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Kommunalwahlen in Kroatien mit überraschendem Ergebnis

kohta Dr. jur. Stefan Gehrold
"Kroatien Links oder Rechts, das Zentrum ist fast verschwunden", titelte die Tageszeitung "Vjesnik" am Montag den 21. Mai 2001.Am Sonntag, den 20. Mai 2001, fanden in Kroatien die Kommunalwahlen statt. Die Ergebnisse waren ebenso überraschend wie aufschlussreich. Besonders aufschlussreich jedoch war die nur geringe Wahlbeteiligung von etwa 40 %.

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Obwohl staatliche Behörden am Samstag ausnahmsweise den Wahltag zum Arbeitstag erklärt hatten, um die Beamten davon abzuhalten, zur Küste zu fahren, gingen trotzdem nur relativ wenige Wähler zur Wahl. Offensichtlich waren die meisten Wähler der Auffassung, es lohne sich nicht, zu wählen: Der HDZ, als praktisch einzige Oppositionspartei im Parlament, wird nach wie vor ihre Politik, insbesondere in den letzten Jahren der Tudjman-Regierung, vorgeworfen.

Nach mittlerweile 16 Monaten der neuen Mitte-Linksregierung, die aus 6 Parteien besteht, ist der Unmut in der Bevölkerung jedoch groß. Die Arbeitslosigkeit ist nicht nur nicht abgebaut worden, die Arbeitslosenzahl hat sich vielmehr um 200.000 erhöht. Reformen sind zögerlich und unkoordiniert. Aus inoffiziellen Kreisen verlautet, dass das hochgelobte Investitionsförderungsgesetz, das im Sommer 2000 verabschiedet worden war, noch nicht eine Firma zur Investition hätte bewegen können. Es fehlt nach wie vor an einer Durchführungsverordnung. Firmen, die sich an das Wirtschaftsministerium gewandt haben, wurden bislang hingehalten.

Die häufigste Frage am Wahlabend war nicht, wofür ein Wähler, sondern wogegen er gestimmt haben könnte.

Für wenig Motivation, dem Wahlaufruf zu folgen, sorgte auch das volksferne Wahlsystem: "Wir werden keine Kommunalwahlen, sondern 198 nationale Wahlen haben", so skizzierte noch kurz vor der Wahl ein Politikwissenschaftler die Situation. Tatsächlich waren die Kommunalwahlen reine Listenwahlen. Die Möglichkeit, einzelne Politiker wählen zu können, das sogenannte "Kumulieren und Panaschieren" (als gemischte Listen- und Personenwahl) ist nach kroatischem Recht seit einigen Jahren nicht mehr möglich. Auch die neue Regierung sah offensichtlich darin kein Problem und ließ das Wahlrecht unverändert.

Sicher kennt auch das kroatische Wahlrecht die 5 % Hürde. Diejenigen Wählerstimmen jedoch, die für Parteien abgegeben wurden, die die 5 % Hürde nicht schafften, wurden der jeweils stärksten Partei zugeschlagen. Dies führte - je nach Region - zu einer merkwürdigen Konstellation bei der Zusammenstellung mancher Listen. So ging die HDZ (Kroatische demokratische Gemeinschaft; ehemalige Tudjman-Partei) zum Teil mit der HSP (Kroatische Partei des Rechts; Nationalkonservative) und der HKDU (Kroatische christdemokratische Union; Christnationale) ins Rennen. Die SDP (sozialistische Partei; größte Regierungspartei) verbündete sich in Listen mit bis zu 4 Parteien, darunter die Bauernpartei (HSS) und die Volkspartei (HNS), aber auch die linksextreme ASH.

Die Ergebnisse im einzelnen:

  • Große Freude bei den Sozialisten (SDP): Die SDP war bereits vor der Wahl als mit Abstand stärkste Partei gehandelt worden. In allen Umfragen hatte sie etwa im Bereich zwischen 20 und 27 % gelegen. Diese Umfrageergebnisse bestätigten sich bei der Wahl. Landesweit lag sie im Mittel bei ca. 20 %. Die SDP, die die Partei der Reform- und Postkommunisten ist, konnte damit ihre starke Stellung in der Regierung behaupten und ihre Situation in den Bezirken und den Kommunen im Verhältnis zur letzten Kommunalwahl erheblich verbessern.

    Sie wird jedoch ausnahmslos Koalitionspartner brauchen. Ihr bestes Ergebnis in einem Bezirk erzielte die SDP allerdings in einer Liste mit der HSS, der HSLS und der HSU im Bezirk Primorsko-Goranska, dem Küstenbezirk Norddalmatien und in der Stadt Split, hier in einer Liste mit der HSS, HSU und der LS (liberale Partei). "Die SDP wird mit ihren Partnern die Regierung in den meisten Städten und Bezirken übernehmen", erläuterte der sozialistische Premier Racan und wies damit bereits auf die Möglichkeit von Koalitionen hin. Dies wird auch von den meisten politischen Beobachtern für die wahrscheinlichste Option gehalten.

  • HDZ: Totgesagte leben länger! "Die HDZ bleibt die stärkste Partei, allerdings ohne Regierung!", titelte die größte kroatische Tageszeitung "Vecernji list" am 22. 05. 2001. Zwar ist sie in 14 von 21 Zupanjas (Bezirken) die stärkste Partei, jedoch werden sich vermutlich fast überall für die Sozialisten Koalitionspartner finden, so dass die HDZ in den meisten Kommunen die Oppositionsbank wird drücken müssen.

    Dennoch: Trotz der Verluste im Verhältnis zu den letzten Wahlen, ist das Ergebnis überraschend gut. In fast allen Meinungsumfragen lag die HDZ deutlich unter 10 %, in Zagreb sogar unter 5 %. Von vielen politischen Kommentatoren war sie bereits für völlig tot gehalten worden.

    Der Parteivorsitzende, Dr. Sanader, galt als schwach und nicht in der Lage, die verschiedenen Flügel der Partei zusammenzuhalten. Offensichtlich hat der Wähler dies anders gesehen. Im Bezirk Lika erhielt die HDZ unerwartete 44 %, im Bezirk Zadar immerhin noch 35 und im Bezirk Dubrovnik 30 %. Auch im Bezirk Karlovac war die HDZ mit 35 % vorne. In den Großstädten schnitt sie ebenfalls erstaunlich stark ab: So erreichte sie in der Stadt Split 22, in der Stadt Zagreb 20 und in der Stadt Osijek immerhin noch 18 % der abgegebenen Stimmen. Im Landesmittel erreichte die HDZ ca. 24 % der Stimmen.

  • Zufriedene Gesichter im Grunde auch bei der Bauernpartei (HSS): Die HSS ist eine konservativ-traditionalistische Regional- und Klientelpartei, die hauptsächlich von Landwirten gewählt wird. Die Wahlen stützten die Einschätzungen aller Beobachter hinsichtlich Wählerstruktur und Stärken der Partei: In den Großstädten schaffte die HSS, soweit sie nicht auf einer Liste mit den Sozialisten antrat, die 5 % Hürde nicht. Dafür schnitt sie in den ländlichen Regionen, insbesondere in Nordkroatien gut ab: 23 % (und damit stärkste Partei) erhielt sie im Bezirk Koprivnicko-Krizevacka an der ungarischen Grenze, 29 % im Bezirk Viroviticko-Podravska und immerhin noch 22 % im Bezirk Zagreb, also in dem Bezirk, der direkt die Hauptstadt Zagreb umschliesst. Schlechter schnitt sie hingegen in Dalmatien., Istrien und Slawonien ab. Die Wahlergebnisse zeigen, dass die HSS in ländlichen Gegenden immer eine starke Klientel haben wird, landesweit dürfte jedoch das Limit der Partei bei 11 % liegen, was in etwa den Stimmanteilen dieser Wahl entspricht.
  • Überraschend stark war in der Stadt Zagreb die Volkspartei (HNS): Die Volkspartei gilt als linksliberale Partei, die Vorsitzende, Prof. Pusic, als streitbare Intellektuelle. In den meisten Bezirken, in den die HNS nicht auf einer Liste gemeinsam mit den Sozialisten angetreten war, schaffte sie knapp die 5 %-Hürde. In Zagreb war sie mit der Spitzenkandidatin Vesna Pusic ins Rennen gegangen, die dort mit dem Ansinnen angetreten war, Bürgermeisterin zu werden. Tatsächlich schnitt die HNS in der Stadt Zagreb auch überdurchschnittlich gut ab und erhielt dort 18 % der abgegebenen Stimmen. Dennoch bestehen kaum Zweifel, dass der bisherige sozialistische Bürgermeister Milan Bandic auch in Zukunft die Stadt regieren wird. Das zweitbeste Ergebnis erhielt die HNS in einer gemeinsamen Liste mit der LS (liberale Partei) im Bezirk Krapina-Zagorje.

    Große Verlierer der Wahl waren die Parteien, die sich selbst als die großen Parteien der politischen Mitte bezeichnen: HSLS (Sozialliberale Partei) und DC (Demokratisches Zentrum).

  • Die HSLS, die immerhin zweitgrößte Regierungspartei ist, stürzte völlig ab: "Debakel in Zagreb: HSLS schafft nicht die 5 % Hürde!", titelte der Vijesnik am Tag nach der Wahl. In der Tat ist das Abschneiden der HSLS, nicht nur in Zagreb, bestürzend für die Partei Budisas, die sich in der Vergangenheit so oft als die Partei des moderaten Zentrums empfohlen hatte. Hintergrund ist vermutlich, dass es der HSLS nicht gelang, ihre Wähler zu mobilisieren; die geringe Wahlbeteiligung könnte vor allen Dingen der Mitte geschadet haben, wie viele Kommentatoren meinen. In der zweitgrößten Stadt Split gelang der HSLS, die gemeinhin als rechtsliberal eingeordnet wird, immerhin noch mit einer stattlichen Prozentzahl von 16 % der Einzug ins Stadtparlament. Katastrophal hingegen war das Ergebnis in den meisten Bezirken: Nur in 13 von 21 Bezirken gelang der zweitgrößten Regierungspartei allein der Einzug ins Kommunalparlament. In weiteren zwei Bezirksparlamenten konnten die HSLS immerhin in einer gemeinsamen Liste mit den Sozialisten die 5 %-Hürde überspringen. Lediglich in den nordkroatischen Bezirken Medjimurje und Bjelovarsko-Bilogorska gelang es ihr, ihre starke Stellung zu halten und weiterhin die stärkste Fraktion zu stellen. Geradezu traurig war das Abschneiden der Partei in Zagreb, mit ca. 3 % der abgegebenen Stimmen. Es wird bereits über die Ablösung des Parteivorsitzenden Budisa spekuliert. Doch: "Von der Ablösung könnten auch noch einige andere in der HSLS, nicht nur Herr Budisa, betroffen sein", mahnte die stellvertretende Parteivorsitzende Prof. Dr. Dorica Nikolic. Dennoch meinen viele Kommentatoren, dass der durchweg für integer gehaltene Parteivorsitzende Budisa zu schwach wäre, um wirkliche Akzente in der Politik setzen zu können.
  • Ernüchterung auch beim Demokratischen Zentrum (DC): Die Partei hatte sich im Frühjahr 2000 von der HDZ unter Führung des ehemaligen Außenministers, Prof. Dr. Mate Granic, abgespalten. Das DC galt als Hoffnung der bürgerlichen Mitte. Erst vor kurzem feierte die Partei ihren Ein-Jahres-Konvent. An dem Konvent nahm in großem Umfang nationale und internationale Politprominenz teil. Bei den Wahlen hatte das DC mit Stimmanteilen von 8 bis 10 % gerechnet. Tatsächlich schaffte das DC kaum einmal die 5 % - Hürde - auch in den Großstädten nicht. Nur in 6 von 21 Bezirken bewältigte das DC überhaupt die 5 % Hürde und blieb dort jeweils deutlich unter 10 % der abgegebenen Stimmen. Das DC hatte sich auch geweigert, Listenbündnisse mit anderen Parteien einzugehen, um die 5 %-Hürde überspringen zu können. Auch hier gilt, dass sich die geringe Wahlbeteiligung offensichtlich zu Lasten der Zentrumsparteien auswirkte. Die größte Enttäuschung war sicherlich das Abschneiden des DC in Zagreb: Dort erhielt die Partei lediglich 2,6 % der abgegebenen Stimmen.
  • Zufriedenheit herrschte bei der Istrischen Demokratischen Union (IDS): Diese Partei, die im wesentlichen für eine größere Autonomie Istriens eintritt und hier dem Mitte-Links-Sektor des Parteienspektrums zugeordnet wird, konnte im Bezirk Istrien 55 % der abgegebenen Stimmen gewinnen. Auch im Bezirk Primorsko-Goranska, dem an Istrien angrenzenden Bezirk, war sie erfolgreich und erhielt immerhin noch 12 % der abgegebenen Stimmen. In der norddalmatinischen Stadt Rijeka gewann sie ebenfalls 12 % der abgegebenen Stimmen. Der dortige Bürgermeister ist Mitglied der IDS. Das Ergebnis der IDS ist auch deshalb überraschend gut, weil diese in den letzten Monaten durch negative Schlagzeilen auf sich aufmerksam machte. Der Parteivorsitzende Jakovcic, der gleichzeitig Mitglied des Regierungskabinetts der Republik Kroatien ist (Europaminister), soll persönlich für Wahlfälschungen im Rahmen der nationalen Wahlen am 03.01.2000 verantwortlich sein. Ferner verabschiedete die IDS vor kurzem ein Autonomiestatut im Hinblick auf den istrischen Bezirk. Seitens der anderen Parteien der Regierungskoalition wurde dies als ein Schritt in Richtung der Abspaltung des istrischen Bezirkes von der Republik Kroatien gewertet.
  • Keine Chancen hatten die rechtskonservativen Parteien HKDU (Kroatische Christdemokratische Union; Christnationale) und die HSP (Kroatische Partei des Rechts; Nationalkonservative): Nur in dem Bezirk, in dem die HSP traditionell stark ist (nämlich Sisak) erhielt sie mehr als 10 % der abgegebenen Stimmen. Selbst in den vom Krieg besonders betroffenen Gebieten Ostslawoniens blieb sie deutlich unter 10 %. Soweit sie in den anderen Gebieten mit der HDZ und der HKDU keine Listenbündnisse eingegangen war, schaffte sich durchweg die 5 %-Hürde nicht.
  • Achtungserfolg für die unabhängige Liste des Tudjman-Sohns, Dr. Miroslav Tudjman, in Zagreb: Hier erhielt sein Komitee für Identität und Prosperität (HIP) unerwartete 8 %. Miroslav Tudjman war während der gesamten neunziger Jahre im Grunde unpolitisch geblieben und hatte nach dem Tod seines Vaters ein unabhängiges Komitee, eben dieses Komitee HIP, gegründet. Kurz vor den Kommunalwahlen mehrten sich dann die Gerüchte, dass HIP tatsächlich als Partei in der Stadt Zagreb antreten wolle. Und tatsächlich: Kurz bevor die Wahllisten von den Ausschüssen geschlossen wurden, legte HIP eine Liste für die Stadt Zagreb vor. Die politischen Aussagen von HIP, das bisher nur als Nichtregierungsorganisation bekannt war, sind unklar und größtenteils unbekannt. Politische Beobachter gehen davon aus, dass Miroslav Tudjman den Erfolg seinem Namen zu verdanken hat. Offensichtlich herrscht innerhalb der kroatischen Bevölkerung noch große Hochachtung und Anerkennung für die Leistungen des ehemaligen Staatspräsidenten, Dr. Franjo Tudjman.
Premier Racan kündigte eine Regierungsumbildung nach den Kommunalwahlen an. Sie wird mit Spannung erwartet. Vor den Wahlen gingen die meisten politischen Beobachter davon aus, dass die drei kleineren Parteien aus der 6-Parteien-Regierungskoalition ausscheiden würden, nämlich: HNS, IDS und LS. Nach dem katastrophalen Einbruch der HSLS jedoch ist unklar, ob es dabei bleibt.

In jedem Falle ist ihre Position innerhalb der Regierung geschwächt. Die linksliberale Volkspartei (HNS) dürfte sich nach ihrem Erfolg, insbesondere in den Großstädten, nicht mehr so leicht hinausdrängen lassen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die HNS den führenden Sozialisten (SDP) ideologisch und programmatisch näher steht als die rechtsliberale HSLS und die traditionalistische Bauernpartei (HSS).

Die zentralen Botschaften der Lokalwahlen sind:

  1. Die sozialistische SDP ist momentan die einzig konstante Größe innerhalb des politischen Lebens in Kroatien.
  2. Mit der HDZ ist auch weiterhin zu rechnen.
  3. Die politische Mitte bleibt momentan unbesetzt: Darum werden sich in Zukunft DC, HSLS, HNS und HDZ streiten

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Dr. Michael A. Lange

Dr. Michael A

Kommissarischer Leiter des Rechtsstaatsprogramms Nahost/Nordafrika

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