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Ringen um die Rechtsstaatlichkeit in der Tschechischen Republik

kohta Dr. Hubert Gehring, Alena Reslová

Justizreform am Scheideweg - Justizminister überraschend entlassen

Das Ringen um die Qualitätsverbesserung der tschechischen Rechtstaatlichkeit erreicht einen neuen Höhepunkt. Premierminister Nečas (ODS) entließ überraschend und aus nicht nachvollziehbaren Gründen Justizminister Pospíšil (ODS), der zahlreiche positive Reformschritte im Justizbereich angestoßen hatte. Die Entlassung passiert in einer Zeit steigender Aktivität und Unabhängigkeit der Justiz und Polizei. Zahlreiche Politiker wurden in den letzten Monaten wegen Korruption oder Amtsverfehlungen angeklagt.

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Premierminister Nečas führte als Begründung für die Entlassung von Pospíšil an, er habe das Management seines Ministeriums vor allem im Budgetbereich nicht in den Griff bekommen und wollte in der Zeit des Sparens mehr Geld für sein Ministerium, was einen „Demoralisierungseffekt“ bezüglich der ganze Regierung haben könnte. Diese Erklärung jedoch wird in Tschechien weder von der Opposition, der Medien und den NGOs, noch von Regierungsanhängern geglaubt.

Die Medien spekulieren, dass hinter der Entlassung von Pospíšil der Kampf um die Prager Oberstaatsanwaltschaft steht. Pospíšil hatte es nämlich nach zahlreichen Bemühungen in der letzten Zeit geschafft, den bisherigen Prager Oberstaatsanwalt Rampula aus dem Amt zu entlassen. Der Grund dafür war, dass Rampula durch sein Vorgehen zahlreiche Fälle politischer Korruption vor Untersuchungen geschützt hatte. Diese Vermutung wird auch durch den tschechischen Außenminister Schwarzenberg gestützt, der auf die Entlassung Pospíšils mit folgenden Worten reagierte: „Der Kampf um die Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft scheint zurzeit verloren zu sein. Diese Entwicklung ist für mich sehr schmerzhaft. Herr Pospíšil war mutig und wurde wegen Widerstand gegenüber seinen eigenen Parteikollegen bestraft.“ Die Zeitung Hospodářské noviny spekuliert, Nečas müsse unter einem starken, sogar existenziellem Druck gewesen sein, nah an einer Erpressung (durch eigene Parteifreunde). Sonst würde er nie das Risiko eines solchen „medialen Selbstmords“ eingehen.

Der tschechische Oberstaatsanwalt Pavel Zeman hatte Justizminister Pospíšil am vergangenen Freitag vorgeschlagen, die bekannte Kämpferin gegen politische Korruption, Staatsanwältin Lenka Bradačová, nach einer Fernsehfigur auch „Cattani im Rock“ genannt, zur Prager Oberstaatsanwältin zu ernennen. Justizminister Pospíšil wollte den Vorschlag akzeptieren. Nach der Entlassung, die für tschechische Verhältnisse am Montag sehr rasch erfolgte und durch Präsident Klaus sofort unterschrieben wurde, kann der ehemalige Justizminister den neuen Prager Oberstaatsanwalt nun nicht mehr ernennen. Laut Oberstaatsanwalt Zeman ist ein Teil der ODS gegen die Ernennung von Bradáčová. Die zweite wichtige Regierungspartei TOP09 ihrerseits veröffentlichte in diesem Zusammenhang eine „höfliche Bitte“ an den Prämierminister und den neuen Justizminister, Frau Bradáčová zur Prager Oberstaatsanwältin zu ernennen.

Premierminister Nečas dementierte, dass die Entlassung des Justizministers mit der Ernennung der Prager Oberstaatsanwaltschaft zusammenhängt. Es will in einer Woche den Namen des neuen Justizministers bekannt geben.

Die turbulente Entwicklung verdeutlicht, dass die tschechische Justiz momentan am Scheideweg ist. So waren die letzten Wochen in der Tschechischen Republik durch eine steigende „Emanzipierung“ der Justiz und Polizei gekennzeichnet. Zwei Abgeordnete - der ehm. Verkehrsminister Vít Bárta (VV) und Jaroslav Škárka (ehm. VV) - wurden in erster Instanz wegen Korruption verurteilt (Bárta zu 18 Monaten auf Bewährung und Škárka zu drei Jahren ohne Bewährung). Gegen weitere drei Abgeordnete – den ehemaligen Hauptmann (vergleichbar dem Amt eines Ministerpräsidenten eines deutschen Bundeslandes) von Mittelböhmen David Rath (ČSSD), Otta Chaloupka (VV) und die Vizevorsitzende des Abgeordnetenhauses Vlasta Parkanová (TOP 09) - wird seitens der Polizei ebenfalls ermittelt. Der ehm. Hauptmann Rath wurde sogar direkt bei einer Bestechungsgeldübergabe verhaftet. Er bekam ca. 274 000 € in einer Weinkiste überreicht. Außer Frau Parkanová wurde allen Beschuldigten die Immunität seitens des Abgeordnetenhauses entzogen. Über Parkanová soll das Abgeordnetenhaus im Juli entscheiden.

In der Justiz sowie in der Polizei wurden in der letzten Zeit wichtige personelle sowie systemorientierte Reformen umgesetzt. Die Aktivität und Effizienz von Polizei und Justiz ist dadurch gestiegen. 2010 untersuchte die Antikorruptionseinheit 86 Fälle, bei denen es um einen Schaden von 20 Mil. Euro ging, 2011 untersuchte sie schon 118 Fälle mit einem Schaden von 324 Mil. Euro. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres wurden fast genauso viele Fälle wie im Jahr 2010 untersucht. Der entlassene Justizminister Pospíšil wollte zudem weitere Gesetzte zur Senkung des politischen Einflusses auf die Justiz, vor allem die Staatsanwaltschaft, im Parlament durchsetzen.

Laut Kommentatoren ist die höhere Anzahl an Untersuchungen vor allem auf die personellen Veränderungen in der Obersten Staatsanwaltschaft und im Innenministerium zurückzuführen. Die Politische Einflussnahme auf Untersuchungen im politischen Umfeld ging offensichtlich zurück. Noch in den vergangenen Jahren sprach man über eine starke Politisierung der Justiz, es wurde sogar der Begriff „Justizmafia“ beim Fall des ehm. Vorsitzenden der KDU-ČSL Jiří Čunek verwendet.

Die Entlassung des Justizministers kann ohne Zweifel als ein Aufbäumen von Teilen der tschechischen Politelite gegen eine allzu unabhängige Justiz verstanden werden. Die Zivilgesellschaft. ist alarmiert. Die Initiative „Vraťte nám stát“ (Geben sie uns den Staat zurück) schreibt in Ihrer Pressemitteilung, Nečas habe offensichtlich unter starkem Druck von wirtschaftlichen Interessengruppen und den „Paten“ von politischen Parteien gehandelt, die Angst vor der Untersuchung von politischen Korruptionsverdachtsfällen haben. Die Initiative fordert die Bürger auf, den Rechtstaat in Tschechien vor der Mafia zu schützen.

Pospíšil war nach Außenminister Schwarzenberg laut einer Umfrage vom Mai 2012 der zweitvertrauenswürdigste Minister der Nečas Regierung. Auf Facebook wurden bereits zahlreiche Gruppen zur Unterstützung von Pospíšil gegründet. Gegenwärtig werden Demonstrationen initiiert. Die Zivilgesellschaft könnte in dem weiteren Verlauf des Ringens um die tschechische Justiz eine wichtige Rolle spielen. Der Ausgang dieses Ringens wird nicht nur ein Prüfstein für die tschechische Rechtstaatlichkeit, sondern auch für den Stand der Demokratie in der Tschechischen Republik sein.

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