„Wir sind nicht mehr im Frieden“ – Wie mit neuer Sicherheitslage umgehen?
Das Thema scheint die Menschen zu bewegen: Das Forum der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung war gut gefüllt an diesem Montagabend. Über das Bewusstsein im Land zwischen dem russischen Angriffskrieg, der Regeneration der deutschen Verteidigungsfähigkeit und staatsbürgerlicher Verantwortung für die Gemeinschaft wurde angeregt diskutiert. Anlass der Veranstaltung war zum einen die Präsentation der Umfragestudie „Sicherheits- und verteidigungspolitisches Meinungsbild 2025: Die Zeitenwende in den Köpfen“ von Dr. Timo Graf, vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialforschung der Bundeswehr (ZMSBw). Zum anderen muss gerade auch vor dem Hintergrund der Debatte im Deutschen Bundestag um einen neuen Wehrdienst in unserer Gesellschaft diskutiert werden, wie wir mit der neuen Sicherheitslage umgehen und uns als Bürgerinnen und Bürger einbringen können.
„Wir sind nicht mehr im Frieden“, warnte Oberst Dr. Frank Hagemann (Kommandeur ZMSBw) in seiner gemeinsamen Begrüßung mit Dr. Andreas Jacobs. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine laufe seit mehr als drei Jahren und habe Tod und Zerstörung gebracht. Doch auch die NATO und Deutschland seien direkt vom Kreml bedroht – nicht nur militärisch, sondern tagtäglich durch hybride Angriffe, Desinformation, Cyberattacken und Destabilisierung – betonten die Redner.
Medien im Krieg zwischen Verantwortung und Vertrauen
Über eine interaktive Umfrage wurden die Anwesenden im Forum gleich zu Beginn direkt in den Ablauf der Veranstaltung eingebunden. Die Frage, ob man sich durch die Medien ausreichend über Sicherheitspolitik informiert fühle, wurde von zwei Dritteln mit „Ja“ beantwortet und gab ein erstes Stimmungsbild. Parallel zur Abstimmung zeigte ein Einspieler Impressionen und Erinnerungen verschiedener Personen an den Beginn des Krieges und deren Perzeption der deutschen Medienlandschaft. Ausgehend von dem Umfrageergebnis sprach Carolin Unger mit den Presseexpertinnen und -experten Anna Engelke, Vassili Golod und Oberstleutnant Michael Gutzeit über die zentrale Rolle der Medien, über Vertrauen, Kritik und Verantwortung. Vor allem „berichten, was ist“, sei Aufgabe der faktenorientierten Medien, betonte Golod. „Putin versucht, die Herrschaft im Informationsraum zu erlangen“, analysierte Engelke ergänzend dazu. Gegen Verschwörungstheorien und von Russland gezielt gestreuten Zweifeln müssten die öffentlich-rechtlichen Medien arbeiten und stets überprüfbare Fakten im Blick behalten – ungeachtet der Emotionen. Auch wenn man wie Golod selbst in der Ukraine vor Ort sei und im direkten Umfeld Angriffe, Zerstörung und Tote erlebe.
Mehrheit der Deutschen zu Landesverteidigung bereit
Im Anschluss an das Medienpanel stellte Dr. Graf die Ergebnisse seiner aktuellen Umfragestudie „Sicherheits- und verteidigungspolitisches Meinungsbild 2025: Die Zeitenwende in den Köpfen“ vor und erörterte, wie unsere Gesellschaft mit dieser Herausforderung umgeht: Entgegen manchen Annahmen seien die Deutschen bereit, ihr Land zu verteidigen und die klare Mehrheit der Deutschen erkenne die Bedrohung durch Russland. So genieße auch der neue Wehrdienst einen breiten Rückhalt in der Gesellschaft. Zwar sei das Vertrauen in die USA unter Präsident Donald Trump stark erodiert, doch genieße das Verteidigungsbündnis NATO als Institution weiterhin ein hohes Vertrauen.
Für Dr. Graf erwächst aus Erkenntnis, Wille und Befähigung die notwendige Wehrfähigkeit in Deutschland. Doch müsse die Politik damit umgehen, dass inzwischen eine sehr große Erwartungshaltung in der Bevölkerung entstanden sei.
Resilienz hängt ab von bürgerlichem Engagement
Das abschließende Panel diskutierte mit Prälatin Dr. Anne Gidion, Thomas Röwekamp MdB, Vorsitzender des Verteidigungsausschusses, Ljudmyla Melnyk vom Institut für Europäische Politik, Oberstleutnant i.G. Marcel Bohnert, stellv. Bundesvorsitzender, Deutscher Bundeswehrverband und Dr. Graf (unter der Moderation von Dr. Christina Krause) zur gesellschaftlichen Resilienz in der Zeitenwende. Die Expertenrunde war sich darüber einig, dass sich unser Land verändert hat und wir alle gefordert sind. „Gesellschaft funktioniert nur, wenn ich selbst einen aktiven Beitrag leiste“, wies Röwekamp am Ende hin. Mit Blick auf den neuen Wehrdienst unterstrich der Verteidigungspolitiker, dass die Debatte mit der Einführung des neuen Gesetzes nicht ende. Ein Dienstjahr für alle Geschlechter stehe weiter im Fokus.
Drohnen verändern das Schlachtfeld
Wesentliche Gedanken der Debatte waren unter anderem:
• Wir müssten uns vorbereiten und handeln. Doch hätten wir das Gefühl, unglaublich viel Zeit zu haben, warnte Ljudmyla Melnyk.
• Das Schlachtfeld werde wesentlich durch den Einsatz von Drohnen verändert, so Marcel Bohnert. Russen betrieben auf ukrainische Zivilisten eine wahre Menschenjagd, der Krieg erschüttere durch seine Brutalität.
• Bundestagsabgeordneter Röwekamp unterstrich mit Verweis auf die Anhörung im Bundestag zum Wehrdienstmodernisierungsgesetz, dass die Jugend gehört werden und sich aktiv einbringen müsse in die politischen Prozesse, welche sie besonders beträfen.
• Den tobenden Informationskrieg analysierte Melnyk und erklärte, dass das russische Regime versuche, Verunsicherung und Angst zu verbreiten. Es brauche politische Führung, um Widerstandskraft zu entwickeln und Orientierung zu geben.
• Putin drohe der internationalen Staatengemeinschaft, Russland sehe sich in einem Kampf um die Weltordnung gegen den „dekadenten Westen“, so Bohnert. Zwar sei die sogenannte Friedensdividende nun beendet und viele Prozesse wären angeschoben. Doch noch quäle man sich eher durch die Zeitenwende. Es brauche Beschleunigung, denn Russland verfüge über 220 kampferfahrene Brigaden und 1,5 Millionen Soldaten.
• Auf die Notwendigkeit der Selbstverantwortung, die Bedeutung der zivilen Dienste in Alltag und im Ernstfall wies Prälatin Anne Gidion hin. Ein Teil des Wandels im Land müssten ein positives Gemeinschaftsgefühl und ein Grundoptimismus sein, da Hoffnung helfe, mit der Angst umzugehen.
Nach der Öffnung des Podiums für Fragen aus dem Publikum kamen durch die Anregungen der Anwesenden Themen wie strategische Kommunikation, Abschreckung, aber auch ein positiver Ausblick auf die Anteilnahme und das Engagement in der Bevölkerung zum Ausdruck.
Es kommt auf jeden von uns an
Die Frage, wie wir uns als Gemeinschaft besser wappnen können, konnte nicht abschließend an einem Abend beantwortet werden. Doch konnten ein besseres Bewusstsein für Problemfelder gefunden sowie notwendige Schritte und Lösungen aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden. Die Kernbotschaft war deutlich: Jeder Einzelne von uns ist gefragt, jeder kann etwas beitragen zur gesellschaftlichen Resilienz und mehr und mehr Deutsche sind dazu bereit.
Die Veranstaltung fand in Kooperation mit dem Zentrum für Militärgeschichte und Sozialforschung der Bundeswehr statt.
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