Country reports
Innenpolitik
Für Aufregung sorgte im September der Gesetzesvorschlag der Regierung, der die Einfuhr von Konsumgütern aus dem Ausland für den privaten Verbrauch massiv beschränkte. Bislang sah die bestehende gesetzliche Regelung vor, dass pro Person Waren im Wert von ca. 100, - DM zollfrei eingeführt werden konnten.
Nunmehr sollte diese zollfreie Einfuhr massiv eingeschränkt werden. Vorgesehen war, dass eine zollfreie Einfuhr nur für einen "Warenkorb" in minimalem Umfang möglich sein sollte (so z.B. ein Kilogramm Zucker, ein Liter Milch, ein Kilogramm Süßigkeiten, etc.).
Hintergrund ist, dass sich an Kroatien angrenzende Länder (hier insbesondere Bosnien-Herzegowina, Ungarn, Slowenien und Österreich) eines massiven Einkaufstourismus aus Kroatien erfreuen. Verantwortlich dafür sind protektionistische Zollgesetze der Republik Kroatien und die hier auf 22 Prozent festgesetzte Mehrwertsteuer.
Die Absicht der Regierung, diesen Einkaufstourismus durch den Erlass weiterer protektionistischer Regelungen einzuschränken, wurde in den Medien durchgehend kritisiert. Viele Bürger Kroatien können aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage, hoher Arbeitslosigkeit (ca. 22 Prozent) und säumiger Arbeitgeber im Hinblick auf die Lohnzahlungen nur durch den Einkauf von Konsumgütern in den umliegenden Ländern überleben.
Der Gesetzentwurf wurde daraufhin wieder zurückgezogen, was in den Medien allgemein als Niederlage der 6-er Koalition betrachtet wurde. Trotzdem erscheint die Koalition --bestehend aus den beiden Hauptregierungsparteien, der Sozial-Liberalen HSLS und der Sozialdemokratischen SDP sowie dem kleinen 4-er Bündnis aus der HNS (Volkspartei), LS (Liberale Partei), IDS (Istrische Regionalpartei), HSS (Bauernpartei)-- noch stabil und zeigt keine ernsthaften Anzeichen der Auflösung trotz ihrer sehr heterogenen Zusammensetzung.
Politische Parteien
Die Regierungsparteien stehen aufgrund der Politik der Regierung immer wieder in der Kritik und sind massiv mit der Schaffung neuer und der Überarbeitung alter Gesetzeswerke beschäftigt. Auch die Personalerneuerung in den Ministerien wird weiter betrieben.
Von der ehemaligen Regierungspartei, der HDZ, eingesetzte Mitarbeiter auf der Abteilungsleiter- und Referatsleiterebene werden nach und nach durch Mitglieder aus den Regierungsparteien ersetzt.
Interessanter ist die innerparteiliche Entwicklung der Parteien im bürgerlich-konservativen Spektrum. Neben der früheren alleinigen Regierungspartei, HDZ, existiert jetzt noch das Demokratische Zentrum (DC) unter der Führung des ehemaligen Außenministers, Prof. Dr. Mate Granic. Prof. Dr. Granics Partei ist weiterhin mit Interesse zu beobachten.
Denkbar erscheint, dass vor allem Wechselwähler, die sich der Mitte des Parteienspektrums zugehörig fühlen, jetzt - enttäuscht von der Politik der neuen Regierung - bei den Kommunalwahlen im Jahr 2001 dem Demokratischen Zentrum zuwenden werden. Dabei scheinen die Stärken des DC insbesondere in den Ballungszentren des Landes zu liegen, natürlich hauptsächlich in Zagreb selbst.
Weiterhin interessant bleiben die Bewegungen innerhalb der Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft (HDZ). Seit Mai 2000 ist der als gemäßigt geltende ehemalige Wissenschaftsminister, Dr. Ivo Sanader, Parteivorsitzender. In einem Gespräch mit Sanader umriss dieser die Grundpfeiler seines Projektes zur Reformierung der HDZ wie folgt:
- Demokratisierung der Parteistrukturen nach Vorbild der bürgerlich-konservativen Volksparteien aus dem deutschsprachigen Raum,
- die Anwendung des "Subsidiaritätsprinzips" als Mittel zur Dezentralisierung der Parteistruktur und
- die Heranführung der Partei und des Landes an europäische und transatlantische Strukturen.
Sein Hauptkonkurrent, der ebenfalls zum rechten Parteiflügel zählende Ivic Pasalic schien damit gemeinsam mit dem anderen Vertreter des rechten Parteiflügels, Seks, hier die Vorherrschaft gewonnen zu haben. Weniger Wochen später jedoch, und zwar in der letzten Septemberwoche, wurde Pasalic auf Betreiben der eigenen Fraktion (mit offensichtlicher Billigung des Parteivorsitzenden) als stellvertretender Parlamentspräsident abgelöst. Dies wird als erster Schritt zur Entmachtung des Abgeordneten Pasalic und damit des kompletten rechten Flügels der HDZ gewertet.
Wirtschaft
Die wirtschaftliche Entwicklung des Landes ist nach wie vor unbefriedigend. Offiziell wird die Arbeitslosigkeit auf ca. 22 Prozent geschätzt, Experten gehen von einer weitaus höheren Dunkelziffer aus. Zwar ist im Jahr 2000 zum ersten Mal seit Kriegsende wieder eine erhebliche Steigerung im Tourismus zu verzeichnen gewesen (die Regierung schätzt die Einnahmen aus dem Bereich des Tourismus auf 3,5 Milliarden Dollar), allerdings wird sogar dieser Faktor von Experten negativ bewertet.
Die zusätzlichen Einnahmen aus dem Tourismusbereich würden gerade wieder den Focus auf diese Branche lenken, wodurch andere, vielversprechende Bereiche materiell und ideell vernachlässigt würden. Das Überleben der kroatischen Wirtschaft kann, so die einhelligen Meinungen der Experten, allein durch Tourismus nicht gesichert werden. Durch massive Krisen geschüttelt sind nach wie vor vor allem einige ehemalige Staatsbetriebe, so wie insbesondere die ehemalige staatliche Mineralölgesellschaft, INA. Nach Expertenmeinung verliert die INA täglich ca. eine Million Dollar.
Erfreulich dagegen ist das zunehmende Engagement westlicher Firmen, insbesondere aus der Europäischer Union und aus der Bundesrepublik Deutschland. Größte ausländische Firma in Kroatien ist die Siemens AG, die nach Aussagen des Vorstandes hofft, bis zum Ende des Jahres 2001 die Zahl ihrer Mitarbeiter um 150 Prozent steigern zu können.
Nach wie vor bestehen massive Hemmnisse für Investitionen aus dem westeuropäischen und nordamerikanischen Ausland:
- zu hohe Mehrwertsteuer,
- Rechtsunsicherheit vor kroatischen Gerichten,
- zu starker gewerkschaftlicher Einfluss,
- Schwierigkeiten beim Erwerb von Grundeigentum durch juristische oder natürliche Personen aus dem Ausland,
- lange Genehmigungsverfahren und ständig wechselnde Vorschriften.