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Côte d’Ivoire: Seit fünf Jahren überfällige Präsidentschaftswahlen verlaufen friedlich

kohta Klaus D. Loetzer

Stichwahl zwischen Amtsinhaber Gbagbo und Ex-Premier Ouattara am 28. November

Amtsinhaber Laurent Gbagbo (65, Front Populaire Ivoirien / FPI) und Ex-Premier Alassane Ouattara (67, Rassemblement des Républicains / RDR) sind als die beiden Bestplatzierten aus der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen vom 31. Oktober 2010 hervorgegangen. Sie erhielten 38,28 Prozent bzw. 32,08 Prozent der Stimmen. Mit 80 Prozent war die Wahlbeteiligung ungewöhnlich hoch. In einer Stichwahl am 28. November werden fast sechs Millionen wahlberechtigte Ivorer den Präsidenten endgültig bestimmen können.

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Damit gehen sie innerhalb von vier Wochen ein zweites Mal an die Wahlurnen, nachdem ihnen dieses demokratische Grundrecht in den letzen fünf Jahren verwehrt worden war. Sechsmal waren die Wahlen seit 2005 verschoben worden. Gründe hierfür liegen zum einen in dem sensiblen und langwierigen Prozess der Wähleridentifizierung und dem mangelnden Fortschritt bei der Entmilitarisierung der Ex-Milizen und Soldaten der Forces Nouvelles (FN). In den letzten Monaten wurde jedoch vermehrt die Schuld an den geplatzten Wahlterminen auf die politische Klasse geschoben. Besonders kritisiert wurde der seit Ende 2000 regierende Präsident Gbagbo, dem vorgeworfen wurde, durch die Herauszögerung der Wahlen seine Wiederwahl sichern zu wollen. Die erzwungene lange Wahlabstinenz wird auch als Grund für die hohe Wahlbeteiligung herangezogen.

Der ehemalige Präsident Henri Konan Bédié, der das Land von 1993 bis 1999 regierte und durch einen Coup d’État aus dem Amt schied und dessen Parti Démocratique de Côte d'Ivoire (PDCI-RDA) das Land seit der Unabhängigkeit 39 Jahre am Stück regiert hatte, erhielt nur 25,24 Prozent der Stimmen. Insgesamt waren 14 Präsidentschaftskandidaten angetreten, darunter eine Frau. Die meisten Bewerber hatten aber von Anfang an keine wirkliche Chance. Gulliaume Soro, Generalsekretär der Forces Nouvelles (FN), der politische Arm der Ex-Rebellen aus dem Norden und seit 2007 Premierminister unter Präsident Gbagbo, konnte nicht antreten, da er mit 39 Jahren zu jung für eine Präsidentschaftskandidatur ist.

Drittplatzierter Bédié Königsmacher

Als Drittplatzierter avanciert Bédié nun zum Königsmacher bei der Stichwahl, da es weitestgehend von seiner Wahlempfehlung abhängt, wen seine Anhänger im zweiten Wahlgang wählen werden. Allem Anschein nach wird das Alassane Ouattara sein. Allerdings liegt das zunächst nicht auf der Hand, denn es war Bédié, der 1994 während seiner Präsidentschaft das politische Konzept der Ivoirité einführte, um damit Ouattara, dessen Mutter aus Burkina Faso stammt, als Präsidentschaftskandidat auszuschließen. Nach diesem Konzept ist nur ein echter Ivorer, dessen Eltern auch als Ivorer geboren wurden. Danach firmiert Ouattara als Ausländer. Im Jahr 2000 bediente sich Putschpräsident General Robert Gueï des gleichen Tricks, was zu schweren Unruhen in Abidjan führte. Im Kern waren es die Auseinandersetzungen um dieses Konzept, die das Land letztlich entzweit haben.

Das hatte in der Vergangenheit beispielsweise weitreichende Konsequenzen für die Wählerlisten, da ein nicht unwesentlicher Teil der Bevölkerung von der Teilnahme an Wahlen ausgeschlossen werden konnte. Hierbei handelte es sich um die Dioula, Menschen aus dem überwiegend muslimischen Norden, die seit Jahren als Ausländer stigmatisiert werden. Für sie bedeutet diese Wahl einen Wendepunkt. "Sie gibt mir meine verlorene Würde zurück, die sie uns gestohlen hatten", sagte ein Dioula am Wahltag in Abidjan, "da ich heute mit der staatsbürgerlichen Pflicht der Stimmabgabe meine Staatsbürgerschaft zurück bekommen habe."

Was führt zur Annahme, gerade Bédié und seine Anhänger könnten Ouattara im zweiten Wahlgang wählen? Der Grund liegt darin, dass beide Fackelträger des 1993 verstorbenen Staatsgründers und Lebzeitpräsidenten Félix Houphouët Boigny sind, was sie vor der Wahl zu Verbündeten gemacht hat. Gbagbo, der Sozialist, ging während der Regierungszeit Houphouët Boignys oft gegen das Regime auf die Straße und ebenso oft saß er im Gefängnis. Er ist der gemeinsame Erzfeind, den sie endlich aus dem Amt jagen möchten, das er für ihren Geschmack schon viel zu lange innehat.

Im Jahr 2007 haben sich die PDCI-RDA und die RDR gemeinsam mit zwei weiteren Parteien zum Parteienverbund Rassemblement des Houphouétistes pour la Démocratie et la Paix (RHDP) zusammengeschlossen. Trotzdem hat es das Bündnis nicht geschafft, sich auf einen Spitzenkandidaten zu einigen und sowohl Bédié als auch Ouattara ins Rennen geschickt. Auch gemeinsame politische Aktionen gab es selten. Anfang Oktober dieses Jahres haben Bédié und Ouattara in Yamoussoukro am Grabe Houphouët Boignys einen Wahlkpakt geschlossen, wonach der Bestplatzierte von den beiden in einem zweiten Wahlgang die Stimmen des schlechter Platzierten erhält. Teil dieses Arrangements ist es natürlich, dass man nach gewonnener Wahl die politischen Pfründe aufteilt, um gemeinsam zu regieren. Da die Zusammenarbeit der Parteien innerhalb des RHDP bisher nicht sehr intensiv war und die Anhänger von Bédié das Konzept der Ivoirité noch nicht vergessen haben könnten, sollte es jedoch nicht als selbstverständlich gelten, dass die Anhänger von Bédié in einem zweiten Wahlgang für Ouattara stimmen. Darauf spekuliert natürlich auch Gbagbo und er wird bis zum Stichwahltermin alles unternehmen, diese Zweckgemeinschaft zu stören.

Mit dem Lager Ouattara/Bédié auf der einen und Gbagbo auf der anderen Seite stoßen somit zwei tief verfeindete Lager aufeinander. Die große Frage, die sich jetzt alle stellen: Kann "das Wunder von Côte d'Ivoire", der weitestgehend friedliche Wahlkampf und die folgende friedliche Wahl, wiederholt werden?

Allerdings ist vor dem zweiten Wahlgang noch eine Hürde zu überwinden, die eine gewisse Unbekannte beinhaltet. Sowohl Bédié als auch der Viertplatzierte, Albert Toikeusse Mabri (48, Union pour la Démocratie et la Paix en Côte d’Ivoire / UDPCI), haben Einspruch gegen das Wahlergebnis bei der Wahlkommission (CEI) eingelegt und verlangen eine Neuauszählung der Stimmen. Hierüber müsste in letzter Instanz der Cour constitutionnelle (Verfassungsgericht) entscheiden. Der ist mit handverlesenen Richtern Gbagbos besetzt, erst Mitte des Jahres hatte er den Vorsitzenden ausgewechselt. Es ist zu hoffen, dass hieraus keine Situation entsteht, die das politische Verhaltensmuster von der Zeit vor dem Abkommen von Ouagadougou erkennen lässt.

Friedlicher Wahlverlauf: Das Wunder von Côte d’Ivoire

Diese erfreuliche Entwicklung war nicht unbedingt zu erwarten gewesen und die Ivorer selbst waren skeptisch. Sichtbares Zeichen dafür war die Tatsache, dass Hauptstadtbewohner in Abidjan vorsorglich Vorräte an Lebensmitteln und Treibstoff angelegten, was bereits am Vorwahl-Freitag zu einer deutlichen Verknappung mit Preisschüben geführt hatte. Nicht von ungefähr hatte sich UN-Generalsekretär Ban Ki-moon selbst mit Ruhighalte-Appellen eingeschaltet und zusätzlich den früheren ghanaischen Präsidenten John A. Kufuor nach Abidjan gebeten, um in einem Konfliktfall im Hintergrund auf die gegnerischen Parteien schlichtend einzuwirken. Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit standen und stehen vier verschiedene Sicherheitskräfte in Côte d'Ivoire bereit: (1) die ivorische Armee und Polizei inklusive Gendarmerie; (2) die UN-Blauhelme (Opération des Nations Unies en Côte d'Ivoire / ONUCI); (3) immer noch ein Kontingent der französischen Armee mit einem Stützpunkt in Abidjan; und (4) die Kämpfer der Forces Nouvelles (ehemalige Rebellen), die trotz formaler Integration in die ivorische Armee immer noch einen eigenständigen Machtfaktor darstellen. Auch werden die französischen Soldaten nicht von allen als neutral anerkannt. Das Vorhandensein dieser vier verschiedenen Sicherheitsorgane hat daher die Lage nicht gerade übersichtlicher gestaltet, was sich im Konfliktfall negativ auswirken würde.

Den friedlichen Verlauf der Wahlen haben sowohl die 120-köpfige Wahlbeobachterkommission der EU als auch ivorische und afrikanische Organisationen der Zivilgesellschaft, die ebenfalls mit Wahlbeobachter Teams im ganzen Land präsent waren, einhellig bestätigt.

Abkommen von Ouagadougou schafft 2007 den Durchbruch

Grundlage für diese positive Entwicklung lieferte das Abkommen von Ouagadougou 2007 . Obwohl Präsident Gbagbo auch danach immer wieder einen anderen Grund dafür fand, warum die Wahlen noch nicht möglich wären, bzw. warum festgelegte Wahltermine verschoben werden müssten, blieben alle politischen Kräfte im Dialog. Dadurch konnte sich die Côte d‘Ivoire auf den Weg aus der Krise und aus der Spaltung des Landes begeben, auch wenn die militärische Trennung noch nicht endgültig aufgehoben ist. In den letzten Jahren drehte sich dann alles um die Vorbereitung der Wahlen und die Bedingungen für eine friedliche Regelung. Dazu zählten Entwaffnungsprogramme und die Integration der Forces Nouvelles in die reguläre Armee. Auch gab es verschiedene Programme der UN zur Begleitung des Friedensprozesses. Nach vielen Schwierigkeiten konnte man sich auf die Wählerliste einigen und somit eine Klärung der Identitätsfrage erreichen. Denn die Frage, wer Ivorer ist, war wie bereits weiter oben angedeutet, der Auslöser für den Bürgerkrieg. Im März 2010 wurden dann die Wählerkarten unter großem Propagandawirbel verteilt und die Kampagnen der politischen Parteien liefen an.

Der Wahlkampf selbst verlief mit einigen Ausnahmen ohne größere Zwischenfälle. Zu den Ausnahmen gehörten die übliche Zerstörung von Wahlplakaten und einige unglückliche Parolen der Kandidaten (Gbagbo "Alassane ist ein Lügner!"; Bédié über Ouattara: "Derjenige, der plötzlich reich geworden ist!"). Natürlich hatte der Amtsinhaber den Vorteil, die staatliche Maschinerie einsetzen zu können und hat davon auch ausgiebig Gebrauch gemacht!

Beherrschendes Wahlkampfthema war neben der Überwindung der Teilung und der damit verbundenen Hoffnung auf einen wirtschaftlichen Aufschwung, die Überwindung der Jugendarbeitslosigkeit. Die Jungwähler haben nicht zuletzt zur hohen Wahlbeteiligung von 80 Prozent beigetragen. Unter 30-Jährige machen den größten Anteil der ivorischen Bevölkerung aus und viele von ihnen sind arbeitslos. Sie erhoffen sich viel von einem wirtschaftlichen Aufschwung unter einem neuen Präsidenten. Der Wahlkampf ging mit einer großen Faschingsfest-artigen Kundgebung von Ouatarra in der Hauptstadt Abidjan zu Ende, während Gbagbo parallel dazu seine letzte große Kundgebung im Stadium Félix Houphouët Boigny vor großem Publikum zelebrierte. Hinsichtlich der Kampagnen hat Ouattara bei weitem alle anderen Kandidaten in Bezug auf Inhalte und thematische Vielfalt, Gestaltung, Organisation und den Einsatz von audiovisuellen Kommunikationsmitteln ausgestochen. Im Gegensatz dazu hat es Erstaunen erregt, dass Bédié einer TV-Debatte mit allen Präsidentschaftsbewerbern als einziger fernblieb.

Ergebnisse der ersten Runde

(Bekanntgabe durch die Commission électorale indépendante (CEI) in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag)

Wahlberechtigt: 5,7 Mio.

Wahlbeteiligung: ca. 80 %

  • Laurant Gbagbo (Front Populaire Ivoirien (FPI)): 1.755.495 Stimmen (38,28 %)
  • Alassane Ouattara (Rassemblement des Républicains (RDR)): 1.480.610 Stimmen (32,08 %)
  • Henri Konan Bédié (Parti Démocratique de Côte d'Ivoire (PDCI-RDA)): 1.165.219 Stimmen (25,24 %)
Online-Übersichtkarte nach gewonnenen Regionen (RFI, 05.11.2010)

Besuchen Sie auch unser Wahlportal Côte d’Ivoire 2010, dort finden Sie umfassende Hintergrundinformationen (zusammengestellt von David Robert und Anja Casper in Zusammenarbeit mit dem Dienstleistungszentrum Zentralredaktion Print/Online, KAS Berlin).

Der Autor dankt Frau Anja Casper, KAS Zentrale und bis Mitte 2010 Trainee am Regionalbüro in Cotonou, für die kritische Durchsicht des Berichts.

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florian.karner@kas.de

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