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Country Reports

Finanzskandal in der beninischen Justiz

by Thomas Lütke Entrup
Seit Dezember des vergangenen Jahres beschäftigt ein Finanzskandal die beninische Öffentlichkeit. Dabei handelt es sich um die Unterschlagung von Justizgeldern durch Richter und Justizangestellte in Höhe von etwa insgesamt drei Milliarden Franc CFA (ca. 10 Mio. DM). Gut ein Drittel der beninischen Richter sind in den Skandal verwickelt und befinden sich in Untersuchungshaft. Die Affäre hat die öffentliche Meinung in Benin schwer erschüttert und das ohnehin geringe Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz weiter geschmälert.

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Nach den Verhaftungen, die am 25. Dezember 2001 eingeleitet wurden, befinden sich der lokalen Presse zu folge derzeit fast ein Drittel der insgesamt 84 beninischen Richter in Untersuchungshaft und warten auf ihr gerichtliches Verfahren. Eine Reihe weiterer in die Affäre verstrickte Justizangestellte, wie Rechtspfleger, Gerichtsschreiber, Schatzmeister und Fahrer wurden ebenfalls festgenommen.

Die Unterschlagungen sind hauptsächlich auf die in betrügerischer Absicht verfolgte zu hohe Berechnung diverser Kosten von Justizorganen zurückzuführen. Eine am 7. Dezember 2001 eingerichtete polizeiliche Untersuchungskommission soll zu einer umfangreichen Aufklärung der begangenen Unterschlagungen verhelfen. Eine leichte Aufgabe wird dies nicht sein, denn viele Beniner sprechen von einer gut organisierten Mafia innerhalb des Richterstandes, der es sogar mittels nterschriftenfälschung gelungen ist, unbescholtene Richter in den Skandal hineinzuziehen.

Aufgeflogen ist die Unterschlagung der Gelder durch eine Überprüfung der ordnungsgemäßen Erstattung von Geldern an Gerichtsinstanzen nach einer noch aus der Kolonialzeit aus dem Jahre 1948 stammenden Verordnung. Beispielsweise gibt Artikel 94 dieser Verordnung an:

Wenn sich die Richter mehr als vier Kilometer von ihrem gewöhnlichen Aufenthaltsort entfernen, wird ihnen eine Reiseaufwandsentschädigung zugestanden. Diese berechnet sich wie folgt, vorausgesetzt die Transportmittel werden nicht von der zuständigen Verwaltung bereitgestellt:

  • Falls die Reise mit der Eisenbahn erfolgt oder erfolgen könnte, entspricht die Aufwandsentschädigung dem Preis einer Fahrkarte erster Klasse, falls möglich berechnet nach dem günstigeren Tarif für Hin- und Rückfahrt;

  • falls die Reise mit einem anderen Transportmittel angetreten wird, was nur gestattet ist, wenn die Nutzung der Eisenbahn unmöglich erscheint oder im Falle absoluter Notwendigkeit, wird eine Aufwandsentschädigung von 10 Francs pro zurückgelegtem Kilometer sowohl für die Hin- als auch für die Rückfahrt bewilligt plus eine feste Aufwandsentschädigung von 100 Francs pro Reise;

  • falls die Reise auf dem See- oder Luftweg angetreten wird, so wird gegen Vorlage einer Kopie des von der Reisegesellschaft ausgestellten Tickets der Preis sowohl für die Hin- als auch für die Rückreise erstattet."

Im Laufe der Jahre haben die Justizbeamten in Benin diese Tarife den Gegebenheiten der Zeit angepasst. Zahlungsansprüche nach der genannten Verordnung bzw. anderen Rechtsgrundlagen, die einen solchen Zahlungsanspruch für Justizorgane begründen, werden von dem Rechtspfleger oder dem Richter festgesetzt. Mit dem Stempel des Rechtspflegers oder des Richters versehen, werden die Ansprüche an das Schatzamt weitergeleitet. Der Schatzbeamte überprüft die Richtigkeit der Angaben und zahlt die bewilligte Summe aus. Als organisiertes Netzwerk von korrupten Richtern, Rechtspflegern, Kassenbeamten, Gerichtsschreibern und Fahrern war es natürlich ein leichtes Spiel, überhöhte oder fiktive Ansprüche zu erstellen und sich diese auszahlen zu lassen, ohne dass dies über einen längeren Zeitraum bemerkt wurde und auffliegen konnte.

Die beninische Regierung unter der Federführung des Justizministers hat angesichts dieser den beninischen Richterstand diskreditierenden Situation beschlossen, hart durchzugreifen. Aufgrund der laufenden Untersuchungen und der noch nicht abzusehenden Verurteilungen, können die momentan vakanten Richterstellen nicht sofort neu besetzt werden. Aufgrund der Tatsache, dass sich zur Zeit fast ein Drittel der gesamten Richterschaft Benins in Untersuchungshaft befindet, ist die Arbeit der Justiz praktisch zum Erliegen gekommen.

Dabei war die Justiz in Benin mit nur 84 Richtern ohnehin schon unterbesetzt und den Bedürfnissen des Landes nicht angepasst. Um der durch den Justizskandal ausgelösten Schwächung der Judikative Herr zu werden, denken die für die Justiz verantwortlichen politischen Gremien daran, für eine gewisse Zeit den Dienst französischer Richter in Anspruch zu nehmen. Diese Lösung, falls es überhaupt eine gute ist, wird die öffentliche Hand in Benin sehr teuer zustehen kommen. Was für ein Dilemma!

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Elke Erlecke

Elke Erlecke bild

Regionalbeauftragte Ost Kommunalpolitik

elke.erlecke@kas.de 0151 6723 8607

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