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Riikide raportid

Uganda: Kampf für politische Parteien und Pluralismus

kohta Wolfgang Hilberer

Vor dem Hintergrund der Entscheidung des Verfassungsgerichts vom März 2003

Seit 1986 regiert Präsident Museveni in Kampala. Viele Menschen unterstützten ihn zwischen 1980 und 1986 in seinem Kampf gegen die Obote-Diktatur, die nach der Vertreibung Amins 1980 durch gefälschte Wahlen entstanden war. Sie hatten die Hoffnung, dass eine Übergangsregierung unter Museveni freie und faire Wahlen abhalten und die Macht an die Democratic Party (DP) abgeben würde, die um ihren Wahlsieg 1980 betrogen worden war. Außerdem verbanden sie mit Museveni die Installation von Bürgerrechten, insbesondere das Recht auf Bildung von Parteien und ein demokratisches Gemeinwesen. Museveni ist den Ugandern dies nach 17 Jahren seiner Herrschaft bis heute schuldig geblieben. Nach wie vor warten die Menschen auf eine Öffnung des politischen Handlungsspielraumes und die Gewährung elementarer demokratischer Rechte.

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Statt das Versprechen von freien Wahlen 1986 einzulösen, verlängerte die Movement-Regierung unter Museveni die Amtsperiode des National Resistance Council (NRC), einem Scheinparlament, das ohne demokratische Legitimation etabliert worden war, bis 1989.

Immer wieder verstand es das Movement, Wahlen zu verschieben. Zu groß war die Sorge vor einem guten Abschneiden des Uganda People Congress von Milton Obote oder der Democratic Party, deren politische Führer als politisch verdächtig und unzuverlässig galten und in der Vergangenheit mannigfaltiger Verfolgung und Bedrohung für Leib und Leben ausgesetzt waren.

Die Beeinflussung des verfassungsgebenden Prozesses

Präsident Musevenis Regierung startete einen verfassungsgebenden Prozess. Sie forderte zunächst einen gesetzlichen Handlungsrahmen, innerhalb dessen freie und faire Wahlen abgehalten werden sollten, legte jedoch die Spielregeln dafür selbst fest und definierte, was unter „demokratisch regiert“ zu verstehen sei.

Dieser verfassungsgebende Prozess wurde maßgeblich von der Constitutional Commission (CC) beeinflusst. Im Zuge der Debatte um die verfassungsgebende Versammlung waren vielfältige Eingriffe und Beeinflussungen durch das Movement zu verzeichnen. Viele Bestimmungen der Verfassung wurden so zugeschnitten, dass die Movement-Regierung im Amt bleiben konnte. Die Aktionsmöglichkeiten der politischen Konkurrenz wurden drastisch beschnitten. So war es vorhersehbar, dass eine derartige Verfassung den Praxistest nicht bestehen würde. Wichtige Aspekte der ugandischen Geschichte blieben unberücksichtigt.

Das Verbot politischer Aktivitäten für konkurrierende Parteien wurde von der verfassungsgebenden Versammlung im Artikel 269 der Verfassung postuliert.

Mit diesem Artikel ist Uganda de facto ein Einparteienstaat, da er die Betätigung politischer Parteien bzw. deren Aktivitäten wie Parteiorganisation bis an die Basis, Parteitage, öffentliche Kundgebungen, die Unterstützung von Kandidaten als Partei - sowohl bei nationalen als auch bei kommunalen Wahlen und nicht zuletzt die Beteiligung an Wahlen selbst verbietet. Zudem verbietet er pauschal jegliche Aktivitäten, die dem Movement-System entgegenstehen.

Analogien zum politischen System der ehemaligen DDR sind deutlich erkennbar.

Politischer Pluralismus und die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen von 1996

Zu den Präsidentschaftswahlen 1996 einigten sich die oppositionellen Kräfte auf einen Kandidaten, Dr. Paul Ssemwogere, dem Präsidenten der DP, der aufgrund der oben dargelegten Restriktionen nicht als Parteichef, sondern als Einzelpersönlichkeit antreten musste.

Mit aufgeblähten Wählerverzeichnissen und überzähligen Wahlscheinen wurde die Mehrheit für Museveni trickreich beschafft. Obwohl die internationale Staatengemeinschaft die Wahl für ordnungsgemäß erklärte, war sie von Gewalt und Einschüchterungen begleitet. Erklärte Absicht war, jegliche Diskussion über eine Rückkehr zu politischem Pluralismus zu verhindern. Museveni trat während des Wahlkampfes in Armeekleidung auf und schwor, niemals die „Killer von Gestern“ an die Macht zurückkehren zu lassen. Gemeint waren damit die politischen Parteien.

Referendum über das politischen System 2000

Im Jahr 2000 führte das Movement ein Referendum durch, in dem die Menschen über die Zukunft des politischen Systems Ugandas abstimmen sollten. Tatsächlich war es ein weiteres Instrument des Movements zur Sicherung und Erhaltung der eigenen Macht und um jeglichen Einfluss der politischen Gegner zu begrenzen. Es erwies sich indes als schlechter Schachzug. Die Oppositionsparteien, bestehend aus DP, UPC und der Conservative Party, riefen die Bevölkerung dazu auf, das Referendum zu boykottieren.

Als Ergebnis dieser Diskussion musste das Movement den anderen Parteien erlauben, eine Parteizentrale zu unterhalten, also auf der nationalen Ebene mit einer Organisationsstruktur präsent zu sein, nicht jedoch unterhalb der nationalen Ebene, also nicht in den Distrikten, den Counties, den Subcounties und den Gemeinden. Es wird – bis zum heutigen Tage – von Museveni behauptet, dass sie das „bewährte“ Kommunalverwaltungssystem (Local Council System) beeinträchtigen würden -„to confuse the people“-, hätten die Parteien eine Organisationsstruktur bis auf die Gemeindeebene. Tatsächlich ist dieses Kommunalverwaltungssystem ein Herrschaftsinstrument in Händen des Movements.

Die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen des Jahres 2001

Ein hohes Maß an Einschüchterung und Gewalt, insbesondere gegen Musevenis Hauptherausforderer, Dr.Kiiza Besigye prägte die Präsidentschaftswahlen vom März 2001. Die Armee, deren Rolle in der Verfassung als unparteiisch und neutral verankert ist, verbreitete Furcht und Schrecken unter den Wählern.

Als Museveni zum Sieger erklärt wurde, beschritt Besigye den Rechtsweg und klagte vor dem Constitutional Court auf Annullierung der Wahl mit folgender Begründung:

  • Verfassungsbruch durch den Kandidaten Museveni und durch die Wahlkommission (Electoral Commission /EC)
  • grobe Wahlfälschungen
  • Ausnutzung eines persönlichen Militärstatus, insbesondere durch Benutzung der Presidental Protection Unit (PPU) und des Directorate of Military Intelligence (DMI) zur Einschüchterung sowie Aktionen treu ergebener Offiziere wie Major Kakoza Mutale und sein Kalangala Action Plan.

Besigye verlor den Prozess mit einem Abstimmungsergebnis von 2:3 vor dem Verfassungsgericht. Das Gericht wies die Klage im Urteilstenor ab, bescheinigte indes in seiner Begründung Rechtsbruch durch den Kandidaten Museveni und die Wahlkommission und rügte die zahlreichen Wahlfälschungen. Insgesamt war das Urteil eine schallende Ohrfeige für Museveni und zugleich ein Beweis für die fortschreitende Entwicklung rechtsstaatlicher Strukturen in Uganda.

Museveni griff auch in die Parlamentswahlen 2001 ein, indem er versuchte ihm treu ergebene Kandidaten zu unterstützen. Überraschenderweise verloren die meisten der von ihm unterstützten Kandidaten gegenüber Reformisten oder Anhängern des Mehrparteiensystems.

Die Kampagne gegen politische Parteien war sowohl bei der Präsidentschaftswahl als auch bei der Parlamentswahl überdeutlich sichtbar. Ziel war es, ein Parlament voller Movement-Getreuen gewählt zu bekommen, um so leichter das Betätigungsverbot für politische Parteien aufrecht erhalten zu können. Während einer Wahlkundgebung empfahl Museveni ohne Ansehen der Person jeden „Schläfer“ zu wählen, soweit er rechtzeitig wieder aufwacht, um im Parlament für die Politik des Movements zu stimmen.

Probleme bei der Durchführung von Wahlen

Das Team nationaler und internationaler Wahlbeobachter stellte größere Unregelmäßigkeiten bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl fest. Aus den negativen Erfahrungen der Präsidenten- und Parlamentswahlen 2001 wurden offensichtlich nur unzureichend positive Schlüsse gezogen und wenig konkrete Schritte abgeleitet: Die Vollständigkeit und Richtigkeit des Wahlregisters wird weiterhin angezweifelt, die Organisations- und Durchführungskapazität der Wahlkommission hinterfragt, die Einflussnahme der Sicherheitskräfte (Einschüchterung und Verfolgung von Kandidaten und Anhängern, die Rolle der Armee) auf den Wahlgang - vor allem im Westen des Landes (Heimatregion des Präsidenten) kritisiert, das aktive Eingreifen des Präsidenten in den Wahlkampf bemängelt, Todesfälle und Verletzungen in Zusammenhang mit den Wahlen schärfsten kritisiert.

Das 7. Parlament Ugandas hat seine Arbeit fortgesetzt. Inwieweit die gewachsene Zahl der Anhänger oppositioneller Kräfte tatsächlich auf die Entwicklung Einfluss nehmen kann und wird, bleibt abzuwarten. Doch während das 6. Parlament vornehmlich mit der legislativen Ausführung der neuen Verfassung aus dem Jahr 1995 befasst war, wird das neue Parlament wichtige Entscheidungen für die politische Zukunft Ugandas fällen müssen: Die per Verfassung letzte Amtzeit Staatspräsident Musevenis kann nur durch eine Verfassungsänderung mit Zweidrittel-Mehrheit verlängert werden, die Abstimmung über das Gesetz zur Regelung der Aktivitäten politischer Parteien (POA) und somit der Zukunft des politischen System Ugandas jedenfalls hat keine Fortschritte, sondern Status quo oder eher Rückschritte signalisiert.

Einigung konnte bislang auch nicht über die Gestaltung der politischen Transformation Ugandas erzielt werden. Das zur Liberalisierung und Regulierung der Aktivitäten politischer Parteien vor allem von den Geberstaaten geforderte Parteiengesetz (Political Organisations Bill) wurde im Jahr 2002 in der ursprünglichen (verschärften) Form verabschiedet und macht nach wie vor ein aktives Parteienleben unmöglich. Der President General der DP, Dr. Paul-Kawanga Ssemogerere, sowie führende MP's wie Hon. Winnie Byanyima für die Reform Agenda haben Klage gegen das Gesetz vor dem Verfassungsgericht erhoben.

Ein erster Teilerfolg wurde insoweit im Januar 2003 erreicht, als dass das Gericht einer weiteren Klage gegen eine sechsmonatige Registrierungspflicht für die existierenden Parteien nach Verkündigung des Gesetzes stattgab. Anderenfalls wären die Altparteien, die allesamt eine erneute Registrierung ablehnten, illegal gewesen und die Regierung hätte sie verbieten können

Das « Political Parties and Organisations Act » wurde vom Präsidenten unterzeichnet und im Gesetzblatt verkündet. Das Gesetz schrieb die alten Restriktionen des Artikels 269 der Verfassung über die Betätigung politischer Parteien erneut fest (siehe Anhang 3). So ist es weiterhin nicht erlaubt, eine Parteiorganisation unterhalb der nationalen Ebene, so. Z.B. auf District-, County-, Subcounty- oder Gemeindeebene zu errichten oder zu unterhalten. Parteitage und Parteiveranstaltungen bleiben verboten. Ebenso die Beteiligung an Wahlen als Partei oder die Unterstützung von Kandidaten durch eine Partei.

Dagegen hat Dr. Paul Kawanga Ssemogerere für die Democratic Party (DP) Klage vor dem Verfassungsgericht erhoben. Der Klage beigetreten waren u.a. Hon. Kassiano Wadri, Vorsitzender der DP-Fraktion im ugandischen Parlament, Hon. Richard Sebuliba Mutumba (DP), Hon. Winnie Byanyima, Mr. Sam Njuba und Hon. Ronald Reagan Okumu für die Reform Agenda. (siehe Anhang 1)

Durch die Klage ist eine Art Bündnis zwischen DP und Reform Agenda entstanden.

Die Kläger wollten erreichen, dass die Abschnitte 18 und 19 des Gesetzes (siehe Anhang 2) auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüft werden.

Die Kläger trugen vor,

1. dass die streitbefangenen Abschnitte des Gesetzes im Widerspruch zu

Artikel 20 (Fundamental and other human rights and freedoms),

Artikel 29 (1 a,b,d und e ; 2 a) (Protection of freedom of conscience, expresson, movement, religion, assembly and association),

Artikel 43 (1 und 2c)(General limitation on foundamental and other human rights and freedoms),

Artikel 71 (Multy-party political system),

Artikel 73 (2) (Regulations of political organsisations) und

Artikel 286 (International agreements, treaties and conventions)%%

der Verfassung stünden und mithin verfassungswidrig seien, gegen zahlreiche internationale Konventionen zum Schutz der Menschenrechte verstießen, denen Uganda beigetreten sei, sowie den Parteien unrechtmäßige Beschränkungen und Grenzen auferlegen würden, die die Arbeit von politischen Parteien unwirksam werden ließe oder zur Gänze unmöglich machte.

2. Weiter würden die Abschnitte 18 und 19 einen Einparteienstaat des Movements im Widerspruch zu

Artikel 75 ( Prohibition of a one-party state)

der Verfassung festschreiben.

3. Die betreffenden Abschnitte 18 und 19 des Gesetzes stünden ebenfalls im Widerspruch zu

Artikel 21 ( Equality and freedom from discrimination)

der Verfassung, insoweit als Personen auf Grund ihrer politischen Grundhaltung und Überzeugung unterschiedlich behandelt werden würden.

Das Verfassungsgericht gab der Klage in vollem Umfang statt und bestätigte alle gerügten Verfassungsverletzungen mit dem Urteilsausspruch, daß die streitbefangenen Abschnitte 18 und 19 null und nichtig seien. Ebenso bedeutend ist die Feststellung, daß Uganda ein Einparteienstaat unter dem Movementsystem ist.

Die Regierung wurde zu den Kosten des Verfahrens verurteilt.

In den Urteilsgründen bedauerte das Gericht, dass es nur zu den betreffenden Abschnitten urteilen dürfe und nicht zum Gesetz als Ganzes, da die Kläger dies nicht begehrt hatten.

Der Generalstaatsanwalt hat entschieden, die nächste – und letzte Instanz – den Court of Appeal des Supreme Court anzurufen.

In einer ersten Stellungnahme in den Medien würdigte der Auslandsmitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung die Entscheidung des Verfassungsgerichts als Sieg der Herrschaft des Rechts.

Die weitere politische Entwicklung läßt sich heute noch nicht prognostizieren. Aber es wurde eine Tür aufgestossen. Das Urteil ist ein wichtiger Markstein auf Ugandas Weg zur Demokratisierung. Es ist auch ein Erfolg der kontinuierlichen Arbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung, die mit ihrem Rechtsstaatprogramm einen Beitrag zur weiteren Qualifizierung von Richtern und der Rechtssprechung in Uganda geleistet hat.

Am 26.03.03 beginnt die Tagung des National Executive Committe (NEC), des obersten Entscheidungsgremiums des Movements. Es war dem Gericht wichtig, seine Entscheidung vor der Tagung zu verkünden. So wurde am 20.März2003 die Urteilsverkündung auf den Folgetag terminiert. Die Entscheidung des Verfassungsgerichts erging mit 5 :0 Stimmen, also einmütig. Trotz aller Versuche der Beeinflussung durch den Staat hat das Gericht seine unabhängige Rolle wahrgenommen und verdient Respekt und Anerkennung.

Im Vorfeld der NEC-Tagung vermehrten sich die Anzeichen, daß eine Lockerung der rigiden Restriktionen auf der Tagesordnung stehen wird. Selbst Präsident Museveni hat eine Rückkehr zum Mehrparteiensystem für die nahe Zukunft angekündigt. Wie und in welcher Zeitachse ist derzeit noch nicht abzusehen, ebenso ist derzeit offen, ob das Movement sich in eine reguläre Partei transformieren und künftig im Rahmen von politischen Wettbewerb sich beteiligen wird oder welche Winkelzüge angestellt werden, um das Movement – auch außerhalb der verfassungsmäßigen Ordnung – an der Macht zu halten.

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Mathias Kamp

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Referent für Östliches Afrika / Multilaterale Themen Subsahara-Afrika

mathias.kamp@kas.de +49 30 26996 -3426

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