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KAS / Leon Fülber
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"Wir brauchen für den Wohnungsmarkt einen Befreiungsschlag"

od Felix Robert, Dr. Sarah Al Doyaili-Wangler, Jana Reimann-Grohs

Stadt. Land. Wohnraum? – Der Wohnkongress für alle

Wie wir einen Weg aus der Wohnraumkrise finden können, hat die Konrad-Adenauer-Stiftung am 16. Oktober 2025 beim Wohnkongress „Stadt. Land. Wohnraum?“ mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und Wirtschaft sowie Verbänden und Wissenschaft debattiert. Es wurden Lösungswege und Impulse für mehr Nachhaltigkeit, weniger Bürokratie und erschwinglichere Mieten aufgezeigt. Bis zu 280 Teilnehmende haben sich in verschiedenen Räumen mit unterschiedlichsten Ideen eingebracht.

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Wie wichtig sicheres und erschwingliches Wohnen ist, betonte Gastgeber Prof. Dr. Norbert Lammert (Vorstandsvorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung) in seiner Eröffnungsrede: „Wir reden über ein sehr dringliches Thema, leider aber auch ein sehr kompliziertes.“ Für die errechneten Bedarfe reichten kaum die verfügbaren Kapazitäten, das Ganze müsse auch finanzierbar sein: „Wir brauchen für den Wohnungsmarkt einen Befreiungsschlag – keine Einzelregelungen, sondern einen Rahmen der für alle Beteiligten (Vermieter, Mieter, Architekten) kalkulierbar ist, aber gleichzeitig Gestaltungsräume lässt.“

 

Wohnen als Grundrecht des Menschen und Lebenschance

Wohnen ist ein Grundrecht (Art. 13) des Menschen– Dieses Recht hat sich in den letzten Jahren durch hohe Miet- und Kaufpreise, langwierige Genehmigungsprozesse und Investitionshemmnisse zu einer der großen gesellschaftspolitischen Herausforderungen der Gegenwart entwickelt. „Wir sollten das alles als gemeinschaftliche gesellschaftliche Aufgabe begreifen“ – bekräftigte Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt in seiner Keynote und postulierte die Frage des Wohnens als eine Zukunftsfrage des Landes. So möchte er vor allem die Lebensqualität im ländlichen Raum fördern. Dabei dürfe Wohnen kein Luxus werden, sondern solle als Lebenschance gelten, stellte er in einer späteren Paneldiskussion heraus: „Unser Ziel sollte sein, dass jeder zweite Deutsche Wohneigentum besitzt.“ Die Finanzierung dürfe dabei nicht von der Postleitzahl abhängig sein – Bewertungen sollten reformiert werden. Zusammenfassend appellierte Voigt: „Ich wünsche mir, dass von diesem Kongress ausgeht, dass wir das schaffen werden!“

 

Suche nach neuen Wegen für mehr verfügbaren Wohnraum

Um das Problem effektiv anzugehen, sind alle Akteure gefragt, an neuen Lösungen zu arbeiten. Der Wohnkongress gab als Ideenplattform den Anstoß zur gemeinsamen Suche nach neuen Wegen für mehr verfügbaren Wohnraum, mehr nachhaltigen Umbau und mehr Chancen auf Eigentum. Durch die Kombination aus fachpolitischem Input und lebensnahen Problemstellungen entstand ein lebendiger Dialog, der realistische und aufschlussreiche Empfehlungen für die Wohnpolitik der Zukunft aufstellt. In vielfältigen Formaten wie Paneldiskussionen, Workshops, Innovationspitches und Podcastaufnahmen hat die Stiftung im Berliner Kulturquartier silent green Expertinnen und Experten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zusammengebracht, um sich über Herausforderungen und Lösungsansätze auszutauschen. Die zentrale Frage des Kongresses lautete: Wie schaffen wir bezahlbaren, nachhaltigen und zukunftsfähigen Wohnraum – in der Stadt wie auf dem Land? Drängende Themen des Kongresses waren u.a.:

  • Bürokratieabbau im Wohnungsbau
  • Förderung von Wohneigentum
  • Digitalisierung als Motor für schnelleren Wohnungsbau
  • Barrierefreies und klimagerechtes Bauen
  • Internationale Perspektiven auf Wohnungspolitik

Die spannenden Diskussionen dazu sowie politische Kernbotschaften und Handlungsempfehlungen hat die Künstlerin Anja Riese über den Veranstaltungstag hinweg als Graphic Recording zusammengefasst.

 

Viel einfacher Bürogebäude in Wohngebäude umwandeln

Die Grundlage für das vielfältige Programm wurde im ersten Talk mit einer Bestandsaufnahme der aktuellen Herausforderungen am Wohnungsmarkt unter der Moderation von Tanja Samrotzki gelegt. Die Journalistin führte durch mehrere Panels des Tages. Zusammen mit Dr. Melanie Weber-Moritz (Präsidentin des Deutschen Mieterbundes) und Andrea Gebhard (Präsidentin der Bundesarchitektenkammer) erläuterte sie, was die Aufgabe auf der Suche nach Gestaltungsmöglichkeiten und Verlässlichkeit so komplex macht. „Es muss möglich sein, bezahlbar zu wohnen, sodass vom Einkommen noch genug übrig ist“, hob Weber-Moritz hervor. Bereits viele Wohnungen seien schon genehmigt, aber noch nicht gebaut. Die Kommunen hätten zwar nicht alle finanziellen Mittel dafür, aber es gäbe auch andere Instrumente, eine Lösung herbeizuführen. Für Andrea Gebhard geht es vor allem darum, keine neuen Böden zu kaufen – Sie seien ebenfalls vorhanden. Es käme darauf an, wie sie in den Markt mit reingenommen werden: „Wir müssen sehr viel einfacher Bürogebäude in Wohngebäude umwandeln können – Es gibt viele Lösungsansätze, sie müssen nur diskutiert werden an runden Tischen, um eine Lösung herbeizuführen.“

Im Anschluss ging es für rund 280 Gäste in die erste Panel- und Workshop Phase. Darüber hinaus hatten Besucherinnen und Besucher Gelegenheit, sich einer Messeausstellung zum Thema Bauen und Wohnen zu widmen. Hier gab es unter anderen eine Ausstellung der Wissenschaftlichen Dienste und des Archivs für Christlich-Demokratische Politik der Konrad-Adenauer-Stiftung zu bestaunen. Ausgestellt waren Wahlplakate und Schriftgut-Exponate wie Reden zum Thema Wohnungs- und Städtepolitik der CDU der vergangenen 70 Jahre. Gespräche zu Herausforderungen und Chancen der Wohnungspolitik konnten außerdem im Podcast mit unserem Partner Neues Bauen – 80 Sekunden vertieft werden – hier zum Nachhören und Weiterdenken.

 

Schneller, einfacher, günstiger: Abbau bürokratischer Hürden als Erleichterung

Im so genannten Wohnzimmer wurde im ersten Panel ein Fokus auf den Abbau von Vorschriften gelegt. Dr. Ersin Nas MdA (Sprecher für Mieten und Wohnen der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus), Christian Frölich MdL (Mitglied des Ausschusses für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung im Niedersächsischen Landtag) und Markus Brunner (stellv. Geschäftsstellenleiter der DIN und Mitglied des DIN-Normenausschuss Bauwesen) diskutierten, wie Bauen vereinfacht und günstiger werden kann. Es solle schneller, einfacher und günstiger gehen. Doch man müsse sich erst einmal die Prozesse anschauen, forderte Frölich: Wir haben z.B. die digitalen Bauakten, aber es gibt Behörden, die noch nicht am digitalen Verfahren teilnehmen.“ In Berlin gäbe es einen dringenden Bedarf – „Wir sprechen sogar von Wohnungskrise“, mahnte Nas. Es gehe darum schnell qualitativ guten Wohnraum zu schaffen: „Das muss auch schnell umgesetzt werden. Es ist ein besonderes öffentliches Interesse, Wohnraum zu schaffen! Da muss auch der Denkmalschutz zurücktreten.“

Am Normungssystem könne sich jeder beteiligen, brachte Brunner aus wissenschaftlicher Perspektive ein. „Wir bringen die Leute an den Tisch und setzen Standards, in bestimmten Fällen nennen wir es Norm.“ Das zu vereinfachen und zu reduzieren sei genau sein Thema: „Wir wollen Leistungsklassen einführen, sodass man zwischen Stufen wählen kann – Wir brauchen dafür aber die Beteiligten, die sich auf etwas einigen. Wir sind alle DIN!“

 

Mehr nachhaltigen (Um)Bau: Angebot für Menschen mit Behinderung schaffen

Die gleichzeitig stattfindenden Workshops in der so genannten WG-Küche und im Arbeitszimmer beschäftigten sich auf unterschiedliche Art und Weise mit der Förderung von mehr nachhaltigem (Um)Bau – hin zur Barrierefreiheit. „Ich mag es nicht, wenn Barrierefreies Bauen als problembelastet gesehen wird. Natürlich weiß ich, dass es kostet, aber es bringt einfach auch was. Denn letztendlich verbessert es die Vermietbarkeit und es hält Gebäude im besten Sinne nachhaltig.“ – hob Gerd-Schreiner MdL (Vorsitzender des Ausschusses für Klima, Energie und Mobilität in Rheinland-Pfalz) im Workshop zum Barrierefreien Wohnen hervor. „Ziel ist, dass wir nicht mehr über Kosten reden, sondern über Menschen“, ergänzte Heike Heubach MdB (Beauftragte der SPD-Bundestagsfraktion für die Belange von Menschen mit Behinderungen und Mitglied des Ausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen): „Bund, Länder und Kommunen, die verschiedenen Ebenen müssen Hand in Hand zusammenarbeiten und sich nicht die Zuständigkeiten zuschieben, sondern an einem Runden Tisch zusammenkommen und ein entsprechendes Angebot für Menschen mit Behinderung schaffen.“

 

Dekarbonisierung der Wohnungswirtschaft als finanzielle Herausforderung

Im Workshop zur Dekarbonisierung der Wohnungswirtschaft erörterte Marcel van Westen (Account Executive, Ampeers Energy) mit den Teilnehmern, wie mehr Nachhaltigkeit ermöglicht werden kann. Die Dekarbonisierung sei vor allem eine finanzielle Herausforderung, nur eine Umgestaltung der Förderlandschaft würde sie am schnellsten voranbringen – betonte van Westen. Aus Sicht der Teilnehmenden sei auch ein Riesenproblem, dass die Folgekosten (der Wärmepumpen) nicht berücksichtigt werden.

 

In Zukunft ein Riesenproblem mit Hitze

In der zweiten Panel- und Workshopphase lag der Fokus auf Nachhaltigkeit und Wohnraum für junge Menschen. In der Panel-Diskussion „Bezahlbarer Wohnraum und Nachhaltigkeit – (k)ein Zielkonflikt“ berichtete Prof. Dr. Elisabeth Endres (Leiterin des Instituts für Bauklimatik und Energie der Architektur TU Braunschweig) über wissenschaftliche Fortschritte. Dass wir immer noch schwarze Bitumendächer bauen könnten, ohne jede Solarzelle, verstehe sie nicht: „Unsere Städte werden in Zukunft ein Riesenproblem mit Hitze bekommen – Allein deshalb müssen wir dämmen, weil wir Hitzestress bekommen werden.“ Gleichzeit betonte Heike Marcinek (Leiterin Innovation & Technik bei der Deutschen Energie-Agentur GmbH), man solle sich nicht mit akademischen Diskussionen verzetteln. Es werde in Extremen diskutiert: „In den Städten haben wir Baulandpreise, die sich keiner mehr leisten kann.“

Lars Rohwer MdB (Obmann im Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag) erläuterte dazu politische Herausforderungen: „Wir wollen ja bezahlbaren Wohnraum, aber wenn diese Baukosten ständig steigen, werden wir keinen nachhaltigen Wohnraum mehr bekommen.“ Wir haben 73 Prozent fossile Heizungen in diesem Land, führte er aus. Wenn wir die Klimaziele in diesem Land schaffen wollten, müssten wir die „Zwei-Prozent-Sanierungsrate“ schaffen. Die Förderung müsse nur hoch genug sein, dass der Anreiz da ist, mehr Nachhaltigkeit auch zu bezahlen, brachte Benjamin Simon (Head of Sales bei Ampeers Energy) in die Runde ein: „Wenn wir den sozialen Wohnungsbau haben und die Städte mit drin sind, haben wir eine Win-Win-Situation.“

 

Azubis haben es auf dem Wohnungsmarkt besonders schwer

Zeitgleich beschäftigte sich ein Workshop mit der Wichtigkeit von erschwinglichem Wohnen für Auszubildende unter der Moderation von Luis Brückner (Mitglied des Jugendbeirats der Konrad-Adenauer-Stiftung). „Azubis haben es am Wohnungsmarkt besonders schwer“ – Zwei Drittel wohnten bei ihren Eltern, obwohl die meisten davon gerne allein wohnen wollen, betonte Brückner. Prof. Gerd Jäger (Geschäftsführer von Baumschlager-Eberle) sieht das Wohnen als Grundrecht an, er möchte dabei helfen, Bedürfnisse zu definieren und nicht nur Ansprüche zu bedienen. Dennoch stellt er die Frage: „Muss man unbedingt allein wohnen?“ Da Azubis, Studierende und Menschen mit geringem Einkommen um bezahlbaren Wohnraum konkurrierten, setzt sich Dr. Kirsten Kielbassa-Schnepp (Referatsleiterin Berufliche Bildung, Zentralverband des Deutschen Handwerks) für bundesweit bezahlbaren Wohnraum ein: „Temporäres Wohnen sollte flächendeckend gefördert werden.“ Dieses Anliegen unterstützt auch Anna-Luise Götze (Projektreferentin, Deutsche Industrie- und Handelskammer): „Kommunen müssen Flächen flexibel zur Verfügung stellen, damit sie sinnvoll geplant und genutzt werden können.“

 

Ohne Digitalisierung kein Bau-Turbo

Eine elementare Voraussetzung für zukunftsfähige Investitionen ist die effiziente Digitalisierung des Bauprozesses. Dazu tauschten sich Geschäftsführer und Gründer führender Digitalisierungsplattformen für die Bauwirtschaft im Workshop des „Arbeitszimmers“ aus. Jonas Mühlbauer (Co-Founder von Focused AI) beschrieb, welche Möglichkeiten der richtige Einsatz von KI bieten kann: „KI hilft dabei die Strukturen der realen Welt zu digitalisieren. Sie kann dabei helfen, die Daten in den Griff zu bekommen.“ Alle Akteure der Baubranche: Planungsunternehmen, Finanzierer, Bauunternehmen und Hersteller nutzten bereits Plattformen zum Datenaustausch, bestätigte Franziska Albrecht von Madaster Germany. „Ohne Digitalisierung kein Bau-Turbo“ – für Matthias Zühlke (Geschäftsführer der syte GmbH) ist das „Unterstützung in Echtzeit für Behörden“. Das Problem sei die Bürokratisierung, brachte Pascal Biesenbach (Gründer Viaduct) zur Sprache: „Man kann die besten Systeme haben, aber wenn die Datenmenge unbrauchbar ist, kann nichts gewonnen werden” – Im Digitalraum fehle das Vertrauen in Deutschland. „Die digitale Infrastruktur ist auf zu vielen verschiedenen Systemen verteilt, die nicht miteinander reden“, meint auch Kai Dolata (Transformationsmanager Digitalisierung und Automatisierung, Bundesstiftung Bauakademie). Die sehr junge Stiftung Bauakademie sei deshalb mit dem Auftrag der Netzwerkarbeit betraut. Moderator Robert Kroth (Geschäftsführer, Neues Bauen – 80 Sekunden) fasste die Diskussion so zusammen: „Wir brauchen neue Ideen, wir vernetzen die Vordenker.“

 

Mit dem Gebäudetyp E Kosten pro Wohneinheit niedrig halten

In der dritten Workshoprotation lag das Augenmerk auf den finanziellen Aspekten des Wohnens. Stephan Stracke MdB (stellv. Fraktionsvorsitzender für Verkehr, Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag) skizzierte in der Paneldiskussion „Bauen, aber wie? Wege zur Finanzierbarkeit von Neubau und Klimaschutz“, wie wichtig es ist, Verlässlichkeit und Planungssicherheit zu bieten. Von der historisch gewachsenen energetischen Sanierung müsste Abstand genommen werden, Anfang nächsten Jahres werde der Gebäudetyp E beschlossen. „Für den Neubau wäre es schon gut, wenn wir günstiger bauen könnten“, ergänzte dazu Ingeborg Esser (Hauptgeschäftsführerin des GdW Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmer e.V.) – mit dem Gebäudetyp E könnten die Kosten pro Wohneinheit niedrig gehalten werden und es könne mehr mit dem Geld gefördert werden: „Wenn man für ein Förderprogramm eine hohe Komplexität ansetzt, dann sagt jeder: Das ist zu kompliziert, schade.“ 

 

Mit Wohnheimen Wohnraum für Studierende schaffen

Im Workshop „Mehr bezahlbarer Wohnraum – studentisches Wohnen im Praxischeck“ erklärte Dr. Petra Nau (Referatsleiterin Wohnen, Bauen, Bewirtschaften des deutschen Studienwerkes) unter der Moderation von Paul Gebser und Tom Jeske vom Jugendbeirat (Konrad-Adenauer-Stiftung) die großen Herausforderungen, denen Studentinnen und Studenten derzeit bei der Wohnungssuche begegnen. Wohnraum für Studierende zu schaffen, sei ihr eine Herzensangelegenheit: „Rund 33.000 Studierende stehen auf Wartelisten und haben derzeit keine Möglichkeit, eine Wohnung zu bekommen. Daher bieten wir Notunterkünfte an.“ Nau setzt auf Planungssicherheit – sowohl bei der Finanzierung als auch bei der Genehmigung von Bauflächen: „Unsere Wohnheime können wir nur erhalten, wenn sie mindestens zu 50 Prozent gefördert werden.“ Prof. Gerd Jäger (Geschäftsführer, Baumschlager-Eberle) führte die Diskussion auf das Thema Nachhaltigkeit zurück: „Wenn wir Wohnen in Deutschland subventionieren müssen, dann leben wir über unseren Verhältnissen – Es muss darum gehen, nachhaltig zu bauen und nicht nur einen Ort zum Wohnen, sondern einen Ort zum Leben zu schaffen.“ „Richtig gute“ Wohnheime vermisst auch der Journalist Ulrich Brinkmann (Bauwelt): „Alles soll möglichst schnell und billig gehen, aber was sind denn das für Wohnungen? Sind diese überhaupt nachhaltig oder werden sie in ein paar Jahren abgerissen?“

 

Die Generation Z will mehr als ein Dach über dem Kopf

In einer ähnlich prekären Situation sehen sich Auszubildende, wie der Workshop „Start ins Berufsleben – aber wo Wohnen?“ klar machte. „Die Generation Z will mehr als ein Dach über dem Kopf. Sie will ein Zuhause”, forderte David Mbae-Straßenburg (Leiter des Politischen Bildungsforums Hamburg, Konrad-Adenauer-Stiftung). Er erarbeitete gemeinsam mit Auszubildenden der Beruflichen Schule St. Pauli (Hamburg), wie die Hürden auf dem Wohnungsmarkt für Azubis gesenkt werden können. Eine Investition in die Zukunft könnte auch der Erwerb von Wohneigentum sein.

 

Mehr Mut und Vertrauen

Während der Wohnraum in Städten immer mehr zur Mangelware wird, kämpft der ländliche Raum mit Finanzierungsproblemen von Wohneigentum. Wie wichtig privates Eigentum ist, stellte Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt ausführlich in seiner Keynote dar: „Ich spreche hier auch als ehemaliger Stipendiat der Stiftung. Die Wohnungsdiskussion haben wir stets aus städtischer Perspektive geführt, aber die meisten leben in kleineren Gemeinden – Wir sollten die Leute nehmen wie sie sind, so wie einst Adenauer das gesagt hat: Wir brauchen mehr Mut und Vertrauen.“

 

Für die Vermögensbildung sorgen: auf dem Land und in der Stadt

Mehr Wohneigentum und dessen Rolle insbesondere bei der Vermögensbildung wurde in der vierten Paneldiskussion erörtert. Unter der Moderation von Dr. Sarah Al Doyaili-Wangler (Referentin für Soziale Marktwirtschaft bei der Konrad-Adenauer-Stiftung) hob Ministerpräsident Mario Voigt im Panel „Wohneigentum als Baustein für Vermögensbildung“ nochmal die politischen Instrumente hervor: „Man muss auch zu Lebzeiten (Arbeitszeiten) für die Vermögensbildung sorgen, es geht um die soziale Verantwortlichkeit!“ – Es brauche vor allen Dingen steuerliche Anreize, dass Menschen in Eigentumsbildung investieren. „Da haben alle etwas davon, auch die Banken.“ Für Peter Herbst (Vorstand der VR Bank in Thüringen eG) gibt es bereits eine verstärkte Nachfrage nach Wohneigentum – jedoch könnten die Wünsche der Menschen nur mit klaren Strukturen umgesetzt werden, die Rahmenbedingungen zeigten auch für ihn noch zu viele Ungereimtheiten. Außerdem gehe es vor allem darum, bei der Anschaffung von Wohneigentum nicht nur pragmatisch zu entscheiden, sondern: „Wie kann man auf dem Land Voraussetzungen schaffen, dass man sich wohl fühlt und die Anbindung an den Arbeitsplatz hat?“ Ergänzend fügte Dr. Christian Oberst (Senior Economist für Immobilienmärkte und Regionalökonomie des IW Köln) hinzu: „Eigentümer sind deutlich weniger von Altersarmut betroffen als Mieter!“ Er empfahl die Eintrittsschwelle für Ersterwerber von Wohneigentum heruntersetzen: „Wir müssen kurzfristige Lösungen finden!“

 

Berlin will mehr verfügbaren Wohnraum schaffen

Berlin gilt als besonders prädestiniertes Beispiel für Wohnraummangel, mit sehr kurzfristigem Handlungsbedarf. Grit Schade (Leiterin der Wohnungsbauleitstelle in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen), seit 2013 im Land Berlin für Wohnungsbauprojekte zuständig, erklärte den Teilnehmern in der vierten Workshoprunde, wie die Stadt mehr verfügbaren Wohnraum schaffen möchte und dabei auch eigene Wege geht. In den nächsten fünf bis zehn Jahren seien neue Stadtquartiere geplant, aufgrund des mangelnden Baulands müsse jedoch dichter, höher und mit mehr Hochhäusern gebaut werden. „Investoren sind an seriellem und modularem Bau interessiert “ – Wohnungsbau gehe ganz klar nicht ohne ganzheitliches Denken, sagte Schade.

 

Blick ins Ausland für gelungene Stadtentwicklung

Im parallel stattfindenden Workshop „Housing Worldwide: International Perspectives on Urban Development and Housing Policy“ wurde ein Blick ins Ausland und auf dortige Fallbeispiele für gelungene Stadtentwicklung geworfen. Hamdan Abdul Majeed (CEO/Managing Director, ThinkCity) sprach den schnell wachsenden Wohnungsbau in Malaysia an, wo ebenfalls ein Wandel „von Quantität zu Qualität” stattfinden müsse. Aus Großbritannien lernen wir, dass eine Deregulierung notwendig ist. Laurence Fredricks (Senior Researcher, Onward) berichtete: „Man sollte so hoch und dicht bauen dürfen, wie man möchte, ohne übermäßige Einschränkungen. Bisher gab es zu viele Vorschriften.“ Prof. Juanita Pienaar ergänzte (Senior legal research and teaching academic, University of Stellenbosch): „Die Überregulierung ist auch ein Problem in Südafrika – hinzu kommen enorme Unterschiede zwischen Stadt und Land, ähnlich wie in Deutschland, sowie die Suche nach geeignetem Bauland.“ Samuel Gachohi Njuguna (Associate Programme Management Officer, Urban Law and Governance, UN-Habitat) stellte Kenias Neues Wohnungsbaugesetz vor, welches das Bauen erleichtern und für „angemessene Standards“ sorgen soll. Beispielsweise stammten Vorsichtsmaßnahmen für Schnee noch aus der Kolonialzeit. Bislang gebe es in Kenia zu viele informelle Wohnformen.

In Abu Dhabi stellt die Regierung Sozialwohnungen bereit, erzählte Gaurish Wagle (Senior Manager, Design & Master Planning, Masdar City): „Beispielsweise muss ein Bauträger fünf Prozent für Haushalte mit mittlerem Einkommen reservieren“ – dennoch sollten sich öffentlich-private Partnerschaften und private Bauträger beteiligen, nicht nur die Regierung. 

 

Wohnungspolitik auf lokaler Ebene gestalten

Voller Eindrücke und Ideen versammelten sich alle Teilnehmer des Wohnkongresses schlussendlich wieder für die letzten drei Programmpunkte im „Wohnzimmer“, wo nochmal internationale Impulse der Stadtentwicklung in den Vordergrund gestellt wurden. Johannes M. Boehmer (Vice-Governor Social Development Strategy des Council of Europe Development Bank) wies auf allgemein gültige Dynamiken in Gesellschaftssystemen hin: Ob ein Land innenpolitisch stabil sei oder nicht, werde immer mit dem Thema Wohnen verbunden sein: „Letztendlich geht es um die Bedürfnisse, die erfüllt werden müssen – das Wissen über diese Bedürfnisse liegt bei der Gemeinde. Sind es Bedürfnisse von älteren Menschen, Migranten, Studenten und gibt es ausreichend öffentliche Verkehrsmittel?“ – Die Menschen bräuchten ein Dach über dem Kopf, erst dann könnten sie ihre Kinder zur Schule schicken und sich um einen Arbeitsplatz bewerben.

„Gute Politik sollte auf lokaler Ebene beginnen“, weiß auch Justina Glusman (Vice-Major of Ochata): „Alle politischen Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen müssen aufeinander abgestimmt und auf ein einziges Ziel ausgerichtet sein.“ Im Nachbarland Polen hätten die Gemeinden damit begonnen, „Instrumente wie Anleihen zu entwickeln, die attraktiv sind und nicht zur Verschuldung zählen“. In Argentinien herrscht ebenso die Überzeugung, dass die Wohnungspolitik auf lokaler Ebene gestaltet werden sollte. Was aber was auf lokaler Ebene geschieht, werde auf nationaler Ebene bestimmt, sagte Federico Jorge Gonzáles Rouco (Macroeconomic Coordinator and Head of Real Estate bei Empiria Consultores). Mit Blick auf Südamerika skizzierte er, wie das dortige Bausystem verbessert werden kann: „Es gibt fast keine transnationalen Bauträger, was zu einem geringeren Angebot an neuen Wohnungen führt, als wir eigentlich haben sollten.“

Ein sehr erfolgreiches Sozialwohnungsprogramm bildet die Grundlage des Wohnungs- und Wirtschaftssystems eines Landes, bestätigte Francesca Lionetti (Associate Expert für Housing Rights, Diversity and Inclusion beim UN-Habitat). Ein Lösungsansatz wäre die Entkopplung des Grundeigentums vom Gebäudeeigentum – ein bewährtes Modell, bei dem die Gemeinschaft die Kommunen und die nationale Regierung dabei unterstützt, Ergebnisse im Bereich des sozialen Wohnungsbaus zu erzielen. „Von der lokalen bis zur globalen Ebene können und sollen Netzwerke und Expertise geschaffen und genutzt werden“, fasste Melanie Gerster (Referentin für Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, Konrad-Adenauer-Stiftung) den Austausch zusammen.

 

Zeit des Umbruchs im seriellen Bauen

Ein fünfter Workshop zum seriellen Bauen thematisierte letztlich eine „Zeit des Umbruchs“, die laut Gabriel Seifert (Head of Expansion Real Estate, Gropyus) auf flexible Bausysteme, Holzrahmenbau und eine lohnstundenreduzierte Montage von ganzen, vorgefertigten, qualitätsgesicherten Elementen setzt: „Diese Produktion ist komplett datenbasiert, unsere 50 Roboter arbeiten zuverlässig und wetterunabhängig.“

Den Abschluss des Bühnenprogramms bildete ein Überblick über aktuelle Innovationsprojekte aus der Wirtschaft. Vertreter von vier Unternehmen stellten in kurzen Pitches ihre aktuellen Entwicklungen vor. Innovativ für die Bauwende wäre laut Robert Kroth, „mit Carbon Capture dafür sorgen, dass der Klimakiller Beton morgen zu einem Klimafreund wird“. Wir bräuchten generell eine neue Art und Herangehensweise, wie wir bauen, sagte der Geschäftsführer von Neues Bauen – 80 Sekunden. Das vorgestellte Carbon Capture Projekt sei ein europäisches – „Es zeigt, dass die Zukunft auch in Europa gebaut werden kann“, ergänzte Dr.-Ing. Robert Bachmann (Leiter Technischer Vertrieb bei Heidelberg Materials). Es sei an der Zeit, CO2 zu verbauen, statt einfach nur zu vermeiden, führte Claus Fischer (Geschäftsführer von Stramentec) weiter aus: „Wenn wir mit Stroh bauen – wir sind in Deutschland – muss es so gut gemacht werden, dass es zugelassen wird.“ Keine Angst vor Innovationen zu haben, mahnte auch Maik Buse (Verkaufsleiter Key Account und Systemberatung bei Mitsubishi Electric): Heizen und Kühlen mit einem System – wäre hocheffizient und sei oft viel günstiger als eine Lufwasserwärmpumpe. Es wäre sinnvoll, Dinge zu vereinfachen und Innovationen in die Breite zu bringen – doch sei jede Baustelle anders, stellte Birgit Guhse (Geschäftsführerin von Arcadis) abschließend für die Zukunft der Bauentwicklung klar: „Innovationen sind dann wirklich gut, wenn man sie als Leuchtturm irgendwo umsetzen kann.“

 

Wohnraum als Grundpfeiler für gesellschaftlichen Zusammenhalt

Der Wohnkongress hat nicht nur neue Impulse geliefert, sondern auch erfolgreich alle Akteure an einen Tisch geholt und zum Dialog angeregt. Wohnraum ist mehr als nur ein Dach über dem Kopf – er ist ein Grundpfeiler für gesellschaftlichen Zusammenhalt, Teilhabe und Lebensqualität. Der Kongress hat gezeigt: Es gibt Lösungen für bezahlbaren und nachhaltigen Wohnraum. Vor allem braucht es Mut, Innovationen anzugehen und Ideen umzusetzen – auch wenn noch nicht alle politischen Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Wir arbeiten daran!

 

Ein herzliches Dankeschön an alle Teilnehmenden, Mitwirkenden und Unterstützerinnen und Unterstützer! Wir freuen uns auf den weiteren Austausch.

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Kontakt

Dr. Sarah Al Doyaili-Wangler

Sarah Al Doyaili-Wangler
Referentin Soziale Marktwirtschaft
sarah.al.doyaili-wangler@kas.de +49 30-26996-3472
Kontakt Melanie Gerster
Melanie Gerster
Referentin Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik
melanie.gerster@kas.de +49 30 26996 3724

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