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IMAGO / Xinhua

보고서

Kommunalwahlen im Libanon

Wichtiger Meilenstein für die neue Regierung und Gradmesser der politischen Balance im Land

Nach dreijähriger Verzögerung wurden im Mai 2025 trotz organisatorischer Hürden, politischer Widerstände und weiterhin vielerorts prekärer Sicherheitslage landesweit Kommunal- und Mukhtarwahlen [1] im Libanon durchgeführt. Ihr Zustandekommen ist ein wichtiger Schritt zur Stärkung der staatlichen Institutionen im Land und ist als Erfolg der seit Anfang des Jahres amtierenden neuen Regierung unter Premierminister Nawaf Salam und des Präsidenten Joseph Aoun zu werten. Die Wahlen geben zudem einen ersten Einblick in die politische Machtbalance im Land nach dem Krieg zwischen Israel und Hisbollah und vor den Parlamentswahlen, die 2026 stattfinden werden.

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Ein überfälliger Urnengang

Kommunalwahlen sind ein zentrales Element demokratischer Teilhabe und ein wichtiges Instrument lokaler Selbstverwaltung. Im Libanon kommt ihnen vor dem Hintergrund eines fragilen Staatswesens und tiefgreifender wirtschaftlicher, sozialer und politischer Krisen eine besondere Bedeutung zu. Die Kommunal- und Mukhtarwahlen 2025 waren die ersten landesweiten Urnengänge seit den Parlamentswahlen 2022 und wurden nach dreijähriger Verzögerung schließlich unter erheblichem Druck aus der Zivilgesellschaft sowie unter Mitwirkung internationaler Partner durchgeführt.

Ihre Durchführung stellte einen wichtigen Test für die neue politische Führung dar – insbesondere für Premierminister Nawaf Salam und Präsident Joseph Aoun, die beide seit Anfang 2025 im Amt sind und sich eine Reformagenda auf die Fahnen geschrieben haben. Die Wahlen galten als Indikator für die Reformfähigkeit des Staates, die Belastbarkeit seiner Institutionen und die politische Mobilisierung auf lokaler Ebene. Bereits im Vorfeld wurde deutlich, dass diese Wahlen weit mehr als eine technische Übung sind: Sie gelten als Barometer für die Stimmung im Land und als Vorzeichen für die 2026 anstehenden Parlamentswahlen.

 

Ablauf und Beobachtungen zur Durchführung

Die Wahlen fanden in vier Phasen zwischen dem 5. und 26. Mai statt. Die Wahlbeteiligung fiel insgesamt niedriger als bei den letzten Kommunalwahlen 2016 aus und zeigte eine deutliche Variation in den verschiedenen Regionen: in Beirut lag sie bei unter 20%, im Norden bei um die 43%, im Süden bei 37%.

Die libanesische NGO Lebanese Association for Democratic Elections (LADE) beobachtete den gesamten Prozess intensiv in allen Landesteilen und identifizierte sowohl positive Entwicklungen als auch erhebliche Mängel im Wahlprozess. 2 Positiv hervorzuheben ist dabei, dass vielerorts erstmals digitale Tools eingesetzt wurden, um den Wahlprozess transparenter und effizienter zu gestalten. Die logistische Durchführung, wie die termingerechte Öffnung vieler Wahllokale, verlief insgesamt besser als bei vorherigen Wahlgängen. Die Präsenz zivilgesellschaftlicher Beobachter war vielerorts gewährleistet.

Allerdings gab es auch signifikante organisatorische und strukturelle Defizite. Systematische Verletzungen des Wahlgeheimnisses wurden beobachtet, ebenfalls teils chaotische Abläufe, lange Wartezeiten und falsche Handhabung der Stimmabgabe. Insgesamt dokumentierte LADE 2.945 Unregelmäßigkeiten bei der Durchführung der Wahlen landesweit. Die Wahlen in Tripoli waren von erheblichen organisatorischen und sicherheitsrelevanten Problemen geprägt In Baalbek-Hermel kam es zu massiven Zwischenfällen, darunter tätliche Angriffe. Die Wahlstille wurde verletzt, teils direkt vor Wahllokalen durch Lautsprecherkampagnen und Sichtbarkeit von Parteisymbolen. Die Beobachterfreiheit wurde an mehreren Orten eingeschränkt – insbesondere im Süden und in Beirut durch Sicherheitskräfte oder politische Anhänger.

Die meisten Beobachter und Kommentatoren werteten allerdings den grundsätzlichen Umstand, dass die Wahl trotz der schwierigen politischen und wirtschaftlichen Situation und der angespannten Sicherheitslage landesweit abgeschlossen werden konnte als Erfolg.

 

Ergebnisse und politische Implikationen

Hisbollah ist weiterhin ein einflussreicher politischer Akteur

Die Kommunalwahlen 2025 haben erneut die starke Stellung Hisbollahs im Süden des Landes und in der Bekaa-Ebene unterstrichen. Trotz erheblicher Zerstörungen durch den jüngsten Krieg mit Israel und der anhaltenden wirtschaftlichen Krise konnte Hisbollah ihren politischen Einfluss behaupten.

In der Bekaa, insbesondere in Baalbek und Hermel, errang die gemeinsame Liste von Hisbollah und Amal („Entwicklung und Loyalität“) klare Siege in den Gemeinderäten. Diese Erfolge wurden größtenteils ohne ernsthafte Konkurrenz erzielt, was sowohl auf die organisatorische Stärke der Allianz als auch auf die Schwäche unabhängiger Kandidaten zurückzuführen ist. Die Wahlbeteiligung lag in diesen Gebieten zwischen 30 % und 47%.

Im Süden des Landes, einer traditionellen Hochburg Hisbollahs, setzte sich die Dominanz fort. In einigen Gemeinden wurden die Wahlen sogar kampflos gewonnen, was die strukturelle Kontrolle und den politischen Einfluss Hisbollahs zusätzlich unterstreicht.

In Beirut, wo die politische Landschaft deutlich fragmentierter ist, agierte Hisbollah diskreter, unterstützte aber die All-Parteien-Liste „Beirut Unites Us“ u.a. mit Amal und dem Free Patriotic Movement (FPM) sowie den beiden dezidierten Hisbollah-Gegner Lebanese Forces und Kataeb. Diese Liste setzte sich gegen zwei konkurrierende Listen mit Kandidaten durch, die teilweise aus den 2019er Protestbewegung hervorgegangen waren.

Die Ergebnisse der Kommunalwahlen bestätigen, dass Hisbollah trotz ihrer militärischen Niederlage im Krieg mit Israel und der Zerstörung, die durch diesen Krieg über den Libanon gekommen ist, weiterhin eine politisch und gesellschaftlich zentrale Rolle im Land spielt.

Machtverschiebungen im politischen System: Gestärkte Lebanese Forces

Die Kommunalwahlen 2025 machten deutlich, dass die traditionellen politischen Parteien ihre lokale Verankerung weitgehend behaupten konnten.

  • Die Lebanese Forces (LF) gingen gestärkt aus den Wahlen hervor. Sie erzielten deutliche Zugewinne in christlich geprägten Regionen wie Zahlé, Koura und Teilen von Keserwan und konnten dort teils in Koalition mit zivilgesellschaftlich geprägten Akteuren lokale Mehrheiten erringen. Die LF setzen damit ihren Aufwärtstrend der letzten Jahre fort und festigen ihre Position als stärkste christliche Partei.
  • Auch die Kataeb-Partei konnte an Einfluss in den Kommunen durch entsprechende Allianzbildung hinzugewinnen, wenngleich ihre landesweite Reichweite begrenzter als die der LF ist. Sie spielt zudem in strategisch wichtigen Konstellationen eine zentrale Rolle.
  • Die Freie Patriotische Bewegung (FPM) hingegen zeigte ein durchwachsenes Bild: Während punktuelle Erfolge durch geschickte Allianzbildung – etwa in Jezzine – erzielt wurden, bleibt die Bewegung weiter unter Druck und gehört zu den Verlierern der Kommunalwahlen. Bereits zuvor hatten wichtige Parlamentarier der Partei den Rücken gekehrt und sind nunmehr als Unabhängige im Parlament.
  • In den drusischen Landesteilen spielt die Progressive Sozialistische Partei (PSP) des Drusenführers Walid Jumbaltt weiterhin die erste Geige. Sie konnte ihre Kontrolle über den Chouf und Aley verteidigen.
  • Besonders zersplittert präsentierte sich das sunnitische Lager. Lokale Eliten sowie kleinere Parteien konnten in Städten wie Tripoli und Sidon punktuell Erfolge erzielen. Die Multipolarität des sunnitischen Lagers besteht in der Post-Hariri/Future Movement Zeit jedoch weiterhin fort.
  • Die Kräfte des Wandels (Change Movement), die nach den Parlamentswahlen 2022 als Hoffnungsträger galten, erlitten einen deutlichen Rückschlag. Listen wie „Beirut Madinati“ verloren massiv an Zustimmung und sahen sich etwa in Beirut mit einer Art All-Parteienkoalition konfrontiert. Interne Fragmentierung, mangelnde Koordination und eine schwache Präsenz auf lokaler Ebene führten insgesamt zu enttäuschenden Ergebnissen.

 

Nach der Wahl ist vor der Wahl: Trends für die Parlamentswahl 2026

Die Kommunalwahlen 2025 gelten vielen Beobachtern als inoffizielle „Generalprobe“ für die Parlamentswahlen 2026. Allerdings ist dieser Befund mit Vorsicht zu genießen: Kommunalwahlen im Libanon folgen häufig einer anderen Logik als nationale Urnengänge. Lokale Machtstrukturen, familiäre Netzwerke, klientelistische Abhängigkeiten und persönliche Loyalitäten prägen vielerorts das Wahlergebnis mehr als programmatische Positionen oder nationale Allianzen. Daraus resultiert, dass sich aus kommunalen Wahlergebnissen nicht immer direkte Rückschlüsse auf parteipolitische Präferenzen oder Wahlausgänge auf nationaler Ebene ziehen lassen.

Trotzdem lassen sich einige Trends ableiten. Besonders hervorzuheben ist das starke Abscheiden der Lebanese Forces (LF), die nicht nur in christlichen Hochburgen zulegten, sondern auch gezielt Allianzen bildeten und in mehreren gemischten Regionen Listen anführten. Die Partei konnte somit ihre Position als führende christliche Kraft im Land festigen und es ist davon auszugehen, dass die LF mit einem entsprechend organisierten Wahlkampf gute Chancen haben, bei den Parlamentswahlen 2026 weitere Mandate zu gewinnen.

Demgegenüber bleibt das sunnitische Lager in einer Phase struktureller Schwäche. Die Entscheidung von Saad Hariri und seiner Zukunftsbewegung, nicht an den Kommunalwahlen teilzunehmen, hat das politische Vakuum in den sunnitischen Regionen vertieft. In Städten wie Tripoli oder Saida traten nur lokale Listen gegeneinander an, ohne dass daraus eine überregionale politische Dynamik entstanden wäre. Die Folge ist eine fortschreitende Fragmentierung und das Ausbleiben einer einheitlichen sunnitischen Vertretung auf nationaler Ebene.

Die „Kräfte des Wandels“, die aus der 2019er-Protestbewegung hervorgingen und 2022 ins Parlament einzogen, gingen geschwächt aus den Kommunalwahlen hervor. Ihre Unfähigkeit, gemeinsame Listen aufzustellen oder lokale Allianzen zu formen, ließ Zweifel an ihrer politischen Zukunftsfähigkeit aufkommen. Für sie wird es mit Blick auf die Parlamentswahlen darauf ankommen, interne Konkurrenz zu minimieren und pragmatisch Bündnisse auch mit etablierten politischen Akteuren zu schmieden.

Besonders zu beachten wird bei den kommenden Parlamentswahlen auch das Abschneiden Hisbollahs sein. Der anhaltende Rückhalt für Hisbollah in der schiitischen Gemeinschaft lässt sich als das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels aus ideologischer Bindung, strategischem Narrativ und sozialer Abhängigkeit analysieren. Zentral dabei ist erstens der „Opferdiskurs“: Der Tod von Kämpfern wird von Hisbollah als Märtyrertum inszeniert, was insbesondere in Familien mit Verlusten zu einer Vertiefung der Loyalität führt. In schiitischen Gemeinschaften gilt der Einsatz im Widerstand vielfach als Ehrenpflicht – Kritik erscheint oft als respektlos gegenüber den Toten. Zweitens hat die Partei erfolgreich ein existenzielles Narrativ etabliert, in dem sie sich als letzte Schutzmacht der Schiiten darstellt – gegen Israel, gegen sunnitische Extremisten, gegen westliche Einmischung und gegen ein vom Zentralstaat vernachlässigtes System. Drittens sorgen soziale Kontrolle, Angst vor Repression sowie der Rückgriff auf wirtschaftliche Patronage dafür, dass selbst Unzufriedene schweigen.

Diese Faktoren zusammengenommen erklären, warum Hisbollah trotz wachsender Frustration darüber, dass die Organisation das Land in einen Krieg mit Israel verwickelt hat, bei den Kommunalwahlen erneut mit Geschick und Druck in ihren Hochburgen dominieren konnte. Solange der Staat als Sicherheitsakteur nach innen und außen sowie als Garant der öffentlichen Ordnung und Versorgung nicht ausreichend präsent ist und alternative Bewegungen innerhalb der schiitischen Gemeinschaft nicht richtig Fuß fassen, wird sich an diesem Kräfteverhältnis wenig ändern.

 

Fazit: ein wichtiger Schritt, dem aber noch weitere folgen müssen

Die Kommunalwahlen 2025 waren ein wichtiger politischer Schritt, die staatlichen Institutionen auf kommunaler Ebene nach dreijähriger Verzögerung wieder mit einem Mandat zu versehen. Dabei wurde deutlich, dass politischer Wettbewerb möglich, aber weiterhin stark von etablierten Netzwerken geprägt ist. Besonders deutlich wurde dies in Beirut, wo es zur Wahrung der paritätischen Zusammensetzung des Stadtrats zu einer Koalition aller etablierter Parteien kam.

Die Durchführung dieser seit langem überfälligen Wahlen war auch ein wichtiger Test für die neue politische Führung des Libanons, den diese bestanden hat. Doch bis zu den Parlamentswahlen 2026 stehen weitere entscheidende Schritte für den Libanon und seine Regierung an: Dazu zählt in erster Linie die Entwaffnung Hisbollahs, die für eine wirkliche politische Stabilisierung unabdingbar ist. Solange die Organisation das Gewaltmonopol des Staates untergräbt, bleibt der institutionelle Aufbau fragil. Der Libanon kommt damit auch seinen einschlägigen internationalen Verpflichtungen nach, nicht zuletzt im Kontext der Beendigung des Krieges zwischen Israel und Hisbollah Ende November 2024. In diesem Zusammenhang wird die Regierung sich mit ihren Partnern im Westen sowie in der Region auch für einen vollständigen Rückzug der israelischen Streitkräfte von libanesischem Territorium einsetzen müssen.

Ebenso zentral ist die Fortführung wirtschaftlicher Reformen, insbesondere entlang der Vereinbarungen zwischen dem Libanon und dem Internationalen Währungsfond (IWF). Erste Fortschritte – etwa mit dem überarbeiteten Gesetz zum Bankgeheimnis – wurden erzielt, doch der Reformprozess bleibt unvollständig. Schließlich sollte der nun begonnene Fokus auf die Kommunalebene genutzt werden, um eine nationale Debatte über echte Dezentralisierung anzustoßen. Diese wäre nicht nur eine Konsequenz aus den jüngsten Wahlen, sondern auch ein Schritt hin zu einem inklusiveren und effizienteren Staatswesen.

 


 

1 Der Mukhtar, was „der Auserwählte“ bedeutet, ist ein gewählter staatlicher Vertreter auf Nachbarschafts- oder Dorfebene, der historisch gesehen eine äußerst bedeutende Persönlichkeit innerhalb der libanesischen Gemeinschaften darstellt. Er ist die zentrale Anlaufstelle, an die sich alle Mitglieder der Gemeinde wenden, um ihre Bedürfnisse und Anliegen zu äußern. Im Zentrum der Gesellschaft ist er die versöhnende Instanz, die die Brücke zwischen Bevölkerung und Behörden schafft und aufrechterhält.

Die vier Berichte der Organisation LADE nach jedem Wahlwochenende lassen sich auf Arabisch auf deren Website abrufen: https://lade.org.lb/DATA/%D9%85%D9%86%D8%B4%D9%88%D8%B1%D8%A7%D8%AA.aspx

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