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„Bald trafen wir uns schon in Tallinn und los ging es…“

Interview mit Armand Andres Pajuste

Interview mit Armand Andres Pajuste zu den Anfangsjahren der estnischen Unabhängigkeit

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Armand Andres Pajuste (1957) ist in Tallinn geboren und aufgewachsen. Er ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder.

Nach dem Studienabschluss an der TU Dresden arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Elektrotechnik Tallinn.

Die turbulenten Jahre der zweiten Hälfte der 1980-er führten ihn in die estnische Außenwirtschaftspolitik: Er ist Mitbegründer und Absolvent der Estnischen Diplomatenschule, Zuständiger für deutschsprachige Länder in der Abteilung für Außenwirtschaftspolitik des Außenministeriums Estland, Wirtschaftsdiplomat an der estnischen Botschaft in Bonn, außenpolitischer Berater des estnischen Wirtschaftsministers, und er war Generalkommissar von Estland auf der Weltausstellung Expo 2000 Hannover.

2001 folgte ein Wechsel zurück in die Wirtschaft mit der Leitung der Stanzerei PreDe Ltd., seit 2007 ist er Vorstand im Hissmekano Estonia Ltd. Seine gegenwärtige Haupttätigkeit ist mit dem Chemieunternehmen NordBioChem Ltd. verbunden. Als Mitglied des Aufsichtsrates ist er zuständig für internationale Beziehungen. NordBioChem hat zahlreiche patentrechtlich geschützte Technologien für die Ersetzung von Öl mit den nachwachsenden Rohstoffen bei der Herstellung von Basischemikalien entwickelt. Also die stoffliche und nicht die energetische Verwertung der nachwachsenden Rohstoffe, insbesondere Nonfood sowie Abfälle der Nahrungsmittelindustrie, anstelle von Öl.

Andres Pajuste gehört zu den ersten Kontakten, die die Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. beim Aufbau seines Länderprojektes Estland gemacht hat. An dieser Stelle berichtet er von den Dingen in der Vergangenheit, dem Heute und der Zukunft.

Was war ihre Funktion in den Jahren 1990/1991, also in der Zeit der Bemühungen um eine Unabhängigkeit Estlands, und auch danach?

Andres Pajuste: Ich war im Jahr 1989 einer der Gründer der Estnischen Diplomatenschule und in den Jahren 1990-92 war ich deren Direktor. Wir haben also schon vor der Unabhängigkeit angefangen, unseren eigenen diplomatischen Dienst zu entwickeln.

Konspirativ?

Andres Pajuste: Nein. Das war absolut legal, und es wurde auch von den entsprechenden Institutionen in Moskau akzeptiert, sogar unterstützt, unter anderem von der Diplomatenakademie und dem MGIMO in Moskau. Das waren die wichtigsten sowjetischen Institutionen für die Ausbildung von Diplomaten. Etwa ein Drittel unserer Lektoren kam damals aus Moskau, der Rest aus Estland und aus dem Westen. Die Deutschen haben sich bis 1992 zurückgehalten und erst nach der Anerkennung Estlands durch die Russische Föderation trauten sie sich eigene Lehrkräfte nach Tallinn zu schicken.

Können Sie sich an ihre ersten Kontakte zur Konrad-Adenauer-Stiftung noch erinnern?

Andres Pajuste: 1990 rief mich Dr. Norbert Wagner aus Moskau an. Wie er auf die Diplomatenschule und auf mich gekommen war, weiß ich nicht. Wahrscheinlich wollte und konnte er über sowjetische Strukturen den Kontakt zu „Neuen Kräften“ nicht suchen. Jedenfalls bat er um Unterstützung, um verschiedene Veranstaltungen zu organisieren. Bald trafen wir uns schon in Tallinn und los ging es, bis 1993.

Was hat die neu gegründete estnische Gesellschaft 1991 eigentlich gebraucht?

Andres Pajuste: Vor allem die Öffnung hin zur westlichen demokratischen Welt. Wir hatten zu lernen, wie ein moderner Staat funktioniert und wie man sowas am besten aufbaut. Dazu brauchten wir Informationen und Partner, die bereit und in der Lage waren, uns in unserem Aufbauprozess zu begleiten können. Für die Politik und Wirtschaft war es eine Zeit der enormen Herausforderungen und enormen Möglichkeiten.

Was hat sich in 20 Jahren der Unabhängigkeit verändert?

Andres Pajuste: Estland hat das Gebot der Stunde genutzt und aus einer unterdrückten, vom „Zentrum“ gelenkten Kolonie einen modernen ausgewogenen Staat mit einer zufriedenen und aufstrebenden Gesellschaft gestaltet. Eine aktive Evolution statt einer zerstörenden Revolution! Und wir haben es geschafft, nicht alles wahllos zu kopieren, sondern eigene Wege zu finden. Auch jetzt, während der laufenden Weltwirtschaftskrise, hat Estland einen eigenen Weg eingeschlagen und wenn es auch 2009 sehr schmerzhaft war, stehen wir heute ohne jegliche Schulden mit einem ausgeglichenen Budget da und können selber entscheiden, was und wie wir was tun oder nicht tun.

Was sind die Anforderungen an Estland im Jahr 2011?

Andres Pajuste: Wir stehen auf eigenen Füßen, wir sind politisch und wirtschaftlich unabhängig. Estland ist das meistintegriertes nordeuropäisches Land (wir fühlen uns Nordeuropa zugehörig) – NATO, EU, Euro, Schengen, OECD, … Trotzdem ist Estland nicht „fertig“ und wir brauchen neue Ziele, neue Visionen. Nur jetzt sind sie nicht mehr ausschließlich auf das Bestehen der Nation gewidmet, sondern jetzt sollen wir, und wir wollen es auch, unseren Beitrag zur Neugestaltung von Europa leisten. Nicht nur die europäische, sondern die gesamte Weltordnung ist im Änderungsprozess. Das Verhalten der Nachkriegszeit hat seine Rolle erfüllt und ist für die Zukunft überaltert – abgesehen von den Grundprinzipien der Friedensordnung: Toleranz, Solidarität, Verantwortung.

Also anstatt zu lernen eine eigene Gesellschaft zu entwickeln, muss Estland sich in der Aufgabe der Neuordnungen im Ostseeraum (also unsere unmittelbare Nachbarschaft), in Europa sowie in der Welt bemühen.

Was ist Ihre persönliche Aufgabe heute?

Andres Pajuste: Ich bin geschäftlich im Bereich der nachhaltigen Chemie tätig, also F&E Management um Erdöl in der Basischemie mit den nachwachsenden Rohstoffen zu ersetzen. Und wir stehen schon kurz vor der industriellen Umsetzung. Zudem bin ich im Vorstand des Baltic Sea Forum e.V. und dessen Vertreter in Estland.

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