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Politische Bildung in Sri Lanka

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Mehr als 50 Jahre nach der Unabhängigkeit gilt Sri Lanka als ein demokratischer Staat, in dem die Grundprinzipien von Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung respektiert werden. In regelmäßigen Abständen finden Präsidentschafts- bzw. Parlamentswahlen statt, Regierungswechsel erfolgen reibungslos und unblutig.

Doch es wäre falsch zu glauben, daß die Existenz demokratischer Institutionen automatisch auch das Verständnis für politische Zusammenhänge oder demokra-tische Rechte mit sich bringt. In weiten Teilen Sri Lankas, insbesondere im länd-lichen Raum herrscht noch weitgehende Unkenntnis darüber, was Demokratie eigentlich bedeutet, welche Rolle die politischen Instanzen spielen und welche Rechte oder auch Pflichten die Bürger haben.

Die Gesellschaft in Sri Lanka ist bis heute sehr stark in feudalistischen Denk-strukturen verhaftet. Dieses Denkmuster wird auch auf die Politik und auf die Politiker übertragen. Politisches Handeln reduziert sich auf die Gewährung kleiner Vorteile. Insbesondere im Verhältnis zwischen Abgeordneten und Wählern besteht das Prinzip des Gebens und Nehmens: Du tust mir einen Gefallen und ich gebe Dir dafür meine Stimme. Zum Teil herrschen die Abgeordneten in ihren Wahlkreisen wie Feudalfürsten, die willkürlich über Arbeitsplätze, Entwicklungsprojekte, behörd-liche Genehmigungen u.ä. bestimmen. Dieses Netz der Feudalbeziehungen charakterisiert auch heute noch – wie vor Jahrhunderten - weite Teile der srilankanischen Gesellschaft.

Kaum jemand weiß um die starke Rolle, die eine mündige Gesellschaft in einer lebendigen Demokratie spielen kann und muß, kaum jemand kennt die Möglich-keiten, auf die Politik Einfluß zu nehmen. Das Fehlen einer starken Zivilgesellschaft ermöglicht in der Folge Korruption und Machtmißbrauch, denn eine wirksame Kontrolle der Politiker existiert nicht.

Problematisch ist weiterhin, daß die politische Unkenntnis von extremistischen politischen und religiösen Gruppierungen im Land ausgenutzt wird, um die Men-schen für ihre jeweiligen Zwecke zu manipulieren. Die meisten Menschen in Sri Lanka sind heute enttäuscht von der Politik bzw. den Politikern, dabei unter-scheiden sie nicht mehr zwischen dem politischen System und seiner Umsetzung durch die handelnden Politiker. Viele junge Leute sagen rundheraus, daß sie Demokratie nicht länger für das geeignete politische System in Sri Lanka halten. Demokratie habe in den letzten 50 Jahren nicht dazu beitragen können, Armut und Unterentwicklung in Sri Lanka zu überwinden, nun sei es Zeit für andere, und seien es auch autoritäre Systeme. Die Mehrzahl der Menschen sieht sich gar in einer Art Opferolle: nur durch das Verschulden der Politik resp. der Politiker befinden sie sich in dieser wirtschaftlich und sozial desolaten Situation. Sie erkennen jedoch für sich keine Möglichkeit, dies zu verändern. Die Menschen sehen sich im Gegenteil - bis auf gelegentliches Wählen - zur Untätigkeit verdammt.

Die Konrad Adenauer Stiftung, die seit Jahren in unterschiedlichen Bereichen in Sri Lanka tätig ist, hat sich zum Ziel gesetzt, durch eine umfassende Information der Bürger zur Stärkung der Zivilgesellschaft und einer verbesserten Partizipation der Zivilgesellschaft an der Politik beizutragen. Gemeinsam mit lokalen Organisationen werden zahlreiche Veranstaltungen durchgeführt, um den Bürgerinnen und Bürgern (insbesondere jungen Leuten) die Grundprinzipien von Demokratie und Rechtsstaat zu vermitteln, aber auch Fragen der Menschenrechte, Wahlsystem, Globalisierung u.a. zu diskutieren. Die Veranstaltungen sollen dazu beitragen, daß die Teilnehmer die politische Situation ihres Landes und ihrer Region besser analysieren und reflektieren können, um zu rational und nicht, wie es sehr häufig geschieht, emotional begründeten Entscheidungen zu gelangen. Die Fortbildungen werden weiterhin begleitet von sog. „Leadership-Training“, bei denen Fähigkeiten der Kommunikation, der Rhetorik und des selbstbewußten Auftretens verbessert werden sollen.

Ein besonderer Schwerpunkt der Veranstaltungen liegt auf der Frage, welche Möglichkeiten für Bürger bestehen, sich aktiv in der Politik zu engagieren, aber auch inwieweit die Bevölkerung eine Kontrollfunktion und ein Mitspracherecht in der lokalen Verwaltung ausüben kann. Die simple Tatsache, daß Bürgerinnen und Bürger an den meisten Sitzungen der örtlichen Verwaltung teilnehmen können, ist häufig nicht bekannt. Umgekehrt, hat kaum einer der Bürgermeister ein wirkliches Interesse daran, die lokale Bevölkerung zu den Beratungen hinzuzuziehen. Ein wichtiges Anliegen ist es daher, die Menschen zu motivieren, sich aktiv in die lokale Politik und Verwaltung einzubringen, um die politischen Entscheidungsprozesse transparenter, aber auch bürgernäher und bedürfnisorientierter zu gestalten.

Dieses Ziel kann nicht im Rahmen vereinzelter Veranstaltungen erreicht werden. Auf lokaler Ebene werden daher zivilgesellschaftliche Gruppen und Netzwerke gebildet, die den Dialog mit der örtlichen Verwaltung suchen, um die lokale Politik und damit die lokale Entwicklung zu beeinflussen. Auf diese Weise soll die Transparenz der Entwicklungsplanung verbessert und Möglichkeiten der Korruption eingeschränkt werden.

Das Interesse der Bevölkerung an diesen Veranstaltungen ist sehr hoch. Für die allermeisten ist es das erste Mal, daß sie an einer Veranstaltung teilnehmen, die nicht der politischen Manipulation, sondern der sachlichen Information und der Diskussion dient. Die Teilnehmer nutzen diese Gelegenheiten, sich intensiv und neutral über politische Zusammenhänge und Themen zu informieren und sehen die Möglichkeit, die Entwicklung in ihrer Region aktiv mitzugestalten. Erfreulich ist auch der hohe Anteil von Frauen unter den Teilnehmern, der häufig über 50% ausmacht.

Langfristig ist die Unterstützung des „aufgeklärten mündigen Bürgers“ nicht nur ein Garant für eine stabile Demokratie in Sri Lanka - die Partizipation der Bevölkerung an der Entwicklungsplanung und die Berücksichtigung der Bedürfnisse der Menschen sind die einzige Möglichkeit, Stagnation und Unterentwicklung in Sri Lanka nachhaltig zu überwinden. Nur wenn die Bevölkerung aus ihrer bisherigen Zuschauerrolle heraustritt, wird eine nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung der ländlichen Gemeinden Sri Lankas möglich sein.

Dr. Carola Stein

Landesbeauftragte der Konrad Adenauer Stiftung

Sri Lanka

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