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Reportajes internacionales

Demokratischer Aufbruch in Venezuela?

de Dr. Georg Eickhoff

Opposition gründet gemeinsame Organisation

Die demokratische Opposition Venezuelas formiert sich neu. Am 8. Juni 2009 hat der Vorsitzende der christdemokratischen Partei COPEI Luis Ignacio Planas im Namen eines guten Dutzend kleiner Parteien die Gründung der „Unidad Democrática“ verkündet. Auf dem Gruppenbild fehlte nur Henry Ramos Allup, Chef der traditionsreichen Sozialdemokratie, der sich zeitgleich bei einem privaten Fernsehkanal interviewen ließ. Der auflagenstarken Zeitung Últimas Noticias sagte er allerdings, dass die neue Einheitsfront der venezolanischen Opposition seine volle Unterstützung genieße und ein großer Erfolg werde.

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Nach dem überwältigenden Presseecho auf den ungewohnt gut organisierten und diszipliniert verlaufenen Gründungsakt zu urteilen, steht das neue Bündnis der venezolanischen Demokraten unter einem guten Stern. Die nun vereinigten Parteien repräsentieren (basierend auf dem nicht sehr verlässlichen offiziellen Ergebnis der Regionalwahlen vom Herbst 2008) gut 45 Prozent der Wählerschaft. In elf geplanten Arbeitsgruppen sollen Vertreter von Bürgerorganisationen, Studenten und Gewerkschaften eingebunden werden.

Die Kritik und der Spott der Regierung ließ nicht auf sich warten. Innerhalb weniger Stunden reagierten mit Aristóbulo Istúriz und Diosdado Cabello zwei herausragende Vertreter der Staatspartei PSUV. Es handele sich nur um die soundsovielte Neuauflage eines Bündnisses, das ohnehin nicht halten werde. Istúriz war im November 2008 bei der Wahl zum Oberbürgermeister von Caracas dem Einheitskandidaten der Opposition Antonio Ledezma unterlegen. Cabello verlor zeitgleich seinen Posten als Gouverneur des wichtigen Staates Miranda an den Christdemokraten Henrique Capriles Radonski, der von einem breiten demokratischen Bündnis unterstützt worden war.

Beide Wahlsiege werden von der Regierung faktisch nicht anerkannt. In Caracas wurde eine Art Reichskommissarin eingesetzt, der inzwischen fast alle Kompetenzen des Oberbürgermeisters übertragen wurden. Zahlreiche Zuständigkeiten des Staates Miranda wurden der Zentralregierung zugeordnet. Chavistische Schlägertrupps überfielen und besetzten staatliche Einrichtungen, die in den Verantwortungsbereich der Neugewählten gehören. Antonio Ledezma konnte sein offizielles Büro bis heute nicht betreten.

Ihre Niederlage beim Referendum vom 15. Februar – bei dem Präsident Chávez inmitten von zahllosen Klagen über Wahlbetrug eine Verfassungsänderung erkämpfte, die ihm die unbegrenzte Wiederwahl erlaubt –, hat die venezolanischen Demokraten offenbar zusammengeschweißt. Die anschließende Radikalisierung des Chavismus und sein täglicher Angriff auf Verfassung und Rechtsstaat scheinen ein Übriges zu tun. Die maßgeblichen Vertreter der Opposition haben in der Verteidigung der Verfassung ihren gemeinsamen Nenner gefunden. Sie betonen, dass es sich zugleich um ein Zukunftsprogramm und um eine Wahlstrategie handele. Die „bolivarianische“ Verfassung von 1999 sei ein Zukunftsprogramm, weil sie zahlreiche nicht erfüllte soziale Rechte enthalte. Die Verteidigung der Verfassung sei zugleich eine Wahlstrategie, weil die Berufung auf das ursprüngliche Projekt der „bolivarianischen Revolution“ diejenigen Wählerinnen und Wähler ansprechen könne, die den demokratischen und sozialen Gehalt des frühen Chavismus gestärkt sehen wollen, die aber das gegenwärtige Abgleiten in Militarismus, Kommandowirtschaft und faschistoide Alltagskultur ablehnen.

Chávez gerät ins Stolpern

Verschiedene aktuelle Umfragen belegen, dass die Bürgerschaft die verfassungsfeindliche Attacke auf die Autonomie der Bundesstaaten und insbesondere den Oberbürgermeister von Caracas mit ebenso überwältigender Mehrheit ablehnt wie den forcierten Marsch in eine Wirtschaftsordnung nach dem Vorbild Kubas. Die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise tragen zusätzlich zu einem empfindlichen Popularitätsverlust des Präsidenten bei. Der zeigt sich nervös und agiert unglücklich. Seine wie immer pompös angekündigte, auf vier Tage angesetzte Marathon-Fernsehsendung in Abwandlung seines allsonntäglichen Formates Aló Presidente wurde nach zwei Tagen unvermittelt abgebrochen. Das zehnjährige Jubiläum der One-Man-Show, das damit gefeiert werden sollte, brachte ihm auf diese Weise nicht nur viel Spott ein, sondern weckte auch ernste Fragen über den inneren Zustand seines Regimes.

Angesichts einer erstarkenden Opposition, die bei fairen und sauberen Wahlen, die es in Venezuela nicht gibt, möglicherweise längst die Mehrheit hätte, greift die Staatspartei zu einer Änderung des Wahlrechts. Die Wahlkreise für das nationale Parlament sollen neu zugeschnitten werden, um dem vielerorts bereits minoritären Chavismus künstliche Mehrheiten zu verschaffen. Außerdem soll dem Mehrheitswahlrecht ein stärkeres Gewicht zukommen. Die bisher dem deutschen Vorbild recht ähnliche Mischung und Gewichtung von Wahlkreiskandidaturen und Parteilisten soll aufgegeben werden. Dies würde die in jedem einzelnen der 23 Staaten jeweils stärkste Partei überproportional begünstigen. Allerdings wurden genau zeitgleich mit der Ankündigung des neuen Parteienbündnisses der Opposition im Regierungslager erste Stimmen laut, die davor warnen, dass dieser Schuss nach hinten losgehen kann. Und Roberto Giusti, der vielleicht bedeutendste Kolumnist der vielleicht bedeutendsten unabhängigen Zeitung Venezuelas (El Universal) ruft seine demokratischen Freunde dazu auf, die Regierung doch ruhig ihr eigenes Grab schaufeln zu lassen. Ein Wahlrecht, das 50 Prozent der Stimmen mit 70 Prozent der Parlamentssitze belohnt, könnte bei den Wahlen im nächsten Jahr zu einer ganz großen Überraschung für Präsident Chávez und seine Staatspartei werden.

Ein solcher überbordender Optimismus findet derzeit aber nur wenige Anhänger. Der venezolanische Alltag ist von der Verschärfung der wirtschaftlichen Krise, beschleunigter Inflation, wachsender Arbeitslosigkeit und selektiver staatlicher Repression geprägt. Die vollkommen ungebremste Gewaltkriminalität, die insbesondere den Großraum Caracas zu einem der gefährlichsten Orte der Erde macht, erzeugt Fatalismus und Abstumpfung. Auf den Meinungsseiten der großen Zeitungen wird neben solchen positiven Ausreißern wie der vielleicht nicht ganz ernst gemeinten Kolumne von Giusti auch ausführlich darüber diskutiert, ob man nicht besser auswandern solle.

Ein Hoffnungsschimmer

Die Ankündigung der „Demokratischen Einheit“ ist für manche wie ein kleiner Hoffnungsschimmer, vielleicht nicht mehr als ein Strohhalm, an den man sich fast verzweifelt klammert. So darf man auch wohlwollend kritische Stimmen verstehen, die das zarte Pflänzchen nicht gleich zertreten wollen. Nach der Niederlage beim Referendum im Februar waren insbesondere Vertreter der Studentenbewegung sehr erbost über die Parteien, die den studentischen Aktivisten nicht nur die Hauptlast der Kampagne, sondern auch das öffentliche Eingeständnis der Niederlage überlassen hatten.

Nun war die erste Reaktion der Studentenschaft gegenüber den bisher geradezu sprichwörtlich zerstrittenen Parteien recht gnädig. Andrés Mejías, Vorsitzender des Studentenrates der staatlichen Elite-Universität Simón Bolívar sprach am 9. Juni 2009 zur Gründung der „Unidad Democrática“ im morgendlichen Radio: „Wir warten ab und sind optimistisch gegenüber dieser Initiative, die wir gestern gesehen haben. Wir glauben dass in der allgemeinen Stimmungslage der Gesellschaft eine dringende Nachfrage bestand, nicht nur was das Thema der Wahlen angeht, sondern im Hinblick auf alle Probleme, unter denen wir leiden.“ Der Applaus der Studenten gelte, so Mejías, vor allem der Breite des Bündnisses. „Es ist ein Anfang, der das Beispiel gibt, wie man die Dinge anders machen kann. Es ist ein Anfang, der erfolgreich sein wird in dem Masse wie wir die Dinge jetzt einfach tun.“

Das neue Parteienbündnis hat mitgeteilt, dass der Vorsitz unter den Führern der verschiedenen Parteien rotieren werde. Man habe bereits eigene Organisationsstrukturen – eine Art Sekretariat – eingerichtet. Dieser noch sehr überschaubaren Organisation steht der ehemalige Fraktionsvorsitzende der Christdemokraten Ramón Guillermo Aveledo vor. Am Tag der Premiere der „Unidad Democrática“ zog er es vor unsichtbar zu bleiben.

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Sankt Augustin Deutschland