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Die Auswirkungen der globalen Finanzkrise auf die Ukraine

kohta Nico Lange
Die Ukraine wird aktuell stark von der internationalen Finanzkrise getroffen. Einige Bankhäuser sind in Bedrängnis geraten und die Landeswährung Hryvnja steht unter starkem Druck. Durch die hohe Abhängigkeit des Landes von Auslandskrediten und Export sind weitreichende wirtschaftliche Folgen bereits absehbar. In der Kombination mit der innenpolitischen Dauerkrise und außenpolitischem Druck haben die Finanz- und Wirtschaftsprobleme das Potenzial, sich zu einer existenziellen Staatskrise auszuweiten.

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Finanzkrise trifft die Ukraine hart

Wie eine Reihe anderer Transformationsstaaten in Osteuropa wird die Ukraine mit einiger Verzögerung hart von der internationalen Finanzkrise getroffen. Auch wenn der ukrainische Aktienmarkt bisher unterentwickelt ist und Hypotheken im Kreditgeschäft nur eine untergeordnete Rolle spielen, sind Auswirkungen der globalen Probleme auf den ukrainischen Finanzmarkt direkt zu spüren. Mit den Banken Prominvest, Nadra und Ukrsotsbank mussten sich mittlerweile bereits drei nationale große Finanzhäuser aufgrund akuter Liquiditätsengpässe direkt unter Kontrolle der Nationalbank der Ukraine (NBU) stellen lassen und werden von der NBU mit Liquiditätshilfen unterstützt. Eine ganze Reihe ukrainischer Banken hat indes Probleme, Verbindlichkeiten gegenüber ausländischen, vor allem europäischen, Banken zu begleichen. Das in den vergangenen Jahren äußerst lukrative Geschäft der Aufnahme von Krediten in Europa und deren Weiterverleih im zinsträchtigen und boomenden Privatkreditgeschäft mit Gewinnen von bis zu 60 Prozent erweist sich nun als existenzgefährdend.

Ukrainische Bankhäuser in Bedrängnis, Landeswährung unter massivem Druck

Die Banken in der Ukraine verfügen in der Regel nur über sehr geringes Eigenkapital und geraten durch Zahlungsrückstände und den plötzlichen faktischen Totalausfall von Krediten aus Europa in heftige Turbulenzen. Nach den ersten Nachrichten über mögliche Schwierigkeiten einiger Banken hatte zudem ein großer Ansturm der Bürger eingesetzt, die ihre Sparguthaben in der ukrainischen Währung Hryvnja aufkündigten und weitgehend in harte US-Dollar oder Euro umtauschten. Zusätzlich zur Hilfe für die Banken ist die NBU dadurch gezwungen, immer wieder ihre Reserven anzugreifen, um Maßnahmen zur Stabilisierung der Hryvnja zu ergreifen. Allein am 2. Oktober 2008 stützte die NBU die ukrainische Hryvnja mit 350 Millionen US-Dollar. In den kommenden Monaten muss die NBU nach eigenen Angaben etwa zwei Milliarden US-Dollar pro Monat aus den vorhandenen Reserven zur Stabilisierung der Landeswährung aufwenden, um eine Inflationsspirale zu vermeiden. Die Nationalbank der Ukraine hatte sich in den vergangenen Jahren durch eine kluge Politik – auch inmitten politischer Tumulte – einen sehr guten Ruf erarbeitet. Gerade noch im Frühjahr 2008 konnte durch Flexibilisierung der Wechselkurse die hohe Inflation der ukrainischen Währung erfolgreich abgefangen werden.

Der Aktienmarkt der Ukraine brach durch die internationale Finanzkrise indes vollständig zusammen. Nachdem der Index zuletzt um 73 Prozent gefallen war, ist die Kiewer Börse nunmehr geschlossen worden. Allerdings zeigte sich die negative Tendenz in Ansätzen bereits deutlich vor Ausbruch der Finanzkrise. Die Folgen des Zusammenbruchs für die Ukraine halten sich aufgrund der im Vergleich zu anderen Ländern geringen Bedeutung des Aktienmarkts jedoch in Grenzen. Auch agieren an der ukrainischen Börse faktisch keine ausländischen Investoren und Investmentbanken. Die umsichtige Politik der NBU der letzten Jahre ist auch an der Höhe der angelegten Devisenreserven von aktuell etwa 36 Mrd. US-Dollar abzulesen. Im Gegensatz zur fatalen Bankenkrise von 1997/1998 verfügt die NBU über ein ausreichendes Polster, um den Börsenabsturz aufzufangen und weiterhin vor allem die ukrainische Währung zu stabilisieren.

Massive Abhängigkeit von Auslandskrediten

Trotz der auch von Experten anerkannten Erfolge der NBU wirkt sich die langfristige Herabstufung der Kreditwürdigkeit der Ukraine durch die Ratingagenturen Fitch sowie S&P im Verlauf der Krise aufgrund des hohen Risikos schon jetzt deutlich aus. Das extrem stark auf Auslandskredite angewiesene Land steht zum Ende Oktober 2008 am Rande der Zahlungsunfähigkeit und in einer Reihe mit den von der Krise am stärksten betroffenen Staaten Island, Pakistan und Serbien. Die ukrainische Regierung rief vor diesem Hintergrund den Internationalen Währungsfond (IWF) um Stabilisierungskredite in Höhe von etwa 16 Mrd. US-Dollar an.

Der Trend der Expertenmeinungen geht zum jetzigen Zeitpunkt dennoch davon aus, dass ein totaler Zusammenbruch des Bankensystems der Ukraine im Rahmen der Krise nicht zu erwarten ist. Die sichere Hand der Nationalbank und die Besonderheiten der am stärksten betroffenen Banken werden als Argumente angeführt. Besonders die sechstgrößte Bank der Ukraine, Prominvest, gilt als ausgesprochen intransparent und nach fragwürdigen internen Standards strukturiert, so dass ihre finanziellen Probleme nach Einschätzung einer Reihe von Experten nur bedingt als exemplarisch für den ukrainischen Bankensektor angesehen werden können.

Weitreichende ökonomische Folgen

In Folge der weltweiten Finanzkrise muss für die Ukraine sehr wahrscheinlich mit deutlichen wirtschaftlichen Problemen gerechnet werden. Die auf ausländische Kredite und Exportmärkte sehr stark angewiesene ukrainische Wirtschaft wird durch die Verteuerung der Kredite und den Rückgang der Nachfrage stark in Mitleidenschaft gezogen werden. Im zentralen Sektor des Stahlexports hat bereits eine Krise begonnen: Nachfrage und Preise sind seit Juli 2008 empfindlich gesunken. Die ukrainischen Unternehmen mussten die Stahlproduktion in der Folge schon um 20 Prozent reduzieren. Das Wirtschaftswachstum des gesamten Landes und zahlreiche Arbeitsplätze stehen damit auf dem Spiel. Mitte Oktober 2008 kündigte eines der größten Metallurgieunternehmen, Industrial Sojus of Donbass, Massenentlassungen von bis zu einem Drittel der Belegschaft an. Hinzu kommt erschwerend die hohe Sensibilität der ukrainischen Wirtschaft im Hinblick auf Rohstoffpreisentwicklungen, insbesondere von Energieträgern aus Russland. Die langfristigen Preise für Gaslieferungen aus Russland konnten bisher durch die ukrainische Politik mit der russischen Gazprom nicht erfolgreich ausgehandelt werden. Die getroffenen Vereinbarungen für die Gaslieferungen über 2009 hinaus besitzen bestenfalls den Status der Vorläufigkeit. Sollte die Gazprom aus politischen Gründen oder schlicht wegen des eigenen Finanzmittelbedarfs aufgrund der Betroffenheit von der Finanzkrise die Gaspreise in naher Zukunft weiter deutlich erhöhen, würden die beschriebenen negativen Wirkungen auf die ukrainische Stahlwirtschaft und andere Wirtschaftszweige noch drastisch beschleunigt.

Das stete ukrainische Wirtschaftswachstum der vergangenen fünf Jahre mit jeweils sieben bis acht Prozent kommt damit nunmehr zu einer sehr deutlichen Verlangsamung. Neben der Stahlbranche ist vor allem das Bauwesen aufgrund des plötzlichen Versiegens der Kreditzuflüsse betroffen. Die Bautätigkeit in Kiew und anderen großen Städten der Ukraine wurde schon weitgehend und deutlich sichtbar eingestellt. Experten befürchten einen Rückgang im Bausektor um 60 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Insgesamt kommen die sich zu Jahresbeginn 2008 bereits andeutenden Wachstumsprobleme der ukrainischen Wirtschaft durch Reformstau aufgrund politischer Instabilität, fallende Metallpreise und unsichere Rohstoffpreise wegen der internationale Finanzkrise beschleunigt und verstärkt zum Tragen. Der IWF erwartet in seinem aktuellen Ausblick, dass sich das Wachstum von derzeit 7,5 Prozent auf nur noch 2,5 Prozent verlangsamen wird und dass erst im Jahr 2010 eine Erholung eintritt. Dieses geringe Wachstum wird von Inflation in Höhe von mehr als 20 Prozent begleitet werden.

Innenpolitischer Machtkampf

In vielen von der Finanzkrise betroffenen Staaten werden derzeit auf der politischen Ebene überparteiliche Rettungsmaßnahmen eingeleitet. Vor dem Hintergrund der seit Jahren andauernden strukturellen Krise der ukrainischen Politik mit den Kompetenzstreitigkeiten zwischen Präsidialamt und Regierung wird die Finanzkrise in der Ukraine dagegen bisher fast ausschließlich als argumentatives Instrument im Machtkampf eingesetzt. Dem anhaltenden Konflikt zwischen Premierministerin Julija Tymoschenko, Präsident Wiktor Juschtschenko und Oppositionsführer Wiktor Janukowytsch und dem schon jetzt begonnenen Gezerre um die Präsidentschaft im Jahre 2010 werden alle außen- und innenpolitischen Fragen untergeordnet. Dies war im Sommer 2008 auch bei der für die Ukraine außenpolitisch hoch brisanten Georgien-Krise zu beobachten. Ansätze für reale Problemlösungen weichen in den politischen Auseinandersetzungen in der Regel Schuldzuweisungen und dem ausgeprägten Bestreben, dem politischen Gegner in irgendeiner Weise Schaden zuzufügen.

Je nach aktuellem machtpolitischen Kalkül hatten Präsident Juschtschenko und Ministerpräsidentin Tymoschenko die weltweite Krise und ihre Auswirkungen auf die Ukraine zunächst heruntergespielt. Nachdem Juschtschenko jedoch Anfang Oktober 2008 das Parlament aufgelöst und Neuwahlen für den 7. Dezember 2008 angesetzt hatte, ist Premierministerin Tymoschenko nunmehr bestrebt, die Krise sogar noch aufzuwerten, um durch die vermeintliche Notwendigkeit einer „Nationalen Rettung“ die ihr unlieben Neuwahlen im Dezember zu verhindern. Kurz gesagt: Zur Bekämpfung der Auswirkungen der Finanzkrise auf die Ukraine sind von den Politikern der aktuellen politischen Klasse über die Parteigrenzen hinweg kaum konstruktive Handlungen im Sinne des gemeinsamen Ganzen zu erwarten. In ähnlicher Form galt das zuvor bereits für die Vorbereitungen auf die Euro 2012 und die Georgien-Krise. Vor diesem Hintergrund muss die stabilisierende, verantwortungsbewusste und die Politik im Grunde in vielen Bereichen ersetzende Rolle der Nationalbank der Ukraine noch einmal hervorgehoben werden.

Die unklare politische Situation mit einer lediglich geschäftsführenden Regierung, einem aufgelösten Parlament und unmittelbar bevorstehenden Neuwahlen ist im Hinblick auf die finanziellen und vor allem die zu erwartenden mittelfristigen wirtschaftlichen Konsequenzen der Krise sehr bedauerlich. Handlungsunfähigkeit von Regierung und Parlament, fortgesetzte Blockaden zwischen den Institutionen und ein verbissener, in der Ukraine traditionell extrem sozialpopulistischer Wahlkampf werden sehr wahrscheinlich eher noch zu einer Ausweitung der Krise beitragen.

Nicht zu unterschätzen ist in ihrer Wirkung auch die Rolle inoffizieller Finanzströme in der Ukraine. Die ukrainische Politik war und ist in weiten Teilen ein Kampf um die „Geldtöpfe“, den Zugang zu Ressourcen, Abzweigung von Haushaltsmitteln und Eröffnung von Korruptionskanälen. Mit den weltweiten und ukrainischen Finanzproblemen dünnen nun auch die Zuflüsse dieser inoffiziellen Mittel aus. Verzweifelt und irrational anmutende politische Aktionen und eine weitere Verschärfung der politischen Krise könnten vor diesem Hintergrund die Ergebnisse der finanziellen Krisenentwicklungen sein.

Die ukrainische Öffentlichkeit verfolgt die Krise mit geringer Aufmerksamkeit

In dieser Hinsicht ist es ein bemerkenswerter Kontrast, dass in der öffentlichen Meinung der Ukraine von der Finanzkrise bisher kaum etwas zu vernehmen ist. Nach den zweimaligen Verlusten aller Sparguthaben zum Ende der Sowjetunion und während der Bankenkrise 1997/1998 und einer extremen Notzeit mit Hyperinflation und Lebensmittelgutscheinen in den neunziger Jahren haben sich die Ukrainer ganz offensichtlich ein dickes Fell zugelegt. Ohne große öffentliche Aufwallungen spürt man im Kiew dieser Tage eine klare „Jeder ist sich selbst am nächsten“-Mentalität. Die krisenerfahrenen Ukrainer horten Devisen gewissermaßen zu Hause im Sparstrumpf und sind innerlich auf das Schlimmste vorbereitet. Die Bürger hegen ein tiefes Misstrauen in die Politik und ihre Problemlösungsfähigkeit sowie in alle öffentlichen Aussagen und Bekanntmachungen. Nicht unerwähnt bleiben sollte aber auch, dass die unverantwortliche Aufnahme von kaum bezahlbaren Privatkrediten durch die ukrainischen Haushalte und die damit fast schon zwangsläufig verbundenen Zahlungsschwierigkeiten einen nicht unerheblichen Beitrag zur Verschärfung der Krise leisten. Es kann wohl kaum als gutes Zeichen gewertet werden, dass in Kiew und anderen großen Städten des Landes das Inkasso-Geschäft zu den am schnellsten wachsenden Branchen gehört.

Auch die in Fernsehen und Presse veröffentlichte Meinung folgt der Finanzkrise kaum systematisch. Diskussionen um Hintergründe, Ursachen und mögliche Folgen der internationalen Krise des Finanzsystems finden nicht statt. Völlig entgegen den faktischen Auswirkungen herrscht in Publizistik und Politik noch immer die Meinung vor, dass eine Finanzkrise in den USA und Europa die Ukraine kaum betreffen könne. Auch eine Debatte über die eingeleiteten Maßnahmen der Nationalbank und andere Korrekturmechanismen ist bisher nicht zu verzeichnen. Erneut wird am Beispiel der Finanzkrise deutlich, dass zwar nach der Orangen Revolution des Jahres 2004 eine große Medienvielfalt und echter Pluralismus herrschen, die Qualität der Beiträge und deren inhaltlicher Wert für die politisch interessierten Bürger aber sehr zu wünschen übrig lassen.

Droht die Staatskrise?

Zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Artikels scheint das wirkliche harte Auftreffen der globalen Finanzkrise auf die Ukraine erst zu beginnen. Die anhaltende innenpolitische Krise des Landes und die sich andeutende kritische wirtschaftliche Entwicklung der letzten Monate drohen sich möglicherweise zu einer tiefen Staatskrise mit schwer absehbaren Folgen auszuweiten. Es wäre in der aktuellen Situation dringend erforderlich, dass die politisch Handelnden im Sinne des Gemeininteresses zueinander finden und die persönlichen Machtinteressen zumindest zeitweilig hintansetzen. Dies ist jedoch realistisch kaum zu erwarten.

Der Ausbruch der Krise wird außerdem sehr wahrscheinlich deutlich dazu beitragen, dass die drei großen Parteien Block Tymoschenko, Nascha Ukraina/Block Juschtschenko und die Partei der Regionen von Janukowytsch bei den vorgezogenen Neuwahlen – sollten diese tatsächlich stattfinden – einen empfindlichen Denkzettel davontragen müssen. Dass die politischen Eliten auf die außenpolitische Krise des Sommers 2008 und die weltweite

finanzpolitische Krise jeweils mit einer Verschärfung der innenpolitischen Aus-einandersetzungen um rein persönliche Machtinteressen reagierten, zeigt Unreife der politischen Klasse und löst eine schwerwiegende Unzufriedenheit und Frustration bei den ukrainischen Bürgern aus. Die Hoffnungen der Orangen Revolution haben sich für viele der damals aktiven Ukrainer damit endgültig zerschlagen. Viele Beobachter sehen hierin auch eine Chance für eine neue Generation ukrainischer Politiker. Bisher haben sich in Bezug auf die Finanz- und Wirtschaftskrise allerdings keine neuen Gesichter hervorgetan.

Die Liquiditätsengpässe der Ukraine und der noch immer so sensible Faktor der Gaslieferungen aus Russland könnten im Winter 2008/2009 zur erneuten außenpolitischen Gefahr für die Ukraine werden. Auch die Entwicklung einer Energiestrategie und eines klaren Verhältnisses zu Russland in Bezug auf Roh stofflieferungen war in den vergangenen Jahren zum Gegenstand der Auseinandersetzungen zwischen Präsident und Ministerpräsidentin geworden. Vor dem Hintergrund der gerade verkündeten EU-Assoziierung und des weiteren Anstrebens des NATO-MAP durch die Ukraine scheint es denkbar, dass Russland und Gazprom durch erneute Erhöhungen der Gaspreise und Androhung von Lieferstopps die wirtschaftliche und innenpolitische Situation der Ukraine weiter verschärfen könnten. Russland könnte eine mögliche Zahlungsunfähigkeit der Ukraine in diesem Zusammenhang ausnutzen, um im Gegenzug für die dringend benötigten Gaslieferungen Kontrolle über das Gasleitungssystem des Nachbarlandes zu erlangen. Dies wären das faktische Ende einer unabhängigen Energiepolitik der Ukraine und eine wesentliche Einschränkung für ihre künftige unabhängige außenpolitische Entwicklung.

Die finanziellen und wirtschaftlichen Probleme und vor allem der politische Tumult und die Unfähigkeit zu gemeinsamen Problemlösungen werfen für die Ukraine außerdem grundsätzliche Fragen in Bezug auf wirtschaftliche Zusammenarbeit auf. Die unberechenbaren politischen Rahmenbedingungen bei zuletzt sogar noch steigender Korruption veranlassen ausländische Investoren bei ersten Krisenanzeichen zum Rückzug. Ein auch längerfristig höher eingeschätztes Kredit- und Investitionsrisiko wäre ein empfindlicher Dämpfer für die Modernisierung des Landes und die Fortsetzung des wirtschaftlichen Aufschwungs. Der Rückzug ausländischer Investoren und die stark verteuerten Kredite sind nicht zuletzt auch im Hinblick auf das Gelingen der Fußball-Europameisterschaft im Jahr 2012 äußerst bedenklich.

Die einstigen Protagonisten der Orangen Revolution erweisen sich inmitten der

Finanzkrise und bei drohenden wirtschaftlichen schwierigen Entwicklungen als zu konstruktiven Problemlösungen unfähig. Es besteht im Falle einer Ausweitung der wirtschaftlichen Probleme die Gefahr, dass sie damit die Idee der pluralistischen und demokratischen Entwicklung des Landes sowie auch den Parlamentarismus in der Ukraine grundsätzlich in Frage stellen. Eine Rhetorik für ein wieder stärker präsidentielles und „gelenktes“ politisches System zeichnet sich, unabhängig von den kommenden Wahlausgängen, jetzt schon ab. Die Akzeptanz solcher Modelle in der Bevölkerung wächst. Und es ist auch anzunehmen, dass die ukrainischen Bürger bei spürbaren wirtschaftlichen Krisen anders auf die Politik reagieren werden als in den vergangenen drei Jahren, in denen der Politzirkus um Juschtschenko, Tymoschenko und Janukowytsch in Zeiten deutlichen wirtschaftlichen Aufschwungs vor allem auch wegen des Unterhaltungswerts verfolgt wurde. Die bevorstehenden Wahlkämpfe lassen zudem linkspopulistische Tendenzen und Rhetorik einer staatlichen Kontrolle sowie direkter staatlicher Eingriffe in Finanzwesen und Wirtschaft erwarten. Weitere Sozialversprechen im Rahmen der Wahlen werden Staatshaushalt und wirtschaftliche Entwicklungschancen zusätzlich belasten.

Ausblick in ein schwieriges Jahr 2009

Insgesamt hat es den Anschein, als stünde die Ukraine nunmehr vor einem sehr schwierigen Jahr 2009. In der Kombination mit der innenpolitischen Dauerkrise und außenpolitischem Druck haben die Finanz- und Wirtschaftsprobleme das Potenzial, sich zu einer existenziellen Staatskrise auszuweiten. Die Verantwortungslosigkeit der politischen Eliten im Machtkampf und große Enttäuschung über die Demokratie nach der Orangen Revolution lassen die öffentliche Meinung zudem in Extreme abgleiten.

Bisher wurde die Konsolidierung der Demokratie in der Ukraine nach der Orangen Revolution durch den wirtschaftlichen Aufschwung der letzten fünf Jahre begünstigt. Mit der Finanzkrise und sich in der Folge abzeichnenden wirtschaftlichen Krisenentwicklungen stehen Politik und Gesellschaft der Ukraine vor einem Demokratietest völlig neuer Qualität.

Vor diesem Hintergrund gilt es zu bedenken, dass durch die eigenen Probleme mit der Finanzkrise, die bevorstehenden US-Wahlen und die anschließende Phase der Orientierung, Europawahlen sowie Wahlen zum deutschen Bundestag im kommenden Jahr im Westen eine Gefahr besteht, die Ukraine aus dem Fokus zu verlieren. Dabei scheint die Ukraine – trotz aller Frustrationen mit der politischen Klasse – als in ihrer Bedeutung zentraler Transformationsstaat im postsowjetischen Raum die wirtschaftliche und politische Unterstützung des Westens in naher Zukunft ganz besonders nötig zu haben.

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