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Machtspiele auf See

de Lara Müller

Wenn Seerecht erodiert: Ostsee, Südchinesisches Meer und Europas sicherheitspolitische Verwundbarkeit

Die Weltmeere geraten im Zuge globaler Machtverschiebungen zunehmend in den Fokus autoritärer Machtpolitik. Staaten wie Russland und China untergraben gezielt das Seerecht, um maritime Räume strategisch zu formen – eine Praxis, die als „Lawfare“ bekannt ist. In der Ostsee zeigen Sabotageakte Europas Verwundbarkeit, im Südchinesischen Meer demonstriert China, wie Recht zur Machtfrage wird. Beide Fälle verdeutlichen: Wo das Seerecht unterwandert wird, geraten Europas Sicherheit, Handlungsfähigkeit und die regelbasierte Ordnung ins Wanken.

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Die Weltmeere bilden das Rückgrat globaler Stabilität, wirtschaftlich, digital und sicherheitspolitisch. Über 90 Prozent des Welthandels sowie große Teile europäischer Energie- und Datenflüsse verlaufen über maritime Routen. Doch im Zuge globaler Machtverschiebungen hin zu einer multipolaren Ordnung geraten diese Lebensadern zunehmend unter Druck. Gerade auf See wird sichtbar, wie autoritäre Großmächte wie Russland und China das Völkerrecht gezielt unterlaufen, mit hybriden Mitteln operieren und rechtliche Grauzonen strategisch ausschöpfen. Dieses systematische „Lawfare“ bedroht nicht nur die regelbasierte Ordnung, sondern auch Europas Interessen. Die Ostsee und das Südchinesische Meer stehen exemplarisch für diese Dynamik: Als geopolitische Hotspots machen sie unterschiedliche Dimensionen maritimer Einflussnahme unterhalb klassischer Eskalationsschwellen sichtbar.

In der Ostsee zeigt sich Europas unmittelbare Verwundbarkeit: Seit Beginn des russischen Angriffskriegs häufen sich Sabotageakte, Spionagevorfälle und verdächtige Manöver in der Nähe maritimer kritischer Infrastruktur. Besonders verletzlich sind Unterseekabel, Pipelines und Stromverbindungen. Trotz bestehender Bündnisse bleibt der Schutz lückenhaft, die rechtliche Zuständigkeit diffus. Insbesondere Russland agiert zunehmend verdeckt, durch die sogenannte „Schattenflotte“. Die Ostsee wird so zum Testfeld hybrider Kriegsführung mit schwer kalkulierbaren Folgen für Europas Sicherheit und Stabilität.

Im Südchinesischen Meer entsteht, währenddessen ein strategischer Präzedenzfall: China deutet völkerrechtliche Normen um, errichtet künstliche Inseln und sichert seinen Anspruch durch permanente Präsenz und paramilitärische Milizen. Die rechtliche Substanz des UN-Seerechtsübereinkommens (UNCLOS) wird dabei gezielt untergraben mit globaler Signalwirkung. Auch wenn Europa dort sicherheitspolitisch wenig präsent ist, gefährden die Folgen dieser Entwicklung direkte Interessen, wie stabile Lieferketten, freie Seewege und internationale Rechtsverbindlichkeit.

Beide Fälle offenbaren zentrale Schwächen des bestehenden Seerechts. Die Durchsetzungskraft von UNCLOS bleibt begrenzt, vor allem aufgrund machtpolitischer Asymmetrien. Zudem zeigen sich konzeptionelle Lücken. Das Abkommen ist nicht auf hybride Bedrohungen oder gezielte Angriffe auf maritime kritische Infrastrukturen ausgelegt. So entsteht eine strategische Grauzone, in der Regelverstöße ohne konkrete Konsequenzen bleiben und sich durch Wiederholung zur völkerrechtlichen Gewohnheit verfestigen können.

Europa steht zunehmend vor der Aufgabe, maritime Sicherheit als integralen Bestandteil seiner strategischen Stabilität zu begreifen. Die gezielte Unterwanderung des Seerechts durch autoritäre Akteure hat nicht nur Auswirkungen auf globale Handelsrouten, sondern kann auch innenpolitische Spannungen verstärken, etwa durch wirtschaftliche Unsicherheit, Desinformation oder die Instrumentalisierung gesellschaftlicher Verunsicherung. Wo maritime Ordnung erodiert, geraten auch rechtliche Souveränität und politische Kohärenz unter Druck. In einem Umfeld wachsender globaler Spannungen, rückt zudem die Frage in den Vordergrund, wie Europa sicherheitspolitisch eigenständiger agieren kann. Maritime Sicherheit ist damit kein Randthema, sondern ein Prüfstein europäischer Resilienz.

Lesen Sie die gesamte Analyse: „Machtspiele auf See – Wenn Seerecht erodiert: Ostsee, Südchinesisches Meer und Europas sicherheitspolitische Verwundbarkeit“ hier als PDF.

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Dr. Kristin Wesemann

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