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Menschenrechte vs. Wirtschaftsinteresse: Wie stellt sich die EU zu China?

Europa-Woche 2021 der Konrad-Adenauer-Stiftung

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Chinas Aufstieg zu einer der führenden Wirtschaftsmächte der Welt hat gezeigt, dass sich die EU verstärkt mit China als Handelspartner auseinandersetzen muss. Dabei gilt es einen Kompromiss zwischen werteorientierter Außenpolitik und der Durchsetzung der eigenen Wirtschaftsinteressen gegenüber China zu finden. Zu diesem Thema veranstaltete das politische Bildungsforum ein Webinar zum Thema Menschenrechte vs. Wirtschaftsinteresse: Wie stellt sich die EU zu China?. Als Referenten waren Ming Shi, Journalist und Autor und Matthias Schäfer, ehemaliger Leiter des KAS-Auslandsbüros Shanghai eingeladen. Moderiert wurde die Veranstaltung von Tim-Jonas Beyer.

Nach einer Begrüßung der Teilnehmenden und Vorstellung der Referenten durch Herr Beyer, begann Herr Shi seinen Vortrag über die Wirtschaftslage in China. Dabei zeichnete er ein abweichendes Bild von den herkömmlichen Berichterstattungen, indem er über die chinesische Arbeitslosenquote, welche bei 18% liegt und die hohe Staatsverschuldung sprach. Weiterhin berichtete Herr Shi von einem Trend der Abwendung, welcher sich bei Ländern wie den USA, Kanada, Japan und Südkorea erkennen lasse. Die chinesische Regierung reagiere auf diese Entwicklungen mit Boykotten, welche kürzlich Firmen wie H&M, Adidas und Tesla trafen. Zusätzlich hätten einige Länder, wie Sri Lanka, Tansania und Nigeria chinesische Projekte aufgekündigt. Herr Shi widerlegte dabei Argumente, welche von der deutschen Abhängigkeit vom chinesischen Markt sprechen, da eine Teil-Abhängigkeit bei lediglich 8% der deutschen Wirtschaft bestehe und - Stand heute - bestenfalls eine deutsche Firma vollständig vom chinesischen Markt abhängig sei. Bezüglich der Frage der Menschenrechte, vertat Herr Shi die Meinung, dass die EU ein einheitliches und geschlossenes Handeln gegenüber China zeigen sollte. In der Vergangenheit wurde deutlich, dass sich die chinesische Regierung auch an Bürgern anderer Länder vergreife. Somit gelte es nicht nur die chinesische, sondern auch die eigene Bevölkerung zu schützen. Hinzu kämen Problematiken, das ausländische Konzerne ihre Gewinne aus China eine Zeit lang nicht zurück an ihre Mutterkonzerne überweisen durften, sowie die Verweigerung von juristischem Beistand bei Gesprächen mit chinesischen Ermittlungsbehörden. Daher, so Herr Shi, ist der Faktor der Menschenrechte nur ein Kristallisationspunkt für alle rechtstaatlichen Aspekte. Die chinesische Regierung missachte nicht nur die Pressefreiheit in China, sondern auch die Rechte ausländischer Unternehmer und Bürger im eigenen Land.

Herr Schäfer zeichnete mit seinem Vortrag ein anderes Bild von China und der chinesischen Politik. Er betonte, dass Deutschland und die EU weiterhin ein Interesse haben, sich mit China auszutauschen und zu handeln. Am Beispiel der Bekämpfung der Corona-Pandemie in China ließe sich erkennen, dass dort anders mit dem Virus umgegangen wurde und sowohl die Regierung als auch die Bevölkerung dazu beigetragen haben, eine No-Covid-Strategie umzusetzen. Weiterhin berichtete Herr Schäfer von seiner Zeit in Shanghai und wies auf die enorme soziale Ungleichheit in der Gesellschaft hin. Gerade die junge chinesische Generation beschäftige sich mit den gleichen Themen wie die europäische Jugend. Auch dort seien Themen wie Nachhaltigkeit und die Eindämmung des Klimawandels von großer Bedeutung. Ein Blick in die Zukunft, so Herr Schäfer, zeigt, dass in einigen Jahrzehnten zwei Drittel des globalen Umsatzes im asiatischen Raum erwirtschaftet werden wird. Daher sprach er sich gegen ein decoupeling, die Abwendung von China, und für mehr Engagement aus. Ziel solle es sein, sich dort politisch, kulturell und wirtschaftlich zu engagieren. China sei der EU besonders in Themen, die den Wohlstand der Zukunft entscheiden werden, wie künstliche Intelligenz, E-Games, Industrie 4.0 und Digitalisierung weit voraus. Daraus ergebe sich für Länder wie China, Japan und Südkorea die Möglichkeit den Lebensstil der Zukunft zu prägen. Gleichzeitig habe China die These, dass wachsender Wohlstand und die Entstehung einer Mittelschicht zu mehr Rechtstaatlichkeit und politischer Partizipation führe, nicht erfüllt. Daher sprach sich Herr Schäfer für bessere kulturelle Kommunikationskompetenzen aus, da diese besonders in Verhandlungsprozessen entscheidend seien. 

In der anschließenden Fragerunde bewertete Herr Shi die Parteispitze der kommunistischen Partei. Es sei in den letzten Jahren erkennbar geworden, dass sich die Parteiführung in sachpolitischen Fragen uneinig ist. Der vermehrt auftretende Personalwechsel der Führungsebene deute auf eine Instabilität der Herrschaft hin. Diese Instabilität führe wiederum zu einer Unberechenbarkeit Chinas. Auch die Einstellung der chinesischen Bevölkerung zur neuen Seidenstraße habe sich gewandelt, da die chinesische Bevölkerung die Meinung vertritt, dass mehr Investitionen im Inland anstatt im Ausland getätigt werden sollten. Bezüglich der Frage zu Chinas Isolationspolitik antwortete Herr Shi, dass diese eine erzwungene Politik ist. Herr Shi wies dabei auf den von afrikanischen Regierungen erfolgreich eingeforderten Schuldenerlass hin. Auf Ereignisse wie diese reagiere die chinesische Regierung mit Isolation und Rückzug. In Bezug auf die neue Seidenstraße sprach Herr Schäfer von der Abhängigkeit Chinas von ausländischen Rohstoffen und Energie. Die EU sei demnach nicht nur von China abhängig, sondern China auch vom Rest der Welt. Herr Schäfer forderte daher eine Stärkung der heimischen Wirtschaft, des europäischen Binnenmarktes und verstärkte Investitionen in die europäische Infrastruktur. Ziel solle es dabei sein, unabhängiger von China zu werden und eine bessere Verhandlungsbasis zu gewinnen. Gleichzeitig müsse sich Deutschland aber auch mit den eigenen Schwächen auseinandersetzen und nicht selbstgerecht auf China herabblicken. 

Auf die Frage der Menschenrechtsverletzungen an der muslimischen Minderheit der Uiguren sieht Herr Shi, eine historische Verantwortung Deutschlands, diese öffentlich zu benennen und zu sanktionieren. Herr Shi sprach von einer Politik der Unterdrückung von Minderheiten von Seiten der chinesischen Regierung. Es sei jedoch auch ein Bewusstsein entstanden, die Situation der Menschenrechte in China zu untersuchen und zu kritisieren. Herr Schäfer ergänzte, dass Menschenrechtsthemen in der sozialen Marktwirtschaft von entscheidender Bedeutung sind. Die Kritik habe in China eine große Debatte entstehen lassen, worin Herr Schäfer Hoffnung für eine Verbesserung der Situation sieht. Herr Shi machte am Beispiel Chinas deutlich, dass Kritik und Auseinandersetzung mit den Schwächen der Demokratie ein kostbares Gut sei, denn die chinesische Bevölkerung habe kaum Möglichkeiten das politische System zu kritisieren. Weiterhin, so Herr Shi, hat sich die chinesische Regierung das Ziel gesetzt, bis 2060 klimaneutral zu werden. Die Ernsthaftigkeit diese Ziele zu erreichen, sie jedoch nicht erkennbar. Herr Schäfer wies in diesem Zusammenhang auf das Bewusstsein für Nachhaltigkeit in der jungen, chinesischen Bevölkerung und die vielen chinesischen NGOs hin, die im Bereich Nachhaltigkeit aktiv sind. 

Im Abschluss der Diskussion sprach sich Herr Schäfer dafür aus, das wirtschaftliche Potential Chinas zu erkennen und nicht zu unterschätzen und gleichzeitig Chinas Schwächen im Blick zu behalten. Herr Shi appellierte an die EU und deren einzigartige Position, mit welcher sie auch in Zukunft Einfluss auf China und dessen Politik haben könne. Herr Beyer bedankte sich bei den Referenten für die interessanten Vorträge, sowie beim Publikum für die zahlreichen Nachfragen.

 

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