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Von Hymnen und Kasernen: Afrikanische Fußballmeisterschaft 2000

kohta Dr. Ute Gierczynski-Bocandé

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Leidenschaft charakterisiert den Fußball überall auf der Welt und derzeit besonders in Afrika. Leidenschaftlich spielen die Fußballer und voller Passion reagieren die Zuschauer in den Stadien, an den Fernsehschirmen und bei der Rückkehr der Nationalmannschaften. Was jedoch nach den Niederlagen der ivorischen und der senegalesischen Nationalmannschaften geschah, ist so diametral verschieden wie die politischen Regimes der beiden Länder.

Die Mannschaft der westafrikanischen Elfenbeinküste, in der kürzlich ein Militärputsch stattgefunden hat, erhielt bei ihrer Rückkehr aus Lagos einen "Empfang", der in die Annalen der Fußballgeschichte eingehen wird. Genoß der General Robert Guei, der den unbeliebten und des Ethnizismus bezichtigten Staatschef Bedié vor wenigen Wochen absetzte, bislang die Sympa-thie eines Großteils der Ivorer, stellte er sich nun selber in die Reihe der Herrscher, die sich durch Willkür und Machtdrang desavouiert haben.

Zwar hatte die ivorische Mannschaft keinen roten Teppich oder Triumphzug nach ihrer Niederlage gegen Tunesien und ihrem Ausscheiden aus der CAN (afrikanische Fußballmeisterschaft) erwartet, doch der Empfang, den ihnen General Guei bescherte, machte die Fußballer und alle Beobachter sprachlos. Gerade aus dem Flugzeug ausgestiegen, hieß es wieder einsteigen - in einen Militärbus zwecks Transport in die nächste Kaserne. General Guei ließ die Fußballer noch auf dem Rollfeld in militärischer Formation antreten und hielt ihnen vor laufenden Kameras eine Strafpredigt: Mit nicht genug Patriotismus und zu wenig Leidenschaft hätten sie gespielt, ihre Chance hätten sie verspielt und die Hoffnungen aller Landsleute enttäuscht.

Zur Verbesserung der Spielermoral folgte nun die Einweisung in die Kaserne, wo die Spieler eine dreitägige Militärübung absolvieren mußten. Und zur Entschädigung für die erlittene Ehrverletzung des ivorischen Staates und für die der Regierung entstandene Unbill müsse jeder Spieler 5 Millionen Francs CFA (ca. 15.000 DM) Strafgeld zahlen. Diese als völlig überzogen und unsinnig betrachtete Strafzahlung kam Guei wahrscheinlich gerade recht, damit der bankrotte Staat zumindest seine Beamten bezahlen konnte und sich nicht neuerlicher Aufruhrgefahr aussetzen muß ...

Die politische Bedeutung des Fußballs wurde auch in Senegal medienwirksam eingesetzt, allerdings auf eine ganz andere Weise. Auf der Titelseite der regierungsnahen Tageszeitung Le Soleil war am Tag nach der senegalesischen Niederlage eine Triumphhymne des Premierministers zu lesen : Unseren Löwen (Name der Nationalmannschaft). Weiter hieß es, daß alle Spieler eine Siegesprämie in Höhe von 2 Millionen FCFA pro Spieler (ca. 6 000 DM) erhielten (denn ihre Niederlage würde als Sieg gewertet), und daß sie vom Flugzeug des senegalesischen Präsidenten Abdou Diouf in Lagos abgeholt würden.

Es ist bewundernswert, wie auch eine eigentlich mißliche Situation wahlkampftechnisch nutzbringend verwendet wird - das politische und diplomatische Geschick der aktuellen senegalesischen Regierung ist trotz aller Kritik von Oppositionsseite nicht zu verleugnen. Sicher war den Regierenden durchaus bewußt, wie stimmungssteigernd ein Sieg bei der CAN sein würde. Und die Opposition war sich darüber im klaren, daß eine frühe Niederlage der Löwen die Frustration und Unzufriedenheit der Bevölkerung steigern und die Wahlchancen der Oppositionskandidaten bei den Präsidentschaftswahlen Ende Februar erhöhen würde.

Die senegalesische Nationalmannschaft, die seit Jahren kein Bein mehr auf den afrikanischen Fußballboden bekommen hatte und stets in der ersten Runde der afrikanischen Meisterschaften ausgeschieden war, kam dieses Jahr immerhin ins Viertelfinale. Hier galt es, die Nigerianer in Lagos selbst zu schlagen, was den Senegalesen fast gelungen wäre.

Vor dem Spiel hatte der nigerianische Innenminister die nigerianische Mannschaft darauf hingewiesen, daß er im Falle einer Niederlage nicht für ihre Sicherheit garantieren könne. In Nigeria gilt im sportlichen Vergleich eher die übersteigerte Devise: Leidenschaft bis zum Wahnsinn. Es ist nicht nur einmal zu gewalttätigen Ausschreitungen bei und nach Fußball-spielen in Nigeria gekommen.

Das Surulere-Stadion von Lagos glich am 7. Februar einem Hexenkessel, 70.000 Zuschauer, darunter 1 300 Senegalesen, und die senegalesische Mannschaft führte mit 1:0 bis zur 84. Spielminute, dann fiel das nigerianische Ausgleichtor. Ende der Spielzeit, Verlängerung, ein weiteres Tor Nigerias - gerettet! Gerettet? Ja, denn schon nach dem zweiten Tor Nigerias stürmten Tausende von Zuschauern das Spielfeld und konnten nur mühsam mit berittener Polizei wieder in ihre Ränge verwiesen werden. Eine Niederlage der nigerianischen Nationalmannschaft im Heimspiel hätte mit einiger Wahrscheinlichkeit in einem Blutbad geendet, vermuten Beobachter und Kenner des Landes.

So kehrten die Senegalesen trotz allem im Triumph zurück: "Heroisch haben sie gestern verloren, aber Senegal hat mit den Löwen eine Nationalmannschaft gewonnen", stand in Le Soleil, darunter folgende Heldenode, zu dem Anlaß komponiert vom senegalesischen Premier Mamadou Lamine Loum, der sich damit der Tradition des Dichterpräsidenten Senghor würdig erwies:

Dank euch, die ihr in Ehre gefallen seid

Nachdem ihr uns Glück verheißen habt.

Dank euch, die ihr uns in Einheit mit Euch zittern lasst

Und die Dämonen der Entzweiung aus der Arena vertrieben habt.

Dank euch, die ihr wieder an die Heldensagen anknüpft

Und so die schönste Mannschaftsleistung gewebt habt.

Würdige Helden stehen im Graben von Surulere,

Stolz nach ihrer Niederlage, aber keineswegs besiegt,

Denn als die Bollwerke brachen,

standen die Feldzeichen noch aufrecht.

Nur in der Oppositionspresse wurde erwähnt, daß einige senegalesische Fußballfans nach der Niederlage die diplomatischen Vertretungen Zimbabwes und Nigerias in Dakar mit Steinen beworfen haben, der Schiedsrichter war aus Zimbabwe. Ansonsten blieb Dakar friedlich - viele Beobachter der politischen Szene hoffen, daß die Niederlagen und Siege in den anstehenden Präsidentschaftswahlen mit ebensoviel Ethos und Stoizismus aufgenommen werden. Derzeit stehen die Zeichen allerdings eher auf Sturm.

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Sankt Augustin Deutschland