Der Notstand wurde nach dem Nationalfeiertag ausgerufen
Nach dem großen Staatsakt in Krushevo am 2. August anlässlich des Gedenkens an den Ilinden-Aufstand gegen die osmanischen Herrscher von 1903, der mit einer festlichen Reiterparade unter Beteiligung aller politischen Vertreter des Landes organisiert wurde, erschütterte die Öffentlichkeit die Nachricht über das Ausbrechen schwerer Waldbrände. Seit mehr als zwei Wochen kämpft nun Nordmazedonien gegen die Brände. Die extremen Wetterbedingungen sowie auch die schlechte Infrastruktur für die Brandbekämpfung erschweren es, die Feuer unter Kontrolle zu bringen.
Zeitgleich brachen mehr als 13 Waldbrände an anderen Stellen im Land aus, die dramatisch an Intensität zunahmen. Besonders betroffen waren die Regionen um Kumanovo, Delchevo-Pechcevo und Prilep. Die mazedonische Regierung rief am 5. August für 30 Tage den Notstand aus, um dadurch alle Zuständigkeiten und die Entscheidungsgewalt zusammenfassen zu können. Dadurch können neben der Feuerwehr auch Militär und Sicherheitskräfte des Innenministeriums eingesetzt werden.
Mangelhafte Ausrüstung und schlechtes Krisenmanagement
Nordmazedoniens schwierige Situation wird leider durch Missmanagement und eigene Versäumnisse verschärft. Das Land verfügt zum Beispiel über drei Feuerlöschflugzeuge vom Typ “Air Tractor“, die von der Vorgängerregierung, der jetzigen Oppositionspartei VMRO-DPMNE, beschafft worden sind, doch sind sie durch mehrjährigen Wartungsstau nun nicht einsatzfähig. Ähnlich verhält es sich mit für die Brandbekämpfung vorgesehenen Hubschraubern, von denen nur zwei von zehn einsatzfähig sind. Allerdings sind diese weder für Nachtflug noch für höhere Temperaturen ausgerüstet.
Darüber hinaus fällt eine bemerkenswerte Apathie der Regierung in dieser angespannten Situation auf. So verblieben Premierminister Zoran Zaev, Justizminister Bojan Maricic, Gesundheitsminister Venko Filipce sowie Verteidigungsministerin Radmila Shekerinska im Urlaub, obwohl sich die Situation zuspitze. Man ließ zunächst verlautbaren, dass man das Krisenmanagement über permanente Unterrichtung aus dem Urlaub heraus steuern würde, der bis zum 12. August geplant sei. Als der öffentliche Druck zu groß wurde, unterbrach Premier Zaev am 7. August seinen Urlaub und erschien an den Orten, wo die Situation am dramatischsten war. Dieses zögerliche Verhalten ist insofern verwunderlich, als das Katastrophen häufig als Stunde der politischen Exekutive gelten und zur Profilierung dienen können, insbesondere da am 17. Oktober Kommunalwahlen stattfinden.
Regionale und internationale Hilfe – auch eine Frage der Opportunität
Viele Länder der Region als auch andere Staaten stehen Nordmazedonien bei dieser Herausforderung bei und leisten entscheidende Hilfe. Serbien schickte bereits am 3. August als erstes Land Hilfe, womit sich Präsident Vučić nach den Impfangeboten für Mazedonier einmal mehr als Freund Nordmazedoniens präsentieren konnte. Vier Hubschrauber brachen unmittelbar in die schlimmsten Brandgebiete auf.
Am 5. August kam Unterstützung aus Bulgarien, Slowenien und Österreich an, wobei insbesondere Österreich mit Spezialausrüstung für Waldbrandbekämpfung helfen konnte. 96 Feuerwehrkräfte und zehn Tanklöschfahrzeuge inkl. sanitätsdienstlicher und medizinischer Erstversorgungsfähigkeit wurden entsendet. Die 96 Feuerwehrkräfte wurden inzwischen durch 114 neue Kräfte ausgetauscht. Diese Unterstützung findet viel positive Resonanz in Öffentlichkeit und Medien.
Bulgarien unterstützt mit 25 Feuerwehrkräften und 6 Tanklöschfahrzeugen, die in der Region von Delcevo-Pehcevo eingesetzt sind. Allerdings muss hier leider konstatiert werden, dass der schwelende identitätspolitische Konflikt dazu geführt hat, dass diese Hilfeleistung nur sehr untergeordnet in den mazedonischen Medien dargestellt wird, da man eine Publicityaktion Bulgariens wittert.
Außerdem sendeten Slowenien und Rumänien Feuerwehrkräfte zur Unterstützung. Seit dem 11. August sind nun auch Experten aus den USA, Frankreich und Montenegro im Land.
Die mazedonische Öffentlichkeit ist für die internationale Hilfe sehr dankbar und berichtet ausführlich über die Einsätze mit der bereits genannten Einschränkung zu Bulgarien. Für Aufregung sorgte Europaminister Nikola Dimitrov, der sich in einem Tweet bei allen Ländern außer Serbien bedankte, wofür er in der Öffentlichkeit stark kritisiert wurde, da Serbien das erste Land war, das Nordmazedonien zu Hilfe kam.
Politische und ökologische Folgen
In Anbetracht der nahen Kommunalwahlen versuchen die beiden größten Parteien SDSM und VMRO-DPMNE die Situation zur Profilierung für gute Regierungsführung bzw. Versagen der Regierenden zu nutzen. Ähnlich verhält es sich bei den albanischen Parteien, die entlang Regierungsrolle oder Opposition ähnliche Rhetorik verwenden. Während SDSM und die Regierung Vorwürfe mutwilliger Brandstiftung in Richtung der größten Oppositionspartei aussprechen, verlangt die VMRO-DPMNE eine Reform der staatlichen Katastrophenschutzstrukturen und eine Parlamentsdebatte zum Regierungsversagen. In den Medien wird das Krisenmanagement der Regierung mehrheitlich negativ bewertet.
Die Folgen für die Natur in Nordmazedonien sind schwer: Die ersten Einschätzungen weisen darauf hin, dass die Flammen in den vergangenen zwei Wochen über 10.000 Hektar Wald und Ackerland zerstört haben - davon 5.000 Hektar nur im Maleshevia-Gebiet (Berovo-Pechcevo-Delcevo). Die Aufforstung dieser Waldgebiete wird ersten Schätzungen zufolge etwa 50 Jahre dauern. Unbestreitbar erlebt Nordmazedonien eine Hitzewelle, wie seit drei Jahrzehnten nicht mehr, was die Intensität der Brände begünstigt. Dennoch ist auch festzuhalten, dass nach Angaben der Sicherheitsbehörden mehr als 80% der Brände von Menschen durch unachtsames Verhalten oder bewusste Brandstiftung verursacht worden sind. Dies ist ein generelles Problem, das jedes Jahr Brände auslöst und in diesem Jahr durch die Hitze fast unbeherrschbar wurde. Daher ist der Klimawandel nicht der alleinige Grund für die Feuersbrunst.