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보고서

Kommunalwahl in der Republik Moldau

Dr. Martin Sieg, Andrei Avram

Erster Urnengang nach Regimewechsel vom Juni

Am Sonntag, dem 20.10., fand in der Republik Moldau die erste Runde der Kommunalwahlen statt. Es war die erste Wahl, nachdem im Juni eine Allianz aus der Partei der Sozialisten (PSRM) und dem pro-europäischen Oppositionsbündnis ACUM („Jetzt“) die faktische Herrschaft des Oligarchen Vlad Plahotniuc gestürzt und eine neue Regierung gebildet hatte. Dabei bestätigte sich im Wesentlichen die seither bestehende Kräftekonstellation. Erwartungsgemäß erreichte die PSRM von Präsident Igor Dodon den höchsten Stimmenanteil, blieb aber deutlich unter 30 Prozent, gefolgt vom Wahlblock ACUM von Ministerpräsidentin Sandu, der landesweit den zweiten Platz erreichte. Auf dem dritten Platz landete die Demokratische Partei (PDM) Plahotniucs. Besondere Aufmerksamkeit galt dem Ausgang der Wahl in der Hauptstadt Chisinau, wo Andrei Nastase, die zweite Führungsfigur von ACUM, erneut für das Bürgermeisteramt kandidierte. Nastase war bereits 2018 in einer vorgezogenen Wahl zum Bürgermeister gewählt worden, seine Wahl war jedoch durch die – als politisch kontrolliert geltende Justiz – annulliert worden. Die Bürgermeisterwahl in Chisinau gilt als wichtiger Indikator, ob eher die PSRM oder ACUM von der Zusammenarbeit zwischen beiden Kräften zu profitieren vermag.

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National und international wird die Kommunalwahl in erster Linie als Reaktion der Wähler auf die Folgen des Regimewechsels vom Juni interpretiert werden. In den Jahren zuvor hatten Plahotniuc und die PDM den Staat faktisch „gekapert“ und ein Machtsystem aufgebaut, das sich auf die Kontrolle über die meisten Behörden, insbesondere auch Justiz und Strafverfolgungsbehörden, große Teile der Wirtschaft und eine weitgehende Monopolisierung der Massenmedien stützte. 2015 brachte Plahotniuc mit seinen Instrumenten auch die Mehrheit im Parlament unter seine Kontrolle, was unter massiven Vorwürfen von Erpressung und Korruption erfolgte. In der Folge entwickelte sich ein zunehmend repressives System, das auf die Ausschaltung insbesondere der in ACUM zusammengeschlossenen demokratischen Opposition zielte. Auch mit diesen Mitteln konnte die PDM bei den Parlamentswahlen von Februar 2019 keine Mehrheit im Parlament erlangen, verließ sich für den Machterhalt aber darauf, dass ACUM und die PSRM zu antagonistische Kräfte für eine Zusammenarbeit wären. Da Plahotniuc jedoch für beide zu einer immer existenzielleren Bedrohung wurde, verständigten sich ACUM und PSRM am 8. Juni, für die PDM und viele Beobachter überraschend, auf eine gemeinsame Regierungsbildung. Plahotniuc versuchte daraufhin noch den Machterhalt durch eine Art Staatsstreich mittels des Verfassungsgerichts, das in einer absurden Entscheidung Regierung und Parlament für abgesetzt erklärte. Er musste aber nach einer Woche unter dem Druck der Öffentlichkeit und der internationalen Gemeinschaft aufgeben und floh mit den am meisten kompromittierten Gestalten seines Regimes ins Ausland.

Schwerer Start der neuen Regierung

Im Ergebnis wird die Regierung in der Republik Moldau seither von einer Zusammenarbeit sehr unterschiedlicher, wenn nicht gegensätzlicher Kräfte getragen, die sich zuvor schon durch ihre unterschiedlichen geopolitischen Präferenzen ebenfalls als entschiedene politische Gegner gesehen haben. So hatte sich die PSRM in der Vergangenheit durch eine pro-russische Ausrichtung profiliert, während sie sich mittlerweile auch klar zum Assoziationsabkommen mit der EU bekennt. ACUM hatte sich andererseits als proeuropäische und demokratische Alternative vor allem gegen Plahotniuc, aber auch gegen Dodon und die PSRM formiert. Geopolitische Vektoren hatten auch die moldauische Gesellschaft, Politik und Wählerschaft bereits lange vor Plahotniuc entscheidend polarisiert. Die Betrachtung der Wahlergebnisse wird daher zwangsläufig von der Frage mit bestimmt, wie die Wähler diese Zusammenarbeit zwischen den auch aus Sicht ihrer jeweiligen Anhänger so gegensätzlichen politischen Kräften aufnehmen.

Dabei gestaltete sich der Beginn der neuen Regierung keineswegs einfach. Zwar bedeutete die Bildung der Regierung Sandu zunächst vor allem eine Befreiung, die vermutlich auch nachhaltig wirkt; denn es ist nicht abzusehen, dass eine der verbleibenden größeren Kräfte in der Moldau jedenfalls die Dimension der früheren Machtmissbräuche und Repressionen wiederholen wollte. Gleichwohl kamen Veränderungen bislang nur sehr schleppend voran, wofür vor allem zwei Gründe verantwortlich sind. Erstens sind zwar neue Kräfte an der Regierung, aber nicht notwendigerweise in jeder Hinsicht auch an der Macht; denn Behörden und Justiz werden vielfach noch durch die alten Netzwerke kontrolliert. Zweitens fehlt es der neuen Regierung massiv an Personal, um korrupte Amtsträger durch kompetente und integre Nachfolger austauschen zu können. Das Land ist klein, die Eliten relativ noch kleiner, vor allem in den letzten Jahren durch Auswanderung massiv ausgedünnt; die damit bereits eingetretenen Veränderungen in Sozial- und Elitenstruktur stellen die größte Herausforderung dar hinsichtlich der Frage, ob das Land auf einen westlichen Entwicklungspfad wieder oder überhaupt noch zurückfinden kann. Vor allem die Opposition in ACUM war vom früheren Regime personell durch Repression und ein Abschneiden nahezu aller Finanzquellen, auch der persönlichen Einkommen ihrer Mitglieder, zuletzt bis an den Rand der Zerstörung geschwächt worden. Hinzu kommt, dass die neue Regierung auch unpopuläre Maßnahmen zur Konsolidierung des Haushaltes treffen musste, einschließlich Erhöhungen der Mehrwertsteuer und der Elektrizitätspreise, die die PDM vor den Parlamentswahlen im Februar ebenso wie Steuern und andere Energiepreise abgesenkt hatte. Die anfänglichen Hoffnungen sind daher in der Öffentlichkeit eher einer Ernüchterung gewichen.

Stark personalisierte Kommunalwahlen

Allerdings ist die Kommunalwahl auch nur begrenzt als Stimmungstest zu werten. Kommunalwahlen sind in der Moldau noch wesentlich stärker als in Deutschland Personalwahlen. Eine Parlamentswahl zum gleichen Zeitpunkt hätte ein deutlich anderes Ergebnis gehabt. Die meisten Kommunen sind klein, die Wähler kennen ihre Bürgermeister oft und folgen auch in der Parteipräferenz viel stärker als bei einer Parlamentswahl darin den jeweils gewählten Kandidaten. Darin liegt auch der wichtigste Grund für das relativ gute Abschneiden der PDM; denn sie stellte die Mehrheit der Amtsinhaber und gewann auch deshalb in der ersten Runde die relativ größte Anzahl von Bürgermeisterposten. Die PDM kontrollierte zuvor ungefähr zwei Drittel der knapp 900 Bürgermeister. Die meisten dieser Bürgermeister waren zwar nie für die PDM, sondern für andere Parteien gewählt worden, wechselten aber nach der Machtübernahme Plahotniucs ähnlich wie die Parlamentsmehrheit die Seiten. Dem Vernehmen nach dürfte das in der Regel nach Räubermanier erfolgt sein, indem Bürgermeister jeweils Angebote bekamen, die sie nicht ablehnen konnten. Oppositionelle Bürgermeister wurden, wie in den beiden größten Städten Chişinău und Bălți, durch fadenscheinige Entscheidungen der Justiz abgesetzt. Vor der jetzigen Kommunalwahl hatten andere Parteien, insbesondere ACUM, grundsätzlich eine Linie der geschlossenen Tür gegenüber übertrittswilligen Bürgermeistern der PDM verfolgt, aus Sorge, damit möglicherweise kriminelle Netzwerke in das eigene Parteienbündnis zu integrieren.

ACUM trat erstmals bei einer Kommunalwahl an. Die in ihm zusammengeschlossenen Parteien „Aktion und Solidarität“ (PAS) von Sandu sowie die „Plattform „Würde und Wahrheit“ (PDA) von Nastase wurden erst 2015/16 als demokratische und prowestliche Alternative zu Plahotniuc gegründet. Nach dem Regimewechsel erfolgte die Kommunalwahl unter wesentlich freieren und demokratischeren Verhältnissen als noch die Parlamentswahl vom Februar. Gleichwohl sind die Verhältnisse von Chancengleichheit noch deutlich entfernt. Das frühere Regime hatte ACUM am Aufbau landesweiter Parteienstrukturen weitgehend gehindert. Über einen ausgebauten Parteiapparat mit finanziellen und personellen Ressourcen und erfahrenen Kandidaten verfügten im überwiegenden Teil der Moldau daher nur PDM und PSRM. Zudem werden die Massenmedien nach wie vor weitgehend von der PDM und zum Teil auch der PSRM kontrolliert. Auch was die eingesetzten finanziellen Mittel angeht, haben sich die Ungleichgewichte auch nur graduell gemildert. So verfügte ACUM immer noch nur über einen kleinen Bruchteil der von den maßgeblichen Wettbewerbern bzw. Gegnern tatsächlich eingesetzten Summen.

Die Rolle individueller Kandidaten und des Faktors Geld zeigten sich besonders prägnant an einzelnen lokalen Ergebnissen. So wurde in Bălți Renato Usatii bereits in der ersten Runde erneut zum Bürgermeister gewählt. Usatii hatte sich vor allem in der russischsprachigen Wählerschaft, allerdings auch unter großem Geldaufwand, als Gegner Plahotniucs profiliert, und war bereits 2015 zum Bürgermeister gewählt, aber bereits nach kurzer Zeit abgesetzt worden. Auch seine Partei, im übrigen Land bislang ohne große Bedeutung, gewann in Bălți die Mehrheit im Stadtrat. In Stadt und Kreis Orhei gewannen die „Shor“-Partei und ihr Bürgermeisterkandidat die absolute Mehrheit der Stimmen. Die Partei wurde gegründet von und benannt nach Ilan Shor, der nach allen einschlägigen Untersuchungen und einer erstinstanzlichen Verurteilung Organisator des sogenannten Milliardenraubes aus drei moldauischen Banken war, politisch auch Verbündeter von Plahotniuc und zugleich mit ihm aus dem Land geflohen. Dabei besteht das politische Geschäftsmodell von Shor darin, seine, wie auch immer erworbenen Mittel einzusetzen, um so direkt wie möglich in Wählerstimmen zu investieren. In der Moldau, einem der ärmsten Länder in Europa, mit einem sehr hohen Anteil sozial abhängiger Personen ohne große Zukunftsperspektive oder Hoffnungen, ist der Wert von Freiheit, Rechtstaat und Demokratie für viele Menschen allenfalls abstrakt, ohne einen materiellen Nutzen aufwiegen zu können.

Zeitgleich fanden in einigen Wahlkreisen Nachwahlen zum Parlament statt, die notwendig geworden waren, da einige direkt gewählte Abgeordnete ihre Mandate aufgegeben haben oder dies mussten, u.a. Sandu und Nastase (der bislang Innenminister ist) aufgrund ihres Wechsels in die Regierung. Dabei wurden die früheren Mandate von Sandu und Nastase erneut von ACUM gewonnen. Im Heimatkreis von Plahotniuc, der sein Mandat mittlerweile niedergelegt hatte, gewann erneut ein Kandidat der PDM. Die PSRM gewann ein zusätzliches Mandat für Transnistrien.

Ausgang der Bürgermeisterwahl in Chişinău offen

In Chişinău war der Hauptgegner von Nastase, wie schon 2018, erneut Ion Ceban von der PSRM. Auch die Ergebnisse beider waren nach der ersten Runde nahezu identisch mit den Resultaten von 2018, mit 40 Prozent für Ceban und 31 Prozent für Nastase. Insbesondere die PSRM hatte offenbar mit einem deutlich besseren Abschneiden gerechnet und darauf gesetzt, dass Nastase die Wählermobilisierung bei dieser Wahl schwerer fallen würde als bei vorangegangenen Urnengängen, die stärker von der geopolitischen Polarisierung und dem Protest gegen Plahotniuc getragen wurden. Eine deutliche Mehrheit der übrigen Stimmen ging an andere prowestliche Kandidaten, die Nastase näher stehen als Ceban. So erlangte der langjährige frühere, ebenfalls unter Plahotniuc abgesetzte Oberbürgermeister Dorin Chirtoaca mit 10 Prozent der Stimmen einen Achtungserfolg. Chirtoaca rief noch am Wahlabend zur Unterstützung von Nastase auf, der damit keine ungünstige Ausgangssituation für die zweite Runde hat, auch wenn die Wahl nach wie vor sehr offen ist.

Die Ergebnisse der Kommunalwahl landesweit hochzurechnen, ist aufgrund der verschiedenen Ebenen und von Unterschieden im Wahlverhalten schwierig. Für die für die Kreisräte und die Stadträte in Chişinău und Bălți für Parteilisten abgegebenen Stimmen ergibt sich nach vorläufigen Ergebnissen folgendes Bild: Die PSRM hat landesweit etwa 27 Prozent erhalten, ACUM 23,5 und die PDM 16,5 Prozent. Neben und nicht zuletzt auch auf Kosten der größeren Kräfte bot die Kommunalwahl Entfaltungsspielräume besonders für kleinere Parteien. Vor allem in einigen Hochburgen gut abgeschnitten hat auch die Liberaldemokratische Partei (PLDM), die bei den Parlamentswahlen noch ACUM unterstützt hatte, jetzt aber getrennt antrat und auf etwas über fünf Prozent kam. Die Partei von Usatii erreichte landesweit 4,5 Prozent, die Shor-Partei 6,5 Prozent. Auf eine Vielzahl kleinerer Parteien entfielen weitere 16,5 Prozent. Insbesondere im Bereich des unionistischen (also auf eine Vereinigung mit Rumänien ausgerichteten) Spektrums konkurrierten dabei eine ganze Reihe z.T. neuer Parteien und Kandidaten um Wähler.

Bestätigung der politischen Kräfteverhältnisse

Hinsichtlich der politischen Signalwirkung hat das Ergebnis in erster Linie die bestehenden Kräfteverhältnisse bestätigt. Hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist insbesondere die PSRM, außerhalb Chişinăus auch in geringerem Umfang ACUM. Wer das Ergebnis geopolitisch interpretieren möchte, wird eine deutliche Mehrheit für pro-westlich ausgerichtete Kräfte erkennen. Solche Deutungen sind aber immer oberflächlich; so gab sich etwa auch die PDM immer entschieden pro-europäisch; das diente aber primär nur dazu, die mangelnde demokratische Legitimation der von ihr getragenen Regierungen durch internationale Anerkennung aus der EU zu kompensieren. Vielmehr zeigt das Ergebnis, dass die Zusammenarbeit von PSRM und ACUM bislang keiner der beiden Kräfte in größerem Umfang geschadet oder gegenüber der anderen einen deutlichen Vorteil verschafft hätte. Soweit das Ergebnis also überhaupt als Stimmungstest zu interpretieren ist, unterstreicht es eher, dass sich alternative Mehrheitsbildungen derzeit nicht abzeichnen, zumal die PDM für PSRM wie ACUM derzeit nach wie vor zu diskreditiert für eine Zusammenarbeit erscheint. Daher dürfte in den Resultaten also eher ein stabilisierendes Moment liegen. Die wichtigste Signalwirkung der Wahl wird allerdings von der zweiten Runde in Chisinau ausgehen, die am 3. November stattfindet.

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Leiter des Regionalprogramms Golf-Staaten

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