Mit großem Interesse wurde die zweite Veranstaltung aus der Reihe „Afrika - Unser Nachbarkontinent zwischen Aufbruch und Stagnation" erwartet. In diesem Rahmen werden die momentan intensiv geführten Debatten in Politik und Gesellschaft um effektive Hilfe und Förderung für Afrika aufgegriffen und aus politischer sowie ökonomischer Perspektive eingeordnet.
Einen ersten Einblick wie dort Länder gezielt unterstützt werden können lieferte die Referatsleiterin für Internationale Zusammenarbeit der Niedersächsischen Staatskanzlei Nicole Ewert-May. Sie hob hervor, dass auch Niedersachsen seinen Beitrag leisten würde und verwies auf die Kooperation in Südafrika (Eastern Cape), die seit 1995 besteht. Seit jeher fördere die niedersächsische Politik zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit entwicklungspolitische Projekte in der Region. 2010 sei auf Wunsch des damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler die Kooperation zwischen Niedersachsen und Tansania geschlossen worden. Auch hier sei man mit dem Ziel herangegangen Entwicklungsarbeit zu leisten und den strukturellen Ausbau zum Beispiel an Schulen oder an der Infrastruktur voranzutreiben. Laut Ewert-May sei es auch insbesondere ein Verdienst der Christdemokraten, dass viele dieser Projekte in Zusammenarbeit mit afrikanischen Ländern zustande gekommen seien und Kontakte gepflegt würden.
„In Afrika liegt die Wurzel der Menschheit“
Es schloss sich der Vortrag von Unternehmensberater Dr. Asserate an. Prinz Asfa-Wossen Asserate beschrieb Afrika als Ursprungskontinent der Menschheit und nahm dabei Bezug auf den wissenschaftlichen Konsens, das Homo sapiens seine Wurzeln in Ostafrika hat. Die Bevölkerungszahl von jetzt 1,2 Mrd. Menschen, 2.000 verschiedene Sprachen, eine überwiegend tribalistische Gesellschaft und die geografische Größe, Afrika ist größer als die USA und Europa zusammengenommen, sind markante Charakteristika.
Er wolle nicht unnötig über die mögliche Zukunft Afrikas spekulieren und bekundete seine Bewunderung gegenüber dem ehemaligen Bundespräsidenten Hörst Köhler: „Er hat sich wie kein zweiter deutscher Politiker für den Nachbarkontinenten eingesetzt“. Er griff dabei Köhlers Worte auf, welcher in einer Rede bekräftigte, dass Afrika aus politischer, wirtschaftlicher und ökologischer Sicht immer wichtiger werden würde. Zu erwähnen sind hier die nicht bewirtschafteten Agrarflächen Afrikas, das Ressourcenreichtum und die rasant wachsende junge Bevölkerung. Dr. Asserate beklagte, dass aufgrund von Negativmeldungen in den Medien das Bild von Afrika gelitten habe und das Land bis vor kurzem als aufgegeben galt. Dabei würden die positiven Errungenschaften in der wirtschaftlichen Entwicklung nicht beachtet werden, denn „fast alle Volkswirtschaften Afrikas haben sich seit der Jahrtausendwende kräftig entwickelt – mit Wachstumsraten zwischen fünf und zehn Prozent pro Jahr“. Dazu beigetragen habe „der weltweite Hunger nach Rohstoffen und Bodenschätzen“, so Dr. Asserate. Auch in dem Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik sei Afrika auf dem Vormarsch: „ Seit dem Jahr 2010 verbindet das unterseeische Glasfaserkabelsystem Seacom den Süden und Osten Afrikas mit Europa und Asien. Das Konsortium ist zu 75 Prozent in der Hand afrikanischer Investoren“. Die schnelle Breitbandverbindung bedeute vor allem für Ostafrika einen enormen Fortschritt und eine Steigerung der Konkurrenzfähigkeit. Durch die steigende Internetnutzung würden die Menschen in Afrika allerdings auch sehen, wie es bei uns hier in Europa und Deutschland aussieht. Dies sei ein weiterer Grund warum sich viele Afrikaner auf den Weg nach Europa machen, stellte Dr. Asserate fest.
Eindringlich kritisierte er die europäische und chinesische Afrikapolitik, welche zu einem großen Teil ausschließlich auf den eigenen Profit achte. Dabei führte er den unfairen Handel als Hauptkritikpunkt an, der das „globale Ungleichgewicht“ zementieren würde: „Mehr als 40 Prozent des gesamten Budgets der EU fließen in Agrarsubventionen – über 40 Milliarden Euro Direktzahlungen waren es allein im Jahr 2014“. Dadurch würden die europäischen Agrarexporte die Entwicklungsländer mit konkurrenzlos billigen Produkten überfluten. Der Bestsellerautor nannte europäisches Geflügelfleisch als Beispiel: „Zwischen 2009 und 2014 hat sich der Export von diesem Billigfleisch verdreifacht – von 200 000 Tonnen auf 600 000 Tonnen“. Ein intrinsischer Störfaktor, der ein „afrikanisches Wirtschaftswunder“ verhindere, sei die hohe Geburtenrate, sie würde das geringe Wirtschaftswachstum zunichte machen, zumindest in den Ländern in denen das Bevölkerungswachstum größer sei als das Wirtschaftswachstum.
Abschließend forderte Dr. Asserate, dass zukünftige Wirtschaftsbeziehungen auf Augenhöhe zu führen seien und sich die EU auf eine gemeinsame und nachhaltige Afrikapolitik besinnen müsse. Klar sei aber auch: „Ein Land kann nicht von außen entwickelt werden. Es entwickelt sich von innen“.
Dass dieses Thema viele Menschen bewegt, wurde durch die vielen interessierten Nachfragen und Beiträge der Gäste im Anschluss der Vorträge deutlich. Die Themen Migration, Armut und Wirtschaft spielten dabei eine große Rolle. Am Ende des Abends war klar: Das Thema „Afrika“ ist nicht vollends erschöpft. Daher folgt die nächste Afrika-Veranstaltung voraussichtlich im Mai.
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