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Sich öffnen – Fettnäpfchen vermeiden

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Zwischen verschiedenen Kulturen gibt es immer wieder Spannungen und Unverständnis. (Inter)kulturelle Fettnäpfchen hieß deshalb ein Workshop der Vereinten Evangelischen Mission (VEM) auf dem 34. Evangelischen Kirchentag in Hamburg. Die Teilnehmer wurden in vielfacher Hinsicht überrascht.

Auf dem Karteikärtchen steht „Beide Handflächen aneinander, mit dem Kopf nicken“. Auf dem nächsten „Ghettofaust“. Jeder, der den Workshopraum betritt, bekommt eines in die Hand gedrückt. Hier beginnt gleich ein Programm zum Thema (inter)kulturelle Fettnäpfchen, im Rahmen des 34. evangelischen Kirchentages in Hamburg. Was die Kärtchen sollen, kann sich keiner der 23 Besucher erklären.

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Gleich zu Beginn klärt sich die Frage: Alle Teilnehmer sollen mit der beschriebenen Geste ihr Gegenüber begrüßen. Eine ziemlich lustige Angelegenheit, bei der die Teilnehmer – zumindest ein bisschen – mit verschiedenen Kulturen in Berührung kommen. Diskussionen, Spiele und Beschreibungen, wie sie sich dabei gefühlt haben, folgen.

Der Titel der Aktion legt nahe, dass es um verschiedene Kulturen und deren Gepflogenheiten geht. Etwa einen Vortrag über Sitten, die in einem Land angebracht, aber im nächsten verrufen sind, haben viele erwartet. Doch dem ist nicht so. „Das liegt hauptsächlich daran, dass die Workshoptitel schon feststehen, bevor die Planung des Programmablaufes beginnt“, sagt Florian, ein Mitglied des Veranstaltungsteams von der Vereinten Evangelischen Mission (VEM).

Fettnäpfchen gibt es überall - das beweisen die Erzählungen der Teilnehmer. Erstaunlich oft stellt sich heraus, dass die Grundabsicht zwar positiv ist, aber vom Gegenüber völlig falsch aufgenommen wird.

Ein Mädchen berichtet, wie sie einmal einem jüngeren Schulkind, das vor ihr lief, den Reisverschluss am Ranzen schließen wollte, damit nichts herausfällt. Das Kind dachte wohl sie klaue etwas aus seinem Rucksack – und rannte davon.

„Dieses Fehldeuten basiert auf einer Unsensibilität gegenüber dem Fremden“, sagt die Leiterin des Workshops, Vera Hotten. Wer nicht fähig sei, sensibel mit Neuem umzugehen, komme nicht einmal in seiner eigenen Kultur zurecht, geschweige denn in einer Fremden.

Diese fehlende Sensibilität wird in einem Rollenspiel der Veranstalter deutlich: Mann und Frau schütteln nacheinander den Teilnehmern, die im Stuhlkreis sitzen, die Hände. Der Mann nur den Männern, die Frau allen. Danach setzt sich der Mann auf einen Stuhl inmitten des Stuhlkreises, die Frau kniet sich vor ihn, beugt ihren Kopf auf den Boden. Es erinnert an die Haltung von Muslimen beim Gebet. Sie beginnt, ihn zu füttern. Erst bekommt er ein Stück, dann sie. Er legt seine Hand auf ihren Kopf, worauf sie den Boden küsst. Dann wiederholt sich das Ganze.

Die Workshopteilnehmer sollen die Szene deuten und einer Kultur zuordnen. Ist der Mann eingebildet, weil er nur Auserwählten die Hand gibt? Ist er der Vorkoster der Frau? Ganz sicher scheint, dass die Frau unterdrückt wird und unter dem Mann steht.

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Der Clou: Die dargestellte Kultur war frei erfunden. Die Intention ist, dass die Frau höher steht als der Mann. Denn nur sie darf die heilige Erde berühren. Durch das Anfassen ihres Kopfes versucht er, eine indirekte Verbindung zur Erde herzustellen.

Während die Leiter ihre erfundene Kultur genauer erklären, werden die Teilnehmer unruhig, ein Murmeln geht durch die Reihen. „Mit dieser überraschenden Wendung hätte ich jetzt nicht gerechnet“, flüstert eine. Ein anderer Gast: „Die unterdrückte Frau finde ich logischer.“ Alle Besucher interpretierten das Gesehene aufgrund ihrer kultureller Vorerfahrungen. „Nur deswegen kam es zu Fehldeutungen“, erklärt Theologiestudent Matthias Stracke. Wegen der neuen Informationen müssen sie ihr vorgefertigtes Bild über den Haufen werfen.

Um Fehldeutungen zu verringern und um Sensibilität zu erhöhen, bietet die VEM zwölfmonatige Auslandsaufenthalte an. Diese stehen unter dem Motto „Think global – act local“ und bieten Einsatzmöglichkeiten in verschiedenen Ländern der dritten Welt. Die Freiwilligen fahren „einmal hin und kommen anders zurück“, so das zweite Leitmotiv der Organisation.

Was die Vereinte Evangelische Mission auszeichnet?

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Wer sich öffnet und versucht, anderen Kulturen unvoreingenommen zu begegnen, hat die besten Voraussetzungen auch gut aufgenommen zu werden. Vielleicht weiß er dann auch außerhalb eines Workshops, wann es heißt: „beide Handflächen aneinander, mit dem Kopf nicken“ - und dass die „Ghettofaust“ viele Bedeutungen haben kann.

von Maike Vocke

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