatsache, die es Eltern sehr erleichtert hat, andere Einschränkungen durch die Pandemie zu akzeptieren. Eine Folge dieser Normalität „light“ ist sicher auch die Tatsache, dass es keine Demonstrationen gegen die Corona-Politik des Staates gibt, auch wenn die Corona-Müdigkeit in der Bevölkerung natürlich in diesem Winter zugenommen hat.
Der Impfstart ist schleppend, bis Ende Juni aber ist man zuversichtlich, die Mehrheit der erwachsenen Bevölkerung geimpft zu haben.
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Freiheit in VerantwortungSchweden in Zeiten von CoronaIn den letzten zwei Wochen wird häufig auf Schweden geschaut, wo das öffentliche Leben trotz Corona-Krise nicht so eingeschränkt ist wie bei den direkten Nachbarn Dänemark, Finnland und Norwegen. Noch immer sind Versammlungen mit bis zu 50 Personen erlaubt, Abstandsregelungen gelten in Geschäften erst seit diesem Wochenendet und Restaurants sind weiter geöffnet, wenn auch deutlich weniger frequentiert. Längst nicht alle Menschen halten sich an die Empfehlungen der sozialen Distanzierung. Mittlerweile hat die Anzahl der Tests auf das Virus aber deutlich zugenommen, am Wochenende wurden 6.830 Infektionen bestätigt, 401 Todesfälle im Zusammenhang mit Corona und 406 Patienten in intensivmedizinischer Behandlung.
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China (Volksrepublik)
Eine vorläufige Bilanz eines Jahres Corona in der Volksrepublik China ergibt nach außen gerichtet ein grundsätzliches Bild der Stärke, nach innen ist aber Corona nach wie vor ein sensibles Thema.
Insgesamt hat sich die chinesische Strategie zur Eindämmung des Virus als wirksam erwiesen. Sie ermöglichte zum einen das Hochfahren der Wirtschaft, sie ermöglichte die persönliche Mobilität der Bevölkerung und sie stärkte das Vertrauen der Bevölkerung in die Handlungsfähigkeit der Regierung. Die Wirtschaft erreichte das Niveau des Vorjahres, sie wuchs nach offiziellen Angaben um 2,3 Prozent.
China hat anders als Deutschland nicht auf das Abflachen der Kurve gesetzt, es hat die Kurve auf null gebracht. Damit entsteht eine völlig andere Ausgangslage. Und die Früchte dieser maximalen Strategie wurden seit der schrittweisen Öffnung im März 2020 konsequent ausgebaut. Der Dreiklang der Covid-Strategie lautete: Grenzen kontrollieren, Technologie einsetzen und umfassend testen. Der Gesundheitscode wird selbstverständlich genutzt, je nach Gefahrenlage werden die Anforderungen schnell und gezielt verschärft, um sie nach einer gewissen Zeit wieder zu lockern.
Zudem erwies sich die Durchhalte- und Anpassungsfähigkeit der chinesischen Wirtschaft und Gesellschaft als genauso schnell wie hoch. In der Wirtschaft erfolgte eine umfassende Verlagerung auf Online-Angebote. Die traditionellen Branchen wie der Tourismus oder Restaurants erlebten demgegenüber einen dramatischen Einbruch. Auch der Arbeitsmarkt wurde beeinträchtigt. Die Arbeitslosenquote schwankte im Jahresverlauf um 6,0%, ein erheblicher Wert für chinesische Verhältnisse.
Im Juni genehmigte China die Notimpfung mit COVID-19-Impfstoffen, die sich an bestimmte Gruppen mit hohem Infektionsrisiko richtete (z. B. Studierende im Ausland). Bis Ende November wurden an diese Gruppen mehr als 1,5 Millionen Dosen verteilt. Ende des Jahres wurde der erste chinesische Impfstoff regulär zugelassen mit einer Wirksamkeit von 79 Prozent. Die Impfstoffe sowie die Impfung sind kostenlos für alle Chinesen. Nach den offiziellen Daten vom 20. Januar 2021 wurden 15 Millionen landesweit geimpft. Die Strategie richtet sich dabei nicht an den gefährdeten Gruppen nach Alter aus, sondern an denjenigen, die besondere Bedeutung haben (medizinisches Personal) oder für die Übertragung der jüngsten Fälle ursächlich waren (Personal in den Kühlketten der Cargo-Flughäfen oder in Hotels).
Die vorläufige chinesische Covid-Bilanz ist dennoch gemischt. Sie ist ein mit vielen Nebenwirkungen verbundenes System, die man bei aller Anerkennung seiner Funktionsfähigkeit nicht ausblenden darf. Das Gesundheitssystem ist schwach finanziert und genießt weiterhin wenig Anerkennung. Die schier unbegrenzten, in chinesischen Staatsunternehmen schlummernden Reserven machen eine Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen des chinesischen Lockdowns genauso möglich wie die Tatsache, dass das Sozialsystem und die Ungleichheit der Gesellschaft dazu führen, dass seine sozialen Folgen ohne öffentliche Diskussion von den Schwächsten zu tragen sind (so unter anderem den Millionen Wanderarbeitern und ihren Familien, die keine Absicherung beanspruchen können.)
Dass Corona in China ein Thema bleibt, dafür spricht die Situation im Januar 2021: Obwohl die Infektionszahlen gering sind, reagierte die Regierung sofort mit strikten Maßnahmen: Massentest, Ausgangssperren, Unterbrechung der Transportverbindungen, Reisewarnungen und Quarantäne. Der Kampf gegen COVID-19 ist noch nicht abgeschlossen und wird China wie alle anderen Länder auch im Jahr 2021 weiter beschäftigen.
– AM Matthias Schäfer
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und China während der COVID-19-PandemieWebinarGemeinsam mit dem China Center for International Economic Exchanges (CCIEE) führte das Pekinger Büro der KAS am 15. Oktober 2020 ein Webinar zum Thema „EU-China Economic Relations“. Die Teilnehmer des zweistündigen Seminars diskutierten intensiv über zwei Schwerpunktthemen. Im ersten Panel wurden die makroökonomischen Maßnahmen, die von der EU sowie China ergriffen wurden, um das Wachstum vor dem Hintergrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie wieder anzukurbeln sowie die Aussichten für den wirtschaftlichen Erholungsprozess in der EU und China thematisiert. Das zweite Panel widmete sich den Perspektiven der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen der EU und China zur Wiederbelebung der Weltwirtschaft angesichts aktueller Entwicklungen wie der Verhandlungen über das Investitionsschutzabkommen sowie der USA-China-Beziehungen.
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Luxemburg
Zwei Wochen nach dem ersten Corona-Infektionsfall in Luxemburg rief Premier- und Staatsminister Xavier Bettel am 18. März 2020 den nationalen Notstand (état de crise) in Luxemburg aus. Der Notstand ermächtigt die Regierung, durch großherzogliche Verordnungen (Règlement grand-ducal) zu regieren und dadurch möglichst schnell und effektiv Maßnahmen zur Krisenbewältigung einzuleiten. Im europäischen Vergleich gehörte Luxemburg zu den Ländern, die Schulen und Universitäten sowie Geschäfte, Restaurants und Bars während der ersten Corona-Welle am kürzesten geschlossen hielten.
Die Unzufriedenheit und Kritik der Bürgerinnen und Bürger in den ersten Monaten der Pandemie richteten sich vor allem gegen die Grenzschließung und die Einreisekontrollen auf der deutschen Seite. In der eng verbundenen Grenzregion empfanden die Bürgerinnen und Bürger die Grenzkontrollen der zum Teil bewaffneten deutschen Bundespolizei als Schikane, zumal Deutschland die Grenzen zu Belgien und den Niederlanden offenließ. In normalen Zeiten pendeln jeden Tag mehr als 200.000 Menschen aus Belgien, Deutschland und Frankreich zum Arbeiten nach Luxemburg.
Gemessen an den Infektionszahlen gehört Luxemburg zu den bislang am stärksten betroffen Ländern weltweit. Jedoch muss man dabei auch die eingesetzten Testkapazitäten berücksichtigen, denn in kaum einem anderen Land wurde so viel getestet wie in Luxemburg. Als weltweit erstes Land hatte die Regierung im Sommer 2020 eine flächendeckende Testoffensive (Large Scale Testing) gestartet. Zu Beginn der zweiten Welle im Oktober hielt Luxemburg weiterhin an der Teststrategie fest und verzeichnete einen langsameren Anstieg an Infektionen als beispielsweise die Nachbarländer Belgien und Frankreich. Trotz steigender Inzidenzwerte im Oktober und November beschloss die Regierung keinen präventiven ‚Wellenbrecher‘-Lockdown. Erst kurz vor Weihnachten entschied sich die Regierung für härtere Maßnahmen (Schließung des Einzelhandels, Verlängerung der Ausgangssperre, Home-Schooling etc.).
Die Trendwende in der zweiten Welle scheint nun geschafft zu sein, und die Regierung kündigte bereits den Start der zweiten Impfphase an. Nach dem medizinischen Personal, dem Pflegepersonal sowie den Bewohnern der Alten- und Pflegeheime sollen nun alle Personen geimpft werden, die älter als 75 Jahre sind. Trotzdem bleibt die Lage aufgrund der Verbreitung des mutierten Virus angespannt. In Luxemburg werden zehn Prozent der positiven Tests auf die Mutation untersucht, was derzeit die höchste Rate in Europa ist.
Vor dem Hintergrund der Grenzschließung im vergangen Frühjahr fordert die Regierung ihre Nachbarländer auf, ihre Grenzen dieses Mal nicht zu schließen. Bei den letzten Videokonferenzen der Staats- und Regierungschefs und in bilateralen Gesprächen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem belgischen Premierminister Alexander De Croo, betonte Bettel noch einmal die Bedeutung von offenen Grenzen und die Erfahrungen der Grenzschließung zu Beginn der Corona-Krise.
Zur wirtschaftlichen Lage des Landes gibt es bisher noch keine genauen Daten. Insgesamt hielt sich der wirtschaftliche Einbruch jedoch in Grenzen. Der nationale Wiederaufbauplan fokussiert sich klar auf langfristige und zukunftsorientierte Ziele zur Erholung der Wirtschaft. Ähnlich wie in Deutschland dienen die nationalen Pläne nicht ausschließlich zur Bewältigung der Krise, sondern gleichzeitig auch zur Neuausrichtung der Wirtschaft und Gesellschaft. Im Sinne des Green Deals werden besonders Investitionen in nachhaltige und erneuerbare Technologien unterstützt.
USA
Etwa ein Jahr nachdem die erste Corona Virus-Infektion in den USA, nördlich von Seattle, am 21. Januar 2020 bekannt wurde, ist das ganze Ausmaß der Pandemie kaum noch in Worte zu fassen. Anfang Februar verzeichnete das Land fast 450.000 Tote, während Fallzahlen (26 Millionen) und Krankenhausaufenthalte (140.000) Rekordhöhen erreicht haben. Ebenfalls ist nun offenbar, dass ethnische und indigene Minderheiten sowie sozial und wirtschaftlich benachteiligte Gruppen überproportional von Covid-19 betroffen sind.
Auch die wirtschaftlichen Effekte der Pandemie sind enorm. Anfang 2021 betrug die Arbeitslosenquote 6,7 Prozent - zwar eine deutliche Verbesserung im Vergleich zum April letzten Jahres; aber immer noch weit mehr als vor Ausbruch der Pandemie vor etwas über einem Jahr. Gerade Selbständige sowie kleine und mittelständische Unternehmen leiden, ebenso wie Fluggesellschaften und Freizeiteinrichtungen. Technologieunternehmen verzeichnen wegen des Corona-induzierten Digitalisierungsschubes hingegen oft massive Umsatzsteigerungen.
Auch der fiskalische Aufwand ist groß: In 2020 autorisierte der Kongress etwa vier Billionen Dollar für Corona-Maßnahmen, und Präsident Biden hat bereits ein neues 1,9 Billionen-Dollar-Programm vorgelegt.
Die neue U.S.-Regierung verfolgt einen wissenschaftsbasierten Ansatz, um das Virus unter Kontrolle zu bringen - mit besonderem Augenmerk auf die Produktion und Distribution der zugelassenen Impfstoffe sowie Distanzierungs- und Hygienevorschriften. „Unsere Verwaltung wird mit Wissenschaft und Wissenschaftlern führen", meinte Joe Biden im Januar 2021. Natürlich profitiert er von den Ergebnissen der Operation Warp Speed seines Vorgängers; die Strategie des neuen U.S.-Präsidenten signalisiert jedoch eine Wende im Vergleich zum Vorjahr, in dem die Trump-Administration die Verantwortung für die Eindämmung des Virus und die Wiedereröffnung der Wirtschaft weitgehend an die 50 Gouverneure der U.S.-Bundesstaaten delegierte und wissenschaftlichen Rat geringschätzte.
Expertenstimmen bewerten diesen fragmentierten Ansatz Trumps als einen der Hauptgründe, weshalb die Pandemie in den USA sowohl in absoluten Zahlen als auch proportional deutlich mehr Opfer gefordert hat als in anderen entwickelten Demokratien. Anfang Februar 2021 entfielen etwa ein Viertel aller globalen Covid-19-Infektionen und -Todesfälle auf die USA.
Die immense Tragweite des Virusausbruchs wird darüber hinaus auf folgende Umstände zurückgeführt: auf die (auch vor der Pandemie bereits) zunehmende politische Polarisierung der U.S.-Gesellschaft, die unwissenschaftliche Verharmlosung des Virus und die vorschnelle Lockerung der Bestimmungen in einigen Bundesstaaten ab Frühjahr 2020.
Für die Wiederöffnung von Grenzen, Schulen und Geschäften ist nun von zentraler Bedeutung, wie effizient und effektiv sich die nationale Impfkampagne gestaltet. Hierzu hat Präsident Biden Ende Januar Jeffrey D. Zients zum Koordinator für Covid-19-Angelegenheiten ernannt. Daneben wurde jetzt das Direktorat für globale Gesundheitssicherheit und Bioabwehr im Nationalen Sicherheitsrat wiederhergestellt. Seit dem Beginn der Verteilung von Pfizer-BioNtech- und Moderna-Impfstoffen am 14. Dezember 2020 wurden bis Anfang Februar 2021 mehr als 30 Millionen Dosen verabreicht und damit etwa 10 Prozent der U.S.-Bevölkerung erreicht. Zudem beantragte Johnson & Johnson am 5. Februar eine Notfallgenehmigung für einen möglichen dritten Covid-19 Impfstoff.
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Corona-Update, USA (Januar)Aktuelle Studien, Analysen und KommentareDie Corona-Krise hat über die erheblichen gesundheitlichen Risiken und Folgen hinaus weitreichende Auswirkungen auf die Wirtschaft, Sicherheit, Forschung, Innen- und Außenpolitik sowie das gesellschaftliche Leben in den Vereinigten Staaten. Namhafte US-amerikanische Think Tanks und Experten setzen sich intensiv mit den unterschiedlichen Aspekten und Herausforderungen dieser in ihrem Umfang und ihrer Schnelligkeit beispiellosen Krise auseinander. Für einen Überblick über den aktuellen Stand der Diskussion stellt das KAS-Auslandsbüro USA mit Sitz in Washington D.C. regelmäßig eine Auswahl an Studien, Analysen und Kommentaren jeweils mit Links zu den Beiträgen zusammen.
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Corona-Update, USA (Dezember)Aktuelle Studien, Analysen und KommentareDie Corona-Krise hat über die erheblichen gesundheitlichen Risiken und Folgen hinaus weitreichende Auswirkungen auf die Wirtschaft, Sicherheit, Forschung, Innen- und Außenpolitik sowie das gesellschaftliche Leben in den Vereinigten Staaten. Namhafte US-amerikanische Think Tanks und Experten setzen sich intensiv mit den unterschiedlichen Aspekten und Herausforderungen dieser in ihrem Umfang und ihrer Schnelligkeit beispiellosen Krise auseinander. Für einen Überblick über den aktuellen Stand der Diskussion stellt das KAS-Auslandsbüro USA mit Sitz in Washington D.C. regelmäßig eine Auswahl an Studien, Analysen und Kommentaren jeweils mit Links zu den Beiträgen zusammen.
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Corona-Update, USA (November)Aktuelle Studien, Analysen und KommentareDie Corona-Krise hat über die erheblichen gesundheitlichen Risiken und Folgen hinaus weitreichende Auswirkungen auf die Wirtschaft, Sicherheit, Forschung, Innen- und Außenpolitik sowie das gesellschaftliche Leben in den Vereinigten Staaten. Namhafte US-amerikanische Think Tanks und Experten setzen sich intensiv mit den unterschiedlichen Aspekten und Herausforderungen dieser in ihrem Umfang und ihrer Schnelligkeit beispiellosen Krise auseinander. Für einen Überblick über den aktuellen Stand der Diskussion stellt das KAS-Auslandsbüro USA mit Sitz in Washington D.C. regelmäßig eine Auswahl an Studien, Analysen und Kommentaren jeweils mit Links zu den Beiträgen zusammen.
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Italien
Italien war das erste Land in Europa, das ab Ende Februar 2020 mit voller Wucht von der Corona-Pandemie erfasst worden ist. Um das kaum vorbereitete Gesundheitssystem zu entlasten, führte die italienische Regierung am 9. März 2020 einen landesweiten Lockdown ein und verhinderte so zunächst die Verbreitung des Virus von Norditalien nach Mittel- und Süditalien. Die Bevölkerung durfte das Haus nur noch in absoluten Ausnahmefällen verlassen. Schulen und Universitäten, Gastronomie und Hotellerie, sowie der Einzelhandel mussten ihren Betrieb vorübergehend einstellen. Ausschließlich Lebensmittelläden und Apotheken blieben geöffnet.
Im Gegenzug verabschiedete die Regierung während der ersten Welle mehrere milliardenschwere Hilfspakete mit dem Ziel, die Bevölkerung und Wirtschaft vor einer existenziellen Krise zu bewahren: finanzielle Hilfen für das Gesundheitssystem, Unterstützung von Unternehmen, Ausweiterung des Kündigungsschutzes, Steuererleichterungen, Zahlungsaufschübe und finanzielle Zuwendungen für Familien, Investitionen in Schule und Bildung.
Zum Zeitpunkt des Ausbruchs der Pandemie verfügte Italien lediglich über 5.179 Intensiv-Betten. Im Verlauf des Frühjahrs wurde die Kapazität um 3.500 erhöht. Von März bis Dezember 2020 wurden insgesamt über 20.000 Neu-Einstellungen von Ärzten und Krankenpflegern in staatlichen Krankenhäusern verzeichnet.
Der Premierminister kommunizierte die Dekrete über Pressekonferenzen und richtete sich in Fernsehansprachen direkt an die Bevölkerung. Der tagesaktuellen Zahlen an Erkrankten und Toten fanden in den Medien breiten Niederschlag.
Die Bewertung und Wahrnehmung der Maßnahmen fiel je nach individueller Situation zunächst sehr unterschiedlich aus. Die Bilder aus Bergamo, wo unzählige Särge Ende März 2020 aufgrund der völligen Überlastung der örtlichen Bestatter vom Militär abtransportiert werden mussten, wirkten auf die italienische Bevölkerung wie ein Schock und führten dazu, dass es bis zur Jahreswende 2020/21 keinen nennenswerten Widerstand gegen die Maßnahmen der Regierung gab und die strengen Hygiene-Regeln mit großer Disziplin befolgt werden.
Mit Öffnung der Schulen nach den langen Sommerferien kündigte sich die zweite Pandemiewelle in Italien an. Die Neuinfektionen stiegen erneut an, die Todesfälle nahmen ab Oktober rasant zu. Die Regierung reagierte auf die dramatische Situation mit der Einführung eines neuen Prinzips der Gefahrenbewertung, das Italien in drei Risiko-Zonen (rot/orange/gelb) teilt. So will Rom gezielter auf regionale Unterschiede bei der Corona-Entwicklung eingehen und einen neuerlichen landesweiten Lockdown umgehen. In den roten Zonen mit sehr hohem Corona-Risiko müssen Geschäfte und Restaurants schließen. In orangen Zonen bleibt der Einzelhandel offen. In den gelben Zonen dürfen Restaurants und Bars bis 18 Uhr geöffnet sein.
Über die Weihnachtsfeiertage und zum Jahreswechsel 2020/21 erklärt die Regierung ganz Italien zur roten Zone. Es war verboten, seine eigene Gemeinde zu verlassen. Von Familienbesuchen wurde dringend abgeraten. Die Bevölkerung nahm diese harten Restriktionen an, es gab keinen nennenswerten Protest.
Zur Jahreswende 2020/21 betrug die Anzahl von Covid-Infizierten rund 2,3 Millionen Personen. Insgesamt waren im Jahr 2020 in Italien fast 80.000 Personen an oder mit Corona verstorben.
Seit dem 31. Dezember 2020 haben in Italien die Impfungen begonnen. Die Regierung konzentriert sich zunächst auf Impfungen von Mitarbeitern in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Am 15. Januar 2021 verkündete der italienische Gesundheitsminister, dass Italien zu diesem Zeitpunkt mit über 1 Million Geimpfter Europameister sei.
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Der Schock von Bergamo wirkt nachWie Italien die seit einem Jahr andauernde Corona-Pandemie bewältigtItalien war das erste Land in Europa, das ab Ende Februar 2020 mit voller Wucht von der Corona-Pandemie erfasst worden ist. Die erschreckende Entwicklung und der landesweit verordnete Lockdown hatte einen großen Einfluss auf die Reaktionen der übrigen europäischen Regierungen.
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Italiens neue Krise: Alte Konflikte, neue Freunde?Ein Gespräch mit Caroline Kanter, Leiterin des KAS-Auslandsbüros ItalienItalien war der erste und der am stärksten betroffene europäische Staat, der sich mit der Corona-Pandemie konfrontiert sah. Diese Krise hat das Land stark getroffen und Italiens Politik, Gesellschaft und Wirtschaft massiv herausgefordert. In der Regierungskoalition herrschen Unstimmigkeiten und die Opposition zeigt sich wenig konstruktiv. Frustriert ist man mit den verspäteten Reaktionen der europäischen Partner.
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Die neue Sozialenzyklika Fratelli tutti von Papst Franziskus – Erste ReaktionenVor Kurzem hat der Papst in der Enzyklika zu aktuellen Fragen Stellung genommen. Unser Monitor Religion und Politik fasst die Reaktionen zusammen.Der Papst nimmt in der Enzyklika zu den zu den aktuellen drängenden sozialen, wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Fragen Stellung. Schon lange hat sich ein Papst nicht mehr so deutlich politisch geäußert und Fragen aufgeworfen, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt betreffen. Mit unserem Monitor Religion und Politik fassen wir die Reaktionen aus den Medien und von Experten aus dem deutschsprachigen Raum zusammen.
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Europas Süden und das Corona-Hilfsprogramm der EUAuslandsbüros Süd- und Westeuropa, Athen, Madrid, Paris und RomDie Wahrnehmung der Ergebnisse des EU-Ratsgipfels in Südeuropa – Berichte aus Italien, Spanien, Frankreich, Griechenland und Zypern.
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EU-Institutionen
Anfang des Jahres 2020 erreichte das Coronavirus die ersten europäischen Staaten, und rasch entwickelte sich auf dem gesamten Kontinent eine Pandemie, die die Europäische Union ab Februar/März in umfangreicher Weise ergriff. Es entwickelte sich seitdem eine Krise, die die nationalen Gesundheitssysteme auf die Probe stellt, aber mit all ihren Auswirkungen weit über eine Gesundheitskrise hinweist.
In der ersten Phase der Pandemie wirkte die EU mit ihren Institutionen zunächst ohnmächtig und überfordert. Es kam zu einseitigen nationalen Grenzschließungen, sodass der freie Personen- und Warenverkehr im Schengenraum zum Erliegen kam. Auch bei der Beschaffung und Produktion von dringend benötigtem medizinischen Material wie Masken, Beatmungsgeräten oder Desinfektionsmitteln herrschten in der ersten Phase der Pandemie nationale Ansätze in der EU vor. Im weiteren Verlauf verbesserte sich das Krisenmanagement allerdings zusehends und die EU-Institutionen nahmen insbesondere eine koordinierende Rolle ein. Dies galt zunächst für die Beschaffung von Medizinprodukten, später besonders mit Blick auf die Bestellung und Verteilung von Impfstoffen und hinsichtlich einheitlicher Teststrategien.
Angesichts der schwerwiegenden Krise einigten sich im Sommer 2020 die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedsstaaten bei einem mehrtätigen Ratsgipfel auf ein historisches Finanzpaket, als Antwort auf die Herausforderungen. Dieses Finanzpaket bestand zum einen aus dem neuen, stark vergrößerten Mehrjährigen Finanzrahmen (2021-2027) und zum anderen aus einem zusätzlichen Wiederaufbaufonds. Dieses Finanzpaket hat zum Ziel, die durch die Pandemie ausgelöste Wirtschaftskrise zu überwinden, indem besonders auf nachhaltige und zukunftsweisende Investitionen gesetzt wird.
Ebenfalls ab dem Sommer, zu einem frühen Zeitpunkt der Impfstoffentwicklung, nahm die EU-Kommission die Führungsrolle bei der Impfstoffbeschaffung ein. Mit mehreren relevanten Pharmakonzernen, die die Entwicklung von Vakzinen gegen das Coronavirus bereits vorantrieben, schloss die EU Verträge ab, um die europäischen Bürgerinnen und Bürger von zentraler Stelle gesteuert mit Impfdosen versorgen zu können. Nationalen Alleingängen und Konkurrenzsituationen der EU-Staaten untereinander wollte man hiermit vorbeugen.
Ende des Jahres 2020 ließ die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) den ersten Impfstoff in der EU zu. Mittlerweile sind zwei weitere hinzugekommen und die EU-weit koordinierten Impfkampagnen sind angelaufen. Leider besteht während dieser ersten Phase der Impfungen eine große Knappheit der Dosen. Die Produktionen können nur schleppend hochgefahren werden, sodass das EU-Impfstoffmanagement getrieben von Frust und Ungeduld stark in die Kritik geriet. Besonders die im Sommer geschlossenen Verträge stehen zunehmend im Zentrum der politischen Auseinandersetzungen. Mit Blick auf das Frühjahr ruhen die Hoffnungen auf einer deutlich hochgefahrenen Impfstoffproduktion bei gleichzeitig absinkenden Infektionszahlen. Mittel- bis langfristig hofft man in der EU, mit dem Wiederaufbaufonds den richtigen Weg aus der Krise einzuschlagen.
Thailand
Im internationalen Vergleich gehört Thailand zu den Ländern, die den Ausbruch des Covid-19 Virus gut unter Kontrolle halten konnten. In einem Jahr (der erste Fall außerhalb von China wurde am 13. Januar 2020 in Thailand gemeldet) sind 13.687 Infektionsfälle und 75 Opfer der Pandemie offiziell bestätigt worden (Stand: 25.01.2021). Ende Juli 2020 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Thailand und Neuseeland für eine Filmdokumentation über erfolgreiche Modelle zur Behandlung und Eindämmung von Covid-19 ausgewählt.
Das thailändische Modell wurde anhand von Notstandsregeln zur Pandemie-Bekämpfung entwickelt: Am 25. März 2020 erklärte Premierminister Prayut Chan-o-cha den Ausnahmezustand, um die Verbreitung von Covid-19 in Thailand einzudämmen. Dieser Notstand wurde anschließend jeden Monat verlängert und war Ende Januar 2021 immer noch gültig. Seit Ende März 2020 sind die Außengrenzen des Landes komplett geschlossen. Vom Ende März bis Juli 2020 erlebte Thailand einen ersten Lockdown. Anschließend wurde das Land graduell wieder geöffnet. Zwischen August und Dezember 2020 fand sogar – unter Berücksichtigung neuer „social distancing“-Regeln – eine gewisse Rückkehr zur Normalität im Alltag der Bürger statt.
Die Infektionszahlen sind allerding im Dezember 2020 und Januar 2021 wieder stark angestiegen. Daraufhin hat die Regierung am 2. Januar 2021 einen neuen Teillockdown beschlossen. Dieser führte zu neuen Reisebeschränkungen innerhalb des Landes sowie zu Schließungen von Betrieben, Schulen und Gaststätten. Große Versammlungen von Menschen wurden wieder strikt untersagt. Die Regierung hat zudem die Privatwirtschaft und alle Institutionen, die es einrichten können, zu Telearbeit aufgefordert. Die Impfkampagne soll am 14. Februar in der Samut Sakhon Provinz, da wo die zweite Infektionswelle angefangen hat, mit dem Impfstoff von AstraZeneca starten.
Thailands Wirtschaft wurde von Covid-19 stark beeinträchtigt und soll nach Einschätzung der Weltbank im Jahr 2020 um 6,5 Prozent geschrumpft haben. Die Regierung habe gute Fortschritte bei der Umsetzung eines umfassenden Maßnahmenpakets zur Unterstützung von Haushalten und Unternehmen erzielt, so der neueste Thailand Economic Monitor der Weltbank, der am 20. Januar 2021 veröffentlicht worden ist, unter anderem mit Barzahlungen und Zuzahlung-Programmen. Aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen von Covid-19 seien aber möglicherweise weitere 1,5 Millionen Menschen in die Armut eingetreten. Der thailändische Arbeitsmarkt ist stark betroffen, insbesondere im Tourismussektor (20 Prozent des BIP vor der Krise). Die Arbeitslosigkeit unter jungen Menschen hat stark zugenommen und die Verschuldung der privaten Haushalte ist hoch. Der Bericht der Weltbank betont, dass eine nachhaltige Erholung des Arbeitsmarktes von entscheidender Bedeutung sein wird, damit sich das Land in den Jahren 2021 und 2022 wirtschaftlich wieder erholen kann. Was die Exporte und privaten Investitionen angeht, sind diese 2020 schätzungsweise um 18,5 Prozent bzw. 4,4 Prozent zurückgegangen, während der private Konsum um 1,3 Prozent geschrumpft ist. Gründe dafür sind u.a. die schwache weltweite Nachfrage, ein starker Rückgang des internationalen Tourismus sowie Mobilitätseinschränkungen innerhalb des Landes. Dieses Jahr dürfte sich die Wirtschaft trotz der zweiten Covid-Welle dennoch allmählich erholen, laut der Weltbank. Sie prognostiziert ein Wachstum von 4,0 Prozent im Jahr 2021 und 4,7 Prozent im Jahr 2022. (Vgl. Thailand Economic Monitor, „Restoring Incomes; Recovering Jobs“, Weltbank, 20/01/2021)
– AM Dr. Céline Agathe Caro
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Zwischen Ignoranz und NotstandDer Umgang mit Covid-19 in SüdostasienAlle Länder Südostasiens pflegen enge Beziehungen mit China, die auch Wochen nach dem Ausbruch des Coronavirus SARS-CoV-2 in Wuhan nur zögerlich eingeschränkt wurden. Myanmar, Laos und Vietnam teilen Landgrenzen mit China, die teilweise sehr porös sind. Dennoch sind die offiziell gemeldeten Fallzahlen im globalen Vergleich gering. Die elf Länder haben auf die weltweite Pandemie ganz unterschiedlich reagiert.
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Social Market Economy and the Economic Development of Local CommunitiesKAS-PDA CooperationOn 12 October in Krabi province, Dr. Céline-Agathe Caro, Director of KAS Thailand, attended and gave a welcome remark in a workshop organized by the Population and Community Development Association (PDA) with the support of KAS Thailand. This workshop aims at strengthening the collaboration between the local government and local community groups. The activity assists in the development of local people’s occupational skills to sustain their incomes and empower the communities in the wake of the Covid-19 crisis. In the afternoon, the participants made a study visit at a community enterprise - Baan Nai Nang Bee Farm. This community’s management has been an example of good practices for other communities in the area. The farm builds sustainable income from the materials found locally and, in return, implements environmental protection projects.
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Philippinen
I. Öffentliche Gesundheit
Die interinstitutionelle Task Force für das Management neu auftretender Infektionskrankheiten (IATF) hat ihre Richtlinien ab dem 1. Januar 2021 aktualisiert. Eine ihrer Hauptrichtlinien ist die Erklärung von zwei Arten der Einstufung der Quarantäne in der Gemeinschaft für das gesamte Land vom 1. bis 31. Januar 2021. Das betrifft zum einen die Allgemeine Gemeinschaftsquarantäne (GCQ), zum anderen die modifizierte Allgemeine Gemeinschaftsquarantäne (MGCQ). Andere Richtlinien umfassen die strikte Durchsetzung von Gesundheitsstandards, die Erhöhung der Verfügbarkeit von Quarantäneeinrichtungen, die sofortige Isolierung aller zurückkehrenden Bürger in dafür vorgesehenen Isolierstationen, den Ausbau von Kapazitäten der lokalen Gesundheitssysteme sowie die Vorlage genauer Daten und schließlich die Stärkung von Labor- und Testkapazitäten.
II. Fiskalpolitisch
Der Bayanihan Act zur wirtschaftlichen Wiederbelebung (Bayanihan II) wurde am 11. September 2020 von Präsident Rodrigo Duterte unterzeichnet. Der Fonds umfasst 140 Mrd. PHP, die bereits verfügbar wären, während die Duterte-Verwaltung noch keine Einnahmequellen für die verbleibenden 25,5 Mrd. PHP für den Standby-Fond ermittelt hat. Abgesehen von der oben genannten Mittelzuweisung für den Gesundheitssektor wird der Bayanihan II Act auch für Bildung und ein Programm zur Verbesserung der sozialen Lage der Bevölkerung verwendet und gewährt eine Verlängerung um 60 Tage für Kreditzahlungen.
III. Wirtschaftspolitisch
Die wirtschaftspolitische Reaktion der Philippinen auf Covid-19 besteht aus vier Säulen. Sie haben das Ziel, den am stärksten gefährdeten Personen wie z.B. philippinischen Gastarbeiterinnen und -arbeiter sozialen Schutz zu gewähren und sie mit einem Soforthilfeprogramm zu unterstützen. Die Reaktion erhöhte auch die verfügbaren Ressourcen für medizinische Fachkräfte an vorderster Front.
Die erste Säule besteht in der Soforthilfe für arme und einkommensschwache Haushalte, Angestellte kleiner Unternehmen und andere schutzbedürftige Gruppen durch verschiedene Hilfsprogramme und Lohnzuschüsse. Die zweite Säule ist der Einsatz erhöhter medizinischer Ressourcen zur Bekämpfung von Covid-19 und zur Gewährleistung der Sicherheit von medizinischem Personal. Die dritte Säule ist für monetäre Maßnahmen vorgesehen, um die Wirtschaft am Leben zu erhalten. Die vierte Säule ist für das Konjunkturprogramm zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Aufrechterhaltung des Wachstums vorgesehen, einschließlich Bayanihan II.
IV. Einreisebeschränkungen
Die Einwanderungsbehörde hat Einreisen aus 35 Ländern in die Philippinen verboten. Die erweiterten Reisebeschränkungen wurden am Sonntag, dem 17. Januar 2021, um Mitternacht für Passagiere wirksam, die sich in den 35 eingeschränkten Ländern oder Gebieten befanden oder innerhalb der letzten 14 Tage vor ihrer Ankunft im Land dorthin gereist sind.
Die 35 Länder, aus denen die Einreise auf die Philippinen vorübergehend untersagt ist, sind: Australien, Österreich, Brasilien, Kanada, China, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Hongkong-Sonderverwaltungszone, Ungarn, Island, Indien, Irland, Israel, Italien, Jamaika, Japan, Jordanien, Libanon, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Oman, Pakistan, Portugal, Südafrika, Südkorea, Spanien, Singapur, Schweden, Schweiz, Vereinigte Arabische Emirate, Vereinigtes Königreich und die USA.
Die aktualisierten Beschränkungen werden durch eine Resolution der Inter-Agency Task Force zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten (IATF) abgedeckt, die die Einreise von bestimmten Ländern auf die Philippinen als Schutzmaßnahme gegen die neue Variante des SARS COV 2-Virus einschränkt.
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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COVID-19 and the Future of Doing Business in AsiaThe Konrad Adenauer Stiftung’s regional program on “Socio-Economic Governance in Asia” (SOPAS) has conducted this research, “COVID-19 and the Future of Doing Business in Asia” jointly with the Asian Institute of Management Rizalino S. Navarro Policy Center for Competitiveness (AIM RSN PCC) to outline how the “new normal” will look like. Asia’s resilience to the shocks brought about by COVID-19 provides a first sketch of how the structural changes accelerated by the pandemic have reimagined and reformed the roles of the State and businesses. As businesses in the region resume economic activity, Asian governments and enterprises are in a unique position to define and structure the “new normal”, providing Germany, Europe and the rest of the world a tentative template of how to respond to these unprecedented challenges.
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Zwischen Ignoranz und NotstandDer Umgang mit Covid-19 in SüdostasienAlle Länder Südostasiens pflegen enge Beziehungen mit China, die auch Wochen nach dem Ausbruch des Coronavirus SARS-CoV-2 in Wuhan nur zögerlich eingeschränkt wurden. Myanmar, Laos und Vietnam teilen Landgrenzen mit China, die teilweise sehr porös sind. Dennoch sind die offiziell gemeldeten Fallzahlen im globalen Vergleich gering. Die elf Länder haben auf die weltweite Pandemie ganz unterschiedlich reagiert.
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Myanmar
Als im Januar 2020 die ersten Meldungen über einen neuartigen SARS-Virus die Weltöffentlichkeit erreichten, die Pandemie in China schließlich ihren ersten Höhepunkt fand, blickte Myanmar noch sehr entspannt auf die Weltlage. Selbst als erste COVID-19-Tests ab März 2020 durchgeführt wurden, waren diese durchweg negativ. Es wurden in der Öffentlichkeit gar erste Vermutungen geteilt, die davon ausgingen, dass Myanmar wegen seines trockenen Sommerklimas sowie der „guten“ Lebensführung der mehrheitlich buddhistischen Bevölkerung wohl vom CORONA-Virus verschont bleiben könnte. Bei einer nahezu durchlässigen Grenze von über 2.000 Kilometern zum Nachbarn China mit einem regen täglichen Personen- und Warenverkehr schien diese Einschätzung dennoch trügerisch. Die Situation veränderte sich dann auch schlagartig ab April 2020, als erste Personen positiv auf COVID-19 getestet wurden; Bevölkerung und Regierung reagierten nahezu panisch. Es wurde (erkennbaren) Ausländern auf der Straße und in Gebäuden ausgewichen, war das Virus, so ein gängiges Narrativ auch der Regierung, doch von „Westlern“ eingeschleppt worden. Diese Einstellung wurde jedoch relativiert, als Mitte 2020 auch erste inländische Übertragungen nachgewiesen wurden.
Die Regierung reagierte prompt, weitreichende Beschränkungen des Alltagslebens wurden beschlossen, die größtenteils auch Ende Januar 2021 weiterhin in Kraft sind. Hierzu zählen: Einstellung bzw. Beschränkungen des in- und ausländischen Flug- und Reiseverkehrs, Ausgangs- und Versammlungsbeschränkungen, Schließung von Fabriken, Geschäften und Büros, nächtliche Ausgangssperren, Maskenpflicht und Infektionsschutz, Meldepflicht bei den örtlichen Gesundheitsbehörden bei der Feststellung erster Symptomen, … Zeitweise wurde die Einhaltung der Restriktionen von der Bevölkerung diszipliniert befolgt und von den örtlichen Regierungsstellen stark überwacht; Geldstrafen bei Nichtbeachtung angedroht. Mittlerweile hat man zumindest in der Handelsmetropole Yangon den Eindruck, als wäre das Bewusstsein bei der Bevölkerung, sich mit COVID-19 infizieren zu können, nicht mehr so stark ausgeprägt; fast alle Geschäfte haben ihre Türen wieder für den Kundeverkehr geöffnet. Dies mag an den sinkenden Fallzahlen liegen (zwischen 400-500 täglich landesweit), allerdings wird auch weniger als zu Hochzeiten im Oktober und November 2020 (1.200-1.400) getestet; täglich werden etwa 20.000 COVID-19-Test landesweit bei einer Gesamtbevölkerung von 56 Millionen durchgeführt. Das Gesundheitssystem Myanmars, das zu den schwächsten in ganz Asien zählt, stand zeitweise vor dem Zusammenbruch. Die befürchtete Katastrophe ist dennoch ausgeblieben, die Regierung hat weitestgehend besonnen auf die Entwicklungen reagiert und entsprechend agiert. Mittlerweile hat sich die Situation entspannt. China konnte durch großzügige Spenden (Masken, Test-Kits, Laboreinrichtung) politisch punkten, aber auch Japan und Süd-Korea - und mit einigem Abstand dann auch die EU. Erste Impfungen (100.000) sollen ab Januar 2021 starten.
Wenngleich die Pandemie noch andauert, dürften bereits jetzt die langfristigen Konsequenzen und Prognosen für die Entwicklung Myanmars einschneidend sein. Die Regierung hat zwar Hilfsprogramme für die notleidende Bevölkerung und Wirtschaft verabschiedet, damit jedoch die Staatsverschuldung des (ohnehin armen) Landes weiter in die Höhe getrieben. Die Wirtschaftsleistung ist um 7 Prozentpunkte eingebrochen, Massenentlassungen in Produktions- und Handelsstätten durch den Einbruch von Lieferketten verschärfen die sozioökonomischen Folgen der Pandemie zusätzlich. Nach Berichten der Weltbank könnten die Bemühungen zur Bekämpfung der Armut in Myanmar während der letzten 20 Jahre durch die COVID-19-Pandemie zunichtegemacht worden sein.
– AM Thomas Knirsch
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Zwischen Ignoranz und NotstandDer Umgang mit Covid-19 in SüdostasienAlle Länder Südostasiens pflegen enge Beziehungen mit China, die auch Wochen nach dem Ausbruch des Coronavirus SARS-CoV-2 in Wuhan nur zögerlich eingeschränkt wurden. Myanmar, Laos und Vietnam teilen Landgrenzen mit China, die teilweise sehr porös sind. Dennoch sind die offiziell gemeldeten Fallzahlen im globalen Vergleich gering. Die elf Länder haben auf die weltweite Pandemie ganz unterschiedlich reagiert.
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Wahlen 2020 in Myanmar…und der mögliche Einfluss ethnischer ParteienAm 8. November 2020 werden in Myanmar trotz der Unwägbarkeiten der COVID-19-Pandemie die dritten allgemeinen Wahlen nach den politischen Reformen von 2010 durchgeführt. 93 politische Parteien mit über 7.000 Kandidatinnen und Kandidaten werden um die 1.171 Sitze in beiden Kammern des Unionsparlaments und in den sieben Staaten- und sieben Regionalparlamenten kandidieren. Bei den diesjährigen Parlamentswahlen sind über 37 Millionen Bürgerinnen und Bürger wahlberechtigt, von denen 5 Millionen Erstwählerinnen und Erstwähler sind.
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Malaysia
Als Reaktion auf die Covid-19 Pandemie verhängte die malaysische Regierung ab dem 18. März 2020 einen Movement Control Order (MCO), der die Schließung aller Bildungseinrichtungen, die Schließung aller staatlichen und privaten Arbeitsstätten mit Ausnahme von systemrelevanten Dienstleistungen sowie allen Freizeiteinrichtungen, wie Theater, Kinos, etc. vorsah. Es wurden landesweit zahlreiche Polizei-Kontrollen aufgestellt und Reisen über Distrikt- und Bundeslandgrenzen hinweg wurden eingeschränkt. Der im März 2020 verhängte MCO wurde mehrmals verlängert und in dieser oder etwas abgeschwächter bzw. lokalisierter Form (Conditional Movement Control Order (CMCO)) bis August 2020 aufrechterhalten. Erst ab September kam es zu Lockerungen.
Da nach den Regionalwahlen in Sabah Ende September die Covid-19 Fälle landesweit drastisch stiegen, da sich allen voran Politiker während des Wahlkampfs nicht an die Abstands- und Hygieneverordnungen hielten, wurden Mitte Oktober vielerorts wieder ein CMCOs verhängt, die die Bewegungsfreiheit zwischen Distrikten eingeschränkt und Home-Office für nicht systemrelevante Betriebe vorschrieben. Obwohl die Fallzahlen weiter stiegen, wurden im Dezember 2020 die Regeln gelockert, so dass über Weihnachten und Neujahr sogar Reisen innerhalb Malaysias wieder unbegrenzt möglich waren.
Resultat dieser verfrühten Lockerungen ist, dass im Januar 2021 die Fälle in solch dramatischem Ausmaß steigen, dass die Summe der Fallzahlen zwischen Dezember und Januar höher sind, als die zwischen März-November 2020 zusammengerechnet. Ab 13. Januar 2021 wurde deshalb erneut ein MCO verhängt, der höchst wahrscheinlich bis Mitte Februar anhalten wird, und im Ausmaß dem vom März 2020 ähnelt.
Die Grenzen Malaysias sind seit März 2020 geschlossen und Ausländer können nicht nach Malaysia einreisen. Es gibt nur einige wenige Ausnahmen, wie z. B. für Diplomaten. Generell ist seit Beginn der Covid-19 Pandemie eine deutliche Zunahme an Xenophobie in Malaysia spür- und erkennbar. Fallzahlen werden, wie auch im benachbarten Singapur, nach Aufenthaltsstatus und Visumsart der Patienten kategorisiert und entsprechend verkündet.
Bei 31,5 Mio Einwohnern gab es am 24.Januar 2021 insg. 3346 neue Fälle und damit 41.677 aktive Fälle im Land, die meisten davon in Selangor, Sabah und Kuala Lumpur. Die Zahl der Todesfälle lag am 24. Januar 2021 bei 678 insgesamt, was einer Verdopplung seit Ende November 2020 entspricht.
Malaysia hat Impfstoffe von verschiedenen Anbietern bestellt und beabsichtigt, im zweiten Quartal 2021 mit den Impfungen zu beginnen und das Impfprogramm in Phasen über einen Zeitraum von 12 Monaten durchzuführen. Das Land plant etwa 80 Prozent seiner Bevölkerung zu impfen. Eine gut durchdachte Roll-Out Strategie für die Impfungen fehlt allerdings aktuell noch.
Nur wenige Wochen vor Beginn der Covid-19 Pandemie kam es in Malaysia zu einem unerwarteten Regierungswechsel. Die Regierungskoalition Pakatan Harapan unter Premierminister Mahathir, die zu dem Zeitpunkt noch keine zwei Jahre die Regierung stellte, zerbrach Ende Februar 2020. Die neue Regierung unter Prime Minister Muhyiddin Yassin wurde bis heute nicht demokratisch im Amt bestätigt. Sie scheint von Anfang an sehr mit sich selbst und einem Machterhalt um jeden Preis sowie mit der Bekämpfung der Pandemie beschäftigt gewesen zu sein, als dass sie auch knapp ein Jahr nach Regierungsübernahme irgendwelche erkennbaren politischen Akzente setzte. Am 12. Januar 2021 wurde zudem überraschend mit sofortiger Wirkung und bis voraussichtlich August ein State of Emergency ausgerufen. Als offizieller Grund wurde die Covid-19 Situation angegeben, allerdings hat die aktuelle Regierung auch großes Interesse daran, die längst überfälligen Nationalwahlen aufzuschieben und das Parlament auszusetzen. Damit gehört Malaysia leider zu den Ländern in der Welt, in denen es zu einem Demokratiezerfall unter dem Deckmantel der Pandemiebekämpfung kommt.
– AM Miriam Fischer
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Zwischen Ignoranz und NotstandDer Umgang mit Covid-19 in SüdostasienAlle Länder Südostasiens pflegen enge Beziehungen mit China, die auch Wochen nach dem Ausbruch des Coronavirus SARS-CoV-2 in Wuhan nur zögerlich eingeschränkt wurden. Myanmar, Laos und Vietnam teilen Landgrenzen mit China, die teilweise sehr porös sind. Dennoch sind die offiziell gemeldeten Fallzahlen im globalen Vergleich gering. Die elf Länder haben auf die weltweite Pandemie ganz unterschiedlich reagiert.
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Kambodscha
Nach einem Jahr ist Kambodscha weltweit eines der wenigen Länder ohne offizielle COVID-19-Todesfälle und verzeichnete im Laufe der Pandemie insgesamt unter 500 Infektionsfälle (Stand 25.01.2020: 458). Ein Grund für die niedrigen Infektionszahlen ist zunächst die geringe Testrate im Land. So kamen nur 23 Tests auf 1000 Einwohner und von 1000 Test verzeichneten nur 1,2 ein positives Ergebnis. Weitere Gründe sind die klimatischen Umstände und sozialen Lebensbedingungen. Die Mehrheit der Kambodschaner leben in ländlichen Gebieten und ein Großteil ihres Lebens spielt sich außerhalb von geschlossenen Räumen ab. Jenseits der wenigen großen Städte besteht kaum öffentlicher Nahverkehr Letztlich konnte auch das frühe und scharfe Durchgreifen der Regierung sowie die gewissenhafte Befolgung der Einschränkungsmaßnahmen durch die Bevölkerung eine Ausbreitung der Pandemie verhindern. Das Gesundheitsministerium benannte zu Beginn des Ausbruchs das französische Institut Pasteur du Cambodge als einziges offizielles Testzentrum des Landes und führte eine effektive Bekämpfungsstrategie.
Die beschlossenen Maßnahmen umfassten nach den ersten lokalen Infektionen im März 2020 scharfe Bewegungseinschränkungen sowie Absagen von Massenversammlungen und Feierlichkeiten. Auch wenn die Kontaktnachverfolgung nicht so fortschrittlich wie in ostasiatischen Ländern war, konnte durch gezieltes Testen von potentiellen Clustern in Ballungsräumen beispielsweise in Unterkünften von Wander- oder Textilarbeitern größere Ansteckungsketten verhindert werden. Einen sog. harten Lockdown gab es nur in den zwei Monaten im März und April 2020. Die meisten Infektionen waren durch Reisende und Rückkehrer aus dem Ausland zu verzeichnen – zuletzt im Januar 2021 von kambodschanischen Wanderarbeitern, die aus Thailand zurückkehrten. Spürbare Einschränkungen gibt es daher nach wie vor noch bei der Einreise aus dem Ausland in das Königreich. Touristenvisa werden aktuell nicht ausgestellt. Dienstreisen sind, wenn auch unter strengen Auflagen, weiterhin möglich. Alle Einreisenden müssen 14 Tage lang in ein Quarantäne-Hotel, das von der Regierung ausgewählt und geprüft wird.
In Kambodscha sind die meisten Gegenmaßnahmen mittlerweile aufgehoben worden und der Alltag ist wieder relativ normal. Die Gesichtsmaske und Temperaturmessung sind im Alltag nach wie vor überall präsent. Schulen, Universitäten und Museen sind seit Jahresbeginn 2021 wieder geöffnet, Bars und Diskotheken bereits seit Mitte des vergangenen Jahres. Eingeschränkt sind lediglich Großveranstaltungen, deren Teilnehmerzahl strengen Regulierungen unterliegen. Der Betrieb von Restaurants, Einkaufsläden, Cafés und Märkten ist weiterhin erlaubt. Es sind Hygiene- und Abstandsregeln sowie das Tragen von Masken vorgeschrieben, die jedoch nicht kontrolliert werden. Dennoch wird insbesondere das Tragen von Gesichtsmasken und das regelmäßige Desinfizieren zumindest in den Städten von weiten Teilen der Bevölkerung gewissenhaft befolgt.
Es ist davon auszugehen, dass die strengen Reisebeschränkungen weiter bestehen bleiben und bei neu ansteigenden Zahlen eine sofortige Verschärfung der Maßnahmen eingeleitet werden könnte. Ein erneuter, stärkerer Ausbruch von Covid-19 wäre für das unterentwickelte kambodschanische Gesundheitssystem fatal – insbesondere, da kaum Beatmungsmasken und Intensivbetten zur Verfügung stehen.
– AM Isabel Weininger, Maurizio Paciello
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Zwischen Ignoranz und NotstandDer Umgang mit Covid-19 in SüdostasienAlle Länder Südostasiens pflegen enge Beziehungen mit China, die auch Wochen nach dem Ausbruch des Coronavirus SARS-CoV-2 in Wuhan nur zögerlich eingeschränkt wurden. Myanmar, Laos und Vietnam teilen Landgrenzen mit China, die teilweise sehr porös sind. Dennoch sind die offiziell gemeldeten Fallzahlen im globalen Vergleich gering. Die elf Länder haben auf die weltweite Pandemie ganz unterschiedlich reagiert.
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#Covid19kh Q&ACovid-19 has infected people about the world, but we believe that together we can stop this virus. KAS Cambodia would like to introduce “KAS Q&A Session about Covid-19”. In next episodes of this session, we will provide information and methods how to protect yourself and others from Covid-19. Together we can stop Covid-19 #Covid19kh
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Indonesien und Ost-Timor
Indonesien wurde hart von der COVID-19-Pandemie getroffen. Die Infektionszahlen sind bis Ende des Jahres 2020 rasant angestiegen, die Positivrate bei Testungen und die Zahl der durch das COVID-19-Virus verursachten Todesfälle sind die höchsten in Südostasien. Ende Dezember erreichte die Positivrate bei Testungen auf das COVID-19-Virus 22 Prozent, womit Indonesien an vierter Stelle im weltweiten Vergleich liegt. Insgesamt wurden bislang ca. 900.000 Infektionen und 26.000 Todesfälle registriert, die tägliche Zahl an Neuinfektionen liegt bei 10.000. Die Kapazität für Testungen ist sehr beschränkt, mit 300.000 Tests wöchentlich erreicht Indonesien (269 Mio. Einwohner) gerade knapp die von der WHO empfohlene Mindestzahl von 1 Test pro 1000 Einwohner. Experten gehen daher von deutlich höheren realen Infektionszahlen aus.
Eine besondere Schwachstelle bei der Bekämpfung der Pandemie ist das in vielen Teilen des Landes nur unzureichend entwickelte Gesundheitssystem. Die Bettenbelegung in den Krankenhäusern (bed occupancy rate – BOR) hat im Dezember im landesweiten Vergleich 64 Prozent erreicht, in der bevölkerungsreichsten Stadt Jakarta liegt sie mittlerweile bei 85 Prozent. Damit ist die Grenze der Belastbarkeit des Gesundheitssystems bald erreicht.
Zur Eindämmung der Virusverbreitung wurden in ganz Indonesien Mobilitätseinschränkungen eingeführt. Die Hauptstadt Jakarta, aber auch weitere bevölkerungsreiche Provinzen auf der Insel Java und auf Bali haben teilweise Ausgangssperren verhängt, die Grenzen zum Ausland wurden bis auf weiteres geschlossen.
Mit Blick auf die kritische Lage hat Staatspräsident Joko Widodo zum Ende des Jahres 2020 sein Regierungsteam neu aufgestellt. Es wurden sechs Minister ausgetauscht und eine Reihe von stellvertretenden Ministern neu ernannt. Als wichtigste Personalie wurde von den indonesischen Medien die Auswechslung des Gesundheitsministers bewertet. Der bisherige Amtsinhaber Terawan Putranto, ein pensionierter Armeegeneral, hatte mit einer schwachen Leistung die Corona-Krise nicht in den Griff bekommen. Verärgert war Präsident Widodo zudem über die langsame und unzureichende Beschaffung von Impfstoff für die Immunisierung der 269 Millionen Indonesier. Zum neuen Ressortchef wurde deshalb der bisherige Vizeminister für Staatliche Unternehmen, Budi Gunadi Sadikin, ernannt. Mit seiner Erfahrung als ehemaliger Topmanager im Bankwesen und Leiter der nationalen Task Force für die Wirtschaftsbelebung wird seine Aufgabe vor allem die erfolgreiche Durchführung des nationalen Impfungsprogramms sowie die Verbesserung der infrastrukturellen Ausstattung der Krankenhäuser sein. Er ist der erste Nichtmediziner auf diesem Ministerposten.
Die wichtigste Aufgabe der neuen Regierung werden die erfolgreiche Durchführung des nationalen Impfprogramms gegen das Covid-19-Virus sowie die wirtschaftliche Wiederbelebung sein. Indonesien hat bereits 3 Millionen Dosen des chinesischen Impfstoffs Corona Vac erhalten, am 13. Januar 2021 wurde mit den Impfungen offiziell begonnen. Um ausreichend Immunität für die 269 Millionen Indonesier zu gewährleisten, müssen mindestens 181 Millionen Menschen geimpft werden. Der neue Gesundheitsminister rechnet deshalb mit einem Bedarf von mindestens 426 Millionen Impfstoff-Dosen. Bislang wurden jeweils 100 Millionen Dosen von vier Impfstoff-Herstellern verbindlich bestellt: Pfizer-BionTech, AstraZeneca, Novavax und Sinovac. Hinzu kommen 16 Millionen Dosen über das internationale Verteilungssystem Covax-Gavi. Der staatseigene Pharmakonzern Bio Farma will wöchentlich 16 bis 17 Millionen Impfdosen des chinesischen Herstellers Sinovac produzieren. Präsident Joko Widodo hofft, dass die Impfung der gesamten Nation bis März 2022 abgeschlossen werden kann.
Weitere Informationen: Indonesien: Kabinettsumbildung soll Pandemiebekämpfung verbessern
– AM Jan Senkyr
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Indonesien: Kabinettsumbildung soll Pandemiebekämpfung verbessernIndonesien wurde von der COVID-19-Pandemie hart getroffen. Die Infektionszahlen sind in den letzten Wochen rasant angestiegen, die Positivrate bei Testungen und die Zahl der durch das COVID-19-Virus verursachten Todesfälle sind die höchsten in Südostasien. Präsident Joko Widodo will nun mit einer Kabinettsumbildung die Regierung besser für die Bewältigung der Pandemie und ihrer wirtschaftlichen und sozialen Folgen aufstellen.
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4. Deutsch-Indonesischer StrategiedialogCharting Bilateral and International Cooperation for Resilience in Health CrisisDie Konrad-Adenauer-Stiftung in Indonesien führt seit vier Jahren gemeinsam mit dem Centre for Strategic and International Studies (CSIS) in Jakarta einen Deutsch-Indonesischen Strategiedialog durch.
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Zwischen Ignoranz und NotstandDer Umgang mit Covid-19 in SüdostasienAlle Länder Südostasiens pflegen enge Beziehungen mit China, die auch Wochen nach dem Ausbruch des Coronavirus SARS-CoV-2 in Wuhan nur zögerlich eingeschränkt wurden. Myanmar, Laos und Vietnam teilen Landgrenzen mit China, die teilweise sehr porös sind. Dennoch sind die offiziell gemeldeten Fallzahlen im globalen Vergleich gering. Die elf Länder haben auf die weltweite Pandemie ganz unterschiedlich reagiert.
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Vietnam
Vietnam hat eine erstaunliche Bilanz bei der Bekämpfung der Covid-19-Pandemie vorzuweisen. Das Land steuert bisher sehr erfolgreich durch die Krise. Der Umgang mit der Covid-19-Pandemie stellte zwar auch Vietnam vor enorme Herausforderungen, die aber gesundheitspolitisch und wirtschaftlich im globalen Vergleich sehr gut bewältigt wurden. Auch von der WHO werden die Anstrengungen Vietnams als proaktiv und konsistent gelobt.
Ein Schlüssel dafür liegt in frühzeitig entschlossenem Handeln von Regierung, Behörden und auch der Bevölkerung. Als im Februar 2020 die Zahl der Infizierten stabil bei 16 Fällen lag, wurden bereits die Schulen geschlossen, eine Quarantäne- und Maskenpflicht eingeführt und viel getestet. Auch ein Jahr später, bei insgesamt knapp 1.600 Infektions- und 35 Todesfällen, bleiben die Grenzen weitgehend geschlossen. Die Infektionszahlen innerhalb Vietnams liegen monatelang nahe null, neue Fälle werden vor allem bei Rückkehrern beziehungsweise Einreisenden registriert, die sich unmittelbar nach Ankunft in Quarantäne begeben müssen. Ein kurzes Aufflammen mit einigen Infektionsfällen im Sommer 2020 und im Winter 2020/2021 konnte rasch eingedämmt werden.
Ein zweiter Schlüssel zum Erfolg bei der Pandemiebekämpfung liegt in dem autoritären System und der Durchsetzungsmacht der Kommunistischen Partei und Regierung. Ohne auf Freiheitsrechte oder föderale Strukturen besondere Rücksicht nehmen zu müssen, konnten weitreichende Maßnahmen schon zu einem Zeitpunkt ergriffen werden, in denen sie aus westlicher Sicht noch unverhältnismäßig erschienen. Die Kontrollmöglichkeiten des Systems lassen in Zeiten wie diesen eine intensive Nachverfolgung von Infektionsentwicklungen zu, jedenfalls so lange sich die Zahlen im unteren Bereich bewegen. Hinzu kommt, dass die Behörden weitgehende Transparenz bei der Information über die Virusausbreitung an den Tag legten, und auch die sozialen Medien konnten als alternative Informationsquellen genutzt werden. Groß angelegte Öffentlichkeitskampagnen taten ein Übriges. So stammt der global viral gegangene „Corona-Song“ zum Händewaschen aus Vietnam.
Ein dritter Faktor ist die allgemeine Akzeptanz in der Bevölkerung, für das Wohl der Gesellschaft auch erhebliche Einschränkungen hinnehmen zu müssen, um gemeinsam im Kampf gegen das Virus erfolgreich sein zu können. Letztendlich trägt wohl auch das Wissen um die Qualität und die begrenzten Kapazitäten des staatlichen Gesundheitssystems dazu bei, dass die Vorgaben befolgt werden.
Die Pandemie hat aber dennoch auch Vietnams „sozialistisch orientierte Marktwirtschaft“ getroffen, die Arbeitslosigkeit ist gestiegen, Sektoren wie Tourismus sind schwer getroffen, auch Lieferketten waren zeitweise gestört. Die Erfolge in der Covid-19-Bekämpfung haben aber dazu geführt, dass Vietnam eines der wenigen Länder weltweit sein wird, das 2020 ein Wirtschaftswachstum verzeichnen kann. Schätzungen zufolge wird es zwischen zwei und drei Prozent liegen. Absolut gesehen wuchs die Wirtschaft also, relativ zu den Vorjahreszahlen gesehen verlangsamte sich das Wachstum jedoch, und so ist die Gefahr für die Wirtschaft durch die Pandemie auch in Vietnam nicht gebannt.
Vietnam jedenfalls hat guten Grund, an seiner Strategie zur Virusbekämpfung festzuhalten. Kaum ein anderes Land hat diesbezüglich bisher erfolgreicher gehandelt als Vietnam. Wenn der Zeitpunkt gekommen ist, dass Einreisebeschränkungen gelockert werden, um Tourismus, Wirtschaftsbeziehungen und politischen Austausch wiederzubeleben, dann wird es darauf ankommen, dass dies mit Augenmaß geschieht.
– AM Peter Girke
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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COVID-19 and the Future of Doing Business in AsiaThe Konrad Adenauer Stiftung’s regional program on “Socio-Economic Governance in Asia” (SOPAS) has conducted this research, “COVID-19 and the Future of Doing Business in Asia” jointly with the Asian Institute of Management Rizalino S. Navarro Policy Center for Competitiveness (AIM RSN PCC) to outline how the “new normal” will look like. Asia’s resilience to the shocks brought about by COVID-19 provides a first sketch of how the structural changes accelerated by the pandemic have reimagined and reformed the roles of the State and businesses. As businesses in the region resume economic activity, Asian governments and enterprises are in a unique position to define and structure the “new normal”, providing Germany, Europe and the rest of the world a tentative template of how to respond to these unprecedented challenges.
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Zwischen Ignoranz und NotstandDer Umgang mit Covid-19 in SüdostasienAlle Länder Südostasiens pflegen enge Beziehungen mit China, die auch Wochen nach dem Ausbruch des Coronavirus SARS-CoV-2 in Wuhan nur zögerlich eingeschränkt wurden. Myanmar, Laos und Vietnam teilen Landgrenzen mit China, die teilweise sehr porös sind. Dennoch sind die offiziell gemeldeten Fallzahlen im globalen Vergleich gering. Die elf Länder haben auf die weltweite Pandemie ganz unterschiedlich reagiert.
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Independent Assessment of Vietnam's Macro-economic Performance in Q3/2020Quarterly Report III/2020 - VEPRDespite serious impact of the Covid-19 pandemic Vietnam records positive growth rate in the third quarter of 2020, reaching 2.62% year on year increase. For the first nine months of the year, GDP increased by 2.12% (yoy).
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Taiwan
Bereits sehr früh im Januar 2020 hatte Taiwan begonnen mit seinem nationalen Seuchenkontrollzentrum umfassende Eindämmungsmaßnahmen zu treffen um eine Ausbreitung des Corona-Virus zu verhindern. Mit großem Erfolg. Größere Infektionsherde konnten durch einen Mix an strengen Quarantäne-Bestimmungen, einem ausgeklügelten Nachverfolgungssystem per Handy-Tracing, klarer und transparenter Kommunikation, einem modernen und gut ausgestatteten Gesundheitssystem und aufgrund einer raschen Entwicklung von PRC und Schnelltests und dem Ausbau der heimischen Produktion von Mundschutzmasken, verhindert werden.
Beschränkungen im öffentlichen Leben blieben auf die vorübergehende Einstellung des Flugverkehrs, strengen Einreisebestimmungen und einer zeitweise eingesetzten Verlängerung der Schul- und Semesterferien begrenzt. Einen Lockdown gab es zu keinem Zeitpunkt der Pandemie. Zwischen Mitte April 2020 und Ende Dezember 2020 gab es über acht Monate lang überhaupt keine lokalen Infektionen. Einzelne Fälle tauchten lediglich durch Einreisende auf, die aufgrund der Quarantänebestimmungen jedoch bereits isoliert waren und keine weiteren Infektionsketten auslösten.
Erst Mitte Januar 2021 wurde wieder ein größeres Cluster rund um eine lokal aufgetretene Infektion in einem Krankenhaus im Norden Taiwans festgestellt. In der Konsequenz wurden alle Personen, die sich über einen bestimmten Zeitpunkt im Krankenhaus befunden hatten (mehr als 5000 Personen), in Heimquarantäne geschickt. Mit Stand 25.01.2021 liegt die Gesamtzahl der Infektionen seit Ausbruch des Virus in Wuhan, bei unter 900 Fällen, wovon sieben Menschen mit oder an Covid-19 verstarben.
Taiwans Krisenmanagement in Jahr 1 der Pandemie kann als Vorbild für Länder weltweit herangezogen werden, insbesondere bei der Debatte um Lösungen für eine effiziente Nachverfolgung von Infektionsketten. Die konsequente und schnelle Reaktion der Regierung, die effektive Nutzung der digitalen Infrastruktur und eine Synchronisierung von Gesundheits- und Reisedaten (Auslandsreisen) der Menschen sind einer der Hauptgründe, warum eine Ausbreitung der Pandemie verhindert werden konnte. Durch die stringente Nachverfolgung von Infektionsketten musste das öffentliche Leben bisher nie in größerem Umfang heruntergefahren werden. Dadurch hat das Land die Krise auch wirtschaftlich relativ unbeschadet überstehen können. Eine Rezession konnte vermieden und für das Gesamtjahr 2020 ein leichtes Wachstum verzeichnet werden. Vor allem der Tourismussektor und jene exportabhängigen Wirtschaftsbereiche, die durch Unterbrechungen in den globalen Lieferketten betroffen sind, erlitten allerdings heftige Einbrüche und wurden mit wirtschaftlichen Hilfsmaßnahmen aufgefangen. Für den Fall weiterer lokaler Infektionscluster und einem eventuellen Ausbreitungsmuster ist ein Maßnahmenkatalog angelegt, der dann schrittweise zur Anwendung kommt.
– AM David Merkle
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Pandemiebekämpfung in TaiwanMit Digitalisierung und Vertrauen zum ErfolgTaiwans hervorragende Bilanz in der Pandemiebekämpfung ist zu einem gefragten Modell für Diskussionen weltweit geworden. Neben einer effektiven Koordination zwischen verschiedenen Behörden auf nationaler und lokaler Ebene, hat Taiwan dabei vor allem auf eine ausgeklügelte Datenpolitik zurückgreifen können. Die Pandemiebekämpfung made in Taiwan taugt als Vorbild für demokratische Gesellschaften weltweit, erfordert aber auch die Bereitschaft auf Seiten der Gesellschaft, bei Einreise, im Corona-Verdachtsfall und während der Quarantäne, den Schutz persönlicher Daten zugunsten gesellschaftlicher Sicherheit hintenan zu stellen.
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„Für Taiwan ist Corona eine Chance“#KASkonkret_15: Wie stellen wir uns der Krise?Klaus Bardenhagen, freier Journalist in Taiwan, sprach bei #KASkonkret über die taiwanesische Strategie gegen das Virus, kritische Bürger und mögliche Lehren für Deutschland.
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Südkorea
Die Infektionszahlen in Südkorea sind mit maximal 1.237 täglichen Neuinfektionen Ende Dezember 2020 im internationalen Vergleich durchgehend auf niedrigem Niveau verblieben. Hierfür waren und sind im Wesentlichen drei Faktoren auszumachen, nämlich schnelle Reaktionen und gezielte Testverfahren (Epidemie-Erfahrung), compliance der Bevölkerung mit Maßnahmen (Maskenpflicht, social distancing u.a.) auch ohne Zwang, sowie die digitale Infrastruktur, mit der Infektionswege nachvollzogen und Informationen verteilt werden. Aktuell ist auch die Republik Korea nichtsdestotrotz mit einer dritten Welle konfrontiert.
Staatliche Maßnahmen wurden im Zeitverlauf systematisiert, aber auch situationsabhängig flexibel kombiniert und mehrfach gelockert oder verschärft. Bis dato kam es zu keinem umfassenden lockdown. Privatunternehmen, insbesondere Einzelhandel und Gastronomie konnten durchgehend geöffnet bleiben, zeitweise mit verkürzten Öffnungszeiten oder Auflagen. Private Versammlungen wurden zeitweise auf vier Personen beschränkt, Schulen in Abhängigkeit vom Infektionsgeschehen auf Online-Unterricht verpflichtet.
Die unterschiedlichen Entwicklungsphasen der Pandemie hatten merklichen Einfluss auf die politische Auseinandersetzung sowie die Wahrnehmung und Umfragewerte des Präsidenten und seiner Partei, dessen Formen vom beeindruckenden Wahlsieg im Mai bis zum Negativrekord, Abgesängen und Rücktrittsforderungen zu Infektionshochzeiten reichten.
Die erste Welle Anfang Februar 2020, die Südkorea direkt nach China zum am stärksten betroffenen Land machte, konnte maßgeblich auf Infektionen innerhalb einer Sekte zurückgeführt werden. Besonders in der Millionenstadt Daegu sowie der angrenzenden Provinz Nord-Gyeongsang war die Situation Mangels Erfahrung mit dem Virus sehr angespannt.
Ende Juni 2020 führte Südkorea ein dreistufiges social-distancing-Maßnahmensystem ein. Aufgrund größerer Infektionscluster in Kirchen sowie Ausbrüchen im Rahmen von Massendemonstrationen insbesondere in der Hauptstadt Seoul und ihrer Umgebung kam es Anfang/Mitte August 2020 zu einer zweiten Welle. Die Regierung zögerte in der Folge die höchste Stufe auszurufen und führte eine weitere Zwischenstufe 2.5 ein. Zum 1. November 2020 wurde das System offiziell auf fünf Stufen erweitert (1 | 1.5 | 2 | 2.5 | 3).
Für die seit Jahresende 2020 aufgekommene dritte Welle ist keine eindeutige Ursache erkennbar. Es kommt vermehrt zu Clustern im privaten Bereich und höchstwahrscheinlich spielt der Winter eine große Rolle. Im Zentrum der Entwicklung steht erneut die Hauptstadtregion.
Unabhängig von den getroffenen Maßnahmen trägt der überwiegende Großteil der Südkoreaner seit Beginn der ersten Welle eine Maske (überwiegend FFP2). Seit dem 26. Mai 2020 gilt zudem eine offizielle Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln, welche am 13. Oktober auf den öffentlichen Raum ausgeweitet und zudem durch die Einführung von Geldbußen nochmals verschärft wurde. Die Quote der "Maskenverweigerer" ist entsprechend klein und dürfte bei unter einem Prozent liegen.
Das südkoreanische Tracking- und Monitoring System wurde im Rahmen einer Kooperation von Ministry of Science and Information & Communication Technology, Ministry of Land, Infrastructure and Transport sowie Korea Centers for Disease Control and Prevention (KCDC)* entwickelt und beruht im Wesentlichen auf fünf Informationsquellen, nämlich Auskünften der Infizierten, Daten aus dem bargeldlosen Zahlungsverkehr, Daten aus Mobiltelefonen, Entry Logs und Aufnahmen von Überwachungskameras. Die rechtliche Grundlage zur Auswertung dieser Daten, das „Gesetz zur Prävention und Kontrolle von Infektions-krankheiten“ / „Infektionskrankheiten-Präventionsgesetz“, wurde im Nachgang von MERS (2015) geschaffen.
Seit 01.01.2021 können deutsche Staatsbürger wieder Visa für Kurzzeitreisen beantragen. Ab dem 08.01.2021 muss allerdings bei Reisen nach Südkorea ein negatives PCR-Test-Ergebnis im Original in englischer oder koreanischer Sprache vorgelegt werden, das innerhalb von 72 Stunden vor Ausreise ausgestellt wurde.
– AM Thomas Yoshimura
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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COVID-19 und DigitalisierungDaten als Schlüssel im Kampf gegen das VirusImpfstoffe geben Hoffnung auf einen Ausweg aus der Pandemie. Gleichzeitig wird deutlich, dass uns die Notwendigkeit zu Social Distancing und Beschränkungen zumindest noch eine Weile erhalten bleiben wird. Welche Mittel und Eingrenzungen von Rechten und Freiheiten nötig und gewollt sein können, um das Recht auf körperliche Unversehrtheit, aber auch andere Freiheiten zu schützen, ändert sich mit fortschreitender Zeit und Erkenntnis. Das demokratische Korea setzte seit Beginn auf digitale Methoden.
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COVID-19 and the Future of Doing Business in AsiaThe Konrad Adenauer Stiftung’s regional program on “Socio-Economic Governance in Asia” (SOPAS) has conducted this research, “COVID-19 and the Future of Doing Business in Asia” jointly with the Asian Institute of Management Rizalino S. Navarro Policy Center for Competitiveness (AIM RSN PCC) to outline how the “new normal” will look like. Asia’s resilience to the shocks brought about by COVID-19 provides a first sketch of how the structural changes accelerated by the pandemic have reimagined and reformed the roles of the State and businesses. As businesses in the region resume economic activity, Asian governments and enterprises are in a unique position to define and structure the “new normal”, providing Germany, Europe and the rest of the world a tentative template of how to respond to these unprecedented challenges.
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Der isolierte Vorsitzende, der 80-jährige Reformer und die „lahme Ente“Politischer Wettbewerb in Korea bleibt von Abwechslung und Corona geprägtAnlässlich der Wahl eines neuen Vorsitzenden in der Regierungspartei lohnt sich der Blick auf die aktuellen politischen Verhältnisse in Südkorea: Der gewählte Lee Nak-Yeon gilt schon jetzt auch als nächster Präsidentschaftskandidat für 2022, die konservative Opposition zeigt Anzeichen von Wiederbelebung, während die Perspektiven für Präsident Moon Jae-In zwischen Vermächtnis und Entmachtung oszillieren. Die Veränderungen seit den Parlamentswahlen vor dreieinhalb Monaten beweisen, wie wechselhaft politischer Wettbewerb sein kann. Das liegt auch an Corona. Aber nicht nur.
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Singapur
Aufgrund seiner Nähe zu China gehörte Singapur zu den Ländern, in denen schon in einer frühen Phase der Pandemie die ersten Fälle auftraten. Die Regierung reagierte von Beginn an sehr entschlossen und setzte vor allem auf das Rückverfolgen von Kontakten, das sich in den ersten Wochen als sehr erfolgreich erwies. Im Februar und März 2020 gab es in dem Stadtstaat mit seinen rund 5,6 Millionen Einwohnern an keinem Tag mehr als 100 neue Fälle, und das öffentliche Leben fand noch relativ normal statt. Dies änderte sich mit der rasanten Ausbreitung des Virus unter Niedriglohn-Arbeitern aus dem Ausland. Diese hauptsächlich aus China, Bangladesch und Indien stammenden Menschen leben in Singapur am Stadtrand auf engen Raum beisammen, oft mit sechs oder mehr Personen in einem Zimmer. Als Ergebnis wurden zwischen Mitte April und Ende Mai fast jeden Tag mindestens 500 Neuansteckungen gemeldet. In dieser Zeit initiierte die Regierung den sogenannten Circuit Breaker, einen achtwöchigen Shutdown, während dem das öffentliche Leben weitestgehend zum Erliegen kam. Arbeiten und Lernen von zu Hause waren die Regel, Läden blieben geschlossen, Besuche untersagt. Die Maßnahmen zeigten Erfolg und führten zu einer sehr vorsichtigen Rückkehr des öffentlichen Lebens in drei Phasen. Seit Anfang September 2020 meldet Singapur nur noch sehr wenige sogenannte Community Cases, die meisten der täglichen Fälle sind importiert. Seit Jahresende 2020 dürfen sich wieder bis zu acht Menschen im öffentlichen Raum treffen, aber Home-Office, Maskenpflicht und das Verfolgen von Bewegungsmustern bleiben feste Bestandteile des Alltags in Singapur. Knapp ein Jahr nach dem Auftauchen der ersten Fälle sind die Grenzen des Landes immer noch weitestgehend dicht. Insbesondere der Tourismus-Sektor leidet darunter. Die Regierung hat allerdings viel Geld in bisher vier Rettungspakete investiert. Insgesamt ist die Wirtschaft des Landes im Jahr 2020 um rund 5 Prozent geschrumpft. Aufgrund des guten Gesundheitssystems sind bei bisher knapp 60.000 Covid-Ansteckungen nur 29 Todesfälle zu beklagen. (Stand: 27. Januar 2021)
– AM Christian Echle
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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COVID-19 and the Future of Doing Business in AsiaThe Konrad Adenauer Stiftung’s regional program on “Socio-Economic Governance in Asia” (SOPAS) has conducted this research, “COVID-19 and the Future of Doing Business in Asia” jointly with the Asian Institute of Management Rizalino S. Navarro Policy Center for Competitiveness (AIM RSN PCC) to outline how the “new normal” will look like. Asia’s resilience to the shocks brought about by COVID-19 provides a first sketch of how the structural changes accelerated by the pandemic have reimagined and reformed the roles of the State and businesses. As businesses in the region resume economic activity, Asian governments and enterprises are in a unique position to define and structure the “new normal”, providing Germany, Europe and the rest of the world a tentative template of how to respond to these unprecedented challenges.
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Zwischen Ignoranz und NotstandDer Umgang mit Covid-19 in SüdostasienAlle Länder Südostasiens pflegen enge Beziehungen mit China, die auch Wochen nach dem Ausbruch des Coronavirus SARS-CoV-2 in Wuhan nur zögerlich eingeschränkt wurden. Myanmar, Laos und Vietnam teilen Landgrenzen mit China, die teilweise sehr porös sind. Dennoch sind die offiziell gemeldeten Fallzahlen im globalen Vergleich gering. Die elf Länder haben auf die weltweite Pandemie ganz unterschiedlich reagiert.
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COVID-19 Think Tank UpdateKAS Politikdialog Asien gibt alle zwei Wochen einen Überblick über die wichtigsten Studien, Analysen und Kommentare aus Asien zur COVID -19 Pandemie. Im Mittelpunkt stehen dabei die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sicherheitspolitischen Auswirkungen der Krise.
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Japan
Das neue Jahr hat in Japan so begonnen, wie das alte: mit steigenden Fallzahlen (bis zu 8000 landesweit) und einer weiteren Notstandsregelung. Seit Dezember 2020 erlebt Japan, insbesondere die Präfektur Tokio (bis 2000 Fälle täglich), einen steilen Anstieg. Die Zahlen sind um ein zehnfaches höher als im ersten Jahr der Pandemie (300.000 bis dato gesamt). Dagegen sind die jetzt getroffenen Maßnahmen weniger zahnlos als 2020, auch empfinden deutlich weniger Menschen die Pandemie als Bedrohung. Die Sterberate ist konstant gering (unter 4000 bis dato). Die Lage in den Krankenhäusern ist zum Teil angespannt aber nicht dramatisch. Die Maßnahmen der Regierung setzen auf Freiwilligkeit und Selbstdisziplin. Ohnehin lässt die Rechtslage nur Empfehlungen zu. Verbote, Sanktionen oder gar Ausgangssperren sieht das öffentliche Recht nicht vor. Restaurants sollen lediglich früher schließen, um Alkoholexzesse und Cluster zu vermeiden. Geschäfte bleiben hingegen geöffnet. Der Schulbetrieb wird diesmal nicht eingeschränkt, ebenso wenig der Profi- und Vereinssport. Die Kappung der Zuschauerzahlen bei Sport- und Musikveranstaltungen liegt bei derzeit 5000 Personen. Die Pendlerzahlen sollen erneut um 70 Prozent gesenkt werden aber die Züge sind weiterhin voll. Viele Firmen haben sich in den vergangenen Monaten nicht hinreichend auf Telearbeit einstellen können oder wollen. Auch bedeuten die beengten Wohnverhältnisse eine Herausforderung für zu Hause arbeitende Familienmitglieder. Die neue Regierung um Premier Yoshihide Suga hat zwar eine umfassende Verwaltungsreform angekündigt, auch um die Telearbeit im öffentlichen Sektor zu erleichtern, jedoch laufen die Mühlen der Umsetzung im überbürokratisierten Japan sehr langsam. Wie im letzten Jahr um diese Zeit stand die Entscheidung über die Olympischen Spiele an. Inzwischen wünschen sich 80 Prozent der Bevölkerung eine erneute Verschiebung oder eine endgültige Absage. Warum die Infektionszahlen trotz aller japan-eigenen Vorsicht und Hygiene in den vergangenen Monaten in die Höhe schossen, darüber kann nur spekuliert werden. Im Verdacht stehen das eigentlich kluge Tourismusprogramm Go-To-Travel, welches inländische Reisen bis zu 50 Prozent subventionierte, sowie die üblichen Jahresendfeiern der Firmen und Behörden. Vermutlich lag es ebenso am schrittweisen Übergang in die Normalität ab dem Herbst mit Veranstaltungen, Einreiselockerungen und umfassender Büropräsenz. Inzwischen haben die Virusmutationen auch Japan erreicht, die Zulassungen für Impfstoffe werden sich bis zum Frühjahr hinziehen. Die Regierung wird ein weiteres Hilfspaket auflegen für betroffene Wirtschaftszweige, insbesondere für die Gastronomie und den Tourismussektor. Seit 12 Monaten nun muss das tourismusverwöhnte Land ohne Besucher auskommen, für manche Präfekturen wie die Kansai-Region oder die Schnee- und Wanderparadiese in Nagano und Hokkaido bedeutet dies harte Einschnitte in den lokalen Kassen. Dennoch steht Japan im internationalen Vergleich – insbesondere zu manch europäischem Land – sehr gut da.
Der größte Unterschied zwischen Europa und Asien liegt vielleicht in dem kulturell bedingten Umgang mit Einschränkungen. Zwar sind Masken generell in den Monaten November bis März Alltagsgegenstände, Desinfektionsspray ist ein normales Utensil in den Handtaschen und Nähe etwa durch Händedruck, Umarmungen und Begrüßungsküsschen gleich ganz verpönt. Es ist vielmehr das einsichtige Hinnehmen der Maßnahmen und Einschränkungen, weil es der Gemeinschaft, ja der Gesellschaft hilft. Wenn sich der Einzelne anpasst und einschränkt, dann gefährdet niemand das Gemeinwohl. Auf die Idee, Corona-Partys zu feiern, käme in Japan niemand. Genauso wenig würde niemand gegen Auflagen demonstrieren (eher für), denn das Vertrauen in die Regierung ist nach wie vor hoch. Die japanische Gesellschaft funktioniert nicht über den Individualismus, sondern über das Gemeinwesen. Und das ist vielleicht noch immer die wichtigste Erklärung für die zwar hohen aber vergleichsweise sehr moderaten Zahlen in Japan.
– AM Rabea Brauer
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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COVID-19 and the Future of Doing Business in AsiaThe Konrad Adenauer Stiftung’s regional program on “Socio-Economic Governance in Asia” (SOPAS) has conducted this research, “COVID-19 and the Future of Doing Business in Asia” jointly with the Asian Institute of Management Rizalino S. Navarro Policy Center for Competitiveness (AIM RSN PCC) to outline how the “new normal” will look like. Asia’s resilience to the shocks brought about by COVID-19 provides a first sketch of how the structural changes accelerated by the pandemic have reimagined and reformed the roles of the State and businesses. As businesses in the region resume economic activity, Asian governments and enterprises are in a unique position to define and structure the “new normal”, providing Germany, Europe and the rest of the world a tentative template of how to respond to these unprecedented challenges.
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Hongkong (Sonderverwaltungszone der Volksrepublik China)
Die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong befindet sich aktuell in der vierten COVID-19-Welle, die erneut erhebliche Einschränkungen des öffentlichen Lebens zur Folge hat. Darunter geschlossene Kindergärten, ein stark reduzierter Präsensschulunterricht, weite Teile des öffentlichen Dienstes als auch der Privatwirtschaft befinden sich im Home-Office und Restaurants müssen um 18 Uhr schließen. Dazu kommen Kontaktbeschränkungen und eine allgemeine Maskenpflicht. Zudem sind die Einreiseregelungen noch einmal verschärft worden. Wer von außerhalb Chinas einreisen darf, muss aktuell eine dreiwöchige Quarantäne einplanen. Im Zuge des letzten Jahres sind die Maßnahmen zur Identifikation und Isolierung von Infizierten sukzessive verstärkt worden. So wurden kürzlich zum ersten Mal überhaupt mehrere aneinander liegende Gebäude für eine kurze Zeit vollständig unter Quarantäne gestellt, um alle Anwohner zu testen. Das Ziel ist es, das Infektionsgeschehen auf null zu bringen. Die Gesamtanzahl aller COVID-19 Fälle in Hongkong beträgt aktuell ca. 10000, wobei ca. 9000 bereits wieder als geheilt gelten. Die Anzahl der verstorbenen, beträgt 166. Die strengen Einreise- und Kontaktbeschränkungen haben der örtlichen Wirtschaft erheblich zugesetzt. Vor allem der Tourismus und das für Hongkong so wichtige Messe- und Konferenzgeschäft ist nahezu komplett ausgefallen. Der Gastronomiesektor ist ebenfalls besonders hart betroffen. Die Arbeitslosenzahlen steigen. Die Stadtregierung versucht mit zahlreichen Maßnahmen den ökonomischen Schäden zu begegnen. Darunter Einmalzahlungen für alle Hongkonger und Ausweitungen sozialer Absicherungsmaßnahmen in Form von Lohnzuzahlungen und Arbeitslosengeld. Aber auch Subventionen, Krediterleichterungen und die Schaffung neuer Stellen im Öffentlichen Dienst fallen darunter. Hongkong befindet sich mit verschiedenen Anbietern von Impfstoffen in Verhandlungen. In der Gesamtschau fällt das COVID-19-Bild zu Hongkong gemischt aus. Anfang 2020 zählte Hongkong aufgrund seiner schnellen und weitreichenden Maßnahmen zu den Vorreitern in der Eindämmung der Pandemie, was auch auf die große Bereitschaft weiter Teile der Hongkonger Bevölkerung auf soziale Kontakte zu verzichten und konsequent Masken zu tragen, zurückzuführen ist. Nach nunmehr vier COVID-19-Wellen tritt aber eine allgemeine Pandemiemüdigkeit ein, die die Aufrechterhaltung der Maßnahmen erschwert. Vor allem die zwischenzeitlichen Öffnungen des öffentlichen Lebens und die sogar angestrebte mögliche Aufnahme einer quarantänefreien Flugverbindung zwischen Hongkong und Singapur bauten hohe Erwartungen auf, die immer wieder ein jähes Ende fanden. Die Hoffnung liegt nun darin, dass ein wirksamer Impfstoff zur breiten Anwendung kommt und damit eine stückweite Normalität zurückkehrt.
– AM Christian Hübner
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Zwischen Ignoranz und NotstandDer Umgang mit Covid-19 in SüdostasienAlle Länder Südostasiens pflegen enge Beziehungen mit China, die auch Wochen nach dem Ausbruch des Coronavirus SARS-CoV-2 in Wuhan nur zögerlich eingeschränkt wurden. Myanmar, Laos und Vietnam teilen Landgrenzen mit China, die teilweise sehr porös sind. Dennoch sind die offiziell gemeldeten Fallzahlen im globalen Vergleich gering. Die elf Länder haben auf die weltweite Pandemie ganz unterschiedlich reagiert.
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Pandemie und EnergiesicherheitForce Majeure in AsienDas Coronavirus SARS-CoV-2 trifft die asiatischen Energiemärkte mit voller Wucht. Der Nachfrageeinbruch für Öl, Gas und Kohle sowie die unterbrochenen Wertschöpfungsketten, u.a. bei der Herstellung von Solarpanels, können Energieversorgungsstrukturen verändern und den Klimaschutz gefährden.
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Peru
Nach dem Bekanntwerden der ersten COVID-19-Infektionen reagierte die Regierung am 16. März 2020 mit einem radikalen Lockdown, den die Sicherheitskräfte strikt durchsetzten. In den ersten Wochen waren zehntausende Menschen festgenommen worden, weil sie gegen die erlassenen Regeln verstoßen hatten. Exemplarisch für die Hysterie der Regierung war die beispiellose Anordnung, die mit Corona infizierten Toten nach chinesischem Modell einäschern zu lassen und damit lokale Bestattungstraditionen zu unterlaufen. Die Grenzen des Landes wurden erst nach knapp sieben Monaten wieder geöffnet. Nach zehn Monaten bestehen für die Bevölkerung weiterhin strikte Ausgangssperren.
Trotz schneller und strenger Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie, ist Peru mit über vierzigtausend Toten eines der am stärksten vom Virus betroffenen Länder der Welt (Stand 28. Januar 2021). Gründe hierfür sind hauptsächlich die geringe Umsetzbarkeit der Schutzmaßnahmen für diejenigen Menschen, die auf regelmäßige Einnahmen durch ihre tägliche Arbeit angewiesen sind (über siebzig Prozent der Arbeitnehmer sind informell beschäftigt) sowie die unzureichende medizinische Versorgung (insb. Sauerstoffmangel) und sanitäre Lage in weiten Teilen des Landes.
Die schnellen und hohen Staatshilfen für betroffene Privatpersonen und Unternehmen konnten die wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns nur ungenügend auffangen. Schon im März kündigte der peruanische Staat Unterstützungen im Wert von zwölf Prozent des BIPs an, u.a. für Lohnzuschüsse und für die Verbesserung der Lebensmittelversorgung. Trotz der Staatshilfen, die zu den ambitioniertesten in ganz Lateinamerika zählen, beläuft sich der Einbruch der Wirtschaft 2020 auf mindestens zwölf Prozent. Laut dem nationalen Statistikamt mussten 6,7 Millionen Peruaner zwischen Mai und August ihre Arbeitsstelle aufgeben. Auch wenn ein Teil dieser Arbeitsplätze nach langsamer Öffnung des Service-Sektors wiedergeschaffen werden konnte, werden die Folgen der Wirtschaftskrise lange nachwirken und das Problem der sozialen Ungleichheit noch weiter verstärken.
Zudem gestaltet sich die Beschaffung der Impfungen als schwierig. Trotz der Ankündigungen des ehemaligen Präsidenten Martin Vizcarra, dass der Ankauf von Impfungen im Gange sei und die ersten Dosen bereits Ende 2020 eintreffen würden, erklärte sein Nachfolger Francisco Sagasti, dass es nie zu Vertragsabschlüssen gekommen sei und das Pharmaunternehmen Pfizer deshalb keine Lieferung garantieren könne. Danach verkündete die Regierung, dass sie 6,6 Millionen Dosen des chinesischen Herstellers Sinopharm für etwa 138 Millionen US-Dollar bestellt habe. Bis Ende Januar 2021 konnten jedoch keine genauen Lieferdaten verkündet werden. Nicht zuletzt deshalb evaluiert die Regierung auch die Möglichkeit, die Versorgung des Impfstoffes durch Privatunternehmen sicherzustellen.
Um die sanitäre Lage angesichts der steigenden Infektionszahlen in den Griff zu bekommen, hat die Regierung am 26. Januar 2021 angekündigt, die Quarantänemaßnahmen weiter auszuweiten und die Einreise nach Peru auf das Nötigste zu beschränken.
– Dr. Robert Helbig, Landesrepräsentant in Peru
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
Reactivación económica post Covid y la mitigación del Cambio Climático en los países de la CAN
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“Coming back better, post Covid-19”: the role of science, technology and good practices in conservation and sustainable development in Latin AmericaPolicy brief on trade and environment
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Perspectivas de la recuperación económicaConversaciones PolítiKAS
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100 Tage Quarantäne in PeruStrenge Maßnahmen, nüchternes ErgebnisSeit 100 Tagen herrscht in Peru eine aufgrund des Coronavirus verhängte strenge Quarantäne. Die Ausgangssperre hat vor allem die komplexe Lage des Landes mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Lücken und geographischen und kulturellen Unterschieden ans Licht gebracht. Trotz aller auf internationaler Ebene anfangs gelobten Bemühungen hat die Pandemie institutionelle Schwächen Perus aufgezeigt, welche nun auch zunehmend Auswirkungen auf die Mittelschicht des Landes haben.
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Lateinamerika hat sich zum neuen globalen Hotspot der COVID-19 Pandemie entwickeltDie verheerenden gesundheitlichen wie wirtschaftspolitischen FolgenLateinamerika hat sich zum neuen globalen Hotspot der COVID-19 Pandemie entwickelt. Neben den gesundheitlichen Folgen der Corona-Krise fürchten die Staaten auch die wirtschaftlichen Konsequenzen, die die nationalen Shut-Downs nach sich ziehen werden. Für die rund 650 Millionen Menschen in der Region, von denen ein Großteil im informellen Sektor tätig ist und auf keinerlei staatliche Absicherung zählen kann, könnte die Pandemie auch ohne hohe Infektionszahlen zur Überlebensfrage werden.
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Wie die Corona-Krise die peruanisch-chinesischen Beziehungen stärktSeit mehr als einem Jahrzehnt nimmt Chinas Präsenz in Lateinamerika zu. Der Kontinent ist eine Quelle natürlicher Ressourcen für den asiatischen Riesen, ein Markt für seine Produkte sowie eine neue Gelegenheit, seinen internationalen Einfluss zu stärken und sich in großen Teilen der Region strategisch zu positionieren. In der gegenwärtigen Corona-Krise wird das chinesische Wirken erneut deutlich, vor allem im Andenland Peru, das viele historische, soziale, kulturelle und wirtschaftliche Verbindungen zur Volksrepublik unterhält.
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Libyen
Ausgangslage in Libyen
Libyen wird nach wie vor von zwei Parallelregierungen verwaltet. In der Hauptstadt Tripolis regiert die von den Vereinten Nationen (VN) anerkannte Regierung der Nationalen Einheit (GNA). In Ostlibyen dominiert nach wie vor die Libyan National Army (LNA) um Khalifa Haftar. Eine einheitliche libysche Strategie zur Bewältigung der Gesundheitskrise ist daher seit Beginn der Pandemie nicht vorhanden. Das ohnehin schwache Gesundheitssystem des Landes wurde seit Ausbruch der Covid-19-Pandemie zusätzlich einem Stresstest ausgesetzt. Ohne die Unterstützung internationaler Akteure wäre das Gesundheitssystem vermutlich längst kollabiert. Durch Hilfen der Europäischen Union (EU) und des VN-Entwicklungsprogramms (UNDP) konnten landesweit Gesundheitszentren unterstützt werden. Allein die EU hat mehr als 20 Mio. Euro im Rahmen des EU Emergency Trust Fund for Africa zur Bewältigung der Krise in Libyen investiert. Grundlegende Hygienestandards können aufgrund von Wasserknappheit und Stromausfällen nicht eingehalten werden. Von einer funktionierenden Staatlichkeit kann nicht gesprochen werden. Die Dysfunktionalität der öffentlichen Verwaltung trug seit Beginn der Pandemie zur Verschlechterung der Gesundheitslage bei.
Wie entwickelten sich die Fallzahlen quantitativ?
Die libyschen Fallzahlen sind hoch und kontinuierlich ansteigend. Zeitgleich sind die Angaben nicht verlässlich und vermutlich um ein vielfaches höher, als in offiziellen Verlautbarungen präsentiert. Nach Angaben des libyschen National Center for Disease Control (NCDC) sind derzeit 117.650 Menschen in Libyen an Covid-19 erkrankt (Stand: 28. Januar 2021). Davon seien 97.357 Libyer genesen, 18.451 befänden sich in Quarantäne und 1842 seien an dem Virus gestorben. Die Infektionszahlen variieren je nach Quelle; eine genaue quantitative Angabe über Infizierte lässt sich nicht treffen. Von 3606 durchgeführten PCR-Tests am 28. Januar waren 871 Proben positiv. Generell lässt sich seit dem Sommer 2020 ein kontinuierlicher Anstieg der Infektionszahlen beobachten.
Wie reagierte der Staat 2020 auf die Pandemie?
Während in Libyen zu Beginn der Pandemie strikte Ausgangsbeschränkungen verordnet wurden, ist spätestens seit den Sommermonaten 2020 ein rasanter Anstieg der Infektionszahlen zu verzeichnen. Ab August kam es zu landesweiten Protesten gegen die Regierenden (in Ost- und Westlibyen), vereinzelt auch gewaltsam. Die Bevölkerung ging auf die Straße, um gegen korrupte Eliten und stundenlange Strom- und Wasserausfälle zu demonstrieren. Abstands- und Hygieneregeln wurden nicht eingehalten. Zudem kam es zu großen Menschenansammlungen vor Banken und Geschäften. Mitte November wurde zudem die lybisch-tunesische Grenze für den Waren- und Personenverkehr wiedereröffnet. Dadurch konnte sich das Virus weiter verbreiten.
Laut einer aktuellen KAS-Umfrage empfinden 77 Prozent der befragten Libyer Covid-19 als sehr ernst oder ernst. Nur 37 Prozent sind mit der Handhabung der Gesundheitskrise durch die Regierenden zufrieden; 41 Prozent der Libyer schreiben gar der Regierung die Verantwortung für die Ausbreitung des Virus zu. Nur 24 Prozent geben an, dass die Bevölkerung für die Verbreitung des Virus mitverantwortlich sei.
Ausblick auf 2021?
Nach NCDC-Angaben wurden 2.8 Mio. Impfdosen bei der WHO für Libyen bestellt. Dadurch könnten 1.4 Mio. der knapp sieben Mio. Libyer geimpft werden. Noch ist unklar, welchen Impfstoff das Land beziehen wird – allerdings schließt das NCDC den PfizerBiontech-Impfstoff aufgrund seiner Kühlnotwendigkeit aus. Eine Impfstofflieferung wird nicht vor April 2021 erwartet.
– AM Thomas Volk
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Die Pandemie als Trendwende?Steigende humanitäre Bedarfe in KonfliktländernIm Zuge der Corona-Pandemie sind humanitäre und Entwicklungsbedarfe weltweit massiv gestiegen. Konfliktländer wie Syrien, Jemen und Libyen sind in der Krise mehr denn je auf internationale Unterstützung angewiesen. Die aktuellen Finanzierungszusagen der internationalen Gemeinschaft sind jedoch unzureichend. Gründe hierfür sind u.a. hohe Kosten für heimische Krisenreaktionen, geo- und sicherheitspolitische Prioritäten sowie Gebermüdigkeit in langanhaltenden Konflikten.
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Covid-19 in Nahost und NordafrikaBelastungsprobe für eine instabile RegionDie globale Ausbreitung des neuartigen Coronavirus wird für den Nahen Osten und Nordafrika zu einer zusätzlichen Belastungsprobe. Vielerorts bestimmten politische und wirtschaftliche Krisen bereits den Alltag, sind staatliche Strukturen und Legitimität nur schwach ausgeprägt. In den fortwährenden Transformationsprozessen der Region könnte die Pandemie als Katalysator wirken. Die Corona-Krise wirft damit nicht nur Fragen zur Krisenreaktions- und Widerstandsfähigkeit der betroffenen Staaten und ihre Gesundheitssystemen auf, sondern auch zu den politischen und sozioökonomischen Folgen in einer Region, deren Entwicklung immer auch Folgen für Europa nach sich zieht.
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Jordanien
Während mehrere Länder der Region wie Israel und Libanon im Winter 2020/2021 mit hohen Covid-19-Fallzahlen zu kämpfen haben und neue Lockdowns verhängen, fährt Jordanien einige der verbliebenen Einschränkungen zur Pandemiebekämpfung zurück. Die Ausgangssperre an jedem Freitag, mit der vor allem Treffen in den Großfamilien und Überlandreisen verhindert werden sollten, wurde zum Jahreswechsel aufgehoben, die tägliche nächtliche Ausgangssperre vom frühen Abend auf Mitternacht verschoben. Ab Februar 2021 wird der Schulbetrieb für untere Klassen wieder in Präsenz stattfinden, im März sollen die höheren Schulklassen und Universitäten folgen. Seit Beginn der Corona-Maßnahmen waren vor einem Jahr alle Bildungseinrichtungen weitgehend auf Online-Unterricht beschränkt. Außerdem können dann Freizeiteinrichtungen wie Schwimmbäder und Fitnessstudios wieder öffnen. Nachdem sie zu Beginn einer zweiten Infektionswelle Ende September 2020 wieder schließen mussten, durften Restaurants und Cafés unter Berücksichtigung von Corona-Regeln nach einigen Wochen wieder den Betrieb aufnehmen und blieben seither offen. Bei privaten und öffentlichen Veranstaltungen gilt nach wie vor eine maximale Teilnehmerzahl von 20 Personen.
Im Herbst letzten Jahres hatte Jordanien mit einem starken Anstieg der Neuinfektionszahlen zu kämpfen. Mitte November wurde mit fast 8.000 Infektionen am Tag (bei 10 Millionen Einwohnern) der Höchststand gemeldet, bevor die Zahlen dann kontinuierlich abnahmen. Seit einigen Wochen liegen die offiziell gemeldeten Infektionszahlen stabil bei unter 1,000 pro Tag. Auch wenn die Dunkelziffer höher sein mag, erwies sich das jordanische Gesundheitssystem bislang als einigermaßen robust. Die Regierung requirierte zudem teilweise Kapazitäten privater Krankenhäuser zur Behandlung von Corona-Patienten, die Armee errichtete mehrere Feldlazarette. Testkapazitäten wurden rasch aufgebaut. Gerade in den Städten kann man sich umstandslos und relativ günstig testen lassen, wobei auch mobile Testteams im Einsatz sind. Einen besonderen Fokus hat man in der Pandemiebekämpfung von Anfang an auf die Einreisekontrolle gelegt. Von März bis Anfang September 2020 waren die Flughäfen für reguläre internationale Flüge geschlossen, danach mussten Einreisende strenge Test- und Quarantäneregeln beachten (bei negativen Testergebnissen entfällt seit Januar 2021 die Quarantänepflicht). Gleichzeitig machten öffentliche Stellen immer wieder die Bedeutung der Hygienemaßnahmen deutlich und lancierten Aufklärungskampagnen. Mitglieder der Königsfamilie zeigten sich von Anfang ganz offensiv mit Maske.
Härter als die unmittelbaren gesundheitlichen Folgen treffen Jordanien die wirtschaftlichen Verwerfungen der Corona-Pandemie, die zum einen aus dem eigenen nationalen harten Lockdown insbesondere in der ersten Welle im Frühjahr 2020 und zum anderen aus dem internationalen Kontext resultieren. Allein im zweiten Quartal 2020 schrumpfte die jordanische Wirtschaft um 3,6 Prozent, der tiefste Einbruch seit Jahrzehnten. Die Arbeitslosigkeit erhöhte sich im Verlauf des vergangenen Jahres um knapp vier auf 23 Prozent. Besonders bitter für Jordanien ist das darniederliegende Tourismusgeschäft, das vor der Krise einen beispiellosen Boom erlebt hatte und 2019 ein Fünftel des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftete. Jenseits der großen Ketten hatten sich viele Familien auch im Hinterland über kleinere Übernachtungsangebote und individuell geführte Touren auf diesen Wirtschaftszweig eingerichtet. Hinzu kommt, dass die Rücküberweisungen der fast 800.000 Jordanier, die im Ausland (vor allem in den Golfstaaten) arbeiten, aufgrund der dortigen Wirtschaftskrisen zurückgegangen sind. Zwar wurde durch staatliche Maßnahmen versucht, die wirtschaftlichen Folgen für die Bevölkerung abzufedern. Zinssätze wurden gesenkt, Möglichkeiten zur Aussetzung von Steuerpflichten geschaffen und ein Spenden-Fonds aufgesetzt. Doch die Armut im Land hat sich im vergangenen Jahr erheblich ausgebreitet. Umfragen aus der harten Lockdown-Phase im Frühjahr 2020 zeigen, dass über die Hälfte der Befragten erhebliche Einkommensverluste zu verzeichnen hatte und nicht in der Lage war, den Bedarf an Nahrungsmitteln, Miete oder Medizin zu finanzieren.
Jenseits der herben ökonomischen Rückschläge haben sich im vergangenen Corona-Jahr die politischen Spielräume in Jordanien eher verengt. Wie in anderen Ländern auch stärkte die Pandemie-Bekämpfung die Exekutive. Bereits Mitte März 2020 trat ein Notstandsgesetz (defense law) in Kraft, das dem Premierminister erlaubt, ohne parlamentarische Zustimmung etwa Versammlungs- und Bewegungsfreiheit einzuschränken. Die Regierung ahndete die Verbreitung von „fake news“ bezüglich der Corona-Krise, einige Medienschaffende wurden vorübergehend verhaftet. Während Wahlen in verschiedenen Berufsverbänden Corona-bedingt ausgesetzt wurden, hielt Jordanien am 10. November 2020 regulär Parlamentswahlen ab.
Mit Jahresbeginn 2021 begann Jordanien seine Impfkampagne, wobei vor allem die Impfstoffe von BioNTech/Pfizer und des chinesischen Herstellers Sinopharm zum Einsatz kommen. Im Januar wurden rund 30.000 Jordanier geimpft, die Regierung hofft, in den nächsten Monaten ein Viertel der Bevölkerung zu immunisieren. Für internationale Aufmerksamkeit und Lob seitens der Vereinten Nationen sorgte, dass Jordanien dabei von Anfang die syrischen Flüchtlinge, die sich zu Hundertausenden im Land aufhalten, einbezog.
– AM Dr. Edmund Ratka
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Covid-19 in Nahost und NordafrikaBelastungsprobe für eine instabile RegionDie globale Ausbreitung des neuartigen Coronavirus wird für den Nahen Osten und Nordafrika zu einer zusätzlichen Belastungsprobe. Vielerorts bestimmten politische und wirtschaftliche Krisen bereits den Alltag, sind staatliche Strukturen und Legitimität nur schwach ausgeprägt. In den fortwährenden Transformationsprozessen der Region könnte die Pandemie als Katalysator wirken. Die Corona-Krise wirft damit nicht nur Fragen zur Krisenreaktions- und Widerstandsfähigkeit der betroffenen Staaten und ihre Gesundheitssystemen auf, sondern auch zu den politischen und sozioökonomischen Folgen in einer Region, deren Entwicklung immer auch Folgen für Europa nach sich zieht.
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Jordaniens Parlamentswahlen in KrisenzeitenStagnation des demokratischen ProzessesInmitten einer zweiten Corona-Welle hat Jordanien am 10. November 2020 regulär Parlamentswahlen abgehalten. 100 der 130 Parlamentarier ziehen neu in das jordanische Unterhaus ein. Bei historisch niedriger Wahlbeteiligung sank der Anteil von Parteipolitikern und Frauen im Parlament, das stattdessen von Vertretern der Stämme und Familienverbünde, regierungsfreundlichen Geschäftsleuten und ehemaligen Offizieren geprägt sein wird. Reformakteure vor allem aus der urbanen Mittelschicht haben das Vertrauen in das Parlament verloren. Politischer Protest wird damit weiterhin eher in Berufsverbänden, auf der Straße oder in den sozialen Medien seinen Ausdruck finden. Weder in der Innen- noch der Außenpolitik Jordaniens sind als Folge der Wahlen größere Veränderungen zu erwarten.
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Palästinensische Gebiete
Die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) reagierte frühzeitig auf das Auftreten des Corona-Virus mit starken Einschränkungen des öffentlichen Lebens, die den Alltag bis zum Frühsommer 2020 bestimmten (Schließung der Geschäfte, Restaurants, Schulen, Universitäten, religiösen Stätten). Die Fallzahlen konnten damit unter Kontrolle gehalten werden und auch im Gaza-Streifen blieben die Zahlen aufgrund strikter Quarantäneauflagen vergleichsweise gering. Einer zweiten Welle im Hochsommer 2020 wurde mit erneuten Lockdown-Maßnahmen an den Wochenenden begegnet, die Akzeptanz in der Bevölkerung für solche Maßnahmen sank jedoch. Durch das zeitweise Aussetzen der Koordination mit den israelischen Behörden in der zweiten Jahreshälfte kam es zu einer massiven finanziellen Unterfinanzierung der palästinensischen Behörden, wodurch keinerlei wirtschaftliche Kompensationen ausgezahlt werden konnten. Der stetige Mangel an Testkits in den Palästinensischen Gebieten erschwerte zudem die Eindämmung der Pandemie. Die dritte Welle der Pandemie im Herbst 2020 traf die Palästinensischen Gebiete umso stärker, da Lockdown-Maßnahmen aufgrund der wirtschaftlichen Lage zunächst nicht umsetzbar schienen. Die Fall- und Todeszahlen stiegen signifikant an, ebenso im Gaza-Streifen, wo der unkontrollierte Ausbruch zu einer Überlastung des Gesundheitssystems führte. Zum Jahreswechsel gingen die Zahlen im Zuge eines leichten Lockdowns (Kapazitätsbegrenzungen für Geschäfte und Restaurants, lokale harte Lockdowns) wieder zurück, die Dunkelziffer dürfte aufgrund weiterhin unzureichend vorhandener Testkapazitäten erheblich höher sein.
Möglichkeiten zur Impfung bestehen in den Palästinensischen Gebieten bislang nicht. Über die WHO-Initiative COVAX sollen im Laufe des ersten Quartals 2021 erste Lieferungen von Impfstoffdosen in die Palästinensischen Gebiete gelangen, die insgesamt 20 % des Impfbedarfs decken sollen. Die palästinensische Führung bemüht sich um Vertragsabschlüsse mit Impfstoffherstellern, stößt bei dem globalen Wettbewerb jedoch an ihre finanziellen Grenzen. Die Beschaffung wird zudem von ungenügenden Kühlketten und einer notwendigen Koordinierung der Lieferwege mit den israelischen Behörden erschwert. Russland hat der PA indes 200.000 Dosen des Impfstoffs Sputnik V als Hilfslieferung zugesagt, die jedoch erst in kleineren Chargen geliefert werden sollen. Sobald Impfstoffe vorhanden sind, werden zunächst medizinisches Personal sowie Risikogruppen geimpft. Eine breit angelegte Impfkampagne erscheint hingegen noch Monate entfernt. Doch auch bei anlaufender breiter Impfkampagne besteht die Herausforderung, eine hohe Impfquote zu erzielen. Gemäß Umfragen würde sich die Mehrheit der Palästinenser im Westjordanland derzeit nicht impfen lassen (im Gegensatz zu einer Mehrheit im Gaza-Streifen).
Hatte die PA-Regierung zu Beginn der Pandemie noch viel Zuspruch für ihre Maßnahmen erhalten, ist die Unterstützung mittlerweile in Unzufriedenheit umgeschlagen. Kritische Berichterstattungen zum Umgang mit der Pandemie und damit auch die Meinungs- und Pressefreiheit wurden durch Notstandsverordnungen beschränkt. Die Akzeptanz der Maßnahmen, auch durch ausbleibende wirtschaftliche Kompensationen, ist insbesondere in Regionen, die besonders hart von der Pandemie getroffen wurden (bspw. Hebron), derart gering, dass Geschäfts- und Restaurantschließungen im Rahmen von Lockdowns zum Teil nur mit großem Polizeieinsatz durchgesetzt werden konnten. Die geringe Impfbereitschaft scheint nun ein zusätzlicher Ausdruck des Misstrauens gegenüber der palästinensischen Führung zu sein.
– AM Steven Höfner
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Covid-19 in Nahost und NordafrikaBelastungsprobe für eine instabile RegionDie globale Ausbreitung des neuartigen Coronavirus wird für den Nahen Osten und Nordafrika zu einer zusätzlichen Belastungsprobe. Vielerorts bestimmten politische und wirtschaftliche Krisen bereits den Alltag, sind staatliche Strukturen und Legitimität nur schwach ausgeprägt. In den fortwährenden Transformationsprozessen der Region könnte die Pandemie als Katalysator wirken. Die Corona-Krise wirft damit nicht nur Fragen zur Krisenreaktions- und Widerstandsfähigkeit der betroffenen Staaten und ihre Gesundheitssystemen auf, sondern auch zu den politischen und sozioökonomischen Folgen in einer Region, deren Entwicklung immer auch Folgen für Europa nach sich zieht.
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Das Ende des Oslo-Friedensprozesses?Inmitten der Corona-Pandemie verkündet die palästinensische Führung um Präsident Mahmud Abbas das Ende jeglicher Zusammenarbeit mit Israel. Der Entschluss folgt unmittelbar auf die Vereidigung der neuen israelischen Regierung, deren Koalitionsvertrag unilaterale Annexionen des Jordantals und von Siedlungen im Westjordanland ausdrücklich zulässt. Mehr als 25 Jahre nach den Oslo-Verhandlungen ist der schleichende Zerfall des Friedensprozesses an seinem Tiefpunkt angekommen. Eine neue Friedensinitiative ist nötig.
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Israel
Israel reagierte schnell auf den Ausbruch der Pandemie. Als Anfang März 2020 klar wurde, dass eine weltweite Pandemie bevorstand, schloss das Land seine Grenzen für Reisende aus betroffenen Ländern. Sobald in einem anderen Land die Infektionsrate ein gefährliches Ausmaß erreicht hatte, wurden von dort nur noch israelische Staatsbürger sowie Ausländer mit festem Wohnsitz in Israel zur Einreise zugelassen. Die Einreisenden mussten sich anschließend in eine vierzehntägige Quarantäne begeben.
Nach und nach wurden die meisten europäischen Länder auf diese „rote Liste“ gesetzt. Als Mitte März dann die Infektionswelle auch die USA mit voller Kraft erreichte, wurde die Regelung auf sämtliche Länder weltweit ausgedehnt: Ausgerechnet dem engsten israelischen Verbündeten ein Misstrauensvotum auszusprechen erschien politisch inopportun, zumal im Jahr, in dem der enge Netanjahu-Verbündete Donald Trump zur Wiederwahl anstand.
Trotz der Reisebeschränkungen breitete sich das Virus rasch aus, so dass auch die einheimische Bevölkerung immer stärkeren Einschränkungen ausgesetzt sah. Cafés und Restaurants wurden geschlossen, größere Versammlungen auch im Freien untersagt. Am 19. März 2020 rief die Regierung den nationalen Notstand aus und ordnete einen strengen Lockdown an: Abgesehen von Arztbesuchen und Lebensmitteleinkäufen durften die eigenen vier Wände nur noch für kurze Spaziergänge im Radius von maximal hundert Metern verlassen werden. Überall außerhalb der eigenen Wohnung wurde zudem eine strenge Maskenpflicht verordnet. Für die Pessah-Tage wurde der Lockdown weiter verschärft, um die traditionellen Familienfeiern zu verhindern. Ende April wurden die Maßnahmen langsam gelockert, ab Anfang Mai konnte man sich wieder einigermaßen frei bewegen, Ende des Monats öffneten auch Museen und Strände wieder. Auch die Schulen nahmen wieder ihren Betrieb auf.
Im Nachhinein erwiesen sich diese Lockerungen als voreilig und zu weitgehend. Hatte Israel bis dahin eine der geringsten Infektionszahlen weltweit, so ginge diese nach dem Ende des Lockdowns in die Höhe und drohten Mitte August außer Kontrolle zu geraten. Im September lag die Zahl der Neuinfektionen pro Kopf höher als in fast allen anderen Ländern. Die Regierung antwortete mit einem zweiten Lockdown, der allerdings nicht mehr so streng war wie der erste. Im Januar 2021 folgte der dritte Lockdown. Die Lockdowns waren geeignet, die Infektionszahlen kurzfristig zu senken, sorgten aber nicht für mehr als eine Atempause. Wichtigster Grund hierfür scheint die hohe Zahl der Infektionen unter den Ultraorthodoxen zu sein. Aufgrund der beengten Wohnverhältnisse, der hohen Bedeutung gesellschaftlichen Lebens, aber auch geringer Observanz gegenüber den verordneten Einschränkungen breitete sich Corona dort weit schneller aus als unter anderen Gruppen. Gleichzeitig scheiterte die Durchsetzung scharfer Maßnahmen des „social distancing“ wiederholt am Widerstand der beiden ultraorthodoxen Parteien im Kabinett, was zu wachsendem Unmut unter der übrigen Bevölkerung sorgte.
Ende 2020 begann Israel mit der Impfkampagne, die schnell Tempo aufnahm. Etwa ein Viertel der Bevölkerung hat zum heutigen Tag (17.1.2021) bereits die erste Impfung erhalten. Fraglich bleibt, ob die Impfung auch in der generell impfskeptischen ultraorthodoxen Gemeinde auf Akzeptanz stoßen wird.
Die Pandemie fällt in Israel in eine Zeit wachsender Politikskepsis. Seit Ende 2018 befindet sich das Land im Wahlkampf, im März wird die vierte Knessetwahl innerhalb von vier Jahren stattfinden. Viele Israelis sehen die Regierung und namentlich Premierminister Benjamin Netanjahu als verantwortlich für das schlechte Krisenmanagement und die unzureichende Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie an. Seine Anhänger verweisen dagegen auf die niedrigen Infektionszahlen zu Beginn der Krise und die schnelle Impfkampagne. Die bisherigen Wahlergebnisse und Umfragen zeigen jedoch, dass die Pandemie bisher keinen deutlichen Stimmungsumschwung für oder gegen die Regierung herbeigeführt hat.
– AM Dr. Alexander Brakel
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Weihnachten und Corona im Heiligen LandDas Weihnachtsfest im Jahr 2020 nach Christi Geburt ist eines unter besonderen Umständen. Die Feierlichkeiten im Heiligen Land bilden da keine Ausnahme. Die üblicherweise große Zahl an Pilgern und Touristen bleibt aus, mit Folgen für die lokale Wirtschaft. Die palästinensische Führung ist trotz der kürzlich erfolgten Wiederaufnahme der Transferzahlungen aus Israel nicht in der Lage, Kompensationen zu leisten.
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Populism in times of pandemics - A chance or danger for democracies?In light of the global Covid-19 pandemic, not only health issues have been pushed onto the agendas of nation states but also questions of how to deal with the impact of the crisis in broader political terms. Thus, this publication addresses the subject of populism in times of pandemics and whether this (global) phenomenon preceding the outbreak of the Corona crisis poses a chance or danger for democracies. Perspectives from Germany, Hungary, Israel and Poland are presented as all four countries are not only affected by the health crisis (as are most countries around the world) but have also had to grapple with populist developments to varying degrees. The following articles provide a specific country perspective in addition to contemplating the possible effects of populism in times of crises more broadly.
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Covid-19 in Nahost und NordafrikaBelastungsprobe für eine instabile RegionDie globale Ausbreitung des neuartigen Coronavirus wird für den Nahen Osten und Nordafrika zu einer zusätzlichen Belastungsprobe. Vielerorts bestimmten politische und wirtschaftliche Krisen bereits den Alltag, sind staatliche Strukturen und Legitimität nur schwach ausgeprägt. In den fortwährenden Transformationsprozessen der Region könnte die Pandemie als Katalysator wirken. Die Corona-Krise wirft damit nicht nur Fragen zur Krisenreaktions- und Widerstandsfähigkeit der betroffenen Staaten und ihre Gesundheitssystemen auf, sondern auch zu den politischen und sozioökonomischen Folgen in einer Region, deren Entwicklung immer auch Folgen für Europa nach sich zieht.
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Sudan
Ausgangslage im Sudan
Der Sudan befindet sich seit dem Sturz des Langzeitherrschers Omar al-Bashir im April 2019 in einem tiefgreifenden und offenen Transformationsprozess. Die Übergangsregierung sieht sich anhaltenden Protesten der Bevölkerung ausgesetzt und hätte ohne internationale Unterstützung die globale Gesundheitskrise kaum bewältigen können. Die Regierung sah sich 2020 mit zahlreichen innen- und außenpolitischer Herausforderungen konfrontiert. Innenpolitisch richteten sich Proteste gegen ansteigende Preise für Güter des täglichen Gebrauchs, v.a. Brot und Strom. Im September 2020 führten starke Regenfälle zudem vielerorts zu enormem Hochwasser. Außenpolitisch nahmen die Normalisierung der Beziehungen zu Israel, die Streichung Sudans von der US-Liste terrorunterstützender Staaten sowie die Einrichtung der United Nations Integrated Transition Assistance Mission in Sudan (UNITAMS) Kapazitäten der Regierung ein. Die internationale Gemeinschaft unterstützt Sudan sehr, auch um den Demokratisierungsprozess nicht zu gefährden. Die EU unterstützt Sudan u.a. im Rahmen des EU Trust Fund, zudem mit über 20 Mio. Euro in Kooperation mit der WHO. Gemeinsam mit der Weltbank soll Sudan durch die EU weitere 92 Mio. Euro erhalten, um die wirtschaftlichen Konsequenzen der Gesundheitskrise abzumildern.
Wie entwickelten sich die Fallzahlen quantitativ?
Genaue Angaben über die Entwicklung von Covid-19-Infektionen im Sudan lassen sich mangels verifizierbarer Daten nur schwer treffen. Seit Beginn der Pandemie 2020 sind die offiziellen sudanesischen Infektionszahlen kontinuierlich angestiegen. Nach Angaben der WHO sind derzeit 29.536 Personen im Sudan an Covid-19 erkrankt. 21.614 seien genesen. 1.829 Menschen seien an oder mit dem Virus gestorben (Stand: 03. Februar 2021). Die Dunkelziffer dürfte weitaus höher liegen. Seit dem 31. Januar 2021 wird Sudan offiziell als Hochinzidenzgebiet geführt. Das Gesundheitssystem Sudans ist schwach und durch die Pandemie einem zusätzlichen Stresstest ausgesetzt. Das Land nimmt Rang 170 von 189 Ländern des Human Development Index (HDI) der Vereinten Nationen ein. Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt 65,3 Jahre.
Wie reagierte der Staat 2020 auf die Pandemie?
Die erste Covid-19-Infektion wurde im Sudan am 13. März 2020 gemeldet. Daraufhin wurden rasch die Grenzen zu Nachbarstaaten, v.a. Libyen und Ägypten, geschlossen und der Luftverkehr aus diesen Ländern sowie China und Italien eingestellt. Seit Mitte April galt ein Teil-Lockdown, v.a. in der Hauptstadt Khartum. Das schwache Gesundheitssystem konnte aus eigener Kraft die ansteigenden Fallzahlen im Verlauf des Jahres nicht verkraften. Im Sommer 2020 konnten einige Krankenhäuser aufgrund von Kapazitätsschwierigkeiten keine neuen Covid-Patienten aufnehmen. Nach einer teilweisen Aufhebung des Lockdowns seit dem Sommer ist ein Anstieg der Infektionszahlen zu beobachten. Im November wurde der Gesundheitsminister positiv auf Covid-19 getestet. Der Schul- und Universitätsbeginn wurde verschoben; ein landesweiter Lockdown jedoch ausgeschlossen. Neben der Corona-Pandemie war die Regierung im September auch mit den Herausforderungen des verheerenden Hochwassers und der Ausbreitung weiterer Krankheiten, v.a. Polio und Malaria, konfrontiert. Die Gesundheitssituation in Sudan bleibt daher sehr angespannt und bleibt eine zentrale Herausforderung des Landes.
Ausblick auf 2021?
Laut Regierungsangaben sollen ab März 8,4 Mio. Sudanesen einen Impfstoff im Rahmen der COVAX-Initiative erhalten. Dies entspräche etwa 20 Prozent der Bevölkerung. Zuerst sollten Ältere, Menschen mit Vorerkrankungen und das Gesundheitspersonal eine Impfung erhalten. Die Impfung sei freiwillig. Derzeit gibt es keine offiziellen Verlautbarungen darüber, welchen Impfstoff Sudan vor allem beziehen wird. Bei der Organisation der Impfkampagne wird die sudanesische Regierung auf internationale Unterstützung angewiesen sein.
– AM Thomas Volk
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Covid-19 in Nahost und NordafrikaBelastungsprobe für eine instabile RegionDie globale Ausbreitung des neuartigen Coronavirus wird für den Nahen Osten und Nordafrika zu einer zusätzlichen Belastungsprobe. Vielerorts bestimmten politische und wirtschaftliche Krisen bereits den Alltag, sind staatliche Strukturen und Legitimität nur schwach ausgeprägt. In den fortwährenden Transformationsprozessen der Region könnte die Pandemie als Katalysator wirken. Die Corona-Krise wirft damit nicht nur Fragen zur Krisenreaktions- und Widerstandsfähigkeit der betroffenen Staaten und ihre Gesundheitssystemen auf, sondern auch zu den politischen und sozioökonomischen Folgen in einer Region, deren Entwicklung immer auch Folgen für Europa nach sich zieht.
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Ägypten
Auf den Ausbruch der Covid-19-Pandemie reagierte Ägypten im Frühjahr 2020 wie viele andere Staaten mit drastischen Maßnahmen wie der Schließung von Schulen, Universitäten, Hotels, Restaurants, Sporteinrichtungen, Moscheen und Kirchen, der Einstellung des internationalen wie nationalen Flugverkehrs und einer nächtlichen Ausgangssperre, um die Verbreitung des Virus zu unterbinden bzw. zu verlangsamen.
Doch bereits im Mai verkündete die Regierung, in Zukunft eine Strategie der Koexistenz mit dem Corona- Virus verfolgen zu wollen, um vor allem die Wirtschaft des Landes nicht weiter zu belasten. Diese war durch die hohen Einbußen im Tourismussektor, sinkende Einnahmen aus dem Suezkanal-Verkehr und den Rückgang der Rücküberweisungen ägyptischer Arbeitsmigranten, insbesondere aus den Golf-Staaten, schwer getroffen worden. So wurden nach dem Sommer viele Freizeiteinrichtungen, Restaurants, Hotels und Sehenswürdigkeiten, Moscheen und Kirchen sukzessive mit strengen Hygieneauflagen und Hygienekonzepten wieder geöffnet, Ausgangssperren oder weitere Lockdowns nicht verhängt. Mit der Wiederaufnahme des internationalen Flugverkehrs wurde eine Testpflicht für Einreisende eingeführt, um den Eintrag des Virus von außen zu verhindern. Die Präsenzpflicht in Schulen und Universitäten ist bis heute weitestgehend ausgesetzt, physische Anwesenheit nur zu den Prüfungen obligatorisch. Über eigens eingerichtete Bildungskanäle wird das Homeschooling unterstützt. Eine allgemeine Maskenpflicht in geschlossenen Räumlichkeiten sowie in öffentlichen Verkehrsmitteln wurde eingeführt. Diese wird seit Anfang Januar 2021 vor dem Hintergrund der seit November spürbar ansteigenden Infektionszahlen stärker kontrolliert, Verstöße werden zunehmend auch mit Geldstrafen geahndet.
Die vom ägyptische Gesundheitsministerium täglich veröffentlichten Fallzahlen legen mit insgesamt 122.993 nachgewiesenen Infektionen und 8.583 Toten (Stand 18.1.2021) einen im regionalen wie auch globalen Vergleich milden Verlauf der Pandemie in Ägypten nahe, doch werden diese Zahlen seitens der WHO, aber inzwischen auch von ägyptischer Seite, als nicht belastbar eingestuft und es ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. So erklärte die ägyptische Gesundheitsministerin Anfang Januar, dass es sich bei den offiziell veröffentlichten Fallzahlen nur um rund 10% der tatsächlichen handele, da in die offiziellen Statistiken nur die in den staatlichen Isolationskrankenhäusern behandelten Patienten einfließen.
Ein öffentlichen Diskurs über die staatlichen Maßnahmen findet kaum statt, da die staatlich kontrollierten Medien keine kritische Berichterstattung erlauben und die Verbreitung von „Falschmeldungen“ über die Situation in Ägypten oder Kritik am Umgang der Regierung mit der Corona-Krise mit Geld- und Haftstrafen bis zu fünf Jahren bestraft werden können. So befinden sich auch mehrere Ärzte in Haft, die über die Sozialen Medien Kritik an den Schutzmaßnahmen für Ärzte und Pflegekräfte geäußert haben.
Trotz der Einbußen in den wichtigen Wirtschaftsbereichen meldet Ägypten für 2020 ein leicht positives Wirtschaftswachstum von 0,5%. Insbesondere staatliche Groß- und Infrastrukturprojekte wurden fortgeführt. Der IWF unterstützte Ägypten 2020 über die Rapid Financing Facility mit ca. 3 Mrd. USD.
Der Start der Impfkampagne ist für Anfang Februar vorgesehen, im Dezember wurde ein Abkommen mit dem chinesischen Pharmakonzern Sinopharm unterzeichnet und die erste Lieferung von 50.000 Impfdosen hat das Land bereits erreicht. Ägypten hat sich an den klinischen Studien von Sinopharm beteiligt und der chinesische Konzern plant eine Produktionslinie für seinen Impfstoff in Ägypten aufzubauen, das somit als Verteilzentrum für den Export des Vakzins nach Afrika dienen könnte.
– Christina Baade
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Covid-19 in Nahost und NordafrikaBelastungsprobe für eine instabile RegionDie globale Ausbreitung des neuartigen Coronavirus wird für den Nahen Osten und Nordafrika zu einer zusätzlichen Belastungsprobe. Vielerorts bestimmten politische und wirtschaftliche Krisen bereits den Alltag, sind staatliche Strukturen und Legitimität nur schwach ausgeprägt. In den fortwährenden Transformationsprozessen der Region könnte die Pandemie als Katalysator wirken. Die Corona-Krise wirft damit nicht nur Fragen zur Krisenreaktions- und Widerstandsfähigkeit der betroffenen Staaten und ihre Gesundheitssystemen auf, sondern auch zu den politischen und sozioökonomischen Folgen in einer Region, deren Entwicklung immer auch Folgen für Europa nach sich zieht.
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Türkei
Die Covid-19-Pandemie wurde in der Türkei zunächst als europäisches Problem gesehen, bis die Fallzahlen Ende März innerhalb weniger Tage dramatisch anstiegen. Daraufhin reagierte die türkische Regierung innerhalb kürzester Zeit mit Gegenmaßnahmen. Bis zum Sommer beriet ein 26-köpfiger Wissenschaftsrat, bestehend aus international anerkannten Experten, den türkischen Staatspräsidenten und fungierte als Koordinator der staatlichen Reaktion auf die Pandemie.
Während der ersten Welle wurden vergleichsweise schnell effektive Maßnahmen verhängt, die darauf abzielten die anfälligsten Bevölkerungsgruppen zu schützen und die Bewegung der aktiven Bevölkerungsteile einzuschränken, während die Wirtschaft weitestgehend weiterlief. Mit Hilfe von Schulschließungen, altersabhängigen Ausgangsperren sowie generellen Einschränkungen im öffentlichen Leben, wurde die erste Welle in der Türkei vergleichsweise effektiv unter Kontrolle gehalten. Gerade über die muslimischen Feiertage wurden teilweise 80 Stunden lange allgemeine Ausgangs- und Besuchssperren verhängt.
Vor allem über den Sommer 2020 verlor der Wissenschaftsrat aber zunehmend an Einfluss, und hiermit einhergehend waren auch die offiziellen Zahlen zunehmend weniger aussagekräftig, vor allem um die wichtige Tourismussaison nicht noch weiter zu gefährden. Anschließend explodierten die Zahlen nach den langen Sommerferien wieder und forderten zunehmend Tribut.
Die Maßnahmen in der zweiten Welle wurden daher massiv verschärft. So gilt eine absolute Maskenpflicht, welche auch im Auto und im Park eingehalten werden muss. Das Rauchen im öffentlichen Bereich wurde verboten. Zusätzlich bestehen tägliche Ausgangsbeschränkungen für Menschen über 65 Jahren und unter 18 Jahren, sowie allgemeine Ausgangssperren von 21 Uhr bis 5 Uhr, sowie von Freitagabend bis Montagmorgen. Ein Verstoß gegen die Auflagen ist mit drakonischen Strafen belegt.
Aus wirtschaftlicher Sicht sind die Auswirkungen vor allem in der Reise- und Tourismusbranche, mit einem Anteil von 12 Prozent an der türkischen Wirtschaft, sehr gravierend. Das Oster-Geschäft im letzten Jahr fiel komplett aus und es gab einen massiven Rückgang an ausländischen Touristen im Sommer. Die schon vor der Pandemie angespannte wirtschaftliche Situation im Inland wurde weiter verschärft. Aufgrund eines staatlichen Entlassungsverbots, welches voraussichtlich noch bis März 2021 gilt, haben viele Betriebe auf Kurzarbeit um- oder generell die Produktion eingestellt. Nicht nur die offiziellen Zahlen bezüglich der Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt zeigen, dass die Arbeitslosenzahlen und vor allem die Jugendarbeitslosigkeit nach dem Ende des Entlassungsverbotes in den kommenden Monaten noch einmal stark ansteigen werden.
Das öffentliche Leben stand trotzdem nicht still, da die Türkei bereits ein äußerst „digitaler Staat" ist, in dem sich nahezu alle Behördengänge online durchführen lassen. Das „Dienstleistungsland“ Türkei ermöglicht es den Kunden mit wenigen Klicks, fast alle geschäftlichen Angelegenheiten von Zuhause zu erledigen und hat dementsprechend vieles während der Pandemie vereinfacht. Anders als in Deutschland hat sich die digitale Technik über alle Altersgruppen hinweg etabliert und ist in allen Bereichen, vom Banken- bis zum Gesundheitssektor, nicht mehr wegzudenken.
Im Kampf gegen das Coronavirus gab es erfolgreiche Beispiele türkischer Innovationskraft und Solidarität, wie zum Beispiel die Produktion von Gesichtsschutzvisieren aus Plastik des türkischen Unternehmers Cinar Topaloglu.
Mitte Januar 2021 begann die groß angekündigte nationale Impfkampagne. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan in einem städtischen Klinikum in Ankara öffentlichkeitswirksam impfen lassen. Aktuell wird die Türkei ausschließlich mit dem chinesischen Sinovac-Impfstoff versorgt, obwohl es Gespräche zwischen dem deutschen Unternehmen Biontech, des türkischstämmigen Unternehmerpaares Ugur Sahin und Özlem Türeci, über eine mögliche lizensierte Impfstoffproduktion gibt. Ferner wird ein heimischer Impfstoff entwickelt, der sich in der letzten klinischen Phase befindet und möglicherweise in Kürze zugelassen wird.
Der Impfstart verlief reibungslos - stolz vernahm man in allen Medien, dass in der Türkei fast doppelt so viele Menschen in den ersten 24 Stunden geimpft worden seien wie am ersten Tag des Impfstarts in Deutschland. Dies ist maßgeblich der fortschrittlichen Digitalisierung des türkischen Gesundheitssystems zu verdanken.
Positiv könnte für die türkische Wirtschaft die Schwächung der Lira sein, welche der Türkei in der Zeit nach der Pandemie einen Tourismusboom bescheren könnte, welcher wiederum eine schnelle Erholung dieses zentralen Sektors für die türkische Wirtschaft unterstützt. Trotz des wirtschaftlichen Einbruchs hat die türkische Wirtschaft 2020 ein positives Wachstum von 0,5% verzeichnet.
– AM Walter Glos
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Covid-19 in Nahost und NordafrikaBelastungsprobe für eine instabile RegionDie globale Ausbreitung des neuartigen Coronavirus wird für den Nahen Osten und Nordafrika zu einer zusätzlichen Belastungsprobe. Vielerorts bestimmten politische und wirtschaftliche Krisen bereits den Alltag, sind staatliche Strukturen und Legitimität nur schwach ausgeprägt. In den fortwährenden Transformationsprozessen der Region könnte die Pandemie als Katalysator wirken. Die Corona-Krise wirft damit nicht nur Fragen zur Krisenreaktions- und Widerstandsfähigkeit der betroffenen Staaten und ihre Gesundheitssystemen auf, sondern auch zu den politischen und sozioökonomischen Folgen in einer Region, deren Entwicklung immer auch Folgen für Europa nach sich zieht.
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Nicht die einzige KriseDie Türkei in Zeiten von CoronaCorona ist nur eine von vielen Krisen in der Türkei: eine zuvor bereits geschwächte Wirtschaft, die Versorgung der Flüchtlinge und die Auseinandersetzungen in Nordsyrien addieren sich hinzu. Arbeitslosigkeit beunruhigt die Türken jedoch mehr als das Virus. Deutschland bleibt in diesen Zeiten ein wichtiger Partner der Türkei. Schafft die Türkei es, alle Feuer gleichzeitig zu löschen? Eine Analyse.
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Libanon
Der COVID-19-Ausbruch traf den Libanon an einem kritischen Tiefpunkt, an dem multiple Krisen kulminierten. Von Währung, Wirtschaft und Bankensystem bis hin zur Regierung gerieten die wichtigsten Pfeiler des Landes ins Wanken. In den ersten Monaten nach der Bestätigung des ersten COVID-Falles am 21. Februar 2020 konnte der Virus dank strikter Abriegelungsmaßnahmen, Schließung der Landesgrenzen und Ausgangssperren zwischen Mitte März und Juni 2020 mit relativem Erfolg eingedämmt werden. Die Bevölkerung hielt sich allerdings bereits von Anfang an nur bedingt an die Verordnungen.
Nachdem die Fallzahl über Monate gering gehalten werden konnte, folgten schrittweise Lockerungen. Die am Boden liegende Wirtschaft und der Arbeitsmarkt litten dennoch stark unter den Bestimmungen. Die Pandemie katalysierte den Anstieg der Armutsrate und der Arbeitslosigkeit sowie den Absturz der Währung und des BIPs.
Der erneute Anstieg der COVID-19-Fälle begann Ende August, wenige Wochen nach der massiven Explosion im Hafen von Beirut, die Teile der Hauptstadt zerstörte - darunter mehrere Krankenhäuser in Hafennähe. Das verheerende Unglück ließ in den folgenden zwei Wochen wenig Raum für eine effektive Implementierung von Gesundheitsrichtlinien. Die Überwachung und Datensammlung der COVID-Entwicklung setzte in den folgenden Tagen vollkommen aus.
Die Reaktion des Staates auf die Pandemie lässt sich seit Sommer 2020 allgemein als verzögert, unstrukturiert und halbherzig bezeichnen. Strenge, schlecht implementierte Restriktionen wechselten sich mit großzügigen Öffnungen ab. Die Datensammlung war über den gesamten Zeitraum der Pandemie hinweg inkonsistent und unkoordiniert. Mit Track-und-Tracing-Apps sollte diese verbessert werden, allerdings fanden die Modelle keine landesweite Anwendung. Anstatt einer effektiven Krisenkommunikation brachte das Gesundheitsministerium statt einer einzigen, zentralen App drei separate Anwendungen auf den Markt, jede mit leicht unterschiedlichen Funktionen.
Am 20. September 2020, als die Zahl der täglichen Fälle erstmals 1.000 überstieg, wurde nach einer Auseinandersetzung zwischen dem Innen- und Gesundheitsminister letztendlich der bereits stark leidenden Wirtschaft Vorrang vor der öffentlichen Gesundheit gegeben. Gegen Ende des Jahres folgte die Entscheidung der Regierung, die nächtliche Ausgangssperre über Weihnachten und Neujahr deutlich zu lockern - mit verheerenden Folgen für die Entwicklung der Fallzahlen im Januar 2021. Während der Libanon es bis August schaffte, die Neuinfektionen auf durchschnittlich weniger als 100 pro Tag zu begrenzen, führt das Land inzwischen in der arabischen Welt die Statistiken der aktiven Fälle pro Millionen Einwohner an. Angesichts der rasant steigenden Zahlen (über 6000 Neuinfektionen pro Tag) sowie steigender Todeszahlen (Mitte Januar ca. 60 pro Tag) wurde dann ab Mitte Januar doch eingelenkt und kurzfristig, über mehrere Tage eine wahre Panik und Hamsterkäufe unter der Bevölkerung auslösend, ein strenger Lockdown verhängt. Bürger dürfen nur mit Genehmigung die Häuser verlassen, selbst Supermärkte bleiben geschlossen.
Die Pandemie hat die chronische Unterfinanzierung im libanesischen Gesundheitssystem offenbart: darunter fällt die weitreichende Privatisierung, schlechte Koordinierung, mangelhafte Gesundheitsdaten, Fokus auf Behandlung statt auf Prävention und minimale Investitionen in das Personal. Darüber hinaus stellen Engpässe bei der Medikamentenbeschaffung durch den Dollarmangel im Land ein gravierendes Problem dar. Die Kapazität der Intensivbetten liegen Schätzungen zufolge landesweit bei etwa 550 Betten (die Zahlen variieren je nach Informationsquelle). Mehr als 90 Prozent waren nach Angaben des Gesundheitsministeriums Anfang Januar voll belegt. Einige Krankenhäuser weisen bereits Patienten ab.
Die Einfuhr von 2,1 Millionen Dosen Impfstoff des Pharmakonzerns Pfizer soll laut Regierung, die im Januar hierfür im Eilverfahren eigens eine rechtliche Grundlage per Gesetz schuf, Mitte Februar 2021 erfolgen. Der Libanon hat sich dem COVID-19-Impfstoffprogramm der Weltgesundheitsorganisation COVAX angeschlossen. Zusammengenommen würden diese Mengen zwischen 15% und 20% der Bevölkerung abdecken. Eine klare Strategie für die Verteilung und Verabreichung des Impfstoffs fehlt noch, derzeit stellt selbst die sachgerechte Lagerung des Impfstoffes eine enorme Herausforderung dar.
– AM Dr. Malte Gaier
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Covid-19 in Nahost und NordafrikaBelastungsprobe für eine instabile RegionDie globale Ausbreitung des neuartigen Coronavirus wird für den Nahen Osten und Nordafrika zu einer zusätzlichen Belastungsprobe. Vielerorts bestimmten politische und wirtschaftliche Krisen bereits den Alltag, sind staatliche Strukturen und Legitimität nur schwach ausgeprägt. In den fortwährenden Transformationsprozessen der Region könnte die Pandemie als Katalysator wirken. Die Corona-Krise wirft damit nicht nur Fragen zur Krisenreaktions- und Widerstandsfähigkeit der betroffenen Staaten und ihre Gesundheitssystemen auf, sondern auch zu den politischen und sozioökonomischen Folgen in einer Region, deren Entwicklung immer auch Folgen für Europa nach sich zieht.
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Eine Krise zu vielStaatsbankrott und COVID-19 mischen sich im Libanon zu einem toxischen KatalysatorZum ersten Mal in seiner Geschichte hat der Libanon den Staatsbankrott erklärt – und verliert damit die Reputation seiner krisenresistenten Zahlungsfähigkeit. Das Bankensystem, ein Pfeiler der libanesischen Wirtschaft, ist seit den landesweiten Protesten des 17. Oktobers ins Wanken geraten. Das krankende Wirtschaftssystem wurde über die letzten Jahre mit einer kurzsichtigen Finanz- und Geldpolitik am Leben gehalten. Die Folgen der COVID-19 Ausbreitung werden der desolaten Wirtschaft einen zusätzlichen Schlag versetzen, dessen Folgen sich nur erahnen lassen.
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Mongolei
Durch strikte Grenzschließungen im März 2020 ist es der Mongolei bis Mitte November gelungen, einen lokalen Ausbruch des COVID-19-Virus zu verhindern. Doch wurde ausgerechnet eine staatliche Quarantäneeinrichtung zur Brutstätte für das Virus. Durch Missmanagement war es dort zu einer ersten unentdeckten Ansteckung gekommen. Ein LKW-Fahrer hatte sich am Ende seiner Quarantäne infiziert. Er war jedoch aufgrund der Inkubationszeit mit einem negativen Testergebnis entlassen worden. Ursache war offenbar die Mehrfachbelegung der Zimmer. Auf die ersten Krankheitsfälle in der Bevölkerung reagierte die Regierung mit einem harten und mehrwöchigen Lockdown.
Immer wieder entzündete sich in den folgenden Wochen Kritik an Einzelschicksalen: So war Anfang Dezember einer schwerkranken Frau aus der Archangai-Provinz der Zugang zu medizinischer Versorgung in der Hauptstadt verwehrt worden. Trotz mehrfacher Bitten ihrer Ärzte durfte die Frau den Checkpoint nach Ulan Bator nicht passieren. Die Frau verstarb in der folgenden Nacht in ihrem Auto. Unverständlich erscheint es vielen in der Bevölkerung, dass die Regierung und die Behörden auf solche Situationen offenbar unzureichend vorbereitet waren. Mitte Januar 2021 war die mongolische Regierung schließlich nach einem Abend der Proteste zurückgetreten. Vorausgegangen war den Protesten das Foto einer jungen Mutter, das tagsüber in den Sozialen Medien zirkulierte. Nach ihrer Entbindung in der zentralen Urguu-Klinik war sie von Mitarbeitern des Gesundheitsamtes in eine staatliche Quarantäneeinrichtung verbracht worden. Die Fotoaufnahme zeigt die Mutter in spärlicher Krankenhauskleidung, die von vielen Nutzern als dem mongolischen Winter unangemessen kritisiert wurde. Bereits wenige Tage später bildete sich aus der regierenden Mongolischen Volkspartei heraus jedoch ein neues Kabinett.
Um die wirtschaftlichen Folgen der Grenzschließungen und der Lockdowns abzufedern, hat die mongolische Regierung umfangreiche Maßnahmenpakete beschlossen. So galt für den Großteil des Jahres 2020 eine generelle Befreiung von Sozial- und Steuerabgaben für mongolische Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Unternehmen wurde der Zugang zu kurzfristigen Niedrigzins-Krediten erleichtert. Bis Juli 2021 sind Haushalte von der Zahlung von Strom- und Heizkosten befreit. Ergänzt werden diese Maßnahmen durch eine Vielzahl kleiner finanzieller Befreiungen und Vergünstigungen für Bürger und Unternehmen. Das strikte Grenzregime stellt weiterhin eine Herausforderung für die exportbasierte mongolische Wirtschaft dar. Jedoch ist es gelungen, einen weitgehend reibungslosen Ablauf der Bergbauexporte in die chinesische Volksrepublik, die für ca. 90 Prozent der mongolischen Ausfuhren verantwortlich sind, zu gewährleisten. Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie treffen somit bisher vor allem Selbstständige und kleine sowie mittlere Serviceunternehmen.
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Corona-Krise in der MongoleiWirtschaft, Wahlen und PerspektivenDer COVID-19-Virus bestimmt zurzeit das globale Geschehen. Während im Rest der Welt Verdoppelungsraten und verschärfte Ausgehrestriktionen den Alltag prägen, scheint sich die Lebensrealität vieler Mongolen vorerst zu normalisieren. Die Mongolei hat einen Umgang mit der weltweiten Pan-demie gefunden, der sich konträr zu den Entwicklungen in Europa darstellt. Wesentlich früher als andere Staaten hatte der asiatische Binnenstaat die Grenzen zu China geschlossen und Flüge in Länder mit hohen Infektionsra-ten eingestellt. Bereits im Januar 2020 wurden Masken in Regierungsge-bäuden zur Pflicht, der Schul- und Universitätsbetrieb geschlossen sowie Notfallpläne im Gesundheitsministerium erarbeitet. In der Bevölkerung wurde diesem strikten Vorgehen mit Verständnis begegnet. Masken be-stimmen seither wie in vielen asiatischen Ländern das Straßenbild.
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Iran
Die ersten zwei COVID-19-Toten wurden im Iran Mitte Februar 2020 in der Stadt Qom gemeldet. Es folgten Berichte dutzender Infizierter und Toter in verschiedenen Städten in den Tagen darauf. Die Pandemie hatte das Land bereits Wochen vorher erreicht, doch die Regierung unterband die Berichterstattung hierüber und spielte die Gefahr des Virus – in der Hoffnung auf eine höhere Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen Ende Februar, herunter. Während die Zahlen im Land anstiegen, bezeichnete der religiöse Führer Ayatollah Ali Khamenei, der seit Februar 2020 unter strengsten Hygienemaßnahmen lebt, das Corona-Virus als biologische Waffe der Amerikaner.
Die Weigerung der politischen Führung, frühzeitig Präventiv- und Eindämmungsmaßnahmen zu beschließen und das unabgestimmte Vorgehen von Klerus, Militär und Regierung befeuerten die Virusausbreitung. Die iranischen Revolutionsgarden präsentierten im April 2020 einen „Corona-Detektor“, der angeblich in der Lage sei, das Virus erkennen und vernichten zu können. Zusätzlich wurden über 80.000 Gefängnisinsassen aufgrund der desaströsen hygienischen Lage in den Haftanstalten freigelassen. Im Laufe des Jahres wurden Universitäten, Schulen, Sportstätten, Parks, religiöse Stätten und Restaurants geschlossen. Seit Herbst 2020 gilt eine Maskenpflicht im öffentlichen Raum. In Hochrisikogebieten (derzeit mehr als 100 Städte) ist es nur einem Drittel der Bevölkerung erlaubt, das Haus zu Arbeitszwecken zu verlassen.
Die ärmere Bevölkerung des Irans ist von der Pandemie besonders stark betroffen, da viele medizinische Ausgaben nicht von der staatlichen Krankenversicherung übernommen werden. Einige Menschen nahmen Kredite auf, um die Behandlung von Familienmitgliedern in privaten Krankenhäusern zu bezahlen. Die finanziellen Unterstützungsleistungen für ärmere Familien reichen nicht aus. Die zögerliche Eindämmungspolitik ist auch dadurch begründet, dass der Iran auf einheimische Produktion und den regionalen Warenverkehr angewiesen ist, um – trotz der internationalen Sanktionen, überlebensfähig zu sein.
Im März beantragte der Iran – zum ersten Mal seit der iranischen Revolution 1979 – einen Notkredit beim Internationalen Währungsfonds in Höhe von $5 Mrd. zur Bekämpfung der Pandemie, der durch die Trump-Administration geblockt wurde. Trotz Ausnahmeregelungen für humanitäre Importe im US-Sanktionsregime schränken die weitreichenden US-Sanktionen gegen iranische Banken die Finanzierung dieser humanitären Importe ein.
Das Virus breitete sich über den Winter weiter aus und brachte den Iran an den Rand einer humanitären Katastrophe. Viele Krankenhäuser gelangten an ihre Kapazitätsgrenze und das Gesundheitssystem steht Berichten zufolge kurz vor dem Zusammenbruch. Medikamente und medizinische Geräte sind so knapp, dass für eine Großzahl von Iranern keine lebenswichtige Versorgung sichergestellt werden kann. Die offizielle Zahl der Todesopfer nähert sich derzeit 60.000 und die Gesamtzahl der Infizierten übersteigt 1,3 Millionen. Das macht den Iran zum am stärksten betroffenen Land der Region (Stand Januar 2021). Beobachter gehen davon aus, dass die tatsächlichen Infektions- und Todesraten drei- bis viermal so hoch sind wie von den Behörden offiziell angegeben.
Khamenei erließ im Januar 2021 ein Importverbot für westliche Impfstoffe. Daraufhin stornierte der iranische Rote Halbmond eine Bestellung von 150.000 Dosen des Pfizer-BioNTech-Impfstoffes und erklärte, stattdessen Vakzine aus nicht-westlichen Ländern wie China, Russland und Indien zu importieren. Das staatliche Fernsehen berichtete über angeblich schwere Folgen der Impfungen im Ausland (bspw. Dauerlähmungen, schwere Hirnschäden), um das Importverbot zu begründen. Ein Parlamentsabgeordneter warnte außerdem, in englischen und amerikanischen Impfstoffen seien GPS-Tracker verbaut. In den sozialen Medien, besonders auf Twitter, forderten daraufhin Zehntausende Iraner unter dem Hashtag #voksan_bikhayetd („Impfstoff kaufen“) die Anschaffung von Impfdosen.
Neben dem Narrativ des „wirtschaftlichen Widerstands“ und dem Streben nach Unabhängigkeit vom Westen, stehen hinter dem Impfstoff-Boykott hauptsächlich Finanzierungsprobleme. Die internationalen Sanktionen zwingen den Iran zudem, einen eigenen Impfstoff zu entwickeln. Im Dezember 2020 wurde der iranisch-produzierte Impfstoffkandidat COVIran-Barekat der staatlichen Shifa Pharmed nach bestandenen Tierversuchen auch an Menschen getestet. Gleichzeitig haben der Iran und Kuba ein Impfstoff-Abkommen unterzeichnet und sich iranische und kubanische Medikamentenhersteller für die Impfstoffentwicklung zusammengeschlossen. Ende Januar 2021 gab das iranische Gesundheitsministerium bekannt, der iranische COVIran-Impfstoff wirke auch gegen die mutierte Variante des Coronavirus, die zuerst in Großbritannien entdeckt wurde.
Der Iran nimmt außerdem an COVAX teil: einem Konsortium der Weltgesundheitsorganisation und der Gavi-Impfstoff-Allianz, die ärmeren Ländern Zugang zu Impfstoffen ermöglicht. Das Land hat bereits für $244 Millionen 16,8 Millionen Impfdosen bestellt; die USA den Geldtransfer Ende Dezember freigegeben. Es ist jedoch unklar, ob der Iran nur nicht-westlich entwickelte Impfstoffe bei COVAX bestellen kann.
Die iranische Führung hofft, dass ein Ende der US-Politik des „maximalen Drucks“ gegen den Iran unter Präsident Biden die Freigabe des IWF-Kredits ermöglicht und Sanktionen gegen iranische Banken lockert, um die Einfuhr von Medikamenten zu erleichtern. Im Juni 2021 stehen Präsidentschaftswahlen im Iran an, für die sich bereits eine Reihe von Hardlinern in Position begeben haben.
– Simon Engelkes
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Covid-19 in Nahost und NordafrikaBelastungsprobe für eine instabile RegionDie globale Ausbreitung des neuartigen Coronavirus wird für den Nahen Osten und Nordafrika zu einer zusätzlichen Belastungsprobe. Vielerorts bestimmten politische und wirtschaftliche Krisen bereits den Alltag, sind staatliche Strukturen und Legitimität nur schwach ausgeprägt. In den fortwährenden Transformationsprozessen der Region könnte die Pandemie als Katalysator wirken. Die Corona-Krise wirft damit nicht nur Fragen zur Krisenreaktions- und Widerstandsfähigkeit der betroffenen Staaten und ihre Gesundheitssystemen auf, sondern auch zu den politischen und sozioökonomischen Folgen in einer Region, deren Entwicklung immer auch Folgen für Europa nach sich zieht.
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Syrien
In einem Interview mit dem Auslandsbüro Syrien/Irak der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) sagte der syrische Leiter einer Nichtregierungsorganisation (NGO) jüngst, dass Syrien keine äußeren Feinde mehr bräuchte, da das Regime dem Land am meisten schaden würde. Diese Aussage lässt sich ohne Weiteres auch auf die kritische Corona-Lage im Land übertragen. In Syrien herrschten bereits vor der COVID-19 Pandemie harte Bedingungen vor Ort. Der nun zusätzliche „Feind“, das Virus, wurde lange geleugnet. Erst Ende März 2020 gab das Regime erste Ansteckungen bekannt. Laut Angaben des syrischen Gesundheitsministeriums hatten sich bis zum Anfang Februar 2021 etwa 14.200 Personen mit COVID-19 infiziert, 930 Menschen sind an den Folgen einer COVID-19-Erkrankung verstorben.
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN) sprach allerdings bereits im Dezember 2020 von mindestens 30.000 Infizierten. Zudem vermuten Wissenschaftler des Imperial College London, dass nur etwa 1,25 Prozent der an COVID-19 Verstorbenen in die offizielle Statistik eingehen.
Die gesundheitliche Versorgung in Syrien ist seit langem höchst insuffizient. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind nur etwa 50 Prozent der Krankenhäuser voll funktionsfähig, weitere 25 Prozent lediglich teilweise – ihnen fehlt es an Personal, Geräten und Medikamenten –, weitere 25 Prozent der Hospitäler können überhaupt nicht mehr genutzt werden. Für die dysfunktionale medizinische Infrastruktur ist vor allem das syrische Regime verantwortlich: Die zum Netzwerk der WHO gehörende Organisation Physicians for Human Rights (PHR) zählte seit Beginn des Konflikts (2011) 595 Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen in Syrien, 90 Prozent davon sind laut PHR durch das syrische Regime oder seinen Verbündeten Russland verübt worden. Bei den Angriffen starben 923 Ärzte sowie medizinische Pflegekräfte (Stand Dezember 2020).
Die desaströse Gesamtlage im Land erschwert den Kampf gegen das Virus. Nach UN-Angaben gibt es in Syrien 6,6 Millionen Binnenvertriebene. 1,5 Millionen leben in Flüchtlingslagern, viele weitere in informellen Siedlungen oder Sammelunterkünften. Die prekären Lebensbedingungen in diesen Unterkünften, die meist überfüllt sind und nur unzureichenden Zugang zu Wasser und sanitären Anlagen bieten, machen es den Bewohnern nahezu unmöglich, sich an vorbeugende Maßnahmen, wie etwa Abstands- und Hygieneregelungen, zu halten. Einige Bewohner berichteten, dass sie ihre Kinder auch deshalb nicht zur Schule schicken können, weil sie sich die vorgeschriebenen Masken nicht leisten könnten.
Laut Angaben von Amnesty International gab es im August 2020 nur sehr eingeschränkte COVID-19 Testmöglichkeiten. Einen Monat später sollen 300 Testmöglichkeiten pro Tag für jeweils 100 US-Dollar möglich gewesen sein – bei einem durchschnittlichen Einkommen von etwa 120 US-Dollar pro Monat für die überwiegende Mehrheit der Syrer schlichtweg unbezahlbar. Zudem sollte das Testangebot ausschließlich für Personen, die eine Ausreise planten und ein gültiges Flugticket vorweisen konnten, bestehen. UN-Angaben zufolge sollen im November 2020 in ganz Syrien, bei einer Bevölkerung von etwa 15 Millionen, 1.000 Tests am Tag in lediglich fünf Testzentren zur Verfügung gestellt worden sein, keine einzigen jedoch im von der Opposition kontrollierten Nordosten des Landes. Verlässliche Daten über die tatsächliche landesweite Ausbreitung der Corona-Pandemie sind zuletzt auch deshalb nicht verfügbar. Um vom eigenen Versagen auch im Bereich der Pandemiebekämpfung abzulenken, begründete das Assad-Regime den Mangel an Test-Kits mit den gegen Syrien verhängten internationalen Sanktionen. Tatsächlich sind medizinische Güter aber nicht sanktioniert. Unterstützung im Kampf gegen das Virus gab es auch von der WHO, welche 70.000 Test-Kits sowie Schutzkleidung lieferte. Auch die internationale Staatengemeinschaft ließ die syrische Bevölkerung nicht im Stich – so stellten beispielsweise Deutschland, die USA, China und Pakistan größere Mengen an Schutzkleidung zur Verfügung.
Die Lage wird durch eine unzureichende ärztliche Versorgung verschärft: In der südlichen Provinz Daraa standen 2019 laut PHR pro 10.000 Einwohner lediglich 1,1 Ärzte zur Verfügung, in Damaskus waren es 20,3, in Latakia 15,3 Ärzte. Allerdings ist es zahlreichen Erkrankten mit schweren Symptomen nicht nur aufgrund der mangelhaften Ärzteabdeckung kaum möglich, sich behandeln zu lassen, sondern häufig auch wegen gravierender Sicherheitsbedenken: Vor allem junge Männer befürchten an den Checkpoints verhaftet zu werden, da sie sich beispielweise dem Militärdienst entziehen.
Fazit: Da der syrischen Regierung die Mittel, vor allem aber der Wille fehlt, medizinische Hilfe in ausreichendem Umfang in allen Landesteilen zu leisten, stehen die internationale Gemeinschaft – allen voran die WHO – weiterhin in der Verantwortung, medizinische Unterstützung zu liefern. Die WHO plant dazu ab April 2021 unter anderem eine Impfkampagne für 20 Prozent der Bevölkerung, während China 150.000 Impfdosen zur Verfügung stellen möchte.
Wie es in Syrien weitergehen wird, hängt allerdings auch wesentlich von der Bereitschaft des Assad-Regimes ab, seiner notleidenden Bevölkerung uneingeschränkt internationale Hilfe zukommen zu lassen.
– Lejla Djulancic
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Syrien - Entwicklungen im Schatten von CoronaNach UN-Angaben sind seit Beginn des Bürgerkrieges in Syrien etwa eine halbe Million Menschen getötet worden und derzeit etwa zwölf Millionen Syrer von Flucht und Vertreibung betroffen: 5,7 Millionen haben das Land verlassen und über sechs Millionen sind Binnenflüchtlinge. Der Konflikt ist bereits seit Jahren ein Stellvertreterkrieg unterschiedlicher internationaler und regionaler Akteure um geostrategischen, politischen und wirtschaftlichen Einfluss. Die aktuelle deutsche EU-Ratspräsidentschaft bietet nun eine Chance, den Bürgerkrieg prominent auf die europäische Agenda zu setzen.
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Die Pandemie als Trendwende?Steigende humanitäre Bedarfe in KonfliktländernIm Zuge der Corona-Pandemie sind humanitäre und Entwicklungsbedarfe weltweit massiv gestiegen. Konfliktländer wie Syrien, Jemen und Libyen sind in der Krise mehr denn je auf internationale Unterstützung angewiesen. Die aktuellen Finanzierungszusagen der internationalen Gemeinschaft sind jedoch unzureichend. Gründe hierfür sind u.a. hohe Kosten für heimische Krisenreaktionen, geo- und sicherheitspolitische Prioritäten sowie Gebermüdigkeit in langanhaltenden Konflikten.
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Covid-19 in Nahost und NordafrikaBelastungsprobe für eine instabile RegionDie globale Ausbreitung des neuartigen Coronavirus wird für den Nahen Osten und Nordafrika zu einer zusätzlichen Belastungsprobe. Vielerorts bestimmten politische und wirtschaftliche Krisen bereits den Alltag, sind staatliche Strukturen und Legitimität nur schwach ausgeprägt. In den fortwährenden Transformationsprozessen der Region könnte die Pandemie als Katalysator wirken. Die Corona-Krise wirft damit nicht nur Fragen zur Krisenreaktions- und Widerstandsfähigkeit der betroffenen Staaten und ihre Gesundheitssystemen auf, sondern auch zu den politischen und sozioökonomischen Folgen in einer Region, deren Entwicklung immer auch Folgen für Europa nach sich zieht.
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4/8 Beirut FilmAm 4. August 2020 detonierte im Hafen der libanesischen Hauptstadt Beirut eine große Menge nicht sachgerecht gelagertes Ammonium Nitrat. Die Explosion gilt als eine der stärksten nicht-nuklearen Explosionen der Geschichte. Über 200 Menschen wurden getötet, 6.500 verletzt und über 300.000 verloren ihr Zuhause. Unter ihnen viele Flüchtlinge, die in Beirut leben.Der Libanon beherbergt geschätzte 1,5 Millionen syrische und etwa 40.000 irakische Flüchtlinge – millionen Schicksale. Der Dokumentarfilm „4/8 Beirut“ zeigt vier von ihnen und beschreibt ihr Trauma, ihre Ängste und Hoffnungen vor und nach der verheerenden Explosionskatastrophe.
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„From Beirut to Baghdad ─ Konrad’s Journey through the Middle East“ (Episode 1)Interview with UNHCR’s spokesperson Andreas Kirchhof on the Covid-19 situation in the refugee camps across the Middle East„From Beirut to Baghdad ─ Konrad’s Journey through the Middle East“ is a biweekly podcast by the Konrad-Adenauer-Foundation’s Syria/Iraq-Office. Based in Beirut, the podcast discusses current political issues in the region with the foundation’s on the ground partners in Syria, Iraq and across the Middle East. Each episode sheds light on up-to-date political, social and economic topics, and provides insights into life and work from Beirut to Baghdad.
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„From Beirut to Baghdad ─ Konrad’s Journey through the Middle East“ (Episode 2)Interview with Hafsa Halawa, scholar at the Middle East Institute and an independent consultant for the MENA region on the protests, the governmental crisis and the impact of Covid-19 in Iraq„From Beirut to Baghdad ─ Konrad’s Journey through the Middle East“ is a biweekly podcast by the Konrad-Adenauer-Foundation’s Syria/Iraq-Office. Based in Beirut, the podcast discusses current political issues in the region with the foundation’s on the ground partners in Syria, Iraq and across the Middle East. Each episode sheds light on up-to-date political, social and economic topics, and provides insights into life and work from Beirut to Baghdad.
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Marokko
Nachdem Anfang März 2020 die ersten Ansteckungen mit Corona in Marokko bekannt wurden, reagiert die Regierung mit einer Reihe von Maßnahmen, die weitere Ansteckungen verhindern sollten bzw. die wirtschaftlichen Schäden für betroffene Personen abfedern sollten. Gesetzlicher Rahmen für diese Maßnahmen ist eine Notverordnung, die der Regierung mehr Handlungsspielraum erlaubt. Die Notverordnung und die entsprechenden Maßnahmen werden seitdem verlängert und der Situation angepasst.
Bis zum Sommer 2020 waren aufgrund der restriktiven Bewegungseinschränkungen und der nahezu vollständigen Schließung aller Einrichtungen, die täglichen Ansteckungszahlen vergleichsweise niedrig. Durch Zahlungen aus dem Sozialfonds für Menschen, die ihre Beschäftigung verloren, konnte ein Teil der Bevölkerung geholfen werden. Im Juli wurde die Ausgangssperre gelockert und viele Unternehmen konnten mit Einschränkungen wieder öffnen. Nach erheblichen Mängeln bei der Versorgung von Masken und Testkits zu Beginn der Pandemie konnten die marokkanischen Behörden die Produktion vor Ort entsprechend umstellen und nötige Materialien importieren. In den Sommermonaten konnte das Außenministerium große Mengen an Masken an Staaten in Westafrika spenden. Wie auch in den benachbarten europäischen Ländern, führten die Lockerungen zu einem Anstieg von positiv getesteten Fällen in Marokko.
Die staatlichen Gegenmaßnahmen konzentrierten sich vor allem auf die Kontrolle von Personen an Straßensperren und Ausstellung entsprechender Genehmigungen, bei hohen Fallzahlen erlaubt die nationale Notverordnung lokale Schließungen und Lockdowns. Diese staatlichen Entscheidungen sind teilweise nicht nachvollziehbar und lösen oft eine gewisse Frustration in der Bevölkerung aus. Durch die Zahlungen an betroffene Personen zu Beginn der Krise, wurden einige soziale Spannungen abgeschwächt und erste Ansätze für eine einheitliche Registrierung für ein staatliches Sozialhilfesystem geschaffen. Allerdings wurden sowohl diese Ansätze als auch die dringend notwendige Besserung des Gesundheitssystems nicht weiterverfolgt. Derzeit herrscht ein großes Durcheinander über die lokalen Vorschriften und die Kommunen sind überfordert mit der Ausstellung von Reisegenehmigungen im Land. Vor allem in den Industriebetrieben, in der Landwirtschaft und im Tourismus machen sich die wirtschaftlichen Schäden bereits stark bemerkbar. Hinzu kommt der eingeschränkte Export von Gütern und die Schließung der Grenzen.
Hinsichtlich einer Impfung sollte bereits im Dezember 2020 eine großangelegte Impfkampagne mit dem chinesischen Impfstoff Sinopharm beginnen und es ist beabsichtigt, bis Anfang Juni 2021 80% der Bevölkerung geimpft zu haben. Dabei wurde auch überlegt, den Impfstoff selbst in einem Werk in der Nähe von Casablanca für Marokko, aber auch andere afrikanische Länder herzustellen. Im Gegenzug hatte sich Marokko an der dritten Phase der Studie für den Impfstoff von Sinopharm beteiligt. Allerdings wurde der Impfstoff bisher weder in Marokko genehmigt, noch kann der Impfstoff aus China exportiert werden. Die marokkanische Regierung versucht nun Alternativen zu finden und hat nun beim Hersteller Astra-Zeneca Impfdosen bestellt.
– AM Steffen Krüger
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Covid-19 in Nahost und NordafrikaBelastungsprobe für eine instabile RegionDie globale Ausbreitung des neuartigen Coronavirus wird für den Nahen Osten und Nordafrika zu einer zusätzlichen Belastungsprobe. Vielerorts bestimmten politische und wirtschaftliche Krisen bereits den Alltag, sind staatliche Strukturen und Legitimität nur schwach ausgeprägt. In den fortwährenden Transformationsprozessen der Region könnte die Pandemie als Katalysator wirken. Die Corona-Krise wirft damit nicht nur Fragen zur Krisenreaktions- und Widerstandsfähigkeit der betroffenen Staaten und ihre Gesundheitssystemen auf, sondern auch zu den politischen und sozioökonomischen Folgen in einer Region, deren Entwicklung immer auch Folgen für Europa nach sich zieht.
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Irak
Etwa ein Jahr nach Ausbruch der Covid-19 Pandemie im Irak haben sich mehr als 625.000 Personen mit dem Virus infiziert und circa 13.100 Iraker sind in Folge der Erkrankung gestorben. Das Land, mit seinen rund 40 Million Einwohnern, kämpft weiter gegen die Ausbreitung des Virus, die Infektionszahlen lagen Anfang 2021 bei über 1.000 pro Tag. Die Pandemie verschärft sowohl die schon bestehenden Krisen des Landes als auch die schwierige Lebenssituation vieler Iraker. Mittlerweile leben nach Angaben von UNICEF und der Weltbank zwischen 2,7 und 4,5 Million Menschen zusätzlich unter der Armutsgrenze.
Nachdem Ende Februar 2020 die erste Covid-19 Ansteckung im Irak nachgewiesen wurde, breitete sich das Virus rasch aus. Um den Anstieg der Infektionen einzudämmen, wurden zunächst die Grenzübergänge zum stark betroffenen Iran geschlossen und ab Mitte März die befristete Aussetzung des gesamten Flugverkehrs entschieden, welche bis Ende Juli ausgeweitet wurde. Zusätzlich wurden Bildungseinrichtungen geschlossen, Ansammlungen verboten und Ausgangsperren eingeführt. Die Infektionszahlen stiegen jedoch weiter rasant an und erreichten Mitte September bereits über 300.000.
Das ohnehin schon überforderte irakische Gesundheitssystem ringt mit der zusätzlichen Belastung. Es fehlt an Krankhausbetten, Hygienebekleidung und Beatmungsgeräten. Im regionalen Vergleich investierte der Irak in den vergangenen Jahren deutlich weniger ins Gesundheitswesen und weist eine niedrige Dichte an Ärzten und Pflegekräften auf. Wie viele andere Länder in der Region, leidet der Irak unter einem Brain Drain im medizinischen Bereich, zahlreiche Ärzte wandern ins Ausland ab. Der schon bestehende Personalmangel führte zur Überbelastung des medizinischen Personals, das oft selbst an Covid-19 erkrankt. Die hohe Infektionsrate bei Ärzten und Pflegekräften, sowie fehlende oder falsche Informationen über Covid-19 führten zu Unsicherheit innerhalb der Bevölkerung und Personen mit Symptomen zögerten, sich in ärztliche Behandlung zu begeben.
Die Einsparungen im Gesundheitssektor führten ebenso zu niedrigen Testkapazitäten, insbesondere im ländlichen Raum. Dies lässt, zumindest zu Beginn der Pandemie, eine hohe Dunkelziffer an Infektionen vermuten. Inzwischen werden rund 30.000 - 50.000 Tests pro Tag durchgeführt.
Die zuvor schon angeschlagene Wirtschaft des Iraks wurde ebenfalls stark von der Pandemie getroffen. Der Preisverfall für Ölexporte sowie die durch OPEC+ beschlossene Produktionssenkung, haben große Auswirkungen auf die fast ausschließlich auf Öl-Produktion basierende Wirtschaft des Landes und erhöhen zusätzlich die Staatsverschuldung. Aufgrund des großen Haushaltsdefizites konnte der Irak 2020 kaum die enormen Ausgaben für öffentliche Angestellte aufbringen. Um die finanziellen und wirtschaftlichen Folgen zu mindern, wertete die Regierung im Dezember 2020 den irakischen Dinar um rund 23 Prozent ab.
Ausgangsperren und Versammlungsverbote beeinträchtigen auch die seit Oktober 2019 anhaltenden Proteste, die vor allem bessere staatliche Dienstleistungen, Maßnahmen gegen die hohe Arbeitslosigkeit sowie die Bekämpfung von Korruption und Vetternwirtschaft fordern. Mit der Lockerung von Corona-Bestimmungen und der Ernennung des neuen Premierministers Mustafa al-Kadhimi im Mai 2020 sowie zum Jahrestag der Demonstrationen, flammten die Proteste jedoch immer wieder auf. Auch eine vom KAS-Auslandsbüro Syrien/Irak durchgeführte Umfrage zeigte, dass 25% der Befragten die Proteste aufgrund der Angst vor dem Virus mieden. Weitere 24% gaben an, dass es aufgrund der Pandemie kaum mehr Aufrufe zu Demonstration gebe.
Im Dezember 2020 und Januar 2021 ließ der Irak im Eilverfahren drei der entwickelten Impfstoffe gegen Covid-19 zu. 1,5 Million Dosen des Pfizer-BioNTech Impfstoffes wurden nach Angaben der Regierung bestellt und sollen Anfang 2021 geliefert werden. Der Ministerrat beschloss, insgesamt 100 Millionen US-Dollar für den Erwerb von Impfrationen bereitzustellen. Wann die ersten Dosen tatsächlich im Irak eintreffen und wie die Impfung der Bevölkerung organisiert werden soll, scheint momentan jedoch noch unklar.
– Michaela Balluff
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Covid-19 in Nahost und NordafrikaBelastungsprobe für eine instabile RegionDie globale Ausbreitung des neuartigen Coronavirus wird für den Nahen Osten und Nordafrika zu einer zusätzlichen Belastungsprobe. Vielerorts bestimmten politische und wirtschaftliche Krisen bereits den Alltag, sind staatliche Strukturen und Legitimität nur schwach ausgeprägt. In den fortwährenden Transformationsprozessen der Region könnte die Pandemie als Katalysator wirken. Die Corona-Krise wirft damit nicht nur Fragen zur Krisenreaktions- und Widerstandsfähigkeit der betroffenen Staaten und ihre Gesundheitssystemen auf, sondern auch zu den politischen und sozioökonomischen Folgen in einer Region, deren Entwicklung immer auch Folgen für Europa nach sich zieht.
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Australien
Australien hat relativ schnell und stringent auf die Pandemie reagiert, wobei die Strategie – anders als in Neuseeland – auf den Schutz des Gesundheitssystems vor Überlastung ausgerichtet ist. Zu den von Australien ergriffenen Maßnahmen gehören die Schließung der Außengrenzen (März 2020), das Ausreiseverbot für australische Staatsbürger (März 2020) und die Beschränkung der Anzahl einreisender Passagiere, die sich bei Einreise kostenpflichtig einer 14-tägigen Hotel-Quarantäne unter staatlicher Aufsicht unterziehen müssen. Der erste bekannte Fall (ein Reisender aus Wuhan) wurde am 25. Januar 2020 gemeldet. Der erste bekannte Fall von lokaler Übertragung (ein Gesundheitspfleger in Sydney) wurde am 2. März 2020 registriert. Auf die erste Welle von Infektionen erfolgte ein landesweiter Lockdown (März bis Mai/Juni 2020). Auf darauffolgende lokale und regionale Ausbrüche reagierten die Bundesstaaten/Territorien mit entsprechenden Maßnahmen, einschließlich innerstaatlicher Grenzschließungen, Maskenpflicht, flächendeckender Tests und Quarantänepflicht bei Einreise aus so genannten Hotspots. Die Einführung einer CovidSafe App (April 2020), welche zwar von ca. sechs Millionen (von geschätzt ca. 16 Millionen) Mobilfunknutzern heruntergeladen wurde, spielt nur eine untergeordnete Rolle bei der Ermittlung von Kontaktpersonen. Stattdessen haben die einzelnen Bundesstaaten und Territorien individuelle Maßnahmen ergriffen, um die Ermittlungen von Kontaktpersonen bei lokalen Ausbrüchen zu vereinfachen. Beispielhaft sei die CheckIn Canberra App (ACT) genannt, mit deren Hilfe man seinen Besuch eines Restaurants, Cafés oder anderen öffentlichen Institution durch manuelle Eingabe oder Einscannen eines Barcodes registrieren kann. Zu den neuesten landesweiten Maßnahmen gehört die Maskenpflicht auf allen nationalen und internationalen Flügen sowie die Vorlage eines negativen Testergebnisses (ab dem 22. Januar 2021).
Die australische Wirtschaft ist von der Pandemie und diesbezüglichen Maßnahmen teilweise unbehelligt (Bergbau und Export von Rohstoffen) und zum Teil erheblich (Tourismus, Bildungs- und Erziehungssektor) betroffen. So konnte der rohstoffreiche Bundesstaat Western Australia zuletzt einen deutlichen Haushaltsüberschuss erzielen. Demgegenüber fehlen allen Bundesstaaten und Territorien erhebliche Einnahmen von Touristen und internationalen Studenten. Inwieweit die wirtschaftlichen Stimulationspakete die Verluste wettmachen werden, muss sich noch zeigen. Gleiches gilt für den Ausfall von Einwanderern, welche das Wirtschaftswachstum des Landes mitbestimmen. Die Arbeitslosenrate ist trotz des phasenweisen Abbaus der so genannten JobKeeper Scheme zuletzt auf 6,8% (November 2020) gefallen.
In politischer Hinsicht hat die Pandemie insbesondere zur zeitweisen Suspendierung des Parlaments und Ersetzung des Council of Australian Governments (COAG) durch das so genannte National Cabinet geführt, in dessen Rahmen sich die Bundesregierung und die Regierungen der Bundesstaaten und Territorien regelmäßig treffen, um die Maßnahmen gegen die andauernde Pandemie zu koordinieren.
Die aktuellen Fallzahlen sprechen für den Erfolg der australischen (Insel-)Strategie:
- 25 Mio. Einwohner
- 28.740 Fälle seit Ausbruch
- 27.645 Genesene
- 186 aktive Fälle (geschätzt)
- 909 Todesfälle
- 36 im Krankenhaus
(Quelle: Australian Department of Health, abgerufen am 21. Januar 2021)
Die Strategie hat jedoch einen hohen Preis. Derzeit sind knapp 40.000 Australier bei australischen Botschaften registriert, die im Ausland gestrandet sind, sei es, weil sie keinen Sitzplatz auf den wenigen Flügen bekommen oder sich die hohen Kosten für das Flugticket und die Hotel-Quarantäne nicht leisten können. Darüber hinaus gibt es Australier, die wegen innerstaatlicher Grenzschließungen im Inland gestrandet sind, zuletzt Einwohner aus dem Bundesstaat Victoria, die sich in Queensland aufhielten, als dort ein Fall des mutierten britischen Virusstrangs entdeckt wurde. Gleichzeitig ist es für Australier äußerst schwierig, eine Ausreisegenehmigung zu erhalten. Personen mit vorübergehender Aufenthaltsgenehmigung dürfen zwar grundsätzlich ausreisen, aber nur mit Sondergenehmigung wiedereinreisen. Vor diesem Hintergrund steht die Durchführung der Australian Open und damit verbundenen Einreise von hunderten Tennisspielern und deren Entourage in der Kritik. Gleiches gilt für die Forderung der Universitäten, Studenten im Wege von Charter-Flügen wieder ins Land zu bringen, bevor diese Möglichkeit allen im Ausland gestrandeten Australiern eingeräumt wurde.
Die mit Neuseeland vereinbarte Travel Bubble gilt bisher nur einseitig für Neuseeländer; eine quarantänefreie Einreise für Australier nach Neuseeland wird für April des Jahres angestrebt. Die vom Health Department Secretary, Brendan Murphy, gemachte Aussage, internationale Reisen seien erst wieder ab 2022 möglich, wurde nachträglich von Premierminister Scott Morrison relativiert. Demnach soll es eine wöchentliche Überprüfung der Maßnahmen geben.
Die für die Zulassung von Pharmazeutika zuständige Behörde hat bis dato noch keinen der Impfstoffe zugelassen. Nichtdestotrotz soll die Impfkampagne bereits Mitte Februar beginnen, wobei voraussichtlich der von Pfizer/BionTech und insbesondere der von Oxford/AstraZeneca entwickelte Impfstoff, welcher in Australien produziert werden kann, zum Einsatz kommen sollen.
– Beatrice Gorawantschy
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Australien und Neuseeland - Gleichgesinnte Partner am anderen Ende der WeltUnterschiedliche Wege im Umgang mit der Corona- Krise„We need to prepare for a new normal“ so die Aussage des australischen Premierministers Scott Morrison über den Umgang mit den dramatischen Ausmaßen der Buschbrände zu Beginn des Jahres.¹ Im Januar war man in Australien der Auffassung, dass es eigentlich nicht mehr schlimmer kommen könnte.
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Jemen
Die COVID 19-Pandemie trifft im Jemen auf ein ohnehin krisen- und kriegsgeschütteltes Land, das kaum über Infrastrukturen und Governance-Kapazitäten verfügt, um Menschen vor der Pandemie zu schützen bzw. Infektionsfälle zu behandeln. 24 der 28 Millionen Einwohner sind auf internationale Hilfslieferungen angewiesen. 250.000 Menschen wurden laut United Nations Development Programme (UNDP) durch Kämpfe sowie mangelnden Zugang zu Nahrungsmitteln, Gesundheitsversorgung und Infrastruktur getötet; dabei handelt es sich in 60 Prozent der Fälle um Kinder unter fünf Jahren. Jemen sei in der Entwicklung um 21 Jahre zurückgeworfen. Hunger bestimmt das Leben, die Infrastruktur ist in großen Teilen zerstört. Wenige Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen (laut UN nur etwa 50 Prozent) sind funktionsfähig; es mangelt an Personal, Medizin, Schutzmasken, COVID-19-Tests, Elektrizität. Zudem gibt es Cholera, Diphterie und Dengue-Fieber. Wirklich reaktionsfähige staatliche Strukturen hingegen nicht.
2.120 COVID-Fälle und 615 Tote wurden bisher gemeldet; Zahlen, die in der Realität um ein Vielfaches höher sein dürften. Corona-Tests finden kaum statt, da es an Testmöglichkeiten mangelt. Viele Jemeniten fürchten eine gesellschaftliche Stigmatisierung durch eine Infektion und zögern eine Behandlung daher hinaus. Der Zugang zu Behandlungszentren ist in vielen Gegenden erschwert. Vor diesem Hintergrund haben die Hilfsorganisationen ihre Bemühungen intensiviert, neue Labore einzurichten, die Testkapazitäten zu erhöhen, die Zahl des medizinischen Personals sowie der Intensivbetten, Beatmungsgeräte und medizinischer Schutzausrüstung zu erhöhen; eine COVID-Aufklärungskampagne wird durchgeführt. Wann und welcher Impfstoff im Jemen zur Anwendung kommen kann, ist unklar. Allerdings hat die von Weltgesundheitsorganisation, Europäischer Union und Frankreich geründete COVAX-Organisation (Covid-19 Vaccines Global Access) Planungen für den Jemen aufgelegt.
Die Lage vieler Haushalte hat sich durch die Pandemie nochmals verschlimmert. Studien zeigen, dass sie sich negativ auf Beschäftigung, Einkommen und Überweisungen aus dem Ausland (die größte Devisenquelle im Jemen) auswirkt. Ersparnisse werden, sofern vorhanden, aufgebraucht, und neue Schulden aufgenommen. Es mangelt an Lebensmitteln, medizinischer Hilfe, Wasser und ausreichend Hygieneartikeln (Seife und Desinfektionsmittel).
Da das Interesse bei den im Jemen-Krieg involvierten externen Akteuren hoch ist, den Krieg zu beenden, wurde COVID-19 auch als Fenster der Gelegenheit zum Beginn einer Befriedung gesehen. Zwar zeigten sich die Parteien zunächst rhetorisch aufgeschlossen, die von den Vereinten Nationen angesichts der Corona-Pandemie geforderte Waffenruhe, einzugehen. Die Auseinandersetzungen insbesondere zwischen Houthis und Saudi-Arabien hielten jedoch an. Die Houthis konnten militärische Erfolge verbuchen und im Süden bestehen nach wie vor Friktionen zwischen den Anhängern einer Abspaltung des Südens vom Norden und der international anerkannten Regierung fort.
– AM Fabian Blumberg
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Die Pandemie als Trendwende?Steigende humanitäre Bedarfe in KonfliktländernIm Zuge der Corona-Pandemie sind humanitäre und Entwicklungsbedarfe weltweit massiv gestiegen. Konfliktländer wie Syrien, Jemen und Libyen sind in der Krise mehr denn je auf internationale Unterstützung angewiesen. Die aktuellen Finanzierungszusagen der internationalen Gemeinschaft sind jedoch unzureichend. Gründe hierfür sind u.a. hohe Kosten für heimische Krisenreaktionen, geo- und sicherheitspolitische Prioritäten sowie Gebermüdigkeit in langanhaltenden Konflikten.
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Covid-19 in Nahost und NordafrikaBelastungsprobe für eine instabile RegionDie globale Ausbreitung des neuartigen Coronavirus wird für den Nahen Osten und Nordafrika zu einer zusätzlichen Belastungsprobe. Vielerorts bestimmten politische und wirtschaftliche Krisen bereits den Alltag, sind staatliche Strukturen und Legitimität nur schwach ausgeprägt. In den fortwährenden Transformationsprozessen der Region könnte die Pandemie als Katalysator wirken. Die Corona-Krise wirft damit nicht nur Fragen zur Krisenreaktions- und Widerstandsfähigkeit der betroffenen Staaten und ihre Gesundheitssystemen auf, sondern auch zu den politischen und sozioökonomischen Folgen in einer Region, deren Entwicklung immer auch Folgen für Europa nach sich zieht.
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Golf-Staaten
Für die Golf-Staaten markierte der Beginn der COVID 19-Pandemie zugleich den Beginn einer mehrfachen Krise: die Öleinnahmen gingen zurück, der internationale Warentransport verlangsamte sich, Tourismus und Flugverkehr brachen ein. Es sind eben jene Felder, auf die die Golf-Staaten besondere Hoffnungen setzen, um sich auf ein Post-Öl-Zeitalter vorzubereiten und eine wirtschaftliche Transformation zu schaffen. Die Golf-Staaten implementierten scharfe Maßnahmen wie z. B. Ausgangssperren, die Schließung öffentlicher Einrichtungen, Einschränkungen der Bewegungs- und Reisefreiheit. Unterstützungsmaßnahmen wurden eingeführt wie eine Senkung der Leitzinsen, Aufschübe von Kreditrückzahlungen, staatliche Ausgabenkürzungen bei gleichzeitigen Stützungsprogrammen für den Privatsektor und dem Aufschub von Steuerzahlungen. Für Bahrain wird laut IMF für 2020 von einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 5 Prozent ausgegangen, für Katar um 2 Prozent, für Kuwait um 7,9 Prozent, für Oman um 9 Prozent, für Saudi-Arabien um 5,4 Prozent und für die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) um 6,3 Prozent.
Nichtsdestotrotz sind die wirtschaftlichen Aussichten eher positiv; für 2021 wird von einem Wachstum am Golf ausgegangen. Die wirtschaftlichen Herausforderungen sind gewaltig. Die Pandemie wurde jedoch auch genutzt, um Reformen umzusetzen. Zahlreiche Gastarbeiter verließen das Land; hier könnte sich die Gelegenheit ergeben, mehr eigene Staatsbürger in den Arbeitsmarkt zu bringen. Der Tourismus- und Luftverkehrssektor scheint schon jetzt, jedenfalls beim Blick auf die Golf-Staaten eine gewisse Erholung zu erleben. Qatar Airways beispielsweise hat sein Streckennetz wieder ausgebaut. Auch die Lösung der Golf-Krise und die Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel, den VAE und Bahrain dürfte einen positiven Effekt auf die Wirtschaft in der Region haben.
Zudem unternehmen die Golf-Staaten große Anstrengungen im Bereich Impfung. Bahrain bietet seit Dezember kostenlose Impfungen für Einheimische und Ausländer mit Aufenthaltsgenehmigung an, zunächst mit chinesischen Impfstoffen, später auch mit Dosen von BioNTech/Pfizer und AstraZeneca. Auch die VAE haben früh die Zulassung chinesischer Impfstoffe erteilt und mit dem Impfen begonnen. Bereits im September 2020 gab es eine Notfallzulassung, seit Ende Dezember wird geimpft mit chinesischen Stoffen und BioNTech/Pfizer. Auch beteiligten sich Bahrain und die VAE an Studien zur Wirksamkeit der chinesischen Vakzine. Kuwait hat Ende Dezember BioNTech/Pfizer-Impfdosen (150.000) erhalten und rechnet für das erste Quartal 2021 mit weiteren 450.000 Dosen. Saudi-Arabien, Katar und Oman begannen ebenfalls im Dezember Impfungen mit BioNTech/Pfizer. In der an der Universität Oxford angesiedelten „Our world in Data“-Länderübersicht zum Fortschritt der weltweiten Impfungen liegen die VAE hinter Israel auf Platz 2 und Bahrain auf Platz 4 (Stand 29.01.21).
Nach wie vor herrscht am Golf ein dynamisches Infektionsgeschehen; insbesondere in den Vereinigten Arabischen Emiraten, wo es zu weitgehenden Lockerungen der Anti-Covid-Maßnahmen gekommen ist. Stand Ende Januar ergibt sich folgendes Bild: 1.214.985 Fälle insgesamt in den Staaten des Golfkooperationsrates, 10.299 Tote, 1.155.984 genesen, in Saudi-Arabien 367.543 Fälle, 6.368 Tote, 359.006 genesen, in Kuwait 164.108 Fälle, 958 Todesfälle, 156.903 genesen, in Bahrain 101.971 Fälle, 372 Tote, 97.948 genesen, in Katar 150.621 Fälle, 248 Tote, 145.556 genesen, in den VAE 297.014 Fälle, 826 Tote, 269.999 genesen, im Oman 133.728 Fälle, 1.527 Tote, 126.572 genesen.
Auf diese Dynamik wird beispielsweise reagiert, indem Bahrain nach dem Auftreten von Virusmutationen und einer Erhöhung der Infektionszahlen, Restaurants Ende Januar 2021 wieder schließt und Präsenzunterricht in Schulen beendet. Auch in Saudi-Arabien sind Schulen geschlossen, im Oman und den VAE sind Bildungseinrichtungen momentan geöffnet. Arbeitsstätten sind in Saudi-Arabien und Oman geöffnet, in den VAE und Katar wird empfohlen, wenn möglich, diese zu schließen. Öffentliche Veranstaltungen sind in allen Golf-Staaten verboten. Wie viele Personen sich treffen dürfen, variiert. Ausgangssperren sind größtenteils aufgehoben. Obligatorisch ist das Tragen von Schutzmasken in öffentlichen Räumen. Das öffentliche Transportwesen ist geöffnet. Die Einreise in die Golf-Staaten ist nach wie vor in den meisten Fällen entweder nicht möglich oder mit Quarantäne verbunden. Eine relativ einfache Einreise ist möglich nach Dubai.
– AM Fabian Blumberg
Ausgewählte Publikationen der Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Covid-19 in Nahost und NordafrikaBelastungsprobe für eine instabile RegionDie globale Ausbreitung des neuartigen Coronavirus wird für den Nahen Osten und Nordafrika zu einer zusätzlichen Belastungsprobe. Vielerorts bestimmten politische und wirtschaftliche Krisen bereits den Alltag, sind staatliche Strukturen und Legitimität nur schwach ausgeprägt. In den fortwährenden Transformationsprozessen der Region könnte die Pandemie als Katalysator wirken. Die Corona-Krise wirft damit nicht nur Fragen zur Krisenreaktions- und Widerstandsfähigkeit der betroffenen Staaten und ihre Gesundheitssystemen auf, sondern auch zu den politischen und sozioökonomischen Folgen in einer Region, deren Entwicklung immer auch Folgen für Europa nach sich zieht.
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Migration and The COVID-19 Pandemic in the GulfA Study of Foreign Expatriate Worker Communities' Coping Attitudes, Practices, and Future Prospects in Dubai and JeddahIn this study, Dr. Fahad L. Alsharif from King Faisal Center for Research and Islamic Studies, and Dr. Froilan T. Malit from the University of Cambridge examine the impact of Covid-19 on a sample of foreign expatriates in Jeddah and Dubai. The study specifically explores how Covid19 has affected foreign workers’ economic and welfare status in both Gulf cities mainly on the working and living conditions, access to medical services and dispute resolution system, remittance contribution, and current and future employment and security perceptions both in the Gulf and home country’s labour markets.
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The Political Effect of the Corona Crisis on the Arab Gulf StatesThe author of the article argues that COVID-19 has allowed governments across the globe to restrict individual freedoms, limit privacy and liberty, impose a policy of physical distancing and prevent gatherings on the pretext of protecting people from contracting the virus. This long-term outcome could apply as well to the Gulf States, whose governments have long depended on economic wealth and rentier fiscal policies to shape societies that were mostly less receptive to regional popular political mobilisation for change. He also argues that pandemic has demonstrated the urgency of the need in the Arab Gulf countries for a government role in the economic, security and social spheres. This, he contends, could establish the concept of "big government" in the Gulf countries, where governments play the largest role in the state’s political, economic and social Systems.
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Kuwait During the Pandemic of Covid-19Government Measures and the People ReactionThe researcher traces the government of Kuwait’s measures during the crisis of COVID-19 and the reaction of Kuwait’s citizens and residents to them. She argues that the government’s measures were transparent, and the Kuwaitis accepted them out of feeling of social responsibility and patriotism. She also explains the social changes in the behavior of social institutions and individuals that the crisis has brought about. She maintains that social gatherings that characterize the Kuwaiti society have been stopped and the Kuwaitis are spending less because of the closure of restaurants, entertainment facilities and shops.
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The Public Opinion Orientations in Kuwait towards the Performance of the Government in Dealing with the Coronavirus CrisisA Field StudyIn early March 2020, the Center of Gulf and Arabian Peninsula Studies (CGAPS) at the University of Kuwait conducted a field study that aimed to examine the orientations of the Kuwaiti people towards the performance of their government during the emergence of the coronavirus crisis. It found that more than 60% of people agreed that “the government of the State of Kuwait has dealt with the emerging coronavirus crisis in the required manner.” In this article, Dr. Faisal AlSulaib, the president of CGAPS presents and analyzes the results of the poll.
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Jemen - Entwicklungen im Schatten von Corona112.000 Tote - so lauten Schätzungen zu Opferzahlen des Krieges im Jemen, der seit sechs Jahren anhält. Das ohnehin arme und von mehreren Krisen erschütterte Land steht für die schlimmste humanitäre Katastrophe unserer Zeit. Trotz der katastrophalen humanitären Lage und dem zusätzlichen Druck durch COVID-19 stagniert die internationale Hilfe. Derweil ist es trotz zahlreicher Bemühungen bis heute nicht gelungen, die militärische Eskalation zu beenden. Den nationalen Dialog zu fördern und lokale und nationale Strukturen zu stärken bzw. aufzubauen, könnten Elemente sein, um politische Verhandlungen und eine nachhaltige Konfliktlösung zu unterstützen.
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Religious Discussions on Coronavirus in YemenThis policy report focuses on the religious discourses surrounding the pandemic of COVID-19 in Yemen. It aims at discerning this diversification and to point out to some discursive and theological implications that has to do with the current political conflict in Yemen, secularization processes and the polemical debates between the established traditional religious elite and the emerging young public intellectuals. Based on the author’s analysis of the data, they classify the Yemeni religious debate into two main trends: plain religious discourse and rationalized one. Within both trends, they find different voices that belong to different sects and schools of thought in Yemen. Nevertheless, the sectarian and religious orientations of the main interlocutors of this debate are not ignored.
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Venezuela
Nach Angaben des Gesundheitsministeriums von Venezuela vom 28. Januar 2021 betrug die Anzahl von festgestellten Infektionen mit Covid-19 insgesamt 125.364, und es waren 1.171 Todesfälle zu verzeichnen. Nach inoffiziellen Schätzungen liegen die Infektionszahlen höher, von Seiten der Opposition ist ferner von über 2.000 Todesfällen die Rede. Bei einer Bevölkerung von rund 30 Mio. sind die Zahlen im regionalen Vergleich eher niedrig, was durchaus plausibel erscheint, da wegen der seit Jahren herrschenden Wirtschaftskrise und der Notlage im Land kaum mehr internationaler oder nationaler Reiseverkehr zu verzeichnen ist. Beobachter stellen sogar eine Korrelation zwischen Stand der Benzinversorgung und dem Infektionsgeschehen her, so dass der Benzinmangel mit den einhergehenden Bewegungseinschränkungen im Hinblick auf die Infektionszahlen eine günstige Auswirkung zu haben scheint.
Trotz internationaler Unterstützung mit Testkits, medizinischer Ausrüstung, Masken u.ä. sowohl durch die Panamerikanische Gesundheitsorganisation (PAHO) als auch durch China, die EU u.a. sind die Testkapazitäten allerdings eher gering. Auch die Ausrüstung mit Gesichtsmasken und Desinfektionsmitteln reicht nicht aus, in einigen Krankenhäusern sind selbst Wasser und Seife nicht ausreichend vorhanden. Die Polarisierung zwischen Regierung und Opposition macht auch vor Covid-19 nicht Halt: So beklagte die Opposition im Januar 2021, dass eine Hilfslieferung der PAHO, auf die sich beide Seiten verständigt hatten, an staatliche Gesundheitsdienste statt wie vereinbart an Krankenhäuser ausgeliefert worden sei, so dass die Verwaltung nun ausschließlich über die Regierung erfolge. Die Regierung weist inzwischen darauf hin, dass Goldreserven im Ausland, deren Zugang gesperrt worden sei, nun nicht für den Kauf von Ausrüstung und Impfdosen verwendet werden könne.
Seit Mitte März 2020 herrscht – inzwischen mit einigen Lockerungen – der verhängte Notstand wegen der Gesundheitssituation mit einer Reihe von Quarantäne-Maßnahmen. Schulen und Universitäten, öffentliche Einrichtungen und Behörden sind weiterhin fast komplett geschlossen. Seit Ende Juni wurde das sogenannte System „7*7“ eingeführt: jeweils eine Woche mit strengen Beschränkungen für Geschäfte, Restaurants, Reisen zwischen den Städten u.ä. und eine Woche mit Flexibilität. Der Monat Dezember wurde komplett zum flexiblen Monat erklärt; es ist anzunehmen, dass dies einerseits wegen der Parlamentswahlen und andererseits wegen der Feiertage und zum „Luftholen“ so geregelt wurde.
Einzelne Flugverbindungen wurden seit November 2020 wiederaufgenommen (Türkei, Bolivien, Mexiko, Panama). Die Einreise ist jeweils mit Tests und Quarantäne verbunden. Die Landgrenzen sind weiterhin weitgehend geschlossen. Migranten, die aus Kolumbien zurückkehrten, wurden an der Grenze zunächst in Quarantäne-Einrichtungen untergebracht. Innerhalb des Landes operieren einige wenige Flugverbindungen.
Der Ruf nach Öffnung von Universitäten und Schulen wird inzwischen lauter. Den privaten Bildungseinrichtungen gelang die Umstellung auf Online-Unterricht vergleichsweise gut, in den öffentlichen Einrichtungen sieht die Lage deutlich schwieriger aus. Dies liegt vor allem an fehlender technischer Ausrüstung von Dozenten und Studenten und schlechten Internetverbindungen besonders außerhalb der Hauptstadt. Ferner sind die Kapazitäten der Dozenten, deren Monatsgehalt bei umgerechnet wenigen USD liegt, eher gering. Studenten an einigen öffentlichen Universitäten haben das neue Vorlesungsjahr mit einem deutlich reduzierten Angebot begonnen, so dass ungewiss ist, wann sie ihr Studium abschließen. Im Bildungsbereich, der sowieso von der allgemeinen Krise betroffen ist, kommen die Corona-Beschränkungen erschwerend hinzu. Corona ist eine zusätzliche, aber nicht die größte Sorge im krisengebeutelten Venezuela.
– Annette Schwarzbauer, Landesrepräsentantin in Venezuela
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Lateinamerika hat sich zum neuen globalen Hotspot der COVID-19 Pandemie entwickeltDie verheerenden gesundheitlichen wie wirtschaftspolitischen FolgenLateinamerika hat sich zum neuen globalen Hotspot der COVID-19 Pandemie entwickelt. Neben den gesundheitlichen Folgen der Corona-Krise fürchten die Staaten auch die wirtschaftlichen Konsequenzen, die die nationalen Shut-Downs nach sich ziehen werden. Für die rund 650 Millionen Menschen in der Region, von denen ein Großteil im informellen Sektor tätig ist und auf keinerlei staatliche Absicherung zählen kann, könnte die Pandemie auch ohne hohe Infektionszahlen zur Überlebensfrage werden.
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Neuseeland
Neuseeland ist es – begünstigt durch seine Insel-Lage und zentrale Regierung – gelungen, die Pandemie weitgehend unter Kontrolle zu bringen. Die Strategie ist wohl nicht zuletzt im Hinblick auf die wenigen Intensivbetten auf die Eliminierung des Virus gerichtet. Der erste bekannte Fall (ein Reisender aus dem Iran) wurde am 28. Februar 2020 berichtet. Der erste bekannte Fall von lokaler Übertragung folgte drei Wochen später. Die erste Grenzschließung in der Geschichte des Landes trat bereits zwei Tage kurz vorher in Kraft – seit dem 19. März dürfen nur noch Staatsbürger und Personen mit dauerhafter Aufenthaltsgenehmigung nach Neuseeland einreisen. Ende März, nach weiteren Fällen lokaler Übertragung und bei rund 150 aktiven Fällen, wurde der nationale Notstand erklärt und vorübergehend der totale Lockdown (Alert Level 4) angeordnet (26. März bis 27. April 2020). Im August, nach vier neuen Fällen in der größten Stadt und bei landesweit 36 aktiven Fällen wurde der Alert Level für Auckland zeitweise erneut auf Stufe 3 - angehoben (12. August bis 21. September 2020). Der letzte bekannte Fall von lokaler Übertragung wurde am 18. November 2020 registriert.
Die aktuellen Fallzahlen sprechen für sich:
- 5 Mio. Einwohner
- 2267 Fälle seit Ausbruch
- 2166 Genesene
- 76 aktive Fälle
- 25 Todesfälle
- 0 im Krankenhaus
(Quelle: New Zealand Ministry of Health, abgerufen am 21. Januar 2021)
Die neuseeländische Covid Tracer App wurde bereits im Mai letzten Jahres freigeschaltet und – soweit hier ersichtlich ist – im Dezember um eine Bluetooth-Funktion ergänzt.
Die Auswirkungen der Corona-Virus-Pandemie und andauernden Grenzschließung auf die Wirtschaft sind groß. Dies gilt insbesondere für die Tourismusbranche und den Bildungs- und Erziehungssektor. Der Wegfall von Einwanderern dürfte sich ebenfalls negativ auf das Wirtschaftswachstum auswirken. Inwieweit die wirtschaftlichen Stimulationspakete die Nachteile wettmachen können, wird sich noch zeigen müssen. Die Arbeitslosenrate in der vierten Jahreshälfte 2020 lag bei 5,3%.
Das Parlament wurde zeitweise suspendiert und die Corona-Virus-Maßnahmen durch ein überparteiliches Komitee unter Vorsitz des seinerzeitigen Oppositionsführers, Simon Bridges, von der National Party koordiniert. Die Parlamentswahlen wurden um einen Monat von September auf Oktober verschoben, wobei die regierende Labour Party unter der Führung von Premierministerin Jacinda Ardern nicht zuletzt dank der niedrigen Corona-Virus-Fälle die absolute Mehrheit gewinnen konnte. Inzwischen wird das Land durch die neue Labour-Regierung mit Unterstützung der Green Party regiert.
Die im Oktober mit Australien vereinbarte Travel Bubble gilt nach wie vor nur einseitig; eine quarantänefreie Einreise für Australier nach Neuseeland wird für April des Jahres erwartet. Darüber hinaus besteht seit Kurzem eine einseitige Travel Bubble mit den coronavirusfreien Cook Inseln. Wann sich Neuseeland dem Rest der Welt gegenüber wieder öffnen wird, dürfte unter anderem auch vom Erfolg der für Mitte des Jahres erwarteten Impfkampagne abhängen, wobei voraussichtlich die Impfstoffe von Oxford/AstraZeneca und Novavax verwendet werden.
– AM Beatrice Gorawantschy, Eva U. Wagner
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Australien und Neuseeland - Gleichgesinnte Partner am anderen Ende der WeltUnterschiedliche Wege im Umgang mit der Corona- Krise„We need to prepare for a new normal“ so die Aussage des australischen Premierministers Scott Morrison über den Umgang mit den dramatischen Ausmaßen der Buschbrände zu Beginn des Jahres.¹ Im Januar war man in Australien der Auffassung, dass es eigentlich nicht mehr schlimmer kommen könnte.
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Kolumbien
Mit über 2 Millionen offiziell registrierten Covid-Infektionen und über 54.000 Toten (Stand Ende Januar 2021) bei 50,3 Millionen Einwohnern zählt Kolumbien zu den von der Pandemie stark betroffenen Ländern, auch wenn das Land bislang besser durch die Pandemie kommt als lateinamerikanische Nachbarländer wie Peru, Mexiko und Brasilien. Bei den absoluten Infektionszahlen liegt Kolumbien hinter Deutschland auf Platz elf im Ländervergleich, bei der Gesamtzahl der an Corona Verstorbenen auf Platz 12. Betrachtet man die Zahl der Todesfälle pro eine Million Einwohner, belegt Kolumbien Statistiken der Oxford University zufolge Platz 25 im weltweiten Ranking. Fast zwei Drittel der Verstorbenen sind Männer, ein knappes Drittel Frauen.
Über zwei Drittel der Todesfälle entfallen auf das ärmste Drittel der Bevölkerung. Die extreme Ungleichheit und das sozioökonomische Gefälle stellen bei der Pandemiebekämpfung eine große Herausforderung dar. Eine prekäre Wohnsituation, mangelnde Bildung, häufige Vorerkrankungen und ein eingeschränkter Zugang zum Gesundheitssystem erhöhen in den unteren Bevölkerungsschichten das Risiko, an Covid zu sterben, beträchtlich. Zwar kam es gerade in der zweiten Infektionswelle im Herbst 2020 zu bedrohlichen Engpässen bei der Versorgung von Intensivpatienten, doch einen Kollaps erlebte das kolumbianischen Gesundheitssystem bislang nicht. Dies ist auch auf die massive Erhöhung der Intensivbettenkapazitäten zurückzuführen. Der kolumbianischen Regierung ist es gelungen, im Pandemiejahr 2020 die Zahl der Intensivbetten auf aktuell ca. 10.700 zu verdoppeln.
Einem monatelangen strengen Lockdown folgte ab September 2020 eine Strategie der vorsichtigen Öffnung des öffentlichen Lebens, insbesondere, um die stark betroffene Wirtschaft wieder zu beleben. Der massive Verlust von Arbeitsplätzen in den Monaten des strikten Lockdowns konnte so teilweise wieder rückgängig gemacht werden. Lag die Arbeitslosenquote im Mai 2020 noch bei 21,4 Prozent, sank sie im Dezember auf 13,4 Prozent. Stark steigende Infektions- und Todeszahlen zum Jahreswechsel führten zu erneuten Einschränkungen, wie z.B. zeitlich befristeten Stadtteillockdows in der Hauptstadt Bogota. Der Unterricht an Schulen und Universitäten findet bis auf weiteres digital statt. Schüler, die nicht in den gut vernetzten urbanen Zentren des Landes leben oder aufgrund der sozioökonomischen Situation der Familie keinen Zugang zu Computer und Internet haben, erleiden dadurch massive Nachteile. Die ohnehin schon starken sozioökonomischen Ungleichheiten drohen sich durch die Pandemie weiter zu verschärfen. Die Perspektiven für 2021 bleiben besorgniserregend, da Massenimpfungen noch nicht begonnen haben. Nach Verzögerungen bei der Beschaffung von Impfstoff soll die Impfkampagne nun im Februar 2021 beginnen. Bis Jahresende sollen nach Regierungsplänen 35 Millionen Kolumbianer geimpft sein.
– Stefan Reith, Landesrepräsentant in Kolumbien
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Kommunikation in Zeiten der PandemieWorkshopsEines der Hauptziele der Konservativen Partei PCC ist es, ihren Mitgliedern immer mehr Instrumente an die Hand zu geben, um ihre politische Arbeit professioneller zu gestalten und die Bürger effizienter repräsentieren zu können
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Politisches Erdbeben in der CoronakriseDer Hausarrest von Expräsident Uribe spaltet Politik und Gesellschaft KolumbiensMit inzwischen über 350.000 registrierten Coronainfektionen, 12.000 Toten und durchschnittlich über 300 Todesopfern täglich trifft die Pandemie inzwischen auch Kolumbien mit voller Wucht. Und doch spielt die Pandemie in der politischen und gesellschaftlichen Debatte des 50-Millionen-Einwohner-Landes aktuell nur eine Nebenrolle. Denn die kürzlich vom Obersten Gerichtshof gegen Expräsident Uribe verhängte Untersuchungshaft im Hausarrest kommt einem politischen Erdbeben gleich, das tiefe Gräben zwischen den politischen Lagern aufreißt, die Gesellschaft polarisiert und den dringend notwendigen gesellschaftlichen Konsens für den mühseligen Friedensprozess gefährdet.
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Krisencocktail in KolumbienCOVID-19 stürzt venezolanische Migranten in ausweglose LageBislang hat die Pandemie Kolumbien noch nicht voll getroffen. Mit rund 44.000 gemeldeten Infektionsfällen und ca. 1300 Toten (Stand: 11. Juni 2020) steht das Land im regionalen Vergleich gut da. Trotz der landesweiten Quarantäne steigen die Zahlen inzwischen schnell an. Insbesondere die über 1,8 Millionen venezolanischen Migranten im Land zählen aufgrund prekärer Lebensverhältnisse und mangelnder sozialer Absicherung zur Hochrisikogruppe. Ein Großteil der Einwanderer hat bereits Einkommen und Unterkunft verloren. Zehntausende haben sich inmitten der Pandemie auf den Rückweg in ihre Heimat gemacht und erhöhen damit das Ansteckungsrisiko für die örtliche Bevölkerung und sich selbst. Da das Regime Maduro über die offiziellen Grenzübergänge nur wenige Rückkehrer nach Venezuela lässt, füllen sich die Lager auf kolumbianischer Seite schnell. Eine Ausbreitung des Covid-19-Virus im kolumbianisch-venezolanischen Grenzgebiet könnte für beide Seiten verheerende Auswirkungen haben. Aufgrund der abgebrochenen diplomatischen Beziehungen ist ein dringend notwendiges gemeinsames Krisenmanagement nicht in Sicht. Und die im Rahmen der jüngsten Geberkonferenz erfolgten internationalen Hilfszusagen sind nicht ausreichend. Um die sich anbahnende Katastrophe noch zu stoppen, bedarf es einer gewaltigen Kraftanstrengung Kolumbiens und seiner internationalen Partner.
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Ausgewählte Publikationen des Rechtsstaatprogramms Lateinamerika zum Thema COVID-19
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Lateinamerika hat sich zum neuen globalen Hotspot der COVID-19 Pandemie entwickeltDie verheerenden gesundheitlichen wie wirtschaftspolitischen FolgenLateinamerika hat sich zum neuen globalen Hotspot der COVID-19 Pandemie entwickelt. Neben den gesundheitlichen Folgen der Corona-Krise fürchten die Staaten auch die wirtschaftlichen Konsequenzen, die die nationalen Shut-Downs nach sich ziehen werden. Für die rund 650 Millionen Menschen in der Region, von denen ein Großteil im informellen Sektor tätig ist und auf keinerlei staatliche Absicherung zählen kann, könnte die Pandemie auch ohne hohe Infektionszahlen zur Überlebensfrage werden.
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Coronavirus in LateinamerikaChance oder Bedrohung für den Rechtsstaat?In Lateinamerika werden die rechtspolitischen Folgen, die aus der Coronakrise hervorgehen, in großem Umfang davon abhängen, wie die Regierungen der Region ihre Macht in Zeiten des Notstands ausüben. Missbrauchen Lateinamerikas Regenten ihre Befugnisse zur Zementierung ihrer Macht, sieht es für den Rechtsstaat in Lateinamerika in Zukunft finster aus. Wissen sie ihre Macht mit Maß auszuüben und ihre Länder mit gutem Führungsstil aus der Krise zu leiten, könnten sie verloren geglaubtes Vertrauen zurück erwerben. Eines ist sicher: Die Coronakrise wird die politischen Spielregeln verändern.
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Brasilien
Mit 212.831 Verstorbenen, weit über einer Million in Kliniken behandelten Patienten und insgesamt nahezu neun Millionen registrierten Fällen (Stand: 21.01.2021) ist Brasilien nach den Vereinigten Staaten das am heftigsten von der Covid-19-Pandemie betroffene Land der Welt. Nachdem die Infektions- und Todeszahlen seit der Ankunft des neuartigen Virus im März zunächst langsam stiegen, blieben sie in der Folge zwischen Juni und November auf konstant hohem Niveau. Seit etwa Mitte November sorgt die zweite Corona-Welle für schockierende Nachrichten von fehlenden Intensivbetten und überfüllten Krankenhäusern in nahezu allen Landesteilen. Im 7-Tages-Schnitt stecken sich aktuell alle 24 Stunden über 50.000 Menschen neu an und nahezu 1.000 verlieren täglich den Kampf gegen das Virus. Besonders dramatisch ist die Lage in der abgelegenen Amazonas-Metropole Manaus, wo den Krankenhäusern der zur Beatmung von schwer erkrankten Covid-Patienten notwendige Sauerstoff ausging.
Brasilien gehört zu den Ländern, die weltweit die am wenigsten restriktiven Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus angewendet haben. Präsident Bolsonaro bezeichnete Covid-19 wiederholt als „kleine Grippe“, ging früh auf Konfrontationskurs zu den Gouverneuren der Bundesstaaten und deren Forderungen nach Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen und suchte vor und nach selbst überstandener Infektion meist ohne Maske den engen Kontakt zur Basis seiner Anhängerschaft auf der Straße. Insbesondere in den wohlhabenderen und gebildeteren Bevölkerungsschichten in den Metropolen Rio de Janeiro und São Paulo regt sich Widerstand, doch brechend volle Strände und Bars zeigen auch, dass viele Brasilianer die Pandemie inzwischen völlig banalisieren und nicht mehr bereit sind, sich einzuschränken.
Auf dem Höhepunkt der ersten Welle hatte sich Präsident Bolsonaro mit gleich zwei Gesundheitsministern, die als Ärzte sowohl über Sachverstand als auch hohe Zustimmungsraten in der Bevölkerung verfügten, überworfen. Mit wissenschaftlich nicht haltbaren Aussagen, beispielsweise zur Wirksamkeit von Hydroxchloroquin, polarisierte er das Land zusätzlich. Zunächst interimsweise und seit September regulär als Gesundheitsminister im Amt ist General Eduardo Pazuello, der auch den holprigen Start der brasilianischen Impfkampagne mit zu verantworten hat. Obwohl Brasilien eines der wichtigsten Länder für die Impfstoffproduktion ist und zahlreiche Produzenten ihre Präparate in Studien in Brasilien testen, hat die Regierung es verpasst, frühzeitig Verträge abzuschließen. Eine Strategie ist nicht zu erkennen, erst seit wenigen Tagen wird nun der chinesische CoronaVac-Impfstoff verabreicht.
Die brasilianische Regierung hat von Anfang an die Wirtschaft gegenüber dem Gesundheitsschutz priorisiert. So hat kein anderes Entwicklungs- oder Schwellenland so viele finanzielle Ressourcen für ökonomische Krisenhilfsmaßnahmen aufgewendet wie Brasilien. Die weitreichenden Unterstützungsmaßnahmen kamen insgesamt 68 Millionen Brasilianern und damit einem Drittel der Bevölkerung zugute. Das wichtigste Instrument auxílio emergencial, d.h. eine von der Regierung beschlossene Krisensoforthilfemaßnahme in Höhe von 600 bzw. 300 (seit September) Reais pro Monat, wurde von April bis Dezember an Kleinunternehmer, Beschäftige im informellen Sektor (bis zu 40% der arbeitenden Bevölkerung) sowie auch an Arbeitslose ausbezahlt. Überproportional viele Menschen etwa in den ärmeren Bundesstaaten des Nordostens profitierten von der monatlichen Soforthilfe und konnten sich dank dieser Sozialleistung über Wasser halten. Während auxílio emergencial zum Jahresende 2020 auslief und 48 Millionen Menschen inmitten der zweiten Coronawelle nun wieder ohne jegliche staatliche Unterstützung dastehen, ist das „Verfallsdatum“ für Covid-19 in Brasilien noch in weiter Ferne.
– Anja Czymmeck, Landesrepräsentantin in Brasilien, unter Mitarbeit von Kevin Oswald
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Halbzeit der Regierung Bolsonaro – wo steht Brasilien im Jahr 2021?Die Covid-19-Pandemie mit ihren schwerwiegenden gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen für Brasilien überschattete das zweite Jahr der Amtszeit von Staatspräsident Bolsonaro. Das schwache Abschneiden bei den Kommunalwahlen im November kann als Dämpfer für den Bolsonarismus interpretiert werden und die Liste der innenpolitischen Herausforderungen für 2021, angefangen mit dem holprigen Start der Impfkampagne, ist lang. Brasiliens Reputation auf dem internationalen Parkett hat unter Präsident Bolsonaro ebenfalls gelitten, die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas mit ihrer traditionell multilateralen Ausrichtung wird in der Post-Pandemie-Zeit jedoch nicht nur bei Umwelt- und Handelsfragen gebraucht werden.
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Perspektiven und Herausforderungen für die brasilianische Wirtschaft nach der PandemieBrasilianische WirtschaftDas Jahr 2020 wird wegen der Covid-19-Pandemie immer in Erinnerung bleiben, nicht nur in seiner gesundheitlichen Dimension, sondern auch wegen der Lähmung des produktiven Sektors und der daraus resultierenden Wirtschaftskrise. Die Lösung zur Milderung der Krise in ihrer gesundheitlichen Dimension wird bereits diskutiert, und das Problem der Wirtschaftskrise? Um mit möglichen Lösungen dazu beizutragen, das Szenario abzuschwächen oder sogar das gegenwärtige Panorama der brasilianischen Wirtschaft umzukehren, enthält diese Publikation acht Texte im Format eines Policy Papers. Zu den behandelten Themen gehören: Fragen zum makroökonomischen Szenario, zur internationalen Einbindung und zum Außenhandel Brasiliens, zur Bedeutung und Rolle des Energie- und Industriesektors sowie der Finanzen auf subnationaler Ebene. Die Autoren, mit Erfahrung in den verschiedenen Themen und Bereichen der Wirtschaft, haben Analysen zu den aktuellen Faktoren und Maßnahmen erstellt, die die brasilianische Wirtschaft bei der Überwindung des gegenwärtigen kritischen Moments unterstützen können.
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Pandemie, Wirtschaft, PolitikEin Lagebericht aus BrasilienWährend sich die Brasilianer inmitten der Covid-19-Pandemie zunehmend nach Normalität sehnen, werden die tiefen wirtschaftlichen Einschnitte als Folge der Corona-Krise sichtbar. Trotz Krise und Rezession scheint der Versuch, die sozialen Konsequenzen durch Hilfspakete abzumildern dem Ansehen der Regierung in der Wählergunst zu nutzen. Darüber hinaus erschüttern gleich zwei Polit-Skandale die Stadt Rio de Janeiro und geben zusammen mit den andauernden Machtkämpfen im Kongress einen Vorgeschmack auf den Wahlkampf vor den im November anstehenden landesweiten Kommunalwahlen.
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Lateinamerika hat sich zum neuen globalen Hotspot der COVID-19 Pandemie entwickeltDie verheerenden gesundheitlichen wie wirtschaftspolitischen FolgenLateinamerika hat sich zum neuen globalen Hotspot der COVID-19 Pandemie entwickelt. Neben den gesundheitlichen Folgen der Corona-Krise fürchten die Staaten auch die wirtschaftlichen Konsequenzen, die die nationalen Shut-Downs nach sich ziehen werden. Für die rund 650 Millionen Menschen in der Region, von denen ein Großteil im informellen Sektor tätig ist und auf keinerlei staatliche Absicherung zählen kann, könnte die Pandemie auch ohne hohe Infektionszahlen zur Überlebensfrage werden.
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Die Corona-Krise in BrasilienVon der „gripezinha“ zur Katastrophe?Während Staatspräsident Jair Bolsonaro ein schwaches Krisenmanagement zum politischen Verhängnis werden könnte, wächst im bevölkerungsreichsten Land Lateinamerikas die Angst vor dem wirtschaftlichen Kollaps und schweren sozialen Verwerfungen. Trotz Gerüchten über eine Entmachtung des Präsidenten hinter den Kulissen ist er jedoch noch im Amt und genießt in weiten Teilen der Bevölkerung Rückhalt.
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Kasachstan
Einen Bericht über die Covid-19-Situation in Kasachstan zu verfassen, ist ein schwieriges Unterfangen. Die von öffentlicher Hand veröffentlichen Statistiken, Zahlen und Anordnungen sind in sich oft nicht stimmig bzw. schwer zu verstehen. So hatte zum Beispiel noch am 28. Januar 2021 das Gesundheitsamt der Stadt Almaty eine Verschärfung der Beschränkungen angekündigt, um dann drei Tage später die grüne Zone (weniger als 50 registrierte Erkrankte per 100.000 Einwohner) auszurufen.
Der Staatspräsident selbst, Kassym-Shomart Tokajew, kritisierte in seiner Rede vor dem Kabinett am 26.01. die Situation im Lande: „Während der Pandemie stellte sich die Frage, ob die medizinische Statistik korrekt ist. Regionen auf der Jagd nach Bewertungen und aus Angst vor Bestrafung verschleiern die tatsächliche Situation, indem sie Mittel verschwenden und alle Anstrengungen zunichtemachen. Wir müssen die wahren Gesundheitsindikatoren der Bevölkerung kennen, um fundierte Managemententscheidungen zu treffen, von denen das Schicksal der Patienten direkt abhängt. Es sollte dringend eine statistisch korrekte Studie über die tatsächliche Situation der Erkrankungen im Schnitt aller Regionen und Altersgruppen organisiert werden.“
Aktuell (Stand: 31.01.2021) gab es, seit Bestätigung des ersten Corona-Falls im März 2020, ca. 188.000 Erkrankte. Die täglichen Neuinfektionen liegen bei etwa 1.400. Dabei ist die Zahl der durch SARS-CoV-2-Virus verursachten Todesfälle seit Ausbruch der Pandemie mit ca. 2.500 relativ gering. Durchschnittlich sterben wohl um die zehn Personen pro Tag. Die Bettenauslastung in den Krankenhäusern soll bei ca. 30 Prozent liegen. Manche Ärzte sprechen jedoch von partieller Vollauslastung.
Es herrscht der Eindruck, dass viele Bürgerinnen und Bürger die Situation nach wie vor nicht besonders ernst nehmen. Viele tragen die Maske unter der Nase oder erst gar nicht. Alle Hoffnungen ruhen jetzt auf die Impfungen, die seit dem 1. Februar durchgeführt werden. Es kommt der russische Impfstoff Sputnik V zum Einsatz, der in der kasachischen Stadt Karaganda hergestellt wird. Das kasachische Vakzin QazCovid-in befindet sich im Moment noch in der Testphase. Anfang April könnte er zur Verfügung stehen. Die Impfung ist freiwillig.
Ein zweiter Ausnahmezustand bzw. Lockdown wie im März 2020 wird es aller Voraussicht nach nicht geben, um die Wirtschaft zu schützen. Im Jahre 2020 schrumpfte die Wirtschaftsleistung trotz aller staatlichen Hilfeleistungen um 2,6 Prozent.
– Johannes D. Rey, Nur-Sultan, 01.02.2021
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
Büroleiter Thomas Helm über Kasachstan's Umgang mit der Pandemie"Wir müssen lernen mit dem Coronavirus zu leben und geschäftliche Aktivitäten wieder aufnehmen."Die Redaktion Toppress.kz präsentiert ein exklusives Interview mit Thomas Helm, Büroleiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in der Republik Kasachstan. Er äußerte seine Meinung zu den ergriffenen Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus COVID-19.
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Kirgisistan
Die Pandemie und die politische Instabilität im Land haben sich auf die schon ohnehin schwache Wirtschaftsleistung des Landes nochmals negativ ausgewirkt. Fast alle Bergbauunternehmen haben ihre Arbeit eigestellt. Das BIP ging allein im zweiten Halbjahr 2020 um acht Prozent zurück.
Die kirgisische Regierung erhielt aufgrund der schwierigen Haushaltslage einen Notkredit in Höhe von 700 Mio. USD. Die größten Geldgeber waren der IWF, die ADB und die Weltbank. Infolge der angespannten sozialen Situation sind rund 95 Prozent der Mittel ungebunden zur Stabilisierung des Staatshaushaltes eingesetzt worden.
Laut der kirgisischen Nationalbank wird die wirtschaftliche Rezession im ersten Halbjahr 2021 weiter anhalten. Für das zweite Halbjahr 2021 wird ein Wachstum von etwa 6,5 Prozent erwartet. Es ist allerdings davon auszugehen, dass aufgrund der Wirtschaftskrise und der Importabhängigkeit des Landes die kirgisische Wirtschaft nicht vor 2022 das Vorkrisenniveau erreichen kann.
Kirgisistan musste auf über eine Million Dosen des Impfstoffs von BioNTech/Pfizer verzichten, da das Land die erforderlichen speziellen Lagerkapazitäten nicht vorhalten kann. Zurzeit laufen Verhandlungen über eine mögliche Produktion des russischen Impfstoffs Sputnik-V in Kirgisistan.
– AM Ronny Dirk Heine
Usbekistan
Fast zwei Millionen Menschen haben ihre Einkommensquelle verloren. Mehr als 500.000 usbekische Arbeitsmigranten können ihre Arbeit im Ausland seit Ausbruch der Pandemie nicht fortsetzen. Die Preise für einige Lebensmittel sind stark gestiegen. Es wurde ein Anti-Krisen-Fonds eingerichtet und Kredite aufgenommen, um den sozialen Bereich, den Staatshaushalt sowie Kleinunternehmer zu unterstützen. Die Tourismusbranche verzeichnet nach einem Rekord im Jahr 2019 große Verluste.
Usbekistan erhält im Rahmen der COVAX-Initiative 2 Mio. Dosen Impfstoff. Der Impfstoff wird zuerst Personen über 65 Jahren sowie medizinischen-, Schul- und Kindergartenpersonal verabreicht.
In Usbekistan finden derzeit Studien zu einem chinesischen und eines russischen Impfstoffes statt. Dafür wurden 5.000 Dosen des chinesischen Impfstoffs und 100 Dosen des russischen Impfstoffs Sputnik V eingeführt. Mehr als 3000 Freiwillige wurden mit chinesischen Impfstoff bereits geimpft.
Russland will weitere 1 Mio. Dosen Sputnik-V-Impfstoff für usbekische Arbeitsmigranten liefern. Es laufen auch Verhandlungen über die Lieferung des zweiten russischen Impfstoffes Epivakkorona.
– AM Ronny Dirk Heine
Turkmenistan
In Turkmenistan wurden offiziell keine Infektionsfälle registriert. Es liegen zudem infolge der restriktiven Abschottungspolitik des Landes keine validen Informationen zur Situation vor Ort vor.
– AM Ronny Dirk Heine
Tadschikistan
Grenzschließung und restriktive Maßnahmen führten zu einem Rückgang der Wirtschaftstätigkeit, der Überweisungen von Arbeitsmigranten, ausländischer Investitionen und des Realeinkommens der Bevölkerung.
Der Preis für Lebensmittel stieg um 13 Prozent, für Non-Food-Produkte um 5,8 Prozent und für Dienstleistungen um 4 Prozent. Die Industrieproduktion ging um 10 Prozent zurück. Zur Stabilisierung der ökonomischen Situation sind im Jahr 2020 n Edelmetalle für 690 Mio. USD exportiert worden.
Dennoch stieg die Auslandsverschuldung des Landes Anfang Oktober um 275 Mio. USD und belief sich auf fast 40 Prozent des BIP. Der größte Kreditgeber ist der IWF (189 Mio. USD).
Die Tourismusbranche leidet stark: Tadschikistan besuchten in 2020 nur 320.000 Touristen.
Durch den internationalen COVAX-Mechanismus erhält Tadschikistan Impfstoff für die Erstimpfung von 1,8 Mio. Menschen (20 Prozent der Bevölkerung). Geimpft werden zuerst medizinisches Personal, Lehrer, Personen ab 50 Jahren und Personen mit chronischen Erkrankungen.
Die Weltbank wird insgesamt 8 Mio. USD für den Kauf von Impfstoffen bereitstellen.
Nach offiziellen Angaben verbessert sich die Corona-Situation seit Ende Dezember 2020. Derzeit werden keine neuen Infektionsfälle mehr gemeldet.
– AM Ronny Dirk Heine
Indien
Als Reaktion auf die zunehmende Zahl von Infektionen hat Indien am 25.März 2020 seine gesamte Bevölkerung (1,3 Mrd Menschen) in den lockdown geschickt. Die ökonomischen Kosten dieser Aktion wurden auf knapp 100 Milliarden US$ geschätzt, die sozialen Kosten sind hingegen noch weitestgehend unbekannt.
Aktueller Status
Mit 10.937.320 Infektionsfällen (10.644.858 genesen, 155 913 Coronatote/Stand 17.2.2021) ist Indien nach den USA das am zweitstärksten von der Pandemie betroffene Land. Trotz steigender Infektionszahlen, die im Spätherbst nahezu 100.000 tägliche Neuinfektionen erreichten, wurde der lockdown immer mehr gelockert und erfasst jetzt nur noch Bildungseinrichtungen, die aber auch nach und nach Ihre Pforten öffnen. Allerdings ist inzwischen ein erfreulicher Rückgang der täglichen Neuinfektionen auf täglich unter 10.000 Fälle für Gesamtindien zu verzeichnen. Mit ca 87 Millionen erfolgten Impfungen ist bereits ein beachtlicher Erfolg erzielt. Gemessen an der Größe der Gesamtbevölkerung aber noch ein weiter Weg zurückzulegen.
Durch die auch in Indien entdeckten Mutationen ist jedoch durchaus mit Rückfällen und lokalen lock downs zu rechnen. Langsam kehrt das Land - unter Einhaltung von Vorsichtsmaßnahmen - zu einer Belebung des öffentlichen Lebens und der Wirtschaft zurück.
Ein weiterer lock down wie im März vergangenen Jahres ist jedoch selbst bei erneutem Anstieg der Zahlen nicht zu erwarten, weil das Land sich eine solche Maßnahme wirtschaftlich nicht erneut leisten kann. Millionen von Menschen können durch keinerlei soziale Netzwerke aufgefangen werden. Sie haben nicht die Wahl zwischen Leben oder Lebensunterhalt.
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Soziale Sicherung als Privileg?Indiens Umgang mit Covid-19Indien hat gegenwärtig eine der umfassendsten Ausgangssperren der Welt verhängt. In einem Land mit mehr als 1,3 Milliarden Bürgerinnen und Bürgern stellt die Möglichkeit zur sozialen Distanzierung allerdings ein Privileg dar. Eine weitere Ausbreitung des neuartigen Virus könnte zu hohen Opferzahlen führen. Strenge und schnelle Regulierungen seitens der Regierung sind daher einerseits unabdingbar, doch zwingen sie andererseits Millionen von Menschen an den Rand ihrer Existenz.
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Zwischen Ignoranz und NotstandDer Umgang mit Covid-19 in SüdostasienAlle Länder Südostasiens pflegen enge Beziehungen mit China, die auch Wochen nach dem Ausbruch des Coronavirus SARS-CoV-2 in Wuhan nur zögerlich eingeschränkt wurden. Myanmar, Laos und Vietnam teilen Landgrenzen mit China, die teilweise sehr porös sind. Dennoch sind die offiziell gemeldeten Fallzahlen im globalen Vergleich gering. Die elf Länder haben auf die weltweite Pandemie ganz unterschiedlich reagiert.
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Mexiko
Am 24. Dezember 2020 begann Mexiko zwar als erstes lateinamerikanisches Land mit einer Impfkampagne und seitdem bestimmt die Lieferung und Verteilung von Impfdosen den öffentlichen Diskurs und die mediale Aufmerksamkeit. Allerdings kann dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Kampagne bisher weit hinter den Erwartungen und Notwendigkeiten hinterherhinkt und die Pandemie in Mexiko dramatische Ausmaße angenommen hat. Die Infektions- und Todeszahlen steigen in immer neue Höhen: 1.806.849 Infizierte, 153.639 Tote (Ende Januar 2021). Während die offiziellen Zahlen schon erschreckend sind, so variieren die Schätzungen zur Dunkelziffer erheblich (doppelt bis zehnmal so hoch).
Während manche ländlichen Gebiete weniger betroffen sind (beispielsweise Campeche und Chiapas), wütet das Virus in den urbanen Ballungsräumen, vor allem in Mexiko-Stadt und dem umliegenden Bundesstaat Estado de México. Nach einem ersten Höhepunkt im Juni und Juli 2020 und einem leichten Abflauen der Zahlen, steigen die Zahlen seit Oktober beständig, die Krankenhäuser sind seit Wochen komplett überlastet. In keinem anderen Land der Welt ist so viel Gesundheitspersonal an COVID-19 erkrankt oder gestorben, wie in Mexiko.
Durch das konstante Kleinreden des Problems durch die Regierung und den Mangel an aktiv durchgesetzten Beschränkungsmaßnahmen wurde das mexikanische öffentliche Leben zwar nicht so stark eingeschränkt wie in anderen lateinamerikanischen Ländern und die wirtschaftlichen Aktivitäten konnten mit stark verringerter Kapazität fortgeführt werden, dennoch sind die ökonomischen Auswirkungen auch in Mexiko verheerend. Das Land startete bereits 2020 geschwächt: sinkende Wachstumszahlen in der Wirtschaft, steigende Kriminalität, große soziale Unterschiede. Die Krise hat diese Tendenzen weiter verschärft. Hinzu kommt, dass die mexikanische Nationalregierung konsequent darauf setzt, sich nicht weiter zu verschulden und Hilfs- und Stimuluspakete so gering wie möglich zu halten. Mit Uganda ist Mexiko das Land, das weltweit am wenigsten investiert hat. Dies hat auch schon unmittelbare Auswirkungen: Seit März 2020 sind in Mexiko mehr als eine Million Klein- und mittelgroße Unternehmen bankrottgegangen, was sowohl gestiegene Arbeitslosenzahlen als auch sinkende Steuereinnahmen nach sich zieht. Experten gehen davon aus, dass das Wachstum erst ab dem Jahr 2026 wieder steigen wird. Währenddessen sind neun Millionen Mexikaner in die absolute Armut abgerutscht, in den ländlichen Gebieten führt die Krise außerdem zu nachhaltigen Lücken im Bildungssystem. Die wahren Ausmaße der Krise werden sich also erst in den kommenden Jahren bemerkbar machen.
In der Bevölkerung grassiert eine gewisse Nachlässigkeit gegenüber der Situation: Trotz Krankheits- und sogar Todesfälle in der Familie suchen viele Mexikaner nach Möglichkeit Restaurants, Naherholungsgebiete und Strände auf. Daran hat auch die jüngste COVID-19-Infizierung des Staatspräsidenten López-Obrador nichts geändert. Trotz der Gesundheitskrise, die sich gerade noch mehr verschärft, ist die politische Aufmerksamkeit hauptsächlich auf die Prozesse des Superwahljahrs 2021 gerichtet.
– Hans Blomeier, Landesrepräsentant in Mexiko, unter Mitarbeit von Ann-Kathrin Beck
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Historische HerausforderungenMexiko steht vor einem Superwahljahr, aber 2021 ist auch ein Jahr der fortgesetzten Krise500 nationale Abgeordnete, 15 Gouverneure, mehr als 1.000 lokale Abgeordnete, fast 2.000 Gemeindeverwaltungen – während Mexiko sich auf das größte Wahljahr seiner Geschichte vorbereitet, versuchen Regierung und Bevölkerung noch immer mit den direkten und indirekten Folgen der COVID- 19-Pandemie zurechtzukommen. Die Gesundheitskrise hinterlässt auch in den bereits angeschlagenen Bereichen Wirtschaft, Soziales und Rechtsstaat tiefe Spuren, ein Ende ist nicht in Sicht. Zudem bestehen die gravierenden Probleme im Bereich der organisierten Kriminalität und Gewalt weiter fort.
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Corona Blog - Demokratie | Woche 16Wöchentliche Analyse vom 23. bis 29. JanuarDieser Text ist nur auf Spanisch verfügbar.
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Corona Blog - Demokratie | Woche 15Wöchentliche Analyse vom 16. bis 22. JanuarDieser Text ist nur auf Spanisch verfügbar.
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Lateinamerika hat sich zum neuen globalen Hotspot der COVID-19 Pandemie entwickeltDie verheerenden gesundheitlichen wie wirtschaftspolitischen FolgenLateinamerika hat sich zum neuen globalen Hotspot der COVID-19 Pandemie entwickelt. Neben den gesundheitlichen Folgen der Corona-Krise fürchten die Staaten auch die wirtschaftlichen Konsequenzen, die die nationalen Shut-Downs nach sich ziehen werden. Für die rund 650 Millionen Menschen in der Region, von denen ein Großteil im informellen Sektor tätig ist und auf keinerlei staatliche Absicherung zählen kann, könnte die Pandemie auch ohne hohe Infektionszahlen zur Überlebensfrage werden.
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Demokratische Republik Kongo
Die DR Kongo befindet sich Anfang Februar 2021 in der zweiten Welle. Erfahrungen aus dem ersten Jahr, insbesondere die negativen Folgen für die Wirtschaft, haben die Regierung dazu bewogne, diesmal weniger restriktive Maßnahmen zu ergreifen. Wenngleich zum Beispiel vor jedem Flug ein COVID-19-Test gemacht werden muss, wurde der nationale und internationale Flugverkehr diesmal nicht ausgesetzt. Ein abermaliger Lockdown im Zentrum der Hauptstadt Kinshasa stand kurzeitig zur Diskussion, wurde jedoch nicht umgesetzt. Wichtigste Maßnahme ist in der zweiten Welle die Aussetzung des Grundschulunterrichts. Inwieweit die Menschen sich an Masken- und Distanzpflichten halten, können die Behörden nicht kontrollieren. Gleiches gilt unter anderem für die Einhaltung der Ausgangssperre in Kinshasa zwischen 23.00 Uhr und 5.00 Uhr morgens. Bis Anfang Februar 2021 gab es in der DR Kongo offiziell rund 23.000 bestätigte Corona-Fälle, darunter 678 Todesfälle. Experten gehen jedoch von einer höheren Dunkelziffer aus.
Die DR Kongo gab Mitte März 2020 ihren ersten offiziellen Corona-Fall bekannt. Sukzessive reagierte die Regierung mit Maßnahmen wie insbesondere der Ausrufung eines Notstandes, der Aussetzung des gesamten Flugverkehrs, Verboten von Versammlungen größerer Gruppen sowie von sozialen Zusammenkünften wie Gottesdiensten und Restaurantbesuchen. Auch eine allgemeine Maskenpflicht wurde in der Hauptstadt Kinshasa eingeführt und besteht auch in anderen Teilen des Landes. Für zwei Wochen wurde das Finanz- und Regierungszentrum der Hauptstadt, Gombe, unter einen Lockdown gestellt. Das Viertel durfte nur mit Passierscheinen betreten werden. Wichtigen Institutionen wie Banken, Regierungsinstitutionen und internationalen Partnern wurde gewährt, einen Mindestbetrieb aufrecht zu erhalten.
Trotz internationaler Hilfe wie Schuldenerleichterungen durch den IMF oder medizinischer Unterstützung durch internationale Partner sind die wirtschaftlichen Folgen spürbar. Zeitgleich mit der Pandemie verlor die Landeswährung an Wert. Geld für wichtige Reformen wie die kostenlose Grundschulbildung fehlt. Die junge Bevölkerung des Landes mit schätzungsweise über 100 Millionen Einwohnern sowie die generell eingeschränkte Mobilität auf einer Fläche sechseinhalb Mal so groß wie Deutschland, dürften dazu geführt haben, dass die DR Kongo wie auch andere afrikanische Staaten bislang vergleichsweise niedrige Fallzahlen aufweist. Das Ende der zweiten Welle ist jedoch noch nicht in Sicht.
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
Afrikanische LösungenDie Politische Meinung – Ausgabe 563Vom speziellen Umgang mit der Pandemie
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Corona-Pandemie in Afrika: Mehr Armut, Krisen und Konflikte?Einblicke in Côte d‘Ivoire, DR Kongo, Mali, Südafrika, Tansania, UgandaDie Corona-Pandemie ist auch in Afrika angekommen. Vor diesem Hintergrund berichten wir über die Situation vor Ort und werfen einen genaueren Blick nach Côte d‘Ivoire, DR Kongo, Mali, Südafrika, Tansania und Uganda. Wir gehen außerdem den Fragen nach, was die deutsche Politik tun kann, um die negativen Effekte des Corona-Virus auf dem Kontinent abzumildern und wie sich afrikanische Staaten besser vor weiteren Pandemien schützen können.
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Guatemala
Am 13. März 2020 wurde in Guatemala der erste Fall einer Infektion mit dem Corona-Virus dokumentiert. Wenige Tage später schloss die Regierung die beiden internationalen Flughäfen des Landes und beschränkte die Einreise auf dem See- und Landweg auf den lebensnotwendigen Gütertransport. Der Präsident des Landes, Alejandro Giammattei, von Beruf Arzt, nahm sich des Managements der Pandemie zunächst persönlich und mit großem Engagement an.
Schon kurze Zeit nach der Dokumentation des ersten Falles gab es bereits so viele Infektionen, dass die Regierung sich entschloss, erhebliche Einschränkungen zu verhängen: geöffnet bzw. in Betrieb blieben nur noch Läden und Unternehmen zur Lebensmittel- und Gesundheitsversorgung; Fabriken, Büros, auch die der Verwaltung des Landes, sämtliche Bildungseinrichtungen, Sehenswürdigkeiten, Museen, Theater, Kinos und Restaurants wurden geschlossen, und zwar für mehrere Monate. Gleichzeitig gab es eine nächtliche Ausgangssperre, die gelegentlich um eine Stunde nach vorn oder hinten angepasst wurde, aber generell zwischen 17 Uhr nachmittags und 5 Uhr morgens galt und streng kontrolliert wurde. Das Tragen einer Maske in der Öffentlichkeit ist seither Pflicht. Da rund 70 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung ihren Lebensunterhalt in der sogenannten informellen Wirtschaft verdienen, kam es durch die Beschränkungen zu erheblicher Not, die die Regierung durch Sozialmaßnahmen teilweise kompensieren konnte. Im öffentlichen Bildungssystem mussten sich die Schülerinnen und Schüler den Lernstoff mithilfe von gedruckten Materialien sowie Unterricht via Fernsehen und Radio erarbeiten. Die meisten privaten Schulen griffen auf eine hybride Unterrichtsform mit Online-Sitzungen und häuslichem Lernen zurück. Im gerade begonnenen neuen Schuljahr hofft man, zum Präsenzunterricht in geteilten Klassen übergehen zu können.
Nachdem der Präsident im Mai einen US-basierten guatemaltekischen Mediziner mit der Leitung einer Kommission zum Management der Pandemie beauftragt hatte und sich fortan nur noch beiläufig für das Infektionsgeschehen interessierte, wurde der Druck einflussreicher Unternehmerfamilien auf ihn Mitte September so groß, dass er ab dem 1. Oktober 2020 alle Maßnahmen aufhob, um insbesondere das Wirtschaftsleben wieder zu normalisieren. Auch die beiden internationalen Flughäfen wurden ab Mitte dieses Monats wieder geöffnet. Allerdings bleibt für die Einreise nach Guatemala ein negativer Corona-Test (möglichst durch PCR), der nicht älter als 72 Stunden sein darf, vorgeschrieben. Ebenso bestehen weiterhin eine generelle Pflicht zum Tragen einer Maske im öffentlichen Raum, ein Verbot größerer Veranstaltungen sowie Beschränkungen bei der Belegung von Plätzen in Restaurants oder Kinos sowie beim Einlass in die wieder geöffneten Läden. Alle Bildungseinrichtungen sowie einige öffentliche Kultureinrichtungen und Sehenswürdigkeiten sind hingegen weiterhin geschlossen.
Da es auch in Guatemala nach einem zwischenzeitlichen Abflauen des Infektionsgeschehens zu einer zweiten Welle gekommen ist, kann mit einer Lockerung der Maßnahmen in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden. Hierbei ist jedoch anzumerken, dass nur vergleichsweise wenige Tests in Guatemala durchgeführt werden (aktuell sind es zu Beginn des Jahres 2021 ca. 35.000 pro Woche bei rund 16 Millionen Einwohnern).
Der Beginn eines Impfprogramms, das wegen der geringen Menge des zur Verfügung stehenden Impfstoffes jedoch zunächst nur Bedienstete des Gesundheitswesens und Personen älter als 60 Jahre (insgesamt nicht mehr als ca. 15 Prozent der Bevölkerung) erreichen wird, ist für März 2021 geplant. Wegen der Logistik kommt ausschließlich der Impfstoff von AstraZeneca zum Einsatz, der über das Impfprogramm COVAX der Vereinten Nationen geliefert werden soll.
– Dr. Rudolf Teuwsen, Landesrepräsentant in Guatemala und Leiter des Verbindungsbüros in Honduras
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Unwetterschäden und Infektionen trüben die festliche StimmungWöchentlich Neues aus Guatemala, Honduras und El SalvadorLiebe Interessierte an der Arbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung in Guatemala und Honduras: Wie wirkt sich die Corona-Pandemie in Mittelamerika aus? Welche anderen Ereignisse des politischen und wirtschaftlichen Lebens in diesen Ländern geschehen sonst noch? Und wie arbeitet die KAS eigentlich unter den derzeitigen Bedingungen? Wenn Sie die Antworten auf diese oder ähnliche Fragen interessieren, bieten wir Ihnen in diesem Blog Woche für Woche die wichtigsten Neuigkeiten und einen kleinen Einblick. Danke für Ihr Interesse und viel Vergnügen bei der Lektüre. Für dieses Jahr verabschieden wir uns mit diesen Informationen und hoffen, dass Sie uns auch im neuen Jahr treu bleiben. Das Team der KAS in Guatemala und Honduras wünscht Ihnen ein frohes und friedvolles Weihnachtsfest und ein gesundes Jahr 2021!
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Geld gefunden, Geld verschwundenWöchentlich Neues aus Guatemala, Honduras und El SalvadorLiebe Interessierte an der Arbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung in Guatemala und Honduras: Wie wirkt sich die Corona-Pandemie in Mittelamerika aus? Welche anderen Ereignisse des politischen und wirtschaftlichen Lebens in diesen Ländern geschehen sonst noch? Und wie arbeitet die KAS eigentlich unter den derzeitigen Bedingungen? Wenn Sie die Antworten auf diese oder ähnliche Fragen interessieren, bieten wir Ihnen in diesem Blog Woche für Woche die wichtigsten Neuigkeiten und einen kleinen Einblick. Danke für Ihr Interesse und viel Vergnügen bei der Lektüre.
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Lateinamerika hat sich zum neuen globalen Hotspot der COVID-19 Pandemie entwickeltDie verheerenden gesundheitlichen wie wirtschaftspolitischen FolgenLateinamerika hat sich zum neuen globalen Hotspot der COVID-19 Pandemie entwickelt. Neben den gesundheitlichen Folgen der Corona-Krise fürchten die Staaten auch die wirtschaftlichen Konsequenzen, die die nationalen Shut-Downs nach sich ziehen werden. Für die rund 650 Millionen Menschen in der Region, von denen ein Großteil im informellen Sektor tätig ist und auf keinerlei staatliche Absicherung zählen kann, könnte die Pandemie auch ohne hohe Infektionszahlen zur Überlebensfrage werden.
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Guatemala: 100 Tage GiammatteiÜber die ersten 100 Tage der Regierung des Präsidenten Alejandro Giammattei, wie man ohne Mehrheit im Parlament seine politischen Ziele erreicht und das Management von COVID-19Fast die Hälfte der ersten 100, genau 42, Tage im Amt werden die Geschäfte des neuen guatemaltekischen Präsidenten Alejandro Giammattei bereits von der Ausnahmesituation bestimmt, die die COVID-19-Pandemie heraufbeschworen hat. Früh wird der neue Amtsinhaber damit auf eine harte Probe gestellt. Sei es, weil er von Haus aus Mediziner ist, sei es weil der gesamte lateinamerikanische Subkontinent von den Erfahrungen Asiens und Europas lernen konnte, gilt sein Krisen-Management in einem Land mit überschaubaren Ressourcen, insbesondere im Gesundheitssystem, trotz einiger kritischer Stimmen im weltweiten Vergleich zu Recht als gelungen.
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Costa Rica
Die COVID19-Pandemie hat Costa Rica hart getroffen. Nachdem die erste Welle sehr gut gehandhabt wurde, geriet die zweite Welle schnell außer Kontrolle. Seit Juli 2020 ist die Regierung nicht mehr in der Lage, Ansteckungsketten zurückzuverfolgen. Im September erreichte die Reproduktionszahl einen Höhepunkt. Zum Ende des Jahres waren die Intensivkapazitäten nahezu ausgeschöpft. Die Positivrate lag meist bei über 30 Prozent.
Die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus hatten fatale Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft. Schon vor Beginn der Pandemie befand sich das Land in einer wirtschaftlichen Schieflage. Infolge der Einschränkungen des öffentlichen Lebens, stiegen die Arbeitslosigkeit und das Haushaltsdefizit auf historische Höchststände. Infolgedessen und angesichts steigender sozialer Unzufriedenheit, die sich in teils gewaltsamen Straßenprotesten entlud, wurden die pandemiebedingten Einschränkungen der Wirtschaft ab September gelockert. Die Auswirkungen der Corona-Krise führten ferner zu einer Vergrößerung der sozialen Kluft. Seit Ausbruch der Pandemie stieg die Armut um 5,2 Prozentpunkte. Weniger qualifizierte Arbeitskräfte waren übermäßig von finanziellen Einbußen und Arbeitsverlust betroffen. Ihre Lebensverhältnisse erschwerten die Einhaltung der Quarantäne, folglich waren die meisten Ansteckungen in sozioökonomisch schwächeren Milieus zu verzeichnen. In Regionen, die stark vom Tourismus abhängen, stieg die Armut am drastischsten. Dies verschärft Entwicklungsunterschiede zwischen Hauptstadtregion und ländlichem Raum. Seit März sind in Costa Rica die Schulen geschlossen. Öffentliche Schulen taten sich deutlich schwerer mit der Implementierung des virtuellen Unterrichts als private Schulen, was die soziale Ungleichheit langfristig intensivieren dürfte. Dazu kommt die digitale Kluft. Vor allem sozioökonomisch schwache Haushalte und Haushalte in abgelegenen Regionen haben oft nur eingeschränkt oder gar keinen Zugang zum Internet. Das öffentliche Bildungssystem verzeichnete seit März eine Schulabbrecherquote von 8,5 Prozent.
Am 24. Dezember begann in Costa Rica die Impfkampagne gegen das Coronavirus, aktuell (Stand 25.01.2021) liegt das Land im lateinamerikanischen Vergleich der verabreichten Impfdosen pro 100 Einwohner an der Spitze. Im internationalen Vergleich ist der Fortschritt jedoch moderat (0,94 verabreichte Impfdosen pro 100 Einwohner im Vergleich zu 2,27 in Deutschland). Geimpft werden sollen alle Bürger über 18, dies entspricht 3,06 Millionen Costa-Ricanern, unterteilt in sechs Prioritätsgruppen. Organisiert wird
– Evelyn Gaiser, Landesrepräsentantin in Costa Rica
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Lateinamerika hat sich zum neuen globalen Hotspot der COVID-19 Pandemie entwickeltDie verheerenden gesundheitlichen wie wirtschaftspolitischen FolgenLateinamerika hat sich zum neuen globalen Hotspot der COVID-19 Pandemie entwickelt. Neben den gesundheitlichen Folgen der Corona-Krise fürchten die Staaten auch die wirtschaftlichen Konsequenzen, die die nationalen Shut-Downs nach sich ziehen werden. Für die rund 650 Millionen Menschen in der Region, von denen ein Großteil im informellen Sektor tätig ist und auf keinerlei staatliche Absicherung zählen kann, könnte die Pandemie auch ohne hohe Infektionszahlen zur Überlebensfrage werden.
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Mit Innovationsgeist durch die KriseCosta Rica verzeichnet ersten Erfolg im Kampf gegen die PandemieAm 6. März wurde in Costa Rica der erste Corona-Fall bestätigt. Die Regierung leitete schnell umfassende Maßnahmen ein. Nur zehn Tage nach dem ersten Auftreten des Virus wurde der nationale Notstand ausgerufen. 50 Tage nach der ersten Infektion kann eine vorläufige, vorsichtig positive Bilanz mit Blick auf die Handhabung der Krise gezogen werden. Bisher gelang es, eine exponentielle Ausbreitung der Krankheit zu vermeiden und den Anstieg der Corona-Fälle auf zuletzt 0,5-2 Prozent pro Tag zu senken. Die Sterblichkeitsrate ist die niedrigste auf dem Kontinent. Am 17.04. wurden erstmals mehr geheilte Patienten als Neuansteckungen verzeichnet, die Zahl der aktiven Fälle nimmt seither ab. Wie gelang es Costa Rica, die Kurve abzuflachen?
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Ghana
Anfang März 2020 wurden in Ghana die ersten Fälle von COVID-19 bekannt. Die Ungewissheit, welche Folgen die Krankheit in afrikanischen Ländern mit sich bringen würde, und sicherlich auch der Wunsch, sich als kompetente und fürsorgliche Regierung (vor allem in einem Wahljahr) zu präsentieren, führten schon nach einigen Tagen zu Schulschließungen im ganzen Land und kurz darauf zu einem dreiwöchigen Lockdown in den beiden Großstädten Accra und Kumasi. Darüber hinaus wurden landesweit beliebte und wichtige große Veranstaltungen wie Hochzeiten und Beerdigungen verboten, auch Wahlkampfveranstaltungen unterlagen dieser Einschränkung. Ab Mai – als absehbar wurde, dass afrikanische Länder nicht annähernd so stark betroffen waren wie z.B. Europa – wurden die Einschränkungen nach und nach aufgehoben. Abgesehen vom Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes und regelmäßigem Händewaschen fiel nur noch die Beibehaltung der Schulschließung für viele Ghanaer ins Gewicht. Erst im Januar, also nach knapp 10 Monaten, erlaubte die Regierung die Schulen erneut zu öffnen – wohl ein wahltaktisches Manöver im Vorfeld der am 7. Dezember 2020 stattgefundenen Wahlen. Wirtschaftlich hat Ghana ebenso gelitten wie viele andere Länder. Und wenngleich auch staatliche Hilfen für die Wirtschaft geflossen sind und die Bevölkerung unterstützt wurde, so weiß man nicht genau, ob diese Hilfen auch immer die am härtesten Betroffenen erreicht haben, oder ob die Gelder überhaupt zur Verfügung gestellt wurden.
Besonders auffällig war, wie der ghanaische Präsident Akufo-Addo nicht nur mit sicherer Hand durch die Krise geführt hat, sondern sich mit regelmäßigen Ansprachen an die Bevölkerung gewandt hat, um über die Situation des Landes zu informieren und Maßnahmen der Regierung zu erklären. Obgleich die COVID-19-Pandemie gemäß einer Umfrage der Universität von Ghana vom November 2020 nur einen geringen Einfluss auf die Wahlen hatte, so hätte ein schlechtes Management der Krise sicherlich den engen Wahlausgang zu Ungunsten des Präsidenten beeinflussen können.
Seit Januar 2021 scheinen die Ansteckungs- und Sterblichkeitszahlen erheblich gestiegen zu sein, so dass zwar nicht die Schulen geschlossen, aber soziale Veranstaltungen wieder nur eingeschränkt stattfinden können. Die Regierung behält sich weitere Maßnahmen vor, falls die Zahlen nicht erheblich sinken. Es ist zwar die Rede davon, man habe schon Impfdosen zugesagt bekommen, von welchem Hersteller und ab welchem Zeitpunkt geimpft werden soll, bleibt jedoch noch im Unklaren.
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
Afrikanische LösungenDie Politische Meinung – Ausgabe 563Vom speziellen Umgang mit der Pandemie
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Südsudan
Südsudan erlebt derzeit eine humanitäre und ökonomische Krise inmitten der Pandemie. Diese Krise ist keine alleinige Folge der Pandemie, sie wird jedoch durch die Pandemie verstärkt.
Laut Daten der Johns Hopkins University beträgt die Zahl der positiven COVID-19-Fälle seit Ausbruch der Pandemie bis Anfang Februar 2021 3.929, bei 64 Toten. In einem Land ohne funktionierende staatliche Strukturen und fehlender Infrastruktur sind die Möglichkeiten, die Bevölkerung zu testen, so gut wie nicht vorhanden. Die geringe Testdichte lässt keine verlässlichen Aussagen hinsichtlich der pandemischen Lage zu. Es ist ein Risikogebiet und von Reisen in das Land wird abgeratet. Nach einem sechsmonatigen Lockdown erweckt der derzeitige Alltag im Land den Anschein von Normalität. Die Schulen haben den Unterricht im September 2020 wiederaufgenommen.
An den Orten sozialer Zusammenkünfte werden die üblichen Sicherheitsvorkehrungen (Maskenpflicht und Abstandsregelungen) kaum bis gar nicht beachtet. Mit Unterstützung der United Nations Mission in South Sudan (UNMISS) fand im September 2020 sogar ein Konzert mit dem Titel „One peace, One people“ in der Stadt Yei nahe der Grenze zu Uganda statt, das von Tausenden von Menschen besucht wurde – ohne jegliche Präventionsmaßnahmen.
Die Reisen im Land unterliegen keinerlei Einschränkungen, während Einreisende aus dem Ausland sowohl einen negativen COVID-19-Test vorweisen als auch sich einer 14-tägigen Selbstquarantäne unterziehen müssen. Südsudan bemüht sich mit Unterstützung der multilateralen Organisationen um den Erhalt von COVID-19-Impfstoffen über die Impfallianz Gavi.
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Afrikanische LösungenDie Politische Meinung – Ausgabe 563Vom speziellen Umgang mit der Pandemie
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Côte d’Ivoire
Mitte März 2020 war die COVID-19-Pandemie auch in Westafrika angekommen. Schnell nach den ersten positiven Testfällen schloss ein Gros der Länder die Landes- und Fluggrenzen für den Personenverkehr, darunter auch Côte d‘Ivoire. Die ivorische Regierung nutzte ihre Erfahrungen aus der Ebolakrise 2014–2016 und schloss öffentliche Einrichtung, Schulen, Universitäten sowie Restaurants und isolierte die Wirtschaftsmetropole Abidjan als Schwerpunkt der Pandemie vom Rest des Landes. Die Bevölkerung unterstützte die Maßnahmen weitestgehend und die Sicherheitskräfte agierten bei der Durchsetzung der nächtlichen Ausgangssperre und anderer einschränkender Maßnahmen mit wenigen Ausnahmen im positiven Sinne zurückhaltend.
In Côte d’Ivoire gab es nach offiziellen Angaben Ende Januar 2021 ca. 28.000 positiv getestete Fälle, knapp 26.000 galten als genesen. Etwas über 150 Todesfälle wurden dem Virus zugeordnet. Der globale Kampf um die verschiedenen Impfstoffe wird hauptsächlich in Elitekreisen mit Interesse beobachtet. Das Land hofft auf eine Grundversorgung im Zuge der Covax-Initiative.
Seit dem Jahreswechsel 2020/21 steigen die positiv getesteten Fälle wieder deutlich an und die Regierung fährt die Sensibilisierungsarbeit nach oben, vor allem durch Hinweise auf Maskennutzung, Abstandhalten und Hygienemaßnahmen. Erneut wurde von der Regierung ein „sanitärer Notstand“ ausgerufen, der in erster Linie der Exekutive eine schnelle Umsetzung neu einzuführender Maßnahmen ermöglicht. Mögliche erneute Schließungen von öffentlichen Einrichtungen hätten insbesondere für den sowieso nachrangig behandelten und chronisch unterfinanzierten Bildungssektor schlimme nachhaltige Folgen, da Homeschooling oder andere innovative Bildungsformate inhaltlich nicht befüllt und sinnvoll eingeführt wurden.
Knapp ein Jahr nach Einführung der sanitären Einschränkungen in Côte d‘Ivoire ist eine gewisse Pandemie-Müdigkeit zu beobachten. In der breiten Bevölkerung gibt man sich erleichtert über die wiedereröffneten Gotteshäuser, Restaurants und Schulen und hofft darauf, dass es zu keinen drastischeren Restriktionen wie in Europa kommen möge. Zudem wird das Virus in der Reihe anderer allgegenwärtiger Tropenkrankheiten, allen voran Malaria, als nachrangige Bedrohung empfunden. Mehr als drei Viertel der ivorischen Bevölkerung ist jünger als 35 Jahre. Neben der Altersstruktur sehen in Côte d’Ivoire zahlreiche Befragte die klimatischen Bedingungen als Hauptgrund für die Tatsache, dass das Land deutlich weniger positiv bestätigte Fälle und Todesfälle kennt als andere Länder in Europa und Amerika.
Von staatlicher Seite gibt es wirtschaftliche Unterstützungsmaßnahmen zur Abmilderung der Pandemiefolgen, die der Unterstützung größerer Unternehmen sowie KMU dienen. Zudem gab es finanzielle Direkthilfen für knapp 180.000 Haushalten in prekären Verhältnissen, wobei die Vergabemodalitäten unklar blieben. Ergänzt wurden die finanziellen Maßnahmen durch Steuerstundungen und Zahlungsaufschüben für Wasser- und Stromrechnungen. Die sozialen Auswirkungen der Pandemie sind heute noch nicht gänzlich zu erfassen. Nach Zahlen des nationalen Büros der Vereinten Nationen und des ivorischen Statistikamts sollen durch ausbleibende Einkünfte rund 1,3 Millionen Haushalte unter die Armutsgrenze rutschen.
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Afrikanische LösungenDie Politische Meinung – Ausgabe 563Vom speziellen Umgang mit der Pandemie
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Corona-Pandemie in Afrika: Mehr Armut, Krisen und Konflikte?Einblicke in Côte d‘Ivoire, DR Kongo, Mali, Südafrika, Tansania, UgandaDie Corona-Pandemie ist auch in Afrika angekommen. Vor diesem Hintergrund berichten wir über die Situation vor Ort und werfen einen genaueren Blick nach Côte d‘Ivoire, DR Kongo, Mali, Südafrika, Tansania und Uganda. Wir gehen außerdem den Fragen nach, was die deutsche Politik tun kann, um die negativen Effekte des Corona-Virus auf dem Kontinent abzumildern und wie sich afrikanische Staaten besser vor weiteren Pandemien schützen können.
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Kenia
Kenia hat die COVID-19-Pandemie insgesamt, was die Betrachtung der Auswirkungen auf die Epidemie-Zahlen angeht, wie fast alle anderen afrikanischen Staaten bisher gut gehandhabt. Dies ist zum einen den frühzeitigen Maßnahmen der Regierung geschuldet (Maskenpflicht, Abstandregeln, Hygiene, Temperaturmessungen), die zu Anfang allerdings mit rigorosen Polizeieinsätzen durchgesetzt wurden. Zum anderen profitiert Kenia von seiner jungen Bevölkerung mit einem Altersdurchschnitt von 20,2 Jahren (2020), die deutlich seltener schwer erkrankt. Hinzu kommt die Erfahrung mit anderen infektiösen Erkrankungen (Masern, TB, HIV) und die zu beobachtende Disziplin in Kenia bei der Einhaltung der Corona-Regeln. Die Regierung berichtet täglich detailliert über alle Zahlen, auch auf sozialen Medien wie Instagram. Anfang Februar 2021 lagen die täglichen Fallzahlen bei 2,8 pro 1 Million Einwohner und die Todesfälle sind im einstelligen Bereich oder an manchen Tagen bei null.
Die volkswirtschaftlichen Schäden sind in Kenia jedoch erheblich. Das BIP ist im Jahr 2020 nach vorläufigen Zahlen um 1% zurückgegangen. Für 2021 wird laut Weltbank jedoch mit einem Wachstum von 6,9% gerechnet. Die wirtschaftlichen und sozialen Störungen durch die Pandemie haben den bisher erfolgreichen Weg der Armutsreduktion abbrechen lassen. Nach Schätzungen der Weltbank sind zwei Millionen Kenianer wieder unter die Armutsgrenze gerutscht. Die Arbeitslosigkeit hat sich im Vergleich zu der Zeit vor der Pandemie verdoppelt. Da aber drei Viertel der Beschäftigten im informellen Sektor arbeiten sind diese Zahlen nur eingeschränkt bewertbar. Sie dürften in der Realität eher noch schlechter sein.
Die Schulen sind seit Anfang Januar 2021 wieder geöffnet. Es zeigt sich aber, dass der monatelange Schulausfall in ländlichen Gebieten dazu führt, dass vor allem Mädchen die Schule wieder besuchen, die Jungen aber in der Landwirtschaft verbleiben und seltener in den Unterricht zurückkehren.
Innerhalb Kenias besteht Reisefreiheit. Internationale Reisen sind in Kenia wieder möglich und politisch auch erwünscht. Dies kann man daran erkennen, dass Kenia als erstes afrikanisches Land die „Trusted Travel“ Initiative der Afrikanischen Union und des Africa CDC (Centers for Disease Control and Prevention) umgesetzt hat. Mit diesem Online-System sollen die autorisierten Labortestergebnisse für Reisende mit den Flugdaten zu einem QR-Code verknüpft werden. Einreisende aus Deutschland sind von der Quarantänepflicht befreit, ein aktueller negativer PCR-Test muss allerdings vorliegen (Stand 19.1.2021).
Eine Anfang 2021 veröffentliche Studie zur Herdenimmunität zeigte, dass in Nairobi offenbar bereits eine Infektionsrate von 35% bestand, ohne dass sich dies in einer Belastung des Gesundheitswesens oder einer Erhöhung der Mortalitätszahlen gezeigt hätte. Dies würde 1,75 Millionen Infizierte allein in Nairobi bedeuten, weit mehr als in Kenia insgesamt Fälle offiziell erkannt bzw. gemeldet wurden.
Die Impfstrategie der Regierung baut vorwiegend auf den Impfstoff von AstraZeneca aus Indien, was naheliegt, da es traditionell wegen der indischen Minderheit in Kenia gute Beziehungen zu Indien gibt. Zudem ist der Impfstoff einfach zu handhaben und die Frage der Wirksamkeit bei älteren Bevölkerungsgruppen bei einem Anteil von lediglich 3% von über 65-Jährigen in Kenia zu vernachlässigen. Es gibt allerdings auch Verhandlungen mit China und Russland über Impfstofflieferungen.
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Afrikanische LösungenDie Politische Meinung – Ausgabe 563Vom speziellen Umgang mit der Pandemie
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Neue Regierungskoalition in KeniaPakt der alten Männer oder Schub für die Demokratie?Kenia ist auf dem Weg zu einer gänzlich neuen Regierungskoalition. Kleinere Parteien schließen sich der Regierung von Präsident Kenyatta an, der damit auf eine faktische Spaltung seiner Partei reagiert und sich Mehrheiten gegen den eigenen Vizepräsidenten und bisherigen Kronprinzen Ruto verschafft. Die hiermit verbundenen politischen Manöver zeigen zum einen, dass die politischen Familien, welche seit der Unabhängigkeit das Geschick Kenias prägen, immer noch tonangebend sind. Gleichzeitig laufen diese Manöver aber innerhalb des verfassungsmäßig vorgegebenen Rahmens ab. Es werden auf demokratischem Wege neue Mehrheiten organisiert, was in der Vergangenheit Kenias nicht selbstverständlich war.
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Impact of COVID-19 on the Right to Health in AfricaThe online seminar sought to interrogate the impact of COVID-19 on the right to health from an African perspective.
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Uganda
In Uganda hat man sehr früh auf die Nachrichten vom Ausbruch der COVID-19-Pandemie reagiert. Bereits Ende Januar 2020 haben private Akteure Vorsichtsmaßnahmen wie Temperaturmessungen und Handdesinfektion eingeführt. Das Land, das im Umgang mit dem Ebolavirus in der Vergangenheit sehr viele Erfahrungen gesammelt hat und erfolgreich ein Ausbruchsgeschehen verhindern konnte, leitete auch wenige Wochen später ihre Strategie im Umgang mit dem Coronavirus aus diesen Erfahrungen ab.
Am 18. März 2020 wurden die ersten Maßnahmen getroffen, die auf die Untersagung von Massenansammlungen zielten (Gottesdienste, Hochzeiten, kulturelle Veranstaltungen u.ä.). Für einreisende Ausländer wurde eine Quarantänepflicht von 14 Tagen in den dafür extra vorgesehenen Hotels verhängt.
Am 22. März 2020 wurde in Uganda der erste positive Fall von COVID-19 registriert. Daraufhin folgten Schließungen von Schulen, Suspendierung des öffentlichen Transports, Einstellung aller Flugverbindungen und Schließung aller Grenzen bis auf Gütertransport über Land. Am 30. März 2020 wurde eine Ausgangssperre verhängt und Uganda trat in den Lockdown ein. Zu diesem Zeitpunkt gab es 44 aktive Fälle im Land.
Die drastischen Maßnahmen erfolgten u.a. vor dem Hintergrund der sehr wenigen Intensivbetten im Land – etwa drei Dutzend zu Beginn der Pandemie bei einer Bevölkerung von ca. 45 Millionen Einwohnern.
Der schnelle und weitreichende Lockdown direkt zu Beginn hat zunächst dazu beigetragen, dass Uganda weltweit als eines der erfolgreichsten Länder bei der Pandemiebekämpfung galt. Schnell wurde jedoch deutlich, dass der Lockdown das Land an dessen wirtschaftliche Grenzen brachte und nach einer stufenweisen Lockerung der Maßnahmen und Öffnung des Landes das Virus seinen Weg wieder ins Land fand. Die Zahlen gingen hoch und erreichten im Dezember 2020 vorerst ihren Höhepunkt. Doch neben der Beschränkung von Menschenansammlungen auf maximal 200 Personen und allgemeiner Schutzvorkehrungen (Abstand, Maskenpflicht, Händewaschen, Temperaturmessungen am Eingang aller Gebäude) und der andauernden Ausgangssperre ab 21.00 Uhr ist eine gewisse Normalität ins Leben eingekehrt. Lediglich der Schul- und Hochschulunterricht ist seitdem nur partiell und zum größten Teil ausschließlich online aufgenommen worden.
Anfang Februar 2021 gab es 39.652 bestätigte Fälle im Land und 325 registrierte Tote. Allerdings konnten insgesamt lediglich 833.534 Tests im gesamten Zeitraum durchgeführt werden. Für detaillierte Aussagen zum Infektionsgeschehen ist die Datenlage daher zu begrenzt. Die Kommunikation seitens der offiziellen Stellen ist oft unzureichend, intransparent und zum Teil missverständlich. Das Gesundheitssystem ist derzeit überlastet.
Die Nebeneffekte der Pandemie können noch nicht abschließend beziffert werden. Dazu zählen neben wirtschaftlichen Folgen, gestiegener Arbeitslosigkeit und Armut auch die Auswirkungen unterbrochener Schulbildung bei einer der jüngsten Bevölkerung der Welt, wie bspw. Mangel- und Unterernährung, ungewollte Schwangerschaften oder der endgültige Schulabbruch.
In Uganda fiel die Entwicklung der Pandemie zudem mit dem Wahlkampf zusammen und wurde zu politischen Zwecken instrumentalisiert. Dies führte dazu, dass zu den Ermüdungserscheinungen in der Bevölkerung hinsichtlich der Vorsichtsmaßnahmen auch die mit der Pandemie verbundenen Risiken negiert wurden. Es ist daher zu befürchten, dass die Lage sich wieder verschärfen könnte.
Nach offiziellen Angaben wurde der Einkauf von 18 Millionen Impfstoffdosen des Herstellers AstraZeneca vom Serum Institute of India genehmigt. Präsident Museveni hat zudem kürzlich persönlich den Start für eine klinische Studie eines ugandischen Medikamentes (UBV-01N) gegeben.
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Corona-Pandemie in Afrika: Mehr Armut, Krisen und Konflikte?Einblicke in Côte d‘Ivoire, DR Kongo, Mali, Südafrika, Tansania, UgandaDie Corona-Pandemie ist auch in Afrika angekommen. Vor diesem Hintergrund berichten wir über die Situation vor Ort und werfen einen genaueren Blick nach Côte d‘Ivoire, DR Kongo, Mali, Südafrika, Tansania und Uganda. Wir gehen außerdem den Fragen nach, was die deutsche Politik tun kann, um die negativen Effekte des Corona-Virus auf dem Kontinent abzumildern und wie sich afrikanische Staaten besser vor weiteren Pandemien schützen können.
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COVID-19 Pandemic Disrupts Public Health Service Delivery systems in Gulu DistrictImpact of the COVID-19 Pandemic in UgandaThis report highlight how the COVID-19 pandemic is disrupting public health delivery systems in Northern Uganda
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Namibia
Als im April des vergangenen Jahres die COVID-19-Pandemie die Welt schlagartig veränderte, blieb Namibia noch recht lange von der Krise verschont. Das hängt sicher mit den klimatischen und geografischen Gegebenheiten des Landes zusammen, die Trockenheit erschwert eine schnelle Ausbreitung des Virus. Aber insbesondere die vergleichbar geringe Bevölkerungsdichte von gerademal 2,3 Mio. Einwohnern auf einer Fläche rund zweimal so groß wie die Bundesrepublik Deutschland hat einen milden Verlauf der Pandemie begünstigt.
Die Lage hat sich dann aber etwa ab August 2020 drastisch verändert, auch wegen des regen Personen- und Handelsaustausches mit dem Nachbarland Südafrika. Die Zahl der Infizierten stieg, insbesondere in der Hauptstadt Windhoek. Die ersten Toten waren zu beklagen. In der Folge wurde ein Lockdown verhängt. Neben der Inkraftsetzung von AHA-Regeln in der Öffentlichkeit schalteten Schulen auf digitalen Unterricht um. Ausgangssperren wurden in den Abend- bis Morgenstunden verhängt sowie eine Begrenzung von Personenanzahl und Dauer bei Veranstaltungen. Das Führen von Besucherlisten bei Betreten öffentlicher Einrichtungen und Geschäften wurde ebenfalls vorgeschrieben. Reiseverbote im Land sowie die Einstellung des internationalen Flugverkehrs zählten zu den Maßnahmen in der Hochphase der Pandemie.
Die Kommunikation der Bevölkerung über die COVID-19-Lage, die Aktualisierung der Restriktionen und einzuhaltenden Präventionsmaßnahmen zur Kontrolle der Pandemie wurden im regelmäßigen 14-Tage-Rhythmus in den lokalen Medien per Regierungsdekret und Bericht vom Gesundheitsminister verkündet.
Die Zahl der Infizierten war zwischeneitlich wieder etwas zurückgegangen, dennoch war und ist die Dunkelziffer hoch, denn es werden nur wenige, meistens Erkrankte, getestet. Dass auch Namibia inzwischen von der zweiten Infektionswelle eingeholt wurde, belegt der exponentielle Anstieg der Infizierten Ende 2020 und Anfang 2021.
Groß ist die Sorge um die steigende Ausbreitung der neuen, aggressiveren Variante des Coronavirus B.1351, die zunehmend aus Südafrika eingeschleppt wird. Die Lage in den Krankenhäusern ist mit zunehmender Belegung von Intensivbetten und begrenzter Zahl an fachkundigen Pflegekräften, viele davon selber erkrankt, sehr angespannt. Viele Krankenhäuser in Namibia haben nahezu ihre volle Kapazität erreicht. Besorgniserregend ist die mangelnde Akzeptanz bei der Einhaltung der COVID-19-Regeln und die vermehrte Nachlässigkeit in der Bevölkerung trotz der drohenden Strafen und der angeschlagenen Gesundheitsversorgung im Land.
Aktuell ist Namibia bemüht, Zugang zu Impfstoffen zu erhalten und diese zu finanzieren. Gegenwärtig laufen Gespräche mit dem Pharmakonzern Pfizer und Konsultationen mit anderen Ländern, u.a. China und Russland. Eine weitere Herausforderung stellt die Bereitstellung einer ausreichenden Kühlkettenausrüstung für die Lagerung und Verteilung des Impfstoffs dar. Als nächsten Schritt steht die sorgfältige Aufklärung der Bevölkerung in Sachen Impfstoff an. Hier machen sich bereits einige Impfgegner stark.
Massiv sind die Auswirkungen der anhaltenden COVID-19-Krise auf die Wirtschaft. Namibia verzeichnet einen starken Einbruch des Wirtschaftswachstums, viele Namibier haben ihre Jobs verloren. Auch die Zahl der Schulabbrecher ist verheerend sowie der Anstieg an häuslicher Gewalt. Die Kriminalität ist gestiegen und hat an Brutalität zugenommen. Je länger die COVID-19-Pandemie anhält, umso schwieriger wird es werden, den ökonomischen Schaden zu kompensieren. Es bleibt ein schwerer Balanceakt, wirksame Präventionsmaßnahmen zur Kontrolle der Ausbreitung des Virus zu treffen und gleichzeitig eine Wiederbelebung der Wirtschaft zu erreichen.
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Afrikanische LösungenDie Politische Meinung – Ausgabe 563Vom speziellen Umgang mit der Pandemie
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Südafrika
Seit der Bestätigung des ersten COVID-19-Falls am 5. März 2020 wurden in Südafrika über 8,1 Millionen Tests durchgeführt, über 1,4 Millionen Menschen haben sich nachweislich mit dem Virus infiziert und über 43.000 Menschen verstarben. Zu Beginn der Krise am 15. März 2020 rief Präsident Cyril Ramaphosa den nationalen Katastrophenzustand aus. Darauf aufbauend wurde ein fünfstufiges System zur Verhinderung einer Ausbreitung von COVID-19 implementiert. Bereits am 26. März 2020 wurde in Südafrika mit Stufe 5 die restriktivste Lockdownstufe eingeführt. Die Höhe der Lockdownstufe hängt von zwei Faktoren ab: der Ausbreitungsgeschwindigkeit des Virus und der Belastungsgrenze des Gesundheitssystems. Anfang Februar 2021 befand sich Südafrika in Lockdownstufe 3. Seit Beginn des Lockdowns gelten strenge Hygiene- und soziale Distanzierungsmaßnahmen, dessen Einhaltung von der Polizei und zeitweilig auch vom Militär überwacht wird. Mehr als 230.000 Menschen wurden festgenommen und mindestens elf Menschen verloren durch das harte Vorgehen der Sicherheitskräfte ihr Leben. Auf Grundlage des Katastrophenzustands richtete die Regierung das „National Coronavirus Command Council“ (NCCC) ein, dessen Zusammensetzung intransparent ist und das ohne Rücksicht auf das Parlament die jeweiligen Bestimmungen erlässt. In der Praxis findet daher kaum eine parlamentarische Kontrolle statt und es ist nicht absehbar, wann das NCCC wieder aufgelöst wird.
Obwohl der strenge Lockdown zunächst auch damit begründet wurde, dass man zusätzliche Krankenhauskapazitäten schaffen müsse, wurde diesbezüglich wenig erreicht. Es wurden Feldkrankenhäuser errichtet und medizinisches Personal aus Kuba eingeflogen, doch änderte dies wenig an der prekären Lage im Gesundheitswesen. Das wiederholte Alkoholverbot und die nächtlichen Ausgangssperren haben jedoch die Notaufnahmen der Krankenhäuser entlastet. Seit der offiziellen Bekanntgabe der südafrikanischen Virusmutation sind die Infektionszahlen 2021 drastisch gestiegen und viele Krankenhäuser haben ihre Kapazitätsgrenze erreicht. Anfang Februar 2021 waren die täglichen Infektionszahlen rückläufig.
Schon vor der Krise befand sich Südafrika in einer schweren, selbstverschuldeten Wirtschaftskrise, die sich durch die Pandemie deutlich verschärfte. Die sozioökonomischen Auswirkungen des Lockdowns sind verheerend und übersteigen jene in europäischen Ländern um ein Vielfaches. Schulschließungen, ein fünfmonatiges Tabakverbot, Reisebeschränkungen, geschlossene Grenzen, Alkoholverbote, Ausgangssperren und die zeitweilige Stilllegung ganzer wirtschaftlicher Sektoren haben das Land hart getroffen. Der staatliche Solidaritätsfond konnte die wirtschaftlichen Schäden kaum abfedern. Viele Geschäfte mussten schließen, mehr als drei Millionen Südafrikaner verloren in den ersten drei Monaten der Ausgangssperre ihren Arbeitsplatz, die Preise für Grundnahrungsmittel stiegen und die soziale Ungleichheit wurde verstärkt. Ein weiteres Problem bei der Bekämpfung der Pandemie ist die endemische Korruption, die die Handlungsfähigkeit des Staates stark einschränkt.
Bei der Beschaffung von Impfstoffen wurde die Regierung von der Opposition für ihr langsames Vorgehen scharf kritisiert. Man konnte zunächst nur 1,5 Millionen Impfdosen bei dem Serum Institute of India sichern, die zunächst zur Impfung der 1,25 Millionen Angestellten im Gesundheitswesen bestimmt sind. Ende Januar verkündete der Gesundheitsminister Mkhize, dass man 20 Millionen Impfdosen von Pfizer/Biontech und 9 Millionen Impfdosen von Johnson&Johnson erhalten werde. Da jedoch nicht Gewissheit darüber besteht, wann die Lieferungen kommen werden und wie die Logistik bewerkstelligt wird, wird es noch viele Monate dauern, bis die Impfungen flächendeckend durchgeführt werden. Dementsprechend muss erwartet werden, dass die Lockdownbestimmungen bis weit in das Jahr 2021 reichen werden.
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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The Midpoint Paper Series N° 1/2020 October 2020 - Covid-19 and AfCFTA: How Africa can help itselfAfrica’s most ambitious integration project, the African Continental Free Trade Agreement (AfCFTA) is nearing its commercial phase.Delayed, but not thwarted by the COVID-19 pandemic, an enormous joint effort between the African Union (AU), the AfCFTA Secretariat and deal signatories is underway in a final push to realise continental free trade at the start of 2021. This paper examines the new challenges that the coronavirus presents Africa’s integration and how they need to be overcome, as well as the opportunities that may arise from broader global developments currently at play, namely, through these seven themes: 1. COVID-19’s impact on Africa’s integration agenda 2. Business unusual: AfCFTA’s outstanding matters and revised timelines 3. Can Africa benefit from the shift away from globalisation, towards localisation? 4. Avoiding the pitfalls of integration: Lessons from the past 5. The role of non-governmental players 6. The winners and losers 7. What to watch: Momentum, ratification and implementation Bringing together negotiators from 54 African countries, translating text and dialogue into one of the AU’s four official languages and coordinating meetings across six time zones was always going to be a mammoth task. Any hiccup would threaten a launch schedule that had very little margin for error.
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Afrikanische LösungenDie Politische Meinung – Ausgabe 563Vom speziellen Umgang mit der Pandemie
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Corona-Pandemie in Afrika: Mehr Armut, Krisen und Konflikte?Einblicke in Côte d‘Ivoire, DR Kongo, Mali, Südafrika, Tansania, UgandaDie Corona-Pandemie ist auch in Afrika angekommen. Vor diesem Hintergrund berichten wir über die Situation vor Ort und werfen einen genaueren Blick nach Côte d‘Ivoire, DR Kongo, Mali, Südafrika, Tansania und Uganda. Wir gehen außerdem den Fragen nach, was die deutsche Politik tun kann, um die negativen Effekte des Corona-Virus auf dem Kontinent abzumildern und wie sich afrikanische Staaten besser vor weiteren Pandemien schützen können.
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Tansania
Tansania wurde von Präsident John Magafuli bereits im Frühjahr letzten Jahres entgegen aller Tatsachen für Coronavirus-frei erklärt. Bis zur letzten Veröffentlichung von nationalen Zahlen am 7. Mai 2020 verzeichnete das Land nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation 509 Fälle und 21 Verstorbene. Statt auf Tests der Bevölkerung und Impfungen setzt der Präsident auf traditionelle Heilmittel und Inhalationen – die internationale Impfallianz ist für ihn ein weiterer Versuch ausländischer Mächte, Afrika um sein Geld zu berauben. Da es im Land nach offiziellen Angaben das Coronavirus nicht gibt, ist die ungeschützte Teilnahme an Versammlungen ebenso erlaubt wie Kirchgänge und beispielsweise der Besuch von Sportveranstaltungen. Auch im öffentlichen Leben gibt es keine Verpflichtung, Schutzmasken zu tragen. Gott schütze die Tansanier vor dieser Pandemie, so lautet das Credo des Präsidenten, der jegliche Einschränkungen des öffentlichen und privaten Lebens ablehnt.
Tatsächlich aber sind die Krankenhäuser voll von Patienten, die unter Lungenentzündungen und Lungenfibrosen leiden. Aus diesem Grunde drängen insbesondere Organisationen der Zivilgesellschaft darauf, dass die Menschen sich durch Hygienemaßnahmen und das Tragen von Masken schützen. Da derzeit auch keine offizielle Statistik über die Todesursachen geführt wird, wird man wohl nie erfahren, wie viele Menschen in Tansania an oder mit COVID-19 verstorben sind.
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
Afrikanische LösungenDie Politische Meinung – Ausgabe 563Vom speziellen Umgang mit der Pandemie
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Corona-Pandemie in Afrika: Mehr Armut, Krisen und Konflikte?Einblicke in Côte d‘Ivoire, DR Kongo, Mali, Südafrika, Tansania, UgandaDie Corona-Pandemie ist auch in Afrika angekommen. Vor diesem Hintergrund berichten wir über die Situation vor Ort und werfen einen genaueren Blick nach Côte d‘Ivoire, DR Kongo, Mali, Südafrika, Tansania und Uganda. Wir gehen außerdem den Fragen nach, was die deutsche Politik tun kann, um die negativen Effekte des Corona-Virus auf dem Kontinent abzumildern und wie sich afrikanische Staaten besser vor weiteren Pandemien schützen können.
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Senegal
Die Maßnahmen der Regierung gegen die Pandemie waren zu Beginn sehr wirkungsvoll. Ab Mitte März 2020 wurde der Ausnahmezustand ausgerufen und umfassende Schutzmaßnahmen getroffen wie Versammlungsverbot, Schließung aller Bildungseinrichtungen, Reiseeinschränkung, Schließung von Grenzen und Flughäfen. Senegal hat bei Ebola und AIDS/HIV bereits Erfahrungen in Sachen Seuchenbekämpfung gesammelt und hat dementsprechend schnell reagierte. Aufgrund niedriger Fallzahlen erfolgte allerdings im Juli 2020 eine Lockerung. Im Oktober 2020 wurde der Schulbetrieb unter Vorsorgemaßnahmen wieder regulär aufgenommen. Zudem wurde das Versammlungsverbot wieder etwas gelockert. Bis Ende Oktober 2020 wurden ca. 300 Tote bei ca. 10.000 Infektionen registriert. Allerdings wurde seit Ende Dezember 2020 ein starkes Ansteigen der COVID-19-Infektionszahlen landesweit registriert. Darunter zählten vor allem die Regionen Dakar und Thies, aber auch Diourbel und Kaolack. Das hat dazu geführt, dass Mitte Januar bis Ende Februar 2021 ein erneuter Ausnahmezustand mit nächtlichen Ausgangssperren und Versammlungsverboten verkündet wurde. Im Januar 2021 wurden mehr als 30.000 Infektionen registriert und die Zahl der Toten stieg um 300 Fälle, sodass die Gesamtzahl der Todesfälle damit 600 betrug.
Im Nachhinein ist klar, dass die anfangs schnelle Reaktion der Regierung durchaus positive Effekte auf die Eindämmung der Pandemie hatte. Die weitreichenden Lockerungen ermöglichten allerdings in der Folge eine schnelle Ausbreitung des Virus. Die effektiven und akzeptierten Maßnahmen der Regierung hätten also weitergeführt werden müssen und durch eine strengere Kontrolle ihrer Einhaltung ergänzt werden müssen. Aktuell werden Impfkampagnen sehnlichst erwartet. Noch fehlt jedoch der Impfstoff, der vermutlich nicht vor Ende April 2021 zur Verfügung stehen wird.
Aufgrund fehlender Materialien wie Notebooks und der instabilen Internetversorgung im Land können Kinder aus ärmeren Bevölkerungsschichten und auch der Mittelschicht Homeschooling nicht umsetzen. Smartphones werden zwar viel von Jugendlichen genutzt, aber ein Unterricht darüber ist nicht denkbar, weil die Verbindungskosten zu teuer sind. Es gab die Initiative von Schul-Fernsehen, aber selbst das ist nicht flächendeckend durchzusetzen. In den ländlichen Gebieten haben die wenigsten Haushalte einen Fernseher und auch oft keinen Strom.
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Welche Auswirkungen hat COVID-19 auf die Menschenrechte und die Demokratie in Westafrika?Internationales Seminar in Partnerschaft mit Amnesty International Senegal (AIS)Das Coronavirus birgt nicht nur gesundheitliche Gefahren, sondern wirkt sich auch negativ auf die Funktionsweisen demokratischer Institutionen aus.
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Afrikanische LösungenDie Politische Meinung – Ausgabe 563Vom speziellen Umgang mit der Pandemie
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Sicherheit versus Demokratie – Senegal und Covid-19Ausnahmezustand – aber das Leben geht weiterVor vier Wochen wurde das neuartige Virus SARS-CoV-2 erstmals im Senegal nachgewiesen: Bis zum heutigen Tag (Stand 02. April) gibt es 190 bestätigte Fälle, davon 145 aktive und mittlerweile wohl auch den ersten Todesfall durch das Virus (Quelle: WHO). Damit hat der Senegal nach Südafrika, Côte d’Ivoire und Burkina Faso die höchsten Fallanzahlen von Infektionen in ganz Subsahara-Afrika. Aber Statistiken sind in Afrika meist mit Vorsicht zu genießen - bis jetzt verfügen erst 36 der insgesamt 54 afrikanischen Länder überhaupt über verlässliche Ausrüstung, um Einwohner auf das Virus zu testen. Auch die Tatsache, dass die durch die Regierung erlassenen Notfallmaßnahmen bereits jetzt grundlegende demokratische Prinzipien betreffen und einschränken, sollte angesichts aller Notwendigkeit zur Eindämmung nicht untergehen.
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Simbabwe
Von März bis Juni 2020 stiegen die Infektionszahlen moderat, was vor allem an der niedrigen Testquote, der geringen Bevölkerungsdichte und dem begrenzten internationalen Austausch festzumachen war. Die Regierung ergriff vergleichbare Maßnahmen, wie sie im Nachbarland Südafrika ergriffen wurden: Am 23. März 2020 beschloss die Regierung die Schließung der Grenzen mit Ausnahme von Fracht und Heimkehrern, weiterhin das Verbot zum Betreiben von Gastronomie, Unterhaltungseinrichtungen und Sportstätten sowie das Verbot von Versammlungen mit mehr als 50 Personen. Am 27. März 2020 folgte dann die Ausrufung eines nationalen „Lockdown“. Dies sorgte für die spürbarsten Auswirkungen der Pandemie auf die Bevölkerung, die überwiegend im informellen Sektor beschäftigt ist.
Im Verlauf des Jahres wurden die Einschränkungen schrittweise gelockert, sodass informeller Handel und das inländische Reisen wieder zugelassen wurden. Im Dezember 2020 stiegen die Fallzahlen stark, was unter anderem mit der Ausbreitung der aus Südafrika eingeschleppten Mutation des Virus in Zusammenhang steht.
Als Reaktion auf die Zunahme der COVID-19-Infektionen hat die Regierung am 5. Januar 2021 einen erneuten Lockdown verhängt. Eine Ausgangssperre gilt von 18.00 Uhr bis 6.00 Uhr. Internationale Flugreisen sind weiterhin gestattet, vorbehaltlich eines negativen PCR-Testergebnisses. Internationale Einreisen via Land sowie Reisen zwischen Provinzen und Städten sind weitgehend verboten. Masken und Abstandhalten sind obligatorisch. Dies gilt überall in der Öffentlichkeit. Nur Geschäfte des täglichen Bedarfs sind von 8.00 Uhr bis 15.00 Uhr geöffnet. Schulen, Restaurants und Bars sind geschlossen. Hotels sind allerdings von dieser Regelung ausgenommen.
Simbabwe befindet sich in einer sich verschärfenden Wirtschaftskrise, welche durch eine Hyperinflation gekennzeichnet ist, die die Lebensmittelpreise zunehmend ansteigen lässt. Gleichzeitig stagnieren die Gehälter. Wasserknappheit, Stromausfälle und zunehmende Armut erschweren den ohnehin begrenzten Zugang zur Gesundheitsversorgung für weite Teile der Gesellschaft. Der Gesundheitssektor des Landes ist von der durch jahrelange Misswirtschaft und Korruption hervorgerufenen Wirtschaftskrise nicht verschont geblieben. Leere Staatskassen bedingen, dass die Regierung nicht in der Lage ist, eine ausreichende Versorgung der bereits geschwächten staatlichen medizinischen Einrichtungen zu gewährleisten.
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Afrikanische LösungenDie Politische Meinung – Ausgabe 563Vom speziellen Umgang mit der Pandemie
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Internationale Isolation und der Ausbau autoritärer StrukturenSimbabwe in der COVID-19 PandemieSymbolische Gesten und die Unterdrückung unliebsamer Stimmen gehen in diesen Tagen in Simbabwe Hand in Hand. Während der profilierteste Investigativjournalist des Landes in Haft sitzt, hielt der Präsident eine Ansprache im staatlichen Fernsehen, in der er jegliche Verantwortung für die andauernde Krise des Landes von sich wies. Schuld seien „terroristische“ Oppositionelle und „fremde, feindliche Mächte“, die den Erfolg seiner Regierung zu verhindern versuchten. Simbabwe steuert weiter auf den wirtschaftlichen Kollaps und die Zementierung der internationalen Isolation zu.
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Panama
Panama hatte bereits Ende Januar 2020 einen Präventionsplan zum damals neuartigen Coronavirus COVID-19 veröffentlicht, Schulungen durchgeführt und epidemiologische Überwachungsmaßnahmen von Reisenden implementiert, doch bis zur zweiten Märzwoche nahm die Bevölkerung diese Vorkehrungen allenfalls am Rande war. Obwohl bereits einige andere Länder in Lateinamerika erste Fälle verzeichnet hatten, schien Panama frei von COVID-19 zu sein.
Am 9. März 2020 meldete Panama den ersten bestätigten Fall: eine Panamaerin, die zwei Tage zuvor aus Spanien eingereist war. Das Virus war aber aufgrund eines anfangs nicht entdeckten Falles offenbar schon wesentlich früher nach Panama gekommen und konnte sich so insbesondere während der Karnevalstage unbemerkt verbreiten. COVID-19 erhielt plötzlich eine völlig neue Priorität. Der Präsident rief bereits am 13. März den landesweiten Ausnahmezustand aus, der mit umfangreichen Sofortmaßnahmen einherging: Schließung aller Grenzen, Einstellung des kommerziellen Flug- und Personenschiffsverkehrs, Einreiseverbot für nicht in Panama Registrierte, Absage sämtlicher Veranstaltungen, Aussetzung des Schul- und Universitätsunterrichts im gesamten Land, Schließung aller Geschäfte. Nur Supermärkte, medizinische Einrichtungen, Apotheken und Tankstellen blieben geöffnet. Der Präsident ordnete am 18. März zunächst eine partielle, ab 25. März eine komplette Ausgangssperre an. Das wirtschaftliche und soziale Leben stand fünf Monate lang still. Erst Anfang September wurde die Ausgangssperre zusehends gelockert, aber nie komplett aufgehoben. Die Infektionszahlen blieben so weitgehend konstant bei ca. 1.000 pro Tag. Aufgrund der drastisch steigenden Infektionszahlen im Dezember 2020 wurde dann vor Weihnachten erneut ein Lockdown eingeführt. In der letzten Jahreswoche lag die durchschnittliche Zahl der Neuinfektionen bei ca. 4.500 pro Tag. Panama war zu diesem Zeitpunkt – gemessen am Verhältnis zur Einwohnerzahl von 4,3 Millionen Menschen – das am stärksten von der Pandemie betroffene Land der Welt.
Die Wirtschaft in Panama ist dank des Kanals, des Standortes Panama City als Bankenzentrum und der größten Kupfermine der Welt breiter aufgestellt als in manch anderem Land der Region. Die von COVID-19-verursachten Folgen für die Wirtschaft wie auch für die arbeitende Bevölkerung sind dennoch prekär. Das Bruttosozialprodukt hat sich 2020 nach Expertenschätzungen um 11 Prozent verringert, die Staatsverschuldung um weitere 6 Milliarden auf 37 Milliarden US-Dollar erhöht, die Arbeitslosenquote im formellen Sektor stieg auf 18,5 Prozent. Viele Menschen wissen heute nicht mehr, womit sie morgen ihr Essen kaufen und die Miete bezahlen sollen. Hinzu kommen soziale Belastungen in vielen Familien, deren Kinder bereits seit Ende März 2020 im Home-Schooling sind, häufig ohne die dafür notwendige technische Ausstattung.
Seit April 2020 ist es immer wieder zu Korruptionsvorwürfen gegenüber Regierungsmitgliedern im Zusammenhang mit dem Kauf von medizinischem Material zu drastisch überzogenen Preisen oder deren legeres Hinwegsetzen über die Lockdownregeln gekommen. Das transparente und konsequente Vorgehen der Regierung in den ersten Wochen der Pandemie und die daraus resultierende breite Unterstützung der Bevölkerung ist in Misstrauen und Ärger umgeschlagen. Daran ändert auch der Impfplan der Regierung nichts, der die Bevölkerung je nach Gefährdung in vier Blöcke einteilt. Unmittelbar nach der ersten Lieferung von nur 12.840 anstatt der 40.000 zugesagten Dosen des Impfstoffes von Pfizer/BioNTech (aufgrund des Lieferengpasses des Herstellers) wurde am 20. Januar 2021 die erste Impfung an einer Krankenschwester vorgenommen. Mittlerweile geht die Regierung davon aus, dass im ersten Quartal dieses Jahres 750.000 Dosen an Impfstoff teils vom Hersteller Pfizer/BioNTech und teils von AstraZeneca über den Covax-Mechanismus zur Verfügung stehen werden. Die Regierung vertraut eher den europäischen als den chinesischen oder russischen Produkten.
– Winfried Weck, Landesrepräsentant in Panama
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Internet y Pandemia en las AméricasPrimera crisis sanitaria en la era digitalNueve autores latinoamericanos analizan la relación entre Internet y la COVID-19 desde distintos ámbitos
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Lateinamerika hat sich zum neuen globalen Hotspot der COVID-19 Pandemie entwickeltDie verheerenden gesundheitlichen wie wirtschaftspolitischen FolgenLateinamerika hat sich zum neuen globalen Hotspot der COVID-19 Pandemie entwickelt. Neben den gesundheitlichen Folgen der Corona-Krise fürchten die Staaten auch die wirtschaftlichen Konsequenzen, die die nationalen Shut-Downs nach sich ziehen werden. Für die rund 650 Millionen Menschen in der Region, von denen ein Großteil im informellen Sektor tätig ist und auf keinerlei staatliche Absicherung zählen kann, könnte die Pandemie auch ohne hohe Infektionszahlen zur Überlebensfrage werden.
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Panamas Regierung unter DruckLavieren zwischen Transparenz und Korruptionsvorwürfen im Kampf gegen das VirusNach einem konsequenten, transparenten und unaufgeregten Kurs im Kampf gegen das Coronavirus hat die Regierung von Präsident Laurentino „Nico“ Cortizo durch das unverantwortliche Verhalten von Regierungsmitgliedern mit einem rapiden Vertrauensverlust zu kämpfen. Die empfindlichen Einschränkungen der Bewegungs- und Handlungsfreiheit, die mit den drastischen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie einhergingen, sind bis vor wenigen Tagen von der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung Panamas ohne Klage mitgetragen worden. Diesen breiten Konsens verspielte die Regierung durch fragwürdige und an Dreistigkeit grenzende Beschaffungsvorhaben, die die Vermutung der versuchten Korruption geradezu aufdrängen. Im Mittelpunkt der Vorwürfe steht José Gabriel „Gaby“ Carrizo, Vizepräsident Panamas und Chef des Präsidialministeriums.
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Honduras
Am 11. März 2020 wurden in Honduras die ersten beiden Fälle einer Infektion mit dem Corona-Virus dokumentiert. Bereits drei Tage später wurde ein landesweiter Notstand ausgerufen und nur weitere zwei Tage darauf, am 16. März, ein Ausnahmezustand verhängt, der die weitgehende Einschränkung bürgerlicher Rechte erlaubte. Bereits 24 Stunden zuvor waren sämtliche Betriebe und Geschäfte, aber auch alle Bildungs- und andere öffentliche Einrichtungen des Landes geschlossen und eine umfangreiche Ausgangssperre verhängt worden. In den nächsten fünf Monaten durften Honduraner die Wohnung nur an einem Tag der Woche verlassen, um die notwendigsten Dinge zu erledigen und überlebenswichtige Einkäufe zu tätigen. Dennoch breitete sich das Infektionsgeschehen rasch aus, insbesondere in der Region um San Pedro Sula, zweitgrößte Stadt und wirtschaftliches Zentrum des Landes.
Da in Honduras nur sehr wenig getestet wurde und wird, gaben und geben die veröffentlichten Ergebnisse stets nur die Zahl der Infizierten mit schweren und schwersten Symptomen wieder. Insgesamt hat die Regierung die Pandemie und deren Management nie in den Griff bekommen. Zudem kam es im Zusammenhang mit der Beschaffung medizinischer Güter zu mehreren Korruptionsfällen. Deren schwerwiegendster betrifft den Kauf von sieben mobilen Krankenhäusern bei einem türkischen Unternehmen, die zwar teuer bezahlt wurden, von denen aber immer noch nicht alle geliefert sind und kein einziges funktioniert. Da für die Beschulung von Kindern und Jugendlichen über das Netz die Infrastruktur fehlt, musste der Lernstoff – außer in einigen privaten Einrichtungen – mithilfe von gedrucktem Material sowie Radio- oder Fernsehübertragungen vermittelt werden.
Im August wurden die Einschränkungen zwar ein wenig gelockert, insbesondere an den Wochenenden, aber eine nächtliche Ausgangssperre von 21 Uhr bis 5 Uhr besteht weiterhin. Auch der zuvor seit dem 10. März gesperrte internationale Flughafen der Hauptstadt Tegucigalpa wurde Mitte desselben Monats wiedereröffnet. Da jedoch die wirtschaftlich stärkste Region im November 2020 auch noch von zwei Wirbelstürmen heimgesucht wurde, ist die Wirtschaft des Landes beinahe zum Erliegen gekommen. Der Einbruch des Bruttoinlandsprodukts wird auf fast zehn Prozent geschätzt. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit ist nur schwer zu beziffern, da wenigstens 70 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung in der sogenannten informellen Wirtschaft beschäftigt sind.
Im März 2021 sollen 3,8 Millionen Dosen Corona-Impfstoff des Pharmaunternehmens AstraZeneca durch das Impfprogramm COVAX der Vereinten Nationen nach Honduras geliefert werden. Diese würden ausreichen, um gut ein Fünftel der Einwohner vor einer Infektion zu schützen. Begonnen wird mit den Bediensteten im Gesundheitswesen und Personen, die älter als 60 Jahre sind.
– Dr. Rudolf Teuwsen, Landesrepräsentant in Guatemala und Leiter des Verbindungsbüros in Honduras, unter Mitarbeit von David Araujo
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Lateinamerika hat sich zum neuen globalen Hotspot der COVID-19 Pandemie entwickeltDie verheerenden gesundheitlichen wie wirtschaftspolitischen FolgenLateinamerika hat sich zum neuen globalen Hotspot der COVID-19 Pandemie entwickelt. Neben den gesundheitlichen Folgen der Corona-Krise fürchten die Staaten auch die wirtschaftlichen Konsequenzen, die die nationalen Shut-Downs nach sich ziehen werden. Für die rund 650 Millionen Menschen in der Region, von denen ein Großteil im informellen Sektor tätig ist und auf keinerlei staatliche Absicherung zählen kann, könnte die Pandemie auch ohne hohe Infektionszahlen zur Überlebensfrage werden.
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Uruguay
In Uruguay fiel der Beginn der Corona-Krise fast mit dem Regierungswechsel zusammen. Weniger als zwei Wochen nach Amtsübernahme einer bürgerlichen Regierung unter Präsident Luis Lacalle Pou traten am 13. März 2020 die ersten Fälle auf. Vor allem in den ersten Monaten setzte die Regierung auf einen Appell an das Verantwortungsbewusstsein der Bevölkerung und eine transparente Krisenkommunikation. Nun setzt die Regierung auf ein schnelles Durchimpfen in der Bevölkerung ab Ende Februar, um den seit Beginn der Urlaubssaison rasant steigenden Fallzahlen Herr zu werden.
Als in Uruguay die ersten Corona-Fälle bekanntwurden, schloss das Land schnell seine Grenzen, Schulen, Einkaufszentren und öffentliche Einrichtungen. Vergleichsweise früh erließ man eine Maskenpflicht in Supermärkten und im ÖPNV. Es gab aber zu keiner Zeit eine Ausgangssperre, Kontaktbeschränkungen oder eine generelle Anordnung für Restaurants und den Einzelhandel zu schließen. Stattdessen sprach Präsident Lacalle Pou immer wieder von „Freiheit in Verantwortung“ und appellierte an seine Landsleute, die Ratschläge der Regierung zu befolgen.
Bis Juni gelang es, die Neuinfektionen auf einem sehr niedrigen Niveau zu halten und die Zahl der aktiven Fälle fast auf Null zu drücken. Hilfreich waren eine geringe Bevölkerungsdichte, wenig urbane Zentren sowie ein gut aufgestelltes Gesundheitssystem. Zudem herrscht im Land ein hohes Maß an Vertrauen in die Institutionen, was sich in der Bereitschaft niederschlug, zu Hause zu bleiben und Kontakte zu beschränken.
Zu den Maßnahmen, mit denen die Regierung die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Maßnahmen abmilderte, gehörte die Einrichtung eines Corona-Fonds, für dessen Startfinanzierung hohe Gehälter im öffentlichen Dienst – Präsident und Regierungsmannschaft inklusive – vorübergehend um bis zu 20% gekürzt wurden. Außerdem wurden Kurzarbeit, Staatshilfen für Einzelunternehmen sowie Hilfspakete für sozial Schwache und Beschäftigte im informellen Sektor eingeführt. Begleitet wurden die staatlichen Maßnahmen von viel ehrenamtlichem Engagement der Bevölkerung.
Positiv hervorzuheben sind auch die rasche Entwicklung einer Corona-App, der Ausbau der Testkapazität und die bislang erfolgreiche Kontaktnachverfolgung. Der Umstieg auf Homeschooling funktionierte unkompliziert. Seit 2009 wird allen Schülern und Lehrern ein internettauglicher Laptop zur Verfügung gestellt, sodass auf diese digitale Infrastruktur zurückgegriffen werden konnte.
In diesen ersten Monaten genoss das Krisenmanagement der Regierung großen Konsens, zwischenzeitlich stiegen die Zustimmungswerte für Präsident Lacalle Pou auf 65% - ein Spitzenwert in der Region. Schrittweise konnte das öffentliche Leben wieder hochgefahren und die Schulen wieder geöffnet werden.
Mit dem Anstieg der Temperaturen im südamerikanischen Frühling (ab Oktober) ließ sich jedoch zunehmend Sorglosigkeit der Bevölkerung bei der Befolgung der Hygieneempfehlungen beobachten. Eine Reihe von Großveranstaltungen, v.a. jedoch private Feiern führten zu einem zuletzt exponentiellen Anstieg der Fallzahlen mit Schwerpunkt in Montevideo und den durchlässigen Grenzregionen zu Brasilien. Stark betroffen war auch das medizinische Personal. Dennoch erreichten die Fallzahlen nicht dieselbe Dramatik wie in einigen Regionen Argentiniens, Brasiliens oder Perus.
Hinsichtlich der Reaktion auf diese deutlich heftigere zweite Welle wurde der Regierung zuweilen ein zögerlicher Umgang vorgeworfen. Lediglich die Grenzen wurden geschlossen, man empfahl Homeoffice und erließ kleinere Kontaktbeschränkungen sowie ein Verbot von Feiern. Hinzu kamen langwierige und intransparente Verhandlungen bei der Impfstoffbeschaffung.
Letztendes verkündete Präsident Lacalle Pou Ende Januar persönlich, dass sich Uruguay eine ausreichende Zahl an Impfdosen von BioNTech/Pfizer sowie Sinovac sichern konnte. Die Regierung setzt nun darauf, die Bevölkerung schnell durch zu impfen und dem Infektionsgeschehen so Herr zu werden. Die gute Impfinfrastruktur in Uruguay sowie eine hohe Impfbereitschaft lassen dieses Ziel realistisch erscheinen, sofern der Impfstoff problemlos geliefert wird.
– Sebastian Grundberger, Landesrepräsentant Uruguay, unter Mitarbeit von Thomas Schaumberg
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Rückenwind für Präsident Lacalle PouRegierungspartei Partido Nacional geht gestärkt aus Regionalwahlen hervorNach den Regionalwahlen in Uruguay wird die bürgerliche Partido Nacional 15 von 19 Regionen des Landes regieren - drei mehr als bei den letzten Regionalwahlen vor fünf Jahren. In der Hauptstadt Montevideo gewann hingegen zum siebten Mal in Folge das linke Parteienbündnis Frente Amplio. Die zweite lateinamerikanische Wahl in Corona-Zeiten überhaupt war somit ein erfolgreich absolvierter erster Stimmungstest für die neue Regierung von Präsident Luis Lacalle Pou. Eine grundsätzliche Änderung der politischen Gemengelage stellen die Ergebnisse jedoch nicht dar.
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100 Tage Lacalle Pou: Auf klarem KursEntschlossenes Handeln in der Corona-Krise verschafft dem uruguayischen Präsidenten Rückenwind für seine ambitionierte ReformagendaGanze zwölf Tage hatte die neue bürgerliche Regierung Uruguays zur Einarbeitung, bevor sie von den ersten Corona-Fällen in den Krisenmodus gezwungen wurde. Der Kaltstart gelang jedoch. Präsident Luis Lacalle Pou erwies sich als entschlossener, pragmatischer und erfolgreicher Krisenmanager, der auch jenseits der Pandemie eigene Akzente setzen konnte. Während dies bei den meisten Uruguayern bisher gut ankommt, werden die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie das kleine aber institutionell stabile Land noch lange beschäftigen.
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Lateinamerika hat sich zum neuen globalen Hotspot der COVID-19 Pandemie entwickeltDie verheerenden gesundheitlichen wie wirtschaftspolitischen FolgenLateinamerika hat sich zum neuen globalen Hotspot der COVID-19 Pandemie entwickelt. Neben den gesundheitlichen Folgen der Corona-Krise fürchten die Staaten auch die wirtschaftlichen Konsequenzen, die die nationalen Shut-Downs nach sich ziehen werden. Für die rund 650 Millionen Menschen in der Region, von denen ein Großteil im informellen Sektor tätig ist und auf keinerlei staatliche Absicherung zählen kann, könnte die Pandemie auch ohne hohe Infektionszahlen zur Überlebensfrage werden.
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Nigeria
Am 27. Februar 2020 melde die nigerianische Seuchenbehörde (NCDC) den ersten Fall einer COVID-19-Infektion in Nigeria. Bei der Person handelte es sich um einen italienischen Geschäftsmann, der kurz zuvor nach Nigeria eingereist war. Bereits vier Wochen später verkündete die nigerianische Regierung mit sofortiger Wirkung einen harten Lockdown für die Hauptstadt Abuja und die Wirtschaftsmetropole Lagos. Dann wurde dieser sukzessive auf das gesamte Land ausgeweitet. Büros und Produktionsstätten, Schulen, Universitäten, Kirchen, Hotels, Restaurants und Bars wurden geschlossen, der nationale und internationale Flugverkehr eingestellt. Die äußeren Grenzen des Landes und die Grenzen der nigerianischen Bundesstaaten wurden zudem für den Personenverkehr geschlossen. Super- und Straßenmärkte durften nur noch zweimal wöchentlich öffnen. Erst im Mai wurde der Lockdown etwas gelockert. Bis in den September hinein wurden weitere Lockerungen phasenweise vorgenommen.
Der harte Lockdown hat wohl dazu beigetragen, dass das Infektionsgeschehen in Nigeria schnell verlangsamt werden konnte. Die Maßnahme brachte jedoch das öffentliche Leben und die Wirtschaft für Wochen zum Erliegen. In einem Land mit 200 Millionen Einwohnern, einer Armutsquote von etwa 50% und einem Anteil von 70% der Arbeitstätigen im informellen Sektor hatte der harte Lockdown und die phasenweise Lockerung jedoch verheerende Folgen für die Menschen. Die Wirtschaft dürfte 2020 um 5% bis 6% geschrumpft sein. Inflation, Arbeitslosigkeit, Armutsquote und der Wechselkurs der nationalen Währung, dem Naira, gegenüber dem US-Dollar stiegen weiter an.
Besonders katastrophal auf die Entwicklung des Landes wirkte sich auch der internationale Erdölpreisverfall des Jahres 2020 aus. Nigeria gehört zu den größten Erdölexporteuren der Welt und finanziert seinen Staatshaushalt mit bis zu 70% mit dem Exportgeschäft. 2020 gingen die Erdöleinnahmen um etwa 44% zurück. Der IWF und weitere internationale Geldgeber mussten Nigeria mit Budgethilfen unterstützen. Die Weltbank spricht von der schwersten Wirtschaftskrise des Landes seit vier Dekaden. Dabei war Nigeria vor der Pandemie auf dem Weg, sich – auch wenn nur schleppend – von einer schweren Wirtschaftskrise der Jahre 2015 und 2016 zu erholen.
Besonders bedenklich bleibt die Sicherheitslage im Land. Die Gewaltkriminalität hat innerhalb nur eines Jahres landesweit deutlich zugenommen. Die gewaltsamen Konflikte z.B. mit Boko Haram und der Splitterfraktion Islamic State West Africa Province oder zwischen Bauern und Hirten und mit schwerbewaffneten Banditengruppen im Nordwesten tragen weiterhin zu einer Destabilisierung des Landes bei. Die sozialen Unruhen mit Plünderungen um die EndSARS-Proteste gegen Polizeigewalt herum lassen sich auch überwiegend auf die schlechte Lebenssituation der Menschen zurückführen. Die Sicherheitsorgane des Landes sind letztlich mit der Sicherheitslage überfordert. Auch deshalb sah sich der der Präsident im Januar 2021 gezwungen, die langjährigen Oberbefehlshaber der Streitkräfte abzuberufen.
Nigeria ist seit Mitte Dezember 2020 einer zweiten Infektionswelle ausgesetzt. Mittlerweile konnte auch die britische Coronavirus-Mutation B117 im Land nachgewiesen werden. Die Regierung ermahnt die Bevölkerung, sich strikt an Hygieneregeln und an die Auflage zu halten, Abstandsregeln zu achten und Masken in der Öffentlichkeit zu tragen. Ansonsten drohe ein erneuter Lockdown. Inwieweit sich das Virus im Land ausgebreitet hat, ist allerdings schwer einzuschätzen. Dafür müsste mehr getestet werden. Zurzeit beträgt die landesweite Testkapazität etwa 17.000 Tests pro Tag. Eine erste Impfstofflieferung mit 100.000 Dosen wird erwartet.
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Nigeria seit vier Wochen im LockdownTrotz strikter Ausgangsperre breitet sich COVID-19 schnell ausSeit vier Wochen herrscht in weiten Teilen Nigerias strikte Ausgangssperre. Die Menschen leiden unter dem Lockdown. Der Präsident stellt Lockerungen in Aussicht. COVID-19 breitet sich dennoch schnell aus.
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El Salvador
Als am 18. März 2020 in El Salvador der erste Fall einer Infektion mit dem Corona-Virus dokumentiert wurde, gehörte das Land zu den letzten in Lateinamerika, das sich ins weltweite Pandemie-Geschehen einreihte. Allerdings hatte der zu autoritärem Gebaren neigende Präsident des Landes, Nayib Bukele, bereits vier Tage zuvor den Notstand ausgerufen und einen Ausnahmezustand verhängt. Letzterer erlaubte zwar eine umfangreiche Beschränkung der bürgerlichen Rechte, bestand jedoch nur bis zum 12. April, da das Parlament, in dem Bukele keine Mehrheit hat, sich einer Verlängerung verweigerte. Dennoch gehörte El Salvador zu den Ländern mit den schärfsten Anti-Corona-Maßnahmen in der Region. Die Bildungseinrichtungen hatte die Regierung schon am 11. März schließen lassen. Der internationale Flughafen der Hauptstadt San Salvador stellte am 19. März seinen Betrieb ein, und die Salvadorianer durften das Land nicht mehr verlassen. Rückkehrer mussten sich 30 Tage lang in Quarantäne begeben. Dennoch breitete sich das Infektionsgeschehen im Land ebenso schnell und stark aus wie anderswo. Sechs Monate nach seiner Schließung wurde der Flughafen am 19. September wieder geöffnet und das Land begann, seine Beschränkungen zu lockern.
Bis heute ist die Bekämpfung der Pandemie in El Salvador, anders als bei seinen Nachbarn, eine höchst politische Angelegenheit und der Anlass für einen Machtkampf zwischen dem Präsidenten und den beiden das Parlament beherrschenden Parteien, der rechtsgerichteten ARENA (Alianza Republicana Nacionalista) und der linken FMLN (Frente Farabundo Martí para la Liberación Nacional), die beide im Wechsel über Jahrzehnte das politische Geschehen des Landes dominiert hatten. Im Februar 2021 wählen die Salvadorianer ihr Parlament neu, und Bukele hofft nicht nur auf einen Sieg der ihn unterstützenden Parteien, was realistisch ist, sondern gar auf eine verfassungsändernde Mehrheit, was viele politische Beobachter für eher unwahrscheinlich halten.
El Salvador hat die Nutzung des von der Firma AstraZeneca entwickelten Corona-Impfstoffs bereits genehmigt und rechnet mit der baldigen Lieferung der ersten Dosen durch das von den Vereinten Nationen für die ärmeren Länder aufgelegte Programm COVAX. Geplant ist die Beschaffung von insgesamt zwei Millionen Dosen Impfstoff von vier verschiedenen Herstellern, was für den Schutz von rund einem Fünftel der Bevölkerung des Landes ausreichen würde. Welcher Personenkreis zuerst geimpft werden soll, steht noch nicht fest.
– Dr. Rudolf Teuwsen, Landesrepräsentant in Guatemala und Leiter des Verbindungsbüros in Honduras
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Lateinamerika hat sich zum neuen globalen Hotspot der COVID-19 Pandemie entwickeltDie verheerenden gesundheitlichen wie wirtschaftspolitischen FolgenLateinamerika hat sich zum neuen globalen Hotspot der COVID-19 Pandemie entwickelt. Neben den gesundheitlichen Folgen der Corona-Krise fürchten die Staaten auch die wirtschaftlichen Konsequenzen, die die nationalen Shut-Downs nach sich ziehen werden. Für die rund 650 Millionen Menschen in der Region, von denen ein Großteil im informellen Sektor tätig ist und auf keinerlei staatliche Absicherung zählen kann, könnte die Pandemie auch ohne hohe Infektionszahlen zur Überlebensfrage werden.
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Mali
Mali, wie auch die anderen Staaten des G5 Sahel-Staatenbundes (Burkina Faso, Mauretanien, Niger und Tschad), verzeichnet ein Jahr nach Beginn der Corona-Pandemie im weltweiten Vergleich noch immer relativ geringe Infektionszahlen (rund 8.000 bestätigte Fälle insgesamt in Mali, Stand Ende Januar 2021). Allerdings wird auch vergleichsweise wenig getestet. Es ist daher von einer gewissen Dunkelziffer auszugehen. Auch die offizielle Zahl der mit oder an COVID-19 verstorbenen Menschen ist nicht hoch, bestätigt sind Ende Januar 2021 über 320 Tote seit Ausbruch der Pandemie. Jedoch hat auch in Mali die sogenannte „Zweite Welle“ der Pandemie ab November 2020 zu einem erneuten Anstieg der Infektionszahlen und Todesfälle sowie zu deutlich mehr Corona-Patienten in den Krankenhäusern und damit teilweise zu deren Überlastung geführt. Auch die VN-Mission MINUSMA (und dort auch das deutsche Kontingent) hatten und haben Ansteckungen mit dem Coronavirus zu verzeichnen. Es sind leider auch Angehörige der MINUSMA an COVID-19 verstorben.
Bereits im März hat die damalige Regierung eine Reihe von Maßnahmen erlassen, wie zum Beispiel eine Maskenpflicht oder verpflichtende Corona-Tests für die Einreise nach Mali. Andere Maßnahmen, wie beispielsweise eine Ausgangssperre im Frühjahr, wurden wieder aufgehoben. Die Regierung propagiert aktiv die Einhaltung der Hygieneregeln. Weitergehende Maßnahmen (z.B. Lockdown) wurden zu keinem Zeitpunkt ergriffen und hätten auch mit Blick auf die Armut des Großteils der Bevölkerung dramatische Konsequenzen nach sich gezogen. Die Regierung in Mali hat auch zu keinem Zeitpunkt der Pandemie Gottesdienste in Moscheen untersagt oder eingeschränkt, anders als im Nachbarstaat Niger, wo es aufgrund eines entsprechenden Verbots zu teilweise gewalttätigen Protesten gegen die Moscheeschließungen kam. Aber auch die bestehenden Maßnahmen werden in vielen Fällen nicht durchgehend eingehalten. So kann beispielsweise in den vollbesetzten Kleinbussen des Nahverkehrs in der Hauptstadt Bamako von der Einhaltung der Abstandsregeln keine Rede sein. Die meisten internationalen Organisationen vor Ort ergreifen zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen (u.a. freiwillige Quarantäne nach Einreise, die von staatlicher Seite aktuell nicht mehr vorgeschrieben ist). Die Auswirkungen der Corona-Pandemie erschweren die Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft zur Stabilisierung des Landes erheblich.
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
Afrikanische LösungenDie Politische Meinung – Ausgabe 563Vom speziellen Umgang mit der Pandemie
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Corona-Pandemie in Afrika: Mehr Armut, Krisen und Konflikte?Einblicke in Côte d‘Ivoire, DR Kongo, Mali, Südafrika, Tansania, UgandaDie Corona-Pandemie ist auch in Afrika angekommen. Vor diesem Hintergrund berichten wir über die Situation vor Ort und werfen einen genaueren Blick nach Côte d‘Ivoire, DR Kongo, Mali, Südafrika, Tansania und Uganda. Wir gehen außerdem den Fragen nach, was die deutsche Politik tun kann, um die negativen Effekte des Corona-Virus auf dem Kontinent abzumildern und wie sich afrikanische Staaten besser vor weiteren Pandemien schützen können.
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Chile
Nachdem Chile gemessen an der Zahl der täglichen Neuinfektionen zeitweilig zu den am stärksten vom Virus Covid-19 betroffenen Ländern der Welt gehörte, steuerte die Regierung des Andenstaates Mitte des Jahres 2020 mit dem Plan „Paso a Paso“ (https://www.gob.cl/pasoapaso/) radikal um. Der Plan sieht nach einem strengen Lockdown die schrittweise Öffnung bzw. gegebenenfalls die erneute Schließung einzelner Kommunen vor, die sich nach der jeweiligen Infektionslage in der entsprechenden Region richtet. Daneben baute das Land seine Testkapazitäten aus und setzte konsequent auf Maskenpflicht im öffentlichen Raum, Kontaktbeschränkungen sowie sanitäre Maßnahmen. Mit Hilfe dieses Plans konnte das Infektionsgeschehen ab September halbwegs unter Kontrolle gehalten werden. Dennoch verzeichnet Chile bei bislang 677.602 Erkrankten 18.339 nachweislich am Virus Covid-19 verstorbene Patienten (Stand: 30. Januar 2021).
Chile war in den letzten zehn Jahren eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften Lateinamerikas, wodurch das Land die Armut deutlich reduzieren und sich eine Mittelschicht herausbilden konnte. Die Weltbank schätzt jedoch, dass die COVID-19-Krise das jahrelange Wachstum der chilenischen Mittelschicht wieder rückgängig machen könnte, indem sie diese in nur wenigen Monaten um fast zwei Millionen Personen verkleinert und neue Haushalte der Mittelschicht in die Armut zurückdrängt, vor allem aufgrund von hohen Gesundheitsausgaben und wachsender Arbeitslosigkeit. Die Regierung hat versucht, dieser Entwicklung durch milliardenschwere Unterstützungsmaßnahmen für kleine und mittlere Unternehmen sowie für bedürftige Privathaushalte entgegenzuwirken.
Angesichts eines bereits vor Ausbruch der Pandemie in Chile immensen sozialen und politischen Drucks seit den sozialen Unruhen im letzten Quartal 2019, dem bevorstehenden Verfassungsprozess ab April sowie den Kommunal-, Regional-, Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im April und November dieses Jahres ist die Regierung um Staatspräsident Sebastián Piñera bemüht, ihre Landsleute schnellstmöglich mit den zugelassenen und international anerkannten Impfmedikamenten flächendeckend zu versorgen.
Im jüngst von Bloomberg veröffentlichten Covid Resilienz Ranking wird Chile auf Rang 29 von 53 untersuchten Ländern geführt. Analysten trauen dem Land durchaus eine schnellere wirtschaftliche Erholung zu, wenn das ehrgeizige Ziel der Impfstrategie, bis zum Juli zwei Drittel der Bevölkerung geimpft zu haben, erreicht werden würde. Dennoch hat die Pandemie nochmals die soziale Spaltung der Gesellschaft deutlich gemacht, in der einigen wenigen die privilegierten Zugänge zu privaten Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen offenstehen, während für die meisten das bis an die Grenze der Belastbarkeit ausgereizte öffentliche System zur Verfügung steht.
Als Lichtblick hat sich das am 25. Oktober 2020 durchgeführte Verfassungsplebiszit erwiesen. In einem beispiellosen logistischen Akt haben die Behörden inmitten der Pandemie einen geordneten, von Störungen freien demokratischen Urnengang realisiert. Nach den turbulenten Monaten des ausgehenden Jahres 2019 mit seinen sozialen Unruhen lässt dieses Ereignis darauf hoffen, dass die Debatte über die zukünftige Ausgestaltung des chilenischen Staats- und Gemeinwesens in den dafür vorgesehenen Gremien stattfindet und dabei auch die Erfahrungen aus der Pandemie einfließen.
– Andreas Klein, Landesrepräsentant in Chile
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Chiles „neue Normalität“Mit dem Eintritt in die Phase der „neuen Normalität“ kehrt die Unsicherheit über die zukünftige Verfasstheit des Landes zurück.Am 19. Juli verkündete der chilenische Staatspräsident Sebastián Piñera den Plan „Paso a Paso“ , mit dem die Regierung schrittweise den Übergang zur pandemiebedingten „neuen Normalität“ einleitet. Nach über 100 Tagen Quarantäne mit Ausgangssperre, 390.000 Infizierten sowie mehr als 10.000 an Folge einer Covid-19-Infektion Verstorbenen entfalten die Maßnahmen der Regierung ihre Wirkung. Zur „neuen Normalität“ gehören die Konfliktfelder der alten Normalität. Vor Ausbruch der Pandemie bestimmten die Debatte um Sozial- und Rentenreformen sowie die Diskussion um eine neue Verfassung die politische Agenda. Pandemiebedingt kommen nun der Einbruch der Wirtschaft und steigende Arbeitslosenzahlen hinzu. Darüber hinaus drohte in den letzten Wochen der Konflikt zwischen Mapuche-Gruppierungen und staatlichen Organen in der Region Araucania zu eskalieren. Angesichts dieser Gemengelage bleibt der Politik nicht viel Zeit zum Durchatmen. Chile befindet sich weiterhin im Dauerkrisenmodus.
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Chile - Musterschüler am ScheidewegCovid-Pandemie nährt Hoffnung auf überparteilichen DialogDie Corona-Krise hat Chile fest im Griff. Angesichts rasant steigender Infektionszahlen, sowie der wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der verhängten Quarantäne-Maßnahmen ist Staatspräsident Sebastián Piñera in diesen Tagen mit dem Vorschlag eines nationalen Übereinkommens auf die Opposition in dem nicht erst seit den sozialen Unruhen des vergangenen Jahres politisch zutiefst gespaltenen Landes zugegangen. Noch verhält sich die Opposition skeptisch abwartend auf den jüngsten Vorschlag des Präsidenten. Dennoch besteht die zarte Hoffnung auf einen überparteilichen Dialog, in dem die seit der Rückkehr zur Demokratie auf der Strecke gebliebenen strukturellen Herausforderungen des Landes angegangen werden.
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Lateinamerika hat sich zum neuen globalen Hotspot der COVID-19 Pandemie entwickeltDie verheerenden gesundheitlichen wie wirtschaftspolitischen FolgenLateinamerika hat sich zum neuen globalen Hotspot der COVID-19 Pandemie entwickelt. Neben den gesundheitlichen Folgen der Corona-Krise fürchten die Staaten auch die wirtschaftlichen Konsequenzen, die die nationalen Shut-Downs nach sich ziehen werden. Für die rund 650 Millionen Menschen in der Region, von denen ein Großteil im informellen Sektor tätig ist und auf keinerlei staatliche Absicherung zählen kann, könnte die Pandemie auch ohne hohe Infektionszahlen zur Überlebensfrage werden.
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Kanada
Die weit überwiegende Mehrheit der Kanadier bewertet die Regierungsleistung in Zusammenhang mit der Ausbringung von Corona-Impfstoffen als ungenügend. Besonders im Vergleich mit dem Krisenmanagement anderer Länder überwiegt bei rund 60 Prozent der im Rahmen jüngster Meinungsumfragen interviewten Menschen die Haltung, die derzeitige Situation als ein Versagen der Regierung von Premierminister Justin Trudeau zu sehen und nicht als Folge von Schwierigkeiten, die nicht in ihrer Hand liegen.
Unhaltbare Impfversprechen
Die Zahl der Kanadier, die im Februar angaben, dass die Regierung keine gute Figur bei der Sicherung der COVID-19-Dosen für die Bevölkerung gemacht hat, hat sich seit Anfang Dezember vergangenen Jahres nahezu verdreifacht. Stark geschwunden ist auch das Vertrauen in das zu Beginn der Impfstoffausbringung gegebene Versprechen des Regierungschefs, jede/r, der eine Corona-Impfung wünsche, werde bis spätestens September 2021 die Chance dazu bekommen: das halten mittlerweile drei Viertel der Befragten für ein kaum noch einlösbares Versprechen.
Dabei wünschen sich seit Längerem über 80% der Kanadier eine Impfung. In den kanadischen Medien wird derweil berechnet, dass das Impfstoffdefizit mehr als 940.000 Dosen oder 27,5 Prozent der 3,4 Millionen Dosen beträgt, die bis Ende Februar erwartet worden waren. Verantwortlich dafür sind Produktionsengpässe und anderweitige Logistikprobleme der Hersteller, die auch den Impfstoffnachschub in anderen Ländern beeinträchtigen. Zwischenzeitlich haben einzelne Provinzen ihre eigenen Konsequenzen aus den Lieferschwierigkeiten ausländischer Pharmahersteller gezogen. Manitoba schloss einen Deal zum Kauf eines in Kanada hergestellten Impfstoffs ab, der gerade erst mit klinischen Studien am Menschen erprobt wird.
Die aktuelle Corona-Situation in Kanada
In Kanada wurden bislang 821.932 COVID-19 Infektionen erfasst, bei 21.089 Corona-bedingten Todesfällen (Stand: 12.02.2021). Dies entspricht einer Infektionsrate von 2,18% sowie einer Letalitätsrate von 2,57%. Die 7-Tage-Inzidenz lag bei 62,4 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern und damit etwa ebenso hoch wie in Deutschland. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung von rund 37,7 Millionen Menschen erreicht das Land eine Testrate von 46,3%. Die Impfrate (nur erste Dosis) lag zum o.g. Stichtag bei 1,97% der Bevölkerung (Deutschland: 3,07%).
Ein gescheitertes Gesundheitssystem?
In diesem Kontext stellt eine soeben erschienene Analyse des Think Tanks Macdonald-Laurier Institute (MLI), eines kanadischen Partners der Konrad-Adenauer-Stiftung, einige kritische Fragen. Unter dem Titel „COVID-19: Masking a failed system?” schreibt der Autor und Mediziner Shawn Whatley unter anderem, dass COVID-19 das Gesundheitssystem des Landes dem Stresstest unterzogen habe, „den wir lange zu vermeiden gehofft hatten“. Vor der Pandemie habe es in Kanada 2,5 Krankenhausbetten pro 1.000 Einwohner gegeben, verglichen mit 4,7 im Durchschnitt der Mitgliedsländer der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), mithin 53 Prozent des OECD-Durchschnitts. Wie in vielen anderen Ländern sei auch in Kanada die Zahl der Krankenhausbetten im Verhältnis zur Bevölkerungszahl in den letzten zwei Jahrzehnten gesunken.
Angesichts niedriger Bettenzahlen seien kanadische Krankenhäuser oft überfüllt. Akutkrankenhäuser seien im Durchschnitt zu über 90 Prozent ausgelastet, routinemäßig
sogar noch höher. Schlagzeilen über Patienten in Badezimmern und Sonnenzimmern
erschienen jeden Winter in Kanada. Im Vergleich dazu bewegte sich die durchschnittliche Krankenhausbelegung in den OECD-Ländern vor der Einführung von COVID zwischen 70 und 80 Prozent - ideal für den Patientenfluss, so Whatley. Allerdings seien die Probleme weder neu noch unbekannt: Überbelegung, „Gang-Medizin“, Engpässe in der Langzeitpflege, weltberüchtigte lange Wartezeiten für Arzttermine von z.T. mehreren Monaten, Medizintechnikmängel und Kostenexplosionen seien nur einige der Probleme, die schon lange vor COVID Anlass zur Sorge gegeben hätten.
Wirtschaftliche Kollateralschäden
Kanadas Wirtschaft verlor im Januar 213.000 Arbeitsplätze, etwa fünfmal mehr als von Ökonomen erwartet, da der Einzelhandelslockdown mehr Geschäfte im ganzen Land zur Schließung zwang. Das nationale Statistische Amt berichtete, dass die Arbeitslosenquote um 0,6 Prozentpunkte auf 9,4 Prozent angestiegen sei. Das ist der höchste Stand seit August 2020. Auch die Gesamtbeschäftigung fiel auf den niedrigsten Stand seit jenem Monat. Der Rückgang im Januar bedeutet, dass Kanada jetzt insgesamt 858.000 Arbeitsplätze weniger hat als im Februar des letzten Jahres, bevor COVID-19 begann.
Justin Trudeau als Krisengewinner?
Doch das politische Geschick des Premierministers leidet kaum. Trudeaus persönliche Zustimmung liegt weiterhin bei 50 Prozent, was nach fünf Jahren im aufreibenden Amt und mehreren politischen Skandalen, die er mit zu verantworten hatte, bemerkenswert ist. Seine Liberale Partei führt kontinuierlich in Umfragen zur Wahlabsicht: im Schnitt liegen die Liberalen fünf Punkte vor den oppositionellen Konservativen. Kein Wunder also, dass Gerüchte über vorzeitige Parlamentswahlen seit Wochen in der Luft liegen. Gelänge es Justin Trudeau, der seit 2019 nur eine Minderheitsregierung führt, bei einem eventuellen Urnengang erneut die absolute Mandatsmehrheit im Unterhaus zu gewinnen, könnte er durch einen Zugewinn an politischer Statur zu seinem Vater, dem legendären Pierre Elliott Trudeau (Premierminister von 1968 bis 1984, mit einer kurzen Unterbrechung) aufschließen und damit sogar als politischer Profiteur aus der Corona-Krise hervorgehen. An der roten Absatzmarke bei Bedarf einen Seitenumbruch einfügen
– Dr. Norbert Eschborn, Februar 2021
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Kanada in der Corona-KriseArbeitslosigkeit und Defizite im GesundheitswesenKanada ist von der Corona-Krise wirtschaftlich und sozial schwer getroffen worden.
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Argentinien
Argentinien kämpfte 2020 nicht nur mit der Stabilisierung seiner Landeswährung, der Vertrauensbildung auf dem internationalen Finanzmarkt und mit den Folgen der seit mehr als zwei Jahren andauernden Wirtschaftsrezession, sondern vor allem gegen die Ausbreitung des Coronavirus und die hierdurch verschärfte Armut und Arbeitslosigkeit. Infolgedessen gehen 11,7 Prozent der wirtschaftlich aktiven Bevölkerung momentan keiner Beschäftigung nach, 40,9 Prozent der Argentinier leben unterhalb der Armutsgrenze. Hiervon sind vor allem junge Erwachsene und Rentner betroffen.
Am 3. März 2020 gaben die örtlichen Behörden die erste Corona-Infektion bekannt, am 7. März den Tod des ersten Patienten infolge der Covid-19-Erkrankung. Da sich die Ansteckungen trotz der Distanzierungs- und Hygieneempfehlungen schnell ausbreiteten, erklärte Präsident Alberto Fernández am 20. März den Gesundheitsnotstand. Dieser brachte einen strengen Lockdown mit sich, der unter anderem die Bewegungsfreiheit massiv einschränkte und Argentinien von der Außenwelt abschottete. Seitdem wurde der präsenzielle Schulunterricht in fast allen Provinzen des Landes eingestellt. Durch diese Maßnahmen sollte Zeit zur Aufrüstung des prekären Gesundheitssystems gewonnen werden. Ebenso galt bald eine Schutz- und Behelfsmaskenpflicht. Die Regierung verabschiedete außerdem Hilfspakete für Unternehmer, Sozialhilfeempfänger und Arbeitslose und gab Nahrungs- und Reinigungsmittel sowie Hygieneartikel an Bedürftige aus.
Seit dem 26. April gilt in Argentinien ein Fünf-Phasen-Schema, demzufolge Aktivitäten und Grundrechte gemäß der Entwicklung der Infektionsraten gelockert beziehungsweise eingeschränkt werden. In einigen wenigen Provinzen konnte kurzeitig auch der Schulbetrieb wiederaufgenommen werden. Im September erreichte Argentinien den ersten Höhepunkt der Infektionszahlen, die dann bis Dezember kontinuierlich abflauten. Aufgrund der Vernachlässigung der Schutzmaßnahmen einiger Bevölkerungsgruppen kam es gegen Ende 2020 zu einer zweiten Infektionswelle mit 14.000 Neuerkrankungen pro Tag. Mehr als 1,8 Millionen der 44 Millionen Argentinier (Stand: 17.01.2021) wurden seit Beginn der Epidemie positiv getestet, mehr als 43.000 verstarben infolge der Erkrankung (Stand: 15.01.2021).
Am 10. Dezember stellte Präsident Fernández die nationale Impfstrategie vor. Anders als erwartet, unterschrieb die Regierung keinen Kaufvertrag mit Pfizer-BioNTech, sondern erwarb den russischen Impfstoff Sputnik V. Von den 25 Millionen versprochenen Dosen wurden bisher 300.000 geliefert (Stand: 15.01.2021). Seit dem 29. Dezember 2020 werden systemrelevante Berufsgruppen wie das Gesundheitspersonal, Sicherheitskräfte, Lehrer und Politiker sowie Risikogruppen landesweit geimpft. Ab März 2021 soll zusätzlich der AstraZeneca-Oxford-Impfstoff eingesetzt werden, der in Argentinien produziert und in Mexiko abgefüllt wird. Weiterhin laufen Verhandlungen mit Pfizer, Moderna und Johnson & Johnson. Argentinische Testgruppen nahmen darüber hinaus an Studien von Pfizer-BioNTech, Sinopharm und Cansino teil.
Hinsichtlich des Homeschooling offenbarte der Lockdown die sozialen Ungleichheiten und Infrastrukturdefizite. Allein in der Stadt Buenos Aires brach der Kontakt zu 6.500 Schülern komplett ab. Viele Schüler haben kaum Zugang zu einer stabilen Internetverbindung und verfügen über kein eigenes Endgerät. Vor allem in ärmeren Gegenden ist aufgrund des engen Wohnraums keine Lernatmosphäre gegeben. Zudem sind viele Kinder und Jugendliche häuslicher Gewalt ausgesetzt. Darüber hinaus werden die Schulschließungen Expertenberichten zufolge nicht nur Wissenslücken mit sich bringen, sondern vor allem auch psychologische Folgen haben. Die Oppositionsallianz Juntos por el Cambio setzt sich daher seit August 2020 aktiv für eine Wiedereröffnung der Schulen, insbesondere im Ballungsraum Buenos Aires, ein. Bisher kam es dabei zu keiner Einigung mit dem nationalen Bildungsministerium.
Trotz der massiven Impfungen und der schrittweisen Rückkehr zur allgemeinen Bewegungsfreiheit wird in den kommenden Monaten noch mit keiner Normalisierung der Lage gerechnet. Dies wird unter anderem durch die Corona-Test-Pflicht zur Ein- und Ausreise in die verschiedenen Provinzen des Landes sowie die temporäre Streichung interkontinentaler Flüge deutlich. Außerdem ist eine stringente Zusammenarbeit der Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zur Linderung der Folgen der Krise erforderlich. Ob Präsident Fernández, dessen erstes Amtsjahr vor allem von Ambivalenz geprägt war, diese Konsensfindung gelingen wird, bleibt abzuwarten.
– Olaf Jacob, Landesrepräsentant in Argentinien, unter Mitarbeit von Carmen Leimann-López
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
Buenos Aires-Briefing Dezember 2020Die Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. in Argentinien möchte allen Interessierten einen besseren Zugang zu den politischen Ereignissen des Landes ermöglichen. Dafür veröffentlichen wir monatlich ein kurzes Briefing mit den wichtigsten Nachrichten aus dem Land. Die folgende Ausgabe fasst die wichtigsten Ereignisse des Monats Dezember zusammen.
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Buenos Aires-BriefingOktober 2020Die Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. in Argentinien möchte allen Interessierten einen besseren Zugang zu den politischen Ereignissen des Landes ermöglichen. Dafür veröffentlichen wir monatlich ein kurzes Briefing mit den wichtigsten Nachrichten aus dem Land. Die folgende Ausgabe fasst die wichtigsten Ereignisse des Monats Oktober zusammen.
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Buenos Aires-BriefingSeptember 2020Die Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. in Argentinien möchte allen Interessierten einen besseren Zugang zu den politischen Ereignissen des Landes ermöglichen. Dafür veröffentlichen wir monatlich ein kurzes Briefing mit den wichtigsten Nachrichten aus dem Land. Die folgende Ausgabe fasst die wichtigsten Ereignisse des Monats September zusammen.
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Andauernder Lockdown verschärft sozioökonomische und politische Krise ArgentiniensMehr als 150 Tage soziale Isolierung und über 11.000 Corona-Neuinfektionen pro TagTrotz der seit März andauernden strikten Ausgangsbeschränkungen in vielen Teilen Argentiniens erfasste das nationale Gesundheitsministerium in den vergangenen Tagen Rekordwerte von bis zu zwölftausend COVID-19-Neuinfizierten pro Tag. Angesichts dieses Panoramas stellen viele argentinische Bürger die Sinnhaftigkeit der verpflichtenden sozialen Isolierung immer mehr infrage. Auch aufgrund der steigenden Kriminalität und der sich durch den Lockdown verschärfenden Armut, litt die Popularität des Staatspräsidenten Alberto Fernández (Frente de Todos) erheblich. Weiterhin hat sich die Gesellschaft hinsichtlich der drohenden Verstaatlichung von Unternehmen, der teuren Justizreform inmitten der Pandemie, des Eingriffs der Regierung in die Tarifstruktur der audiovisuellen Medien und des Internetdienstes sowie der Wirtschaftsrezession polarisiert.
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Lateinamerika hat sich zum neuen globalen Hotspot der COVID-19 Pandemie entwickeltDie verheerenden gesundheitlichen wie wirtschaftspolitischen FolgenLateinamerika hat sich zum neuen globalen Hotspot der COVID-19 Pandemie entwickelt. Neben den gesundheitlichen Folgen der Corona-Krise fürchten die Staaten auch die wirtschaftlichen Konsequenzen, die die nationalen Shut-Downs nach sich ziehen werden. Für die rund 650 Millionen Menschen in der Region, von denen ein Großteil im informellen Sektor tätig ist und auf keinerlei staatliche Absicherung zählen kann, könnte die Pandemie auch ohne hohe Infektionszahlen zur Überlebensfrage werden.
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Corona-Krise verschärft Argentiniens Rezession trotz frühzeitigem KrisenmanagementWirtschafts-, gesundheits- und sozialpolitische Herausforderungen prägen die ersten 100 Tage von Präsident Fernández’ AmtszeitDie von der Weltgesundheitsorganisation erklärte Pandemie trifft Argentinien mitten in der Schuldenkrise und der seit 2018 andauernden Wirtschaftsrezession. In seinen ersten 100 Amtstagen muss sich der amtierende Präsident Alberto Fernández (Frente de Todos), ein Peronist der politischen Mitte, daher nicht nur den wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen, sondern vor allem dem effektiven Krisenmanagement in der Gesundheitspolitik widmen, um die Infektions- und Sterberate so gering wie möglich zu halten und die wirtschaftlichen Folgen abzumildern. Im internationalen Vergleich handelt seine Regierung hierbei frühzeitig.
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Bolivien
Die Corona-Bekämpfung in Bolivien fiel zusammen mit tiefgreifenden politischen Verwerfungen, insbesondere dem Wechsel von der Interimsregierung Áñez zur neugewählten Regierung Arce. Nachdem die Regierung Áñez anfangs erfolgreich, später unter immer größeren Schwierigkeiten eine harte Linie des Lockdowns verfolgte, wurden diese Restriktionen ab September 2020 immer weiter gelockert. Die Regierung Arce, die die Pandemie stets als nebensächlich tituliert hatte, löste die noch bestehenden Beschränkungen für Wirtschaft, Gesellschaft und den Bildungssektor fast vollständig auf, was zur Folge hatte, dass ab Mitte November 2020 die Fallzahlen der Covid-19-Erkrankungen erneut rapide anstiegen. Im Januar 2021 übertrafen die Covid-Erkrankungen und damit verbundenen Todesfälle den bisherigen Höchststand vom April 2020. Aktuell ist das bolivianische Gesundheitssystem erneut heillos überfordert, was auch viele prominente Todesfälle illustrieren.
Die Hoffnung, einen sozialverträglichen Gesundheitsschutz zu gewährleisten, wurde von beiden Regierungen verfehlt. Es zeigte sich klar, dass weder die Strategie der strikten Massenquarantäne noch die völlige Freigabe aller Aktivitäten ohne Aufklärung und Versorgung mit essentiellen Schutzmitteln in einem unterentwickelten Land wie Bolivien zielführend waren.
Die Regierung Arce zog sich aus dem Thema, dass für ihre Stammwählerschaft – die auf tägliche Einkünfte aus informeller Beschäftigung angewiesen ist – vollkommen zurück und überließ die Verantwortung zur unpopulären Pandemiebekämpfung den Regionen (Departamentos) und den Kommunen. Diese wiederum können dieser Herkulesaufgabe nur unzureichend nachkommen. Der Zentralstaat belohnt derweil erneut der Regierungspartei nahestehende Regional- und Kommunalregierungen mit Gesundheitsressourcen, wie etwa den seit Januar langsam eintreffenden Impflieferungen.
Covid-19 wird in Bolivien politisiert: Die Schuld an der Pandemieentwicklung, dem wirtschaftlichen Abschwung sowie dem allgemeinen Zustand des Gesundheitssystems lastet Präsident Arce allein der weniger als ein Jahr amtierenden Interimsregierung an. Die alleingelassene Ärzteschaft und das Pflegepersonal standen Anfang Februar 2021 kurz vor einem landesweiten Streik, der sich nicht nur gegen die notorische Unterversorgung des Gesundheitswesens, sondern auch gegen das umstrittene „Gesetz zum Gesundheitsnotstand“ richtete. Derzeit verhandelt die organisierte Ärzteschaft mit der Regierung über die Rücknahme der umstrittensten Punkte des Gesetzes. Nach Informationen der bolivianischen Presse war eine der Forderungen die Abschaffung des Artikels, der Streiks und Proteste des Gesundheitspersonals in der Pandemie kriminalisiert. Ein weiterer modifizierter Artikel forderte die Anstellung ausländischer Arbeitskräfte, wenn die in Bolivien vorhandenen Ressourcen erschöpft seien. Mit der Einstellung kubanischer Ärzte unter der Regierung Morales hatte die damalige und heutige Regierungspartei MAS bereits früher versucht, die Macht der bolivianischen Gesundheitsarbeiter zu brechen.
Die Covid-19-Pandemie trifft nicht nur die am Virus Erkrankten, sondern auch das gesamte Gesundheitssystem mit voller Wucht. Unter den nur spärlich eintreffenden Impfungen, der Politisierung der Krankheit sowie der strukturellen Schwäche des Gesundheitswesens leiden alle, die auf medizinische Behandlung angewiesen sind. Während schwerkranke Menschen stundelang unter freiem Himmel auf die oftmals unzureichende Behandlung in öffentlichen Kliniken warten müssen, schnellen die Aufnahme- und Behandlungskosten in privaten Institutionen in unethische Höhen. Noch überhaupt nicht absehbar sind die wirtschaftlichen Langzeitfolgen sowie die Auswirkungen der fast einjährigen Schulschließungen auf die Bildungschancen und Psyche der bolivianischen Jugend.
Eine Prognose über den Ausgang der Pandemie in Bolivien scheint stand heute sehr schwierig. Viele Faktoren, die auf ein baldiges und glimpfliches Ende Hoffnung machen könnten, gibt es jedoch nicht.
– Dr. Georg Dufner, Landesrepräsentant in Bolivien
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Wohin steuert Bolivien unter Luis Arce?In korrekt und friedlich verlaufenen Generalwahlen gewann der Movimiento al Socialismo (MAS) mit überzeugender Mehrheit. Was kommt nun auf das Land zu?Der überwältigende Wahlsieg des MAS, der am 18. Oktober gut 55% der Stimmen erhielt, ist nicht nur eine Ohrfeige für die Opposition, sondern auch Ergebnis einer Suche nach Stabilität. Wahlumfragen hatten den Ex-Präsidenten Carlos Mesa vorne gesehen, doch an der Urne entschieden sich die Wähler in einem Klima tiefer Unsicherheit für den ehemaligen Wirtschaftsminister Luis Arce, der für viele die guten Jahre des Rohstoffbooms repräsentiert.
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Politischer Neustart oder Rückfall in Gewalt? Bolivien eine Woche vor den NeuwahlenAm 18. Oktober 2020 sind die Bolivianer aufgerufen, Präsident, Vizepräsident und Kongress zu wählen. Der Ausgang ist unklar, die Stimmung unruhig – aber es gibt auch Zeichen der Hoffnung.Fast ein Jahr nach dem Abgang des autoritären Langzeitpräsidenten Evo Morales und einer von der Pandemie überforderten Interimsregierung besteht in Bolivien trotz Krisensymptomen die Möglichkeit zu einem geordneten demokratischen Machtwechsel. Was ermutigend ist: zuletzt spielten Debatten, Umfragen und Rücktritte eine größere Rolle als Gewalt, Blockaden und Pandemieangst.
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Bolivien in der Coronakrise: Vom Virus geschwächt, vom Konflikt paralysiertAuch die schwerste Krise seit Jahrzehnten führt die politischen Kräfte Boliviens nicht zusammen. Aus dem Exil befeuert Ex-Präsident Morales die Unruhe.Vier Monate nach dem ersten Corona-Fall in Bolivien müssen die Versuche der Interimsregierung, die Pandemie zu zähmen, als gescheitert gelten. Die extreme Polarisierung der bolivianischen Politik jagt von einer Verantwortungslosigkeit und Eskalationsstufe zur nächsten. Vor allem der zurückgetretene Ex-Präsident Evo Morales versucht den neuen Wahltermin am 18.10. mit allen Mitteln zu sabotieren.
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Lateinamerika hat sich zum neuen globalen Hotspot der COVID-19 Pandemie entwickeltDie verheerenden gesundheitlichen wie wirtschaftspolitischen FolgenLateinamerika hat sich zum neuen globalen Hotspot der COVID-19 Pandemie entwickelt. Neben den gesundheitlichen Folgen der Corona-Krise fürchten die Staaten auch die wirtschaftlichen Konsequenzen, die die nationalen Shut-Downs nach sich ziehen werden. Für die rund 650 Millionen Menschen in der Region, von denen ein Großteil im informellen Sektor tätig ist und auf keinerlei staatliche Absicherung zählen kann, könnte die Pandemie auch ohne hohe Infektionszahlen zur Überlebensfrage werden.
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Tunesien
Auf die Meldung der ersten Fälle von Corona-Infizierten in Tunesien reagierte die Regierung des Sozialdemokraten Elyes Fakhfakh mit resoluten Maßnahmen: Schon am 23. März, als 143 Erkrankungen und drei Todesfälle in Folge des Virus zu verzeichnen waren, trat ein strikter Lockdown in Kraft.
Die anfangs von der Regierung befürchtete unkontrollierte Ausbreitung des Virus blieb so aus und die Gesamtzahl der Infektionen lag im Mai 2020, als Lockerungen beschlossen wurden, bei knapp über 1000 Fällen – die der Todesopfer bei 43. Zwar ist von einer höheren Dunkelziffer auszugehen, da die Testrate über den gesamten Zeitraum niedrig blieb, jedoch überstieg die Zahl der Toten bis August nie die Zahl von 50.
Spätestens ab August zeigte sich aber, dass der von Regierungschef Fakhfakh im Juni proklamierte „Sieg“ gegen das Virus verfrüht war. Im Herbst stiegen die Fallzahlen immer schneller an: Stand 20 Januar 2021 lagen die Zahlen bei 184 483 Infizierten, 5844 Toten sowie einer sieben-Tages-Inzidenz von 167 Infektionen pro 100 000 Einwohner. Mit circa 499 Toten pro eine Millionen Einwohner verzeichnet Tunesien außerdem den zweithöchsten Wert nach Südafrika auf dem Kontinent.
Auf diese Entwicklung reagierte die im September nach dem Rücktritt Fakhfakhs angetretene neue Regierung des parteilosen Technokraten Hichem Mechichi zuerst verhalten. Erklärtes Ziel war es, durch die Erhöhung der Test- sowie Krankenhauskapazitäten dem Anstieg der Fallzahlen pragmatisch entgegenzutreten, um weiteren Schaden von der schon vor der Corona-Krise stark gebeutelten Wirtschaft und Bevölkerung abzuwenden: Für 2020 wird ein Rückgang der Wirtschaftsleistung um 10%, ein Anstieg der Arbeitslosigkeit auf 20% sowie der Armutsrate von 14 auf 21% erwartet.
Im Oktober verordnete die Regierung sukzessiv zusätzliche Maßnahmen wie eine nächtliche Ausgangsperre, Versammlungsverbote, Maskenpflicht in öffentlichen Räumen sowie die Einschränkung der nationalen Reisefreiheit. Anders als im Frühjahr 2020, als die Mehrheit der Bevölkerung die Konsequenzen der Pandemie-Ausbreitung im Süden Europas vor Augen hatte und die Maßnahmen mittrug, machte sich eine gewisse Sorglosigkeit breit. Anfang November gab der Regierungschef in einer Rede an, dass sich nur 40% der Bevölkerung an die Maskenpflicht halten würde.
Aber auch die Regierung trug durch ihre Krisenkommunikation nicht zur Schärfung der Sinne bei: Mal wurden Grundrechte einschränkende Maßnahmen um 2 Uhr morgens über Facebook bekanntgegeben, mal wurden Entscheidungen nach wenigen Tagen ohne Erklärung zurückgenommen, mal ließen die Verordnungen viel Interpretationsspielraum.
Diese intransparente Kommunikation erschwert es Beobachtern die Lage des Gesundheitssystems einzuschätzen. Entgegen offizieller Berichte melden sich seit Januar immer mehr Stimmen aus Krankenhäusern, die vor der zunehmenden Überforderung des Gesundheitssystems warnen. Zuletzt wurde daraufhin Mitte Januar ein viertägiger Lockdown beschlossen, dessen Wirkung aufgrund der kurzen Dauer jedoch fraglich erscheint.
Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass sich die Lage 2021 weiter verschärfen wird, zumal aktuell noch unklar ist, wann die Tunesier Zugang zu Impfstoffen haben werden. Zwar sprach der mittlerweile entlassene Gesundheitsminister von einem Beginn der Impfkampagnen im Februar und im Januar wurden die Kontakte mit Russland zur Beschaffung von „Sputnik V“ intensiviert; Stand heute ist aber nur eine Lieferung von zwei Millionen Dosen des Unternehmen Pfizer im zweiten Trimester bestätigt. Experten des wissenschaftlichen Ausschusses gehen daher von ersten Impfungen im zweiten Trimester aus.
– AM Dr. Holger Dix
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Covid-19 in Nahost und NordafrikaBelastungsprobe für eine instabile RegionDie globale Ausbreitung des neuartigen Coronavirus wird für den Nahen Osten und Nordafrika zu einer zusätzlichen Belastungsprobe. Vielerorts bestimmten politische und wirtschaftliche Krisen bereits den Alltag, sind staatliche Strukturen und Legitimität nur schwach ausgeprägt. In den fortwährenden Transformationsprozessen der Region könnte die Pandemie als Katalysator wirken. Die Corona-Krise wirft damit nicht nur Fragen zur Krisenreaktions- und Widerstandsfähigkeit der betroffenen Staaten und ihre Gesundheitssystemen auf, sondern auch zu den politischen und sozioökonomischen Folgen in einer Region, deren Entwicklung immer auch Folgen für Europa nach sich zieht.
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Drei Präsidenten in der KriseDie Corona-Pandemie wirft ein Schlaglicht auf den sich seit Jahren verschärfenden Konflikt der politischen Institutionen in TunesienSchnelles und resolutes Handeln, Einsatz von Robotern zur Kontrolle der Einhaltung der Ausgangsperre und zuletzt Neuinfektionen im niedrigen einstelligen Bereich: Die Art und Weise der Bekämpfung der Corona-Pandemie in Tunesien hat international für Aufmerksamkeit und Anerkennung gesorgt. Die durch diese Erfolge ausgelöste positive Stimmung im Land steht allerdings im Kontrast zu der seit Monaten andauernden politischen Krise.
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How Resilient are the Healthcare Systems in the Mediterranean?Cases of Algeria, Jordan, Lebanon, Morocco, Palestine and TunisiaAmidst the disrupting circumstances resulting from the global pandemic COVID-19, this new study, conducted in collaboration with the Euro-Mediterranean Economists Association (EMEA), aims at taking stock of the evolution of the pandemic in Algeria, Jordan, Lebanon, Morocco, Palestine and Tunisia, investigating the capacity and resilience of their healthcare systems to respond to the health crisis and their level of socio-economic preparedness and policy responses.
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Libyen - Entwicklungen im Schatten von CoronaDer libyschen Übergangsregierung (GNA) ist es seit Mai 2020 mit massiver Hilfe der Türkei gelungen, die Belagerung von Tripolis durch Khalifa Haftar und seine von Russland, Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützten Milizen zu durchbrechen und wichtige Territorien zurückzuerobern. Entlang des neuen Frontverlaufs bei Sirte ziehen beide Seiten Truppen zusammen. Es drohen eine erneute militärische Eskalation des Konflikts oder eine Aufteilung des Landes in Interessensphären. Um diesen Szenarien entgegenzuwirken, ist ein gemeinsames europäisches Vorgehen dringend geboten. Dabei sollte die destruktive Rolle externer Akteure sanktioniert, die Verhandlungsmission der Vereinten Nationen gestärkt, die Wiederbelebung eines innerlibyschen politischen Prozesses unterstützt und humanitäre Hilfe für das Land bereitstellt werden.
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What awaits the MENA Region between now and 2025?Mediterranean Dialogue Series no. 29Youssef Cherif legt die acht entscheidendsten Trends und Themen dar, mit denen die Region Naher Osten und Nordafrika (MENA) in den kommenden Jahren konfrontiert sein dürfte. Die Publikation ist lediglich in englischer Sprache verfügbar.
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Afghanistan
Afghanistan wurde im März 2020 verspätet aber rasant von der COVID-Pandemie getroffen. Die COVID-Statistiken zu Afghanistan waren und sind jedoch nur bedingt aussagekräftig. Flächendeckende Tests sowie Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten von COVID-19 sind aufgrund anhaltender Kämpfe, der prekären Sicherheitslage und mangelnder medizinischer Versorgung begrenzt. Eine handfeste Größe war die 4- bis 5-fache Zunahme von Beerdigungen auf den Friedhöfen. Die zweite Welle fiel in Afghanistan gefühlt deutlich schwächer aus. Die Erklärung dafür ist u.a. eine „Herdenimmunität“ in der Gesellschaft, da sich 2020 geschätzt ca. 30 Prozent der Bevölkerung bereits infiziert hatte. Im Februar 2021 ist aus Indien die erste Lieferung von Impfungen für 250.000 Menschen eingetroffen.
Die Sterblichkeitsrate in Afghanistan ist niedriger im Vergleich zu den Nachbarstaaten. Die Gründe liegen dafür mitunter in der besonders jungen Gesellschaft. Ältere Risikogruppen machen nur einen kleinen Anteil der afghanischen Gesellschaft aus. Weniger als 3 Prozent der Bevölkerung ist über 65 Jahre.
Der soziale Umgang mit der Pandemie ist so divers wie die afghanische Gesellschaft. In den Städten konnten teils Schutz- und Präventionsmaßnahmen durchgesetzt werden; in den Provinzen fehlten diese teils gänzlich. Seit Sommer 2020 spielt die Die COVID-Pandemie im sozialen Umgang innerhalb der afghanischen Gesellschaft keine Rolle mehr. Im März 2020 wurde ein harter Lockdown Kabul und weiteren Städten militärisch durchgesetzt. Bis Juli 2020 gab es noch fortlaufende Präventionsmaßnahmen und Versammlungsbeschränkungen. Heute halten nur noch internationale Botschaften und Einrichtungen Präventionsmaßnahmen aufrecht.
Während das harten Lockdowns waren viele afghanische Familien aufgrund gestiegener Lebensmittelpreise und Einkommensverluste existenziell bedroht. Tagespendler und Tagelöhner, die aus den Außenbezirken täglich in die Städte fuhren, konnten kein Einkommen generieren. Home Office war und ist für die große Mehrheit der Bevölkerung kaum oder gar keine Option. Zudem ist die Strom- und Internetversorgung selbst in den großen Städten nicht gewährleistet. Der Staat kann täglich nur wenige Stunden Strom pro Haushalt bereitstellen.
Das Melden von Symptomen und Erkrankungen wird aus wirtschaftlichen wie sozialen Gründen nicht eingehalten. Viele Menschen konnten sich schlicht aus finanziellen und existenziellen Gründen nicht an Schutz- und Hygienemaßnahmen halten. Menschen mit Symptomen melden Symptome nicht aus Angst vor Job- und Einkommensverlust. Gegenüber dem staatlichen Gesundheitssystem besteht großes Misstrauen; öffentliche Kliniken werden aus Angst vor Ansteckungen gemieden. Die bald zur Verfügung stehenden Impfungen werden wohl auch von vielen Menschen aus Angst vor gefälschten Produkten auf dem Markt gemieden werden.
Aus Sorge vor religiösen Befindlichkeiten in der tief konservativ Gesellschaft erklärte die afghanische Regierung keine gesetzliche Schließung der Moscheen während der Pandemie. Die Moscheen riefen durchgehend zur öffentlichen Gebetsversammlung auf.
Der Friedensprozess in Doha sowie die Kämpfe und Gewalt in Afghanistan gehen ungehindert weiter und bestimmen den Alltag und die politischen Diskurse.
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
COVID-Krise in AfghanistanWelche Auswirkungen auf die humanitäre und politische Lage?Afghanistan wurde von einer verspäteten, aber rasanten Ausbreitung der COVID-19-Pandemie getroffen. Afghanistan könnte zu den am schwersten betroffenen Ländern weltweit zählen. Die Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten von COVID-19 sind aufgrund anhaltender Kämpfe, der prekären Sicherheitslage, mangelnder medizinischer Versorgung und einer drohenden Nahrungsmittelkrise begrenzt. Der soziale Umgang und die politischen Diskurse zur Pandemie sind so divers wie die afghanische Gesellschaft. Die afghanische Regierung steht zwischen humanitärer Krisenbewältigung und anstehenden Friedensverhandlungen mit den Taliban. Die Taliban konnten die Pandemie-Krise bislang nicht für ihre lang erstrebte politische Legitimität und internationale Anerkennung nutzen.
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Schweiz und WHO
Schweiz – Strategiewechsel nach schwerem Spätherbst
Nachdem die Schweiz noch glimpflich durch die erste Welle von COVID-19 gelangt war (nach einer Studie der Università della Svizzera Italiana in Lugano hat der erste Lockdown zwischen März und Juni 2020 35.000 Leben gerettet), erntete das Krisenmanagement im Herbst 2020 aus mehreren Gründen Kritik.
Bemängelt wurde – nicht nur im Ausland, auch in der Schweiz - eine zu späte und zu lasche Reaktion Ende Oktober und daraus resultierende deutlich erhöhte Neuinfektions- und Todeszahlen: Inzwischen räumen auch Stimmen aus der Exekutive ein, dass man es versäumt habe, mit strengeren Maßnahmen und einer Ausweitung der Testkapazitäten entsprechend vorzubeugen. Einige Kritiker warfen Kantonen und Bundesebene vor, aus wirtschaftlichen Erwägungen, auf frühzeitige Laden- und Restaurantschließungen verzichtet zu haben und damit eine Verschärfung der Lage nicht verhindert zu haben. Für Diskussionen nicht nur im Aus- sondern auch im Inland sorgte die Entscheidung Skigebiete offen zu halten. Diese vergleichsweise milde Reaktion rührt aus den in Parteien und im Schweizer Bundesrat vernehmbaren Unterschieden : Während sich Sozialisten und auch die EVP-Partei "Die Mitte" (vormals CVP) für durchgreifende Maßnahmen aussprechen, lehnt die Vertreter der nationalkonservative SVP zu große Einschränkungen gerade auch des wirtschaftlichen Lebens ab. Zudem sorgten die oft unabgestimmten Regelungen zwischen den Kantonen für Misstöne: So führte die Schließung des Einzelhandels in einem Kanton schlicht dazu, dass die Bürger zum Einkaufen in Nachbarkantone fuhren.
Die einschränkenden Maßnahmen von November und Dezember zeigen inzwischen Wirkung, die Fallzahlen sanken von fast 10.000 Neuinfektionen Anfang November (der Kanton Genf hatte zwischenzeitlich europaweit die rote Laterne inne) auf ca. 2000 täglich. Ende Januar lag die Schweiz mit ca. 300 laborbestätigten Fällen pro 100'000 Einwohner in den letzten 14 Tagen etwa im europäischen Mittelfeld.
Sorgen bereitet die in der Schweiz relativ starke Verbreitung der britischen Mutation. Nicht zuletzt darauf zeichnete sich Beginn des Jahres ein klarer Strategiewechsel ab: So wurden im Januar 2021 zahlreiche weitreichende Maßnahmen in Kraft gesetzt: Restaurants, Kulturbetriebe und Freizeiteinrichtungen bleiben bis Ende Februar geschlossen. Seit 18. Januar gilt eine weitgehende Home-Office-Pflicht, Läden für Güter des nicht-täglichen Bedarfs werden geschlossen, private Veranstaltungen und Menschenansammlungen werden weiter eingeschränkt. Zudem soll es verstärkt zu Massentests kommen. In einem seltenen Moment der Einigkeit sprachen sich Ende Januar die Präsidenten aller großen Parteien gar für sehr weitreichende Reisebeschränkungen aus; bislang scheiterte dies u.a. am Widerstand der Kantone.
Wie die meisten europäischen Länder begann die Schweiz Ende Dezember 2020 mit ihrer Impfkampagne. Auch hier verläuft der Start – wie in den meisten Ländern und für eine solche Unternehmung nicht unüblich - teils holprig: Wiederholt kam es zu Lieferverzögerungen. So verkündete u.a. Moderna, dass die für Anfang Februar versprochene Lieferung um 20%, die für Ende Februar um 50% gekürzt wurde. Vorübergehend mussten einige Kantone ihre Impfzentren schließen. Ende Januar wurden rund 471.000 Impfdosen in die Schweiz geliefert, am 26. Januar waren knapp 200.000 verimpft worden. Die Impfquote in den Kantonen schwankt zwischen 1.4 und 7.5 pro 100 Einwohner. Bei der landesweiten Impfquote liegen Deutschland und die Schweiz etwa auf Augenhöhe. An der zu Jahresbeginn von einer Vertreterin des Bundesamts für Gesundheit (BAG) geäußerte Prognose, bis Ende Juni könne jeder, der es wolle, geimpft werden, gibt es inzwischen erhebliche Zweifel. Auch in der Schweiz gibt es mithin Kritik am Impfmanagement. Im Ton fällt diese im Vergleich zu Deutschland jedoch deutlich gemäßigter aus.
Am 10.02.2021 erschien im FOCUS der Gastbeitrag "WHO gab Pandemie vor einem Jahr den Namen – doch die Welt überhörte den Warnruf" von Büroleiter Olaf Wientzek.
Ausgewählte Publikationen des Auslandsbüros zum Thema COVID-19
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Genfer GroßwetterlageEntwicklungen in den Genfer Internationalen Organisationen Mitte Oktober – Mitte DezemberDie „Genfer Großwetterlage“ wirft in unregelmäßigen Abständen einen Blick auf ausgewählte Entwicklungen der in Genf ansässigen internationalen Organisationen.
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COVID-19: Eine Bewährungsprobe für Demokratien und ihre PandemiefestigkeitDieses Kurzpapier fasst die wichtigsten Ergebnisse des gemeinsam vom Global Health Centre des Genfer Graduate Institute of International and Development Studies, dem Council on Foreign Relations in Washington und dem Multilateralen Dialog der Konrad-Adenauer-Stiftung Genf durchgeführten Projekts “Gesundheit und Demokratie” zusammen.
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Genfer GroßwetterlageEntwicklungen in den Genfer Internationalen Organisationen Mitte Juli – Mitte OktoberDie „Genfer Großwetterlage“ wirft in unregelmäßigen Abständen einen Blick auf ausgewählte Entwicklungen der in Genf ansässigen internationalen Organisationen.
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Südpazifik
Die Corona-Virus-Bilanz im Pazifik fällt unterschiedlich aus. Den meisten unabhängigen südpazifischen Inselstaaten ist es durch frühzeitige Grenzschließungen bisher gelungen, virusfrei zu bleiben. Hierzu gehören die Cook Inseln, Kiribati, Nauru, Niue, Palau, Samoa, Tuvalu und Tonga. Demgegenüber haben Papua-Neuguinea (811), Fidschi (53), die Salomonen (17), die Marshallinseln (4), Mikronesien (1) und Vanuatu (1) bis dato vor allem eingeschleppte Fälle gemeldet. Anders sieht es zum Beispiel im französischen Überseegebiet Französisch-Polynesien (einschließlich Tahiti) aus, welches seine Grenzen Mitte 2020 wieder für den internationalen Tourismus geöffnet hat. Hier wurden inzwischen knapp über 17.000 Fälle mit weit verbreiteter lokaler Übertragung verzeichnet.
Von den Grenzschließungen sind insbesondere die vom Tourismus abhängigen Cook Inseln, Fidschi und Vanuatu betroffen. So verzeichnete Fidschi 2018-19 knapp 900.000 Besucher aus dem Ausland, davon über 370.000 aus Australien. Dementsprechend wichtig wären quarantänefreie Reisekorridore mit Australien und Neuseeland. Die außenpolitisch mit Neuseeland assoziierten Cook Inseln, deren Bewohner als neuseeländische Staatsbürger gelten, dürfen inzwischen wieder ohne Auflagen nach Neuseeland einreisen. Die globalen Unterbrechungen von Lieferketten stellen eine Gefahr für die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Medikamenten dar. Die gesunkene globale Nachfrage hat zu einem Rückgang des Exports lokaler Produkte geführt. Darüber hinaus hat sich der Rückgang von Überweisungen aus dem Ausland negativ auf die regionale Wirtschaft ausgewirkt.
Auch in politischer Hinsicht stellt die Pandemie eine Herausforderung für den Südpazifik dar. Die meisten südpazifischen Inselstaaten sind Entwicklungsländer mit begrenzter digitaler Infrastruktur. Ungeachtet dessen ist es Kiribati, Niue, Palau und Vanuatu gelungen, 2020 Parlamentswahlen durchzuführen; Papua-Neuguinea hat ein Unabhängigkeitsreferendum in der Provinz Bougainville gehalten. Demgegenüber wurde das für August 2020 in Vanuatu vorgesehene Pacific Island Forum (PIF) abgesagt. Der neue Generalsekretär / die neue Generalsekretärin des Forums soll voraussichtlich nächsten Monat (Februar 2021) auf dem Wege einer Videokonferenz gewählt werden. Zwei südpazifische Inselstaaten stehen im Verdacht, die Pandemie als Deckmantel zur Wiedereinführung von lokalem Gewohnheitsrecht genutzt zu haben; Samoa durch Abspaltung des Land Titles Court vom übrigen Gerichtssystem; Tonga auf dem Wege einer Verfassungsänderung.
Der Ausweg aus der Krise scheint auch für den Südpazifik nur über eine großangelegte Impfkampagne zu führen. In der ersten Jahreshälfte 2020 hatten die PIF Leaders die Bitekawa Declaration herangezogen, um den Umgang mit der Pandemie regional zu koordinieren. Der hierbei errichtete Pacific Humanitarian Pathway on COVID-19 (PHP-C) soll die Versorgung mit medizinischen Gütern, humanitärer Hilfe und technischen Experten ermöglichen. Neben der WHO COVAX Facility werden die südpazifischen Inselstaaten auch konkrete, nationale Impfstrategien benötigen, um flächendeckende Impfungen sicherstellen zu können. Derweil haben die in einem Compact of Free Association mit den USA stehenden Marshallinseln, Micronesien und Palau bereits diesen Monat Lieferungen des Moderna-Impfstoffs aus den USA erhalten. Der samoanische Premierminister erwartet die erste Lieferung von Impfstoffen im Februar des
– AM Beatrice Gorawantschy, Eva U. Wagner
Algerien
Ende Dezember 2020 kam es in den algerischen Krankenhäusern nach einer signifikanten Verringerung der Covid-Patienten mit schweren Verläufen zu einer Entspannung. Am 21. Januar lagen die Zahlen bei 246 bestätigten Neuinfektionen, 216 geheilten Patienten sowie vier Todesfällen. Dies bestätigt die Tendenz einer Stabilisierung der täglichen Fallzahlen auf einem Niveau von weniger als 300 Neuinfektionen bei 6-8 Todesopfern, die seit Jahresbeginn zu beobachten ist. Insgesamt liegt die Zahl der nachgewiesenen Infektionen damit bei 104.852, was einem Verhältnis von 0,6 Fällen pro 100.000 Einwohner entspricht, sowie die der Todesfälle bei 2.853 und die der geheilten Patienten bei 71.343.
Diese Entwicklung ist das Ergebnis einer Reihe von Maßnahmen, die von der Regierung 2020 ergriffen wurden, um das Infektionsgeschehen einzudämmen. Dazu gehören strikte Ausgangsperren, eine Maskenpflicht, Abstandregeln sowie im Juni die Schließung aller Grenzen auf dem Land, dem Meer und der Luft. Bis heute gelten auch in 29 der 48 Regionen des Landes eine nächtliche Ausgangsperre sowie in manchen Fällen zusätzlich lokale Ausgangsperren. Außerdem beschloss die Regierung eine Reihe von finanziellen und steuerlichen Unterstützungen für bedürftige Algerier sowie für die Wirtschaft, um die sozioökonomischen Konsequenzen abzumildern.
Die Stabilisierung des Infektionsgeschehen ermöglicht dem Land nun, sich auf die bevorstehende Impfkampagne vorzubereiten, dessen erklärtes Ziel es ist, 70% der Bevölkerung zu impfen. Kritiker bemängeln jedoch die Entscheidung der Regierung, sich nicht auf nur einen Impfstoff konzentriert zu haben sowie unnötige Verzögerungen bei der Impfstoffbeschaffung – erst durch das Einschreiten des Staatspräsidenten und das Festsetzen des Beginns der Impfungen auf Ende Januar wurde das Verfahren beschleunigt. Nachdem sich Algerien nur 500.000 Dosen des russischen Sputnik V Impfstoffes aufgrund fehlender Verfügbarkeit sichern konnte, wurden auch Impfdosen des chinesischen Cinolab Impfstoffes nachbestellt, die noch im Laufe des Januars eintreffen sollen. Eine dritte Lieferung soll vom britisch-schwedischen Pharmakonzern AstraZeneca bestellt werden. Insgesamt liegt die Zahl der für die 42 Millionen Algeriern vorgesehen Impfdosen bei 20 Millionen, die von circa 8.000 Gesundheitszentren verabreicht werden sollen.
Trotz dieser Maßnahmen, wurde die Strategie des Staates im Umgang mit der Pandemie wegen mangelnder Organisation kritisiert. Das Gesundheitssystem war aufgrund des hohen Patientenaufkommens sowie fehlender Mittel mitunter überlastet. Auch der Ausblick auf die wirtschaftlichen Folgen ist düster: Stillstehenden Firmen, eine Abwertung des algerischen Dinars und eine steigende Inflation lassen eine Rezession befürchten. Dies hat auch Konsequenzen auf die Arbeitslosenzahl, die laut IWF auf 14,1% ansteigen wird. Auch die wirtschaftlichen Reformpläne der Regierung liegen damit erstmal auf Eis. Einzige Gewinner der Pandemie sind Pharma- und Hygieneproduktkonzerne.
– Nora-Houda Beldjoudi
Ausgewählte Publikationen zum Thema COVID-19
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Covid-19 in Nahost und NordafrikaBelastungsprobe für eine instabile RegionDie globale Ausbreitung des neuartigen Coronavirus wird für den Nahen Osten und Nordafrika zu einer zusätzlichen Belastungsprobe. Vielerorts bestimmten politische und wirtschaftliche Krisen bereits den Alltag, sind staatliche Strukturen und Legitimität nur schwach ausgeprägt. In den fortwährenden Transformationsprozessen der Region könnte die Pandemie als Katalysator wirken. Die Corona-Krise wirft damit nicht nur Fragen zur Krisenreaktions- und Widerstandsfähigkeit der betroffenen Staaten und ihre Gesundheitssystemen auf, sondern auch zu den politischen und sozioökonomischen Folgen in einer Region, deren Entwicklung immer auch Folgen für Europa nach sich zieht.
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Mauretanien
Am 15. März 2020 wurde der erste Fall der Covid-19-Erkrankung in Mauretanien von der WHO bestätigt. Am 30. März verzeichnete das Land den ersten pandemiebedingten Todesfall. Trotz dessen gab es nach Behördenangaben nur wenige Fälle im Frühjahr 2020. Zum einen hatte die Regierung schnell reagiert, das Land abgeschottet, Reisebeschränkungen über Landkreise und auch über die Hauptstadt Nouakchott verhängt, Schulen, Moscheen und Kirchen schließen lassen. Rund zwei Monate waren lediglich Lebensmittelgeschäfte und Supermärkte geöffnet, im Handel und Gewerbe gab es einen Stillstand.
Kurzzeitige Lockerungen Mitte Mai führten zu steigenden Infektionszahlen und wurden anschließend wieder zurückgezogen. Die unzureichende Gesundheitsinfrastruktur, inklusive mangelnder Testkapazitäten, ließen und lassen eine geführte Bekämpfung der Pandemie weiterhin weitgehend unmöglich erscheinen. Insbesondere die Lage in den Elendsvierteln der Städte und auf dem Land blieb und bleibt weiterhin ungewiss. Auch verschärften die getroffenen Maßnahmen wie Ausgangssperren und Schließungen die bereits darbende Situation der kommerziellen und informellen Wirtschaft, auch und gerade in Nouakchott, wo ein Großteil der Bevölkerung, darunter zahlreiche – auch christliche – Migranten von Gelegenheitsarbeit leben bzw. unter Pandemiebedingungen unter weiterhin prekären Wohn- und Lebensumständen leiden. Im Juni verzeichnete das Land offiziell mehr als 4.200, im Oktober mehr als 7.700 positiv getestete Fälle.
Um v.a. die Wirtschaft zu stürzen brachte die Regierung im Mai 2020 einen Reaktionsplan in Höhe von umgerechnet rund 645 Millionen Euro auf den Weg, der über den Staatshaushalt finanziert wurde. Geldpolitische Maßnahmen, wie eine Senkung des Leitzinses, wurden vorgenommen, die aufgrund des hohen informellen Sektors nur begrenzte Wirkung zeigten. Der Internationale Währungsfonds (IWF) gewährte im April 2020 eine Auszahlung in Höhe von 130 Millionen US-Dollar im Rahmen der Rapid Credit Facility. Durch diese Nothilfe sollten zusätzliche Ressourcen für die medizinische Notfallversorgung sowie für soziale Schutzprogramme geschaffen werden. Um gegen das Armutsgefälle und die hohe Jugendarbeitslosigkeit vorzugehen, muss weiter in Landwirtschaft, Fischerei sowie in die Infrastruktur investiert werden. Im UNDP Human Development Index 2019 belegt der Wüstenstaat den 161. Platz von 189 Ländern weltweit. Der Migrationsdruck, der etwa auch die Kanarischen Inseln betrifft, wird vermutlich weiter zunehmen.
Mit der zweiten Welle im Herbst und Winter 2020/2021 stiegen die Fallzahlen wieder drastisch an. Zum Jahreswechsel lag die offizielle Zahl der gemeldeten Infektionen bei 14.875 Fälle mit weiterhin steigender Tendenz. Die Testkapazität lag bei zirka 1.300 Tests pro Tag. Anfang Februar 2021 verzeichnete das Land mehr als 420 Todesfälle in Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung.
– Ludwig Schulz
Diese Karte gibt nicht in jedem Einzelfall den völkerrechtlich anerkannten Stand wieder.
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