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Relatórios dos países

Bosnien und Herzegowina - Situationsbeschreibung

Geteilter Staat - auch in der Corona-Krise

Wie geht Bosnien und Herzegowina mit der Corona-Krise um? Eine gemeinsame Bekämpfung von Covid-19 erfolgte nicht. Auch jetzt entscheidet jeder für sich - ein Gremium für das gesamte Land wurde nicht gebildet. Eine Abstimmung von Maßnahmen war nicht wahrnehmbar. Die Zahlen der Betroffenen blieben zum Glück gering. 152 Personen sind in Bosnien und Herzegowina an Covid-19 verstorben, fast 2.000 Personen sind genesen, die Zahl der Infizierten liegt unter 3.000. Die Zahlen der Neuinfizierten sind sehr gering.

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Normalität des Streits

Am Beginn der Pandemie bestand die berechtigte Furcht, dass das schwache Gesundheitssystem des Landes einer Welle an Infizierten nicht standhalten könne. Auch deshalb wurden sehr restriktive Einschränkungen in beiden Entitäten teilweise schlagartig eingeführt, unter anderem eine Ausgangssperre von 20:00 bis 05:00 Uhr, ein Ausgangsverbot für Menschen unter 18 und über 65 Jahren, das über Wochen galt. In der Entität Republika Srpska (RS) wurde mehrmals ein Verbot des Verlassens des Wohnsitzes während des Wochenendes erlassen. Eine Maskenpflicht wurde für alle öffentlichen Bereiche eingeführt. Für Arbeitnehmer in öffentlichen Bereichen gab es eine Handschuhpflicht. Schulen, Universitäten, Restaurants, Fitnesscenter und andere Dienstleister wurden geschlossen. Supermärkte und Apotheken öffneten verkürzt. Der öffentliche Personenverkehr wurde eingestellt.

Die wirtschaftlichen Folgen der Maßnahmen sind bereits heute besorgniserregend. Wie auch in anderen Ländern, hat die Corona-Krise auf dem Arbeitsmarkt in Bosnien und Herzegowina deutliche Spuren hinterlassen. Schätzungen zufolge haben 28.000 Arbeitnehmer in der Föderation von Bosnien und Herzegowina und ungefähr 2.000 Arbeitnehmer in der Republika Srpska seit März ihre Arbeit verloren. Am anfälligsten war die Dienstleistungsbranche. Obwohl in beiden Entitäten Fonds, Entscheidungen und Gesetze zur Milderung der negativen Auswirkungen der Krise verabschiedet wurden, spüren Bürger und Unternehmer diese Hilfsmaßnahmen nur bedingt.

Das Land hat für solch ein Szenario nicht die notwendigen Reserven aufgebaut und die meisten Bürger, die von Gehaltszahlung zu Gehaltszahlung leben, können solch einen Bruch schwer verkraften. Unterschiedliche Zweige sind von der Krise betroffen. ArcelorMittal Zenica hat den Betrieb im Mai eingestellt. In dem Kraftwerk arbeiten über 2.400 Menschen. Die Produktion wurde vollständig eingestellt. Das Unternehmen gab bekannt, dass es aufgrund des durch die Pandemie verursachten Nachfragerückgangs den Betrieb für Mai, Juni und Juli eingestellt hat. Sogar bei Beschäftigten im öffentlichen Dienst wurden mögliche Gehaltskürzungen angekündigt. In vielen anderen Bereichen, sind Kürzungen erfolgt. Obwohl sämtliche Verkaufsstellen wieder geöffnet haben, bleiben die Kunden aus. Für den Tourismus ist die Krise besonders hart.
 
Ändert die Politik die üblichen Abläufe in der schwierigen Situation? Anfang April wurde in Anwesenheit des EU-Botschafters Johann Sattler, der Premierminister beider Entitäten, des Vorsitzenden des Ministerrates von Bosnien und Herzegowina und des Staatsfinanz-ministers, von den Vorsitzenden der SDA, der HDZ und der SNSD, nach einem Treffen mit Vertretern der EU und des IWF ein Arrangement mit einer Kredithöhe von 330 Mio. EUR zur Bekämpfung der Corona-Krise beschlossen. Dennoch konnte die Soforthilfe fast zwei Monate nicht genutzt werden, weil sich die Regierungsparteien nicht über die Verteilung einigten. Eine Einigung ist nun erfolgt.

Zwei Monate Grenzschließung

Seit dem 1. Juni sind die Grenzen des Landes wieder offen, und zwar nach zwei Monaten Grenzschließung. Neben dem Flughafen Sarajevo wurden am 30. März die Flughäfen in Mostar, Banja Luka und Tuzla geschlossen. Die Flughäfen waren zwar für Reisende geschlossen, jedoch weiterhin für humanitäre Flüge und den Frachtverkehr geöffnet. Die Zahl der verfügbaren Flüge und Flugziele ist jedoch gering, und dies soll sich ab dem 15. Juni ändern.

Ausländischen Staatsbürgern war seit dem 25. März die Einreise in Bosnien und Herzegowina untersagt. Davon ausgenommen waren: medizinisches Personal, Behandlungsbedürftige Personen (Patienten), grenzüberschreitende Arbeitnehmer (Pendler), Mitglieder der Katastrophenschutzdienste und -teams, Mitglieder der NATO-Streitkräfte und Mitglieder der Streitkräfte anderer Länder aus der Partnerschaft für Frieden sowie des NATO-Hauptquartiers in Bosnien und Herzegowina, Personen mit einer Aufenthaltsgenehmigung in Bosnien und Herzegowina, Personen im Transit durch Bosnien und Herzegowina, andere Personen mit besonderen Genehmigung des Ministerrats, kroatische und andere EU-Staatsbürger beim Transit durch den Neum-Korridor. LKW-Fahrer, Zugführer, Piloten und Kabinenmannschaften im internationalen Verkehr waren davon nicht betroffen.

Für Bürger von Bosnien und Herzegowina die in das Land einreisten war die häusliche Isolation in einer Dauer von 14 Tagen obligatorisch. Für einen Zeitraum von zwei Wochen, mussten sich Einreisende im April einer 14-tägigen Quarantäne in Zelten an der Grenze unterziehen. Die Abschaffung der häuslichen Isolation und die Öffnung der Grenzen folgten auf die nicht zeitgleiche Abschaffung des Notzustandes/Ausnahmezustandes in beiden Entitäten.

Bürger fordern Veränderungen

Das Land wurde nicht nur von Corona geplagt. Korruption war und ist ein Brennpunkt in Bosnien und Herzegowina auch in dieser Zeit. Und die Korruption betrifft auch die Beschaffung von medizinischen Geräten. Ein Unternehmen, das sich mit der Züchtung von Himbeeren beschäftigt, wurde für die Bestellung von Beatmungsgeräten ausgewählt. Deren Kaufpreis lag weit über den üblichen Werten und da die Geräte die nötigen Funktionen nicht erfüllten, wurde der Premierminister der Föderation von Bosnien und Herzegowina (FBiH), Fadil Novalić, von der Staatlichen Ermittlungs- und Schutzbehörde (SIPA) verhaftet. Neben Novalić wurden der Direktor der Verwaltung für Katastrophenschutz der FBiH, Fahrudin Solak, und der Inhaber der Firma „FH Srebrena malina“, Fikret Hadžić, am 29. Mai 2020 verhaftet und der Staatsanwaltschaft von Bosnien und Herzegowina übergeben. Alle drei wurden inzwischen freigelassen.

In der schwierigen politischen und wirtschaftlichen Situation, führten diese Skandale dazu, dass es in Sarajevo zu einer gut besuchten Demonstration kam. Unter den mehreren tausend Demonstranten befanden sich auch Mitglieder der abgewählten Regierung des Kantons Sarajevo. Die Demonstranten forderten Veränderungen in der Regierung und den Kampf gegen Korruption. „Es gab genug Stille!“ war das Motto der Demonstration. Der Vorsitzende der Bewegung Platforma za progres, Mirsad Hadžikadić, der Initiator des Protestmarsches, forderte unter anderem:

• die Durchführung der Kommunalwahlen bis zum 15. November 2020 einschließlich der Bürgermeisterwahlen in Mostar
• Einführung des elektronischen Wahlzettels bis 2022
• Abschaffung der Parteifinanzierung bis Ende dieses Jahres
• der Wirtschaft wichtige Impulse geben, sowohl für diejenigen, die während der Pandemie zu Schaden gekommen sind, als auch für andere
• Harmonisierung der Gehälter und Zulagen im öffentlichen Sektor mit den Zulagen im realen Sektor
• keine Toleranz gegenüber Korruption – die „Beatmungsgeräte-Affäre“ als Beispiel für andere Straftäter nutzen
• Diplome aller Vertreter von Regierung, Justiz und Mitarbeitern öffentlicher Institutionen überprüfen und alle mit gekauften Diplomen entfernen.

„Wir werden protestieren, bis unsere Forderungen erfüllt sind“, sagte Hadžikadić.

Finden die Kommunalwahlen 2020 statt?

Das Gesetz sah Kommunalwahlen am 04. Oktober 2020 vor. Die Zentrale Wahlkommission von Bosnien und Herzegowina schlug vor, die Wahlen zu verschieben. Begründet wurde dies mit der Corona-Krise. Dazu verabschiedete die Zentrale Wahlkommission einen Beschluss zur Einleitung der Initiative zur Verabschiedung des Gesetzes über Änderungen des Wahlgesetzes von Bosnien und Herzegowina. Dadurch wird das von den zuständigen Institutionen im Land erklärte Konzept außerordentlicher Umstände eingeführt, wodurch die Zentrale Wahlkommission von Bosnien und Herzegowina befugt ist, eine Entscheidung über die Verschiebung zu treffen, was die Einberufung und Abhaltung der Wahlen betrifft. Dies betrifft alle Regierungsebenen.

Zu einer Verschiebung des Wahltermins ist es nun auch gekommen, jedoch aus einem anderen Grund. Die Zentrale Wahlkommission von Bosnien und Herzegowina hat beschlossen, dass die diesjährigen Kommunalwahlen am 15. November statt am 4. Oktober stattfinden. Die Entscheidung über die Verschiebung wurde mit Finanzierungsproblemen begründet, da aufgrund der Nichtannahme des Haushaltsplans für Bosnien und Herzegowina, aus dem auch die Wahlen finanziert werden sollten, keine Haushaltsmittel zur Verfügung stünden. Ob dieser Wahltermin endgültig ist bleibt abzuwarten. Gleichzeitig gibt es Forderungen, die Kommunalwahlen in das Jahr 2022 zu legen.

Sicherheitsminister tritt nach sieben Monaten wegen „Sicherheitsproblemen“ zurück

Neben Komplikationen was die Wahlen im Land betrifft, herrscht auch Unruhe im Ministerrat von Bosnien und Herzegowina. Der Ministerrat wurde im Dezember 2019 gebildet. Sicherheitsminister Fahrudin Radončić ist nach sieben Monaten zurückgetreten. Radončić erklärte: „Der erste Grund ist das unterschiedliche Verständnis der Migrantenkrise, einerseits von mir als Sicherheitsminister und andererseits von Šefik Džaferović, Mitglied der Präsidentschaft von Bosnien und Herzegowina und Bisera Turković, die sich für den pakistanischen Botschafter einsetzten und das Sicherheitsproblem der Migranten nicht verstehen und nicht als gefährlich identifizieren.“ Als weiteren Grund wies er auf seine persönliche Einschätzung hin, dass die Beziehungen zwischen SDA, SNSD und HDZ so sind, dass sie für lange Zeit kein gutes Arbeitsumfeld im Ministerrat von Bosnien und Herzegowina schaffen werden.

Wie im Vorjahr halten sich im Land viele Migranten auf. Ein Großteil der Menschen stammt aus Pakistan und versucht über die Balkan-Route in die Europäische Union zu gelangen. Da viele der Migranten nicht untergebracht werden und erkrankt sind, hatte Radončić mehrfach darauf hingewiesen, dass sie aus seiner Sicht eine Bedrohung darstellen.

Radončić hatte die Botschaft Pakistans um Hilfe gebeten. Diese hat erklärt, dass sie in dieser Angelegenheit nicht handeln kann. Daraufhin kritisierte Radončić den pakistanischen Botschafter. Das Mitglied der Präsidentschaft von Bosnien und Herzegowina Šefik Džaferović und Außenministerin von BiH Bisera Turković nahmen dagegen den Botschafter in Schutz. Der Rücktritt von Radončić erfolgte auch deshalb überraschend, da in Bosnien und Herzegowina öffentliche Ämter sehr selten freiwillig abgegeben werden.

Streit um die Folgen des Krieges von 1992 bis 1995

Vor 25 Jahren erfolgte in Srebrenica das schlimmste Kriegsverbrechen in Europa nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Über 8.300 Männer wurden ermordet. Einzeln oder massenhaft exekutiert, verscharrt in Massengräbern: Bosniaken im Alter von 13 bis 78 Jahren. Ein Völkermord. Nach dem Eingriff der NATO wurde der Krieg mit dem Abkommen von Dayton Ende 1995 beendet. Der Krieg kostete mehr als 100.000 Menschen das Leben.
Bis heute wird den Opfern des Krieges nicht gemeinsam gedacht, offenkundige Kriegsverbrechen werden geleugnet, verurteilte Kriegsverbrecher werden teilweise geehrt.

Das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag bezeichnete das Massaker von Srebrenica in mehreren Urteilen als Völkermord. Der Internationale Gerichtshof traf im Jahr 2007 die gleiche Aussage. Die Bewertung der Massaker als Völkermord durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen wurde 2015 durch ein Veto der Russischen Föderation verhindert.

Milorad Dodik, Mitglied der Präsidentschaft von Bosnien und Herzegowina und Parteivorsitzender der SNSD, hatte für März/April 2020 das „objektive und unparteiische“ Ergebnis der Arbeit einer internationalen Kommission zu Srebrenica angekündigt.

Im Vorfeld wurde der Bericht der Regierungskommission der Republika Srpska zur Untersuchung von Ereignissen in und um Srebrenica vom 10. bis 19. Juli 1995 durch die Nationalversammlung der Republika Srpska 2018 auf Vorschlag des damaligen RS-Präsidenten Milorad Dodik abgelehnt. Dodik sagte damals, der Bericht sei „kein objektives Dokument und sei unter großem Druck der internationalen Gemeinschaft verabschiedet worden“.

In der Folge setze Dodik die Kommission mit neun Mitgliedern ein. Der israelische Historiker Gideon Greif leitet die Gruppe der auch Markus Goldbach aus Deutschland angehört.

Es kann erwartet werden, dass das Ergebnis des Berichtes den Umgang mit der Geschichte weiter erschwert.

Aussichten

Auch in der Corona-Krise zeigen sich die mangelnde Bereitschaft und Fähigkeit in Bosnien und Herzegowina, notwendige Lösungen und Maßnahmen gemeinsam für das Land zu treffen. Selbst dringende Schritte würden ohne die Vermittlung und die Vorschläge der Vertreter der internationalen Gemeinschaft ausbleiben.

Die Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation hat bereits einen Teil der Bevölkerung erreicht. Auch die öffentlichen Haushalte sind betroffen. Die Veränderung des Arbeitsmarktes besonders in Deutschland wird die Möglichkeit, die eigene Zukunft im Ausland zu gestalten, reduzieren. Sollte die Politik auf die wirtschaftlichen Herausforderungen in der gewohnten Art reagieren, ist mit dem Wachsen der Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Situation zu rechnen. Anders als in der Vergangenheit, dürften heute die finanziellen Möglichkeiten nicht mehr gegeben sein, den Protest durch soziale Leistungen zu befrieden. Gleichwohl gibt es Vorschläge und Angebote über die Zukunft gemeinsam zu diskutieren. Dazu gehören auch Vorschläge zu notwendigen wirtschaftlichen Reformen.
 

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