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Republik Moldau: Reform der Justiz in die Wege geleitet

kohta Thorsten Geißler, Andrei Avram

Rechtsstaat soll konsolidiert und Menschenrechte gewährleistet werden

Am 25. November 2011 nahm das Parlament der Republik Moldau die vom Justizministerium erarbeitete Strategie zur Reform des Justizsektors an, die Anfang 2012 durch einem entsprechenden Aktionsplan vervollständigt wurde. Das Ziel der Strategie ist der Aufbau eines den europäischen Standards entsprechenden Justizwesens, das auf den Grundsätzen der Unabhängigkeit, Transparenz, professionellen Kompetenz und der Verantwortlichkeit gegenüber der Gesellschaft beruhen soll. Dadurch sollen der Rechtsstaat konsolidiert und die Achtung der Men-schenrechte gewährleistet werden.

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Zudem schlug die pro-europäische Regierung von Ministerpräsident Vlad Filat einen entschiedeneren Kurs im Bereich der Korruptionsbekämpfung ein.

Die Notwendigkeit einer umfassenden Reform ergibt sich nicht nur aus den Verpflichtungen der Republik Moldau gegenüber der Europäischen Union, sondern auch aufgrund des äußerst negativen Bildes der Justiz in der Öffentlichkeit. Einer Umfrage vom Mai 2012 zufolge haben gut ein Drittel der Moldauer überhaupt kein Vertrauen in das Justizwesen, wobei dies immerhin einen Fortschritt im Vergleich zum Tiefpunkt aus dem vergangenen Jahr darstellt, als 42 Prozent der Bürger dieser Ansicht waren. Zudem hatte das von Transparency International jährlich herausgegene Global Corruption Barometer 2010 festgestellt, dass die Justiz als zweitkorruptester Bereich des öffentlichen Sektors wahrgenommen wird – nach dem Innenministerium, aber vor Parteien und Beamten oder dem Parlament.

Ein erster Schritt wurde in Form eines am 31. August vom Staatspräsident Nicolae Timofti unterzeichneten Gesetzespakets verwirklicht. Künftig kann die richterliche Immunität ohne Genehmigung des Obersten Magistraturrats (CSM) aufgehoben werden, wenn Ermittlungen wegen Korruption oder Amtsmissbrauchs gegen Richter eingeleitet werden. Ebenfalls werden die Sonderbezüge (Pensionen) von Richtern entzogen, die aus diesen Gründen ihres Amtes enthoben werden. Die neue Regelung zur Immunität ist jedoch vom Obersten Gericht beim Verfas-sungsgericht der Republik Moldau angefochten worden und auch vom CSM verlauten Stimmen, dass es sich um eine verfassungswidrige Bestimmung handele. Dabei stellt die neue Regelung lediglich einen Kompromiss dar, da für Ermittlungen für alle anderen Straftaten weiterhin der CSM der Aufhebung der Immunität von Richtern zustimmen muss und die Ermittlungen in allen Fällen ausschließlich von der Generalstaatsanwaltschaft aufgenommen werden dürfen. Experten hatten in der Vergangenheit ebenfalls moniert, dass im Kontext der öffentlichen Wahrnemung über die mangelhafte Transparenz und Korruption in der moldauischen Justiz die Immunität von Richtern lediglich funktional sein sollte, bei gleichzeitiger Gewährleistung struktureller Unabhängigkeit – ein Ziel, dem sich die Regierung bereits in ihrem Programm für die Jahre 2011-2014 verpflichtet hat.

Einer Erneuerung wurde auch die Evaluierung von Richtern unterzogen. Künftig sollen ihre beruflichen Kompetenzen alle drei Jahre überprüft werden. Ferner werden alle Richter geprüft, die befördert werden möchten oder sich für das Amt des Präsidenten oder Vizepräsidenten eines Gerichts bewerben. Das Prozedere und die Kriterien sollen noch vom CSM erarbeitet werden, hierdurch die Unabhängigkeit der richterlichen Selbstverwaltung gestärkt wurde.

Das Justizministerium hat ein weiteres Gesetzespaket vorbereitet, das in diesem Herbst dem Parlament vorgelegt werden soll und auf eine strengere Ahndung von Korruption im Justizwesen abzielt. Die Strafen für Korruption sollen erhöht werden und das Vermögen von Richtern einer strengeren Kontrolle unterliegen. Ferner sollen Bedienstete im Justizsektor sog. Integritätstests – d.h. Bestechlichkeitstests – bestehen müssen. Ebenfalls ist die Prüfung von künftigen Richtern, Staatsanwälten und Kriminalpolizeibeamten mit dem Lügendetektor vorgesehen.

Die disziplinarische Verantwortung der Richter soll nach Angaben des Justizministeriums im Rahmen eines weiteren Gesetzespakets strenger geregelt werden, wobei insbesondere Sanktionen eingeführt werden sollen für Richter, deren Beschlüsse vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) aufgehoben werden. Am 5. September nahm die Regierung einen Gesetzesentwurf an, der für solche Situationen automatische Sanktionen für Richter vorsieht. Allerdings bleibt unklar, inwieweit ein solches Gesetz einer Überprüfung durch das moldauische Verfassungsgericht standhalten könnte, zumal ein ähnlicher Vorstoß im Jahr 2011 für verfassungswidrig erklärt wurde. Problematisch ist vor allem, die individuelle Schuld eines Richters festzustellen. Das Justizministerium plant jedoch, eine verfassungsrechtlich nicht anfechtbare Sanktionsmöglichkeit einzuführen.

Anfang des Jahres erhielt jedoch ein wichtiger Reformvorstoß einen Rückschlag, als am 10. Februar 2012 das moldauische Verfassungsgericht die vom Parlament beschlossene Abschaffung der Wirtschaftsgerichte auf Antrag der Fraktion der Partei der Kommunisten der Republik Moldau (PCRM) für verfassungswidrig erklärte. Diese aus der Sowjetzeit stammenden Instanzen waren u.a. für Verfahren zwischen zwei Unternehmen, zwischen Aktionären und Unternehmen, für Insolvenzangelegenheiten, für die Anerkennung von ausländischen Schiedsentscheidungen zuständig. Experten hatten allerdings die Ineffizienz dieser Gerichte moniert, die zur mehrfachen Verurteilung der Republik Moldau durch den EGMR geführt hatten. Tatsächlich wiesen etwa 2009 die Wirtschaftsgerichte einen Prozess-Rückstauanteil von 150 Prozent auf (!) – zum Vergleich lag diese Zahl bei 50 Prozent in Zivilverfahren und bei 20 Prozent in Strafverfahren bei ordentlichen Gerichten.

Die Regierungskoalition reagierte kurzfristig auf die Entscheidung des Verfassungsgerichts, sodass bereits am 6. März 2012 ein neues Gesetz verabschiedet werden konnte, das die Umwandlung der Wirtschaftsgerichte in Handelsgerichte sowie die Reduzierung ihrer Kompetenzen vorsieht. Die Handelsgerichte sind seitdem nur noch für die Anfechtung von Schiedsentscheidungen, für die Ausstellung von Urkunden über die Zwangsvollziehung von Schiedsentscheidungen, für Verfahren zur Umorganisierung oder Auflösung von Rechtspersonen wie auch für Verfahren betreffend den Schutz des unternehmerischen Rufes zuständig. Zudem wurde das Wirtschaftsappellationsgericht abgeschafft. Sämtliche anderen Kompetenzen der ehemaligen Wirtschaftsgerichte wurden den ordentlichen Gerichten übertragen.

Reform der Staatsanwaltschaft als Priorität

In den kommenden Monaten soll auch die Reform der Staatsanwaltschaft angegangen werden. Dabei handelt es sich um einen Bereich, der trotz mehrfacher Reformen zum Teil weiterhin in Handlungsmustern aus der Sowjetzeit verhaftet ist. Die Staatsanwaltschaft gilt laut Verfassung nicht als Teil der gerichtlichen Macht und ist militärisch strukturiert, wodurch die funktionale Unabhängigkeit der Staatsanwälte nicht gewährleistet werden kann. Prozessakte eines Staatsanwaltes in Strafverfahren bedürfen beispielsweise der Genehmigung des hierarchisch übergeordneten Staatsanwaltes, dem ersterer zu „bedingungsloser Untergebung“ laut jetzigem Rechtsstand verpflichtet ist.

Die Reform der Generalstaatsanwaltschaft soll nach Aussage des moldauischen Justizministers Oleg Efrim auch das Verfahren der Ernennung des Generalstaatsanwalts umfassen. Zurzeit wird der Generalstaatsanwalt vom Parlament auf Vorschlag dessen Präsidenten für eine – einmal verlängbare – Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Dadurch unterliegt die Institution des Generalstaatsanwalts der politisch bedingten Aufteilung von hochrangigen Ämtern unter den Koalitionsparteien, wie Ministerpräsident Vlad Filat im November 2011 sogar öffentlich zugab.

Obwohl die Staatsanwaltschaft die Idee in Umlauf brachte, den Generalstaatsanwalt vom Obersten Rates der Staatsanwälte (CSP) – dem Selbstverwaltungsgremium der Staatsanwälte – ernnen zu lassen, wäre dies ohne eine Verfassungsreform nicht möglich, da die Rolle der Legislative in dieser Hinsicht im moldauischen Grundgesetz explizit vorgesehen ist.

Reform des Zentrums für die Bekämpfung Wirtschaftlicher Kriminalität und Korruption (CCCEC) fast abgeschlossen

Das in der Vergangenheit umstrittene Zentrum für die Bekämpfung Wirtschaftlicher Kriminalität und Korruption (CCCEC) wurde einer grundsätzlichen Sanierung unterzogen. Gemäß einem am 25. Mai 2012 vom Parlament der Republik Moldau verabschiedeten Gesetzes wurde die CCCEC in ein Nationales Antikorruptionszentrum (CNA) umgewandelt, das sich künftig ausschließlich Korruptionsverbrechen widmen soll, während die wirtschaftliche Kriminalität in den Zuständigkeitsbereich des Innenministeriums und des Zolls verlagert wurde. Dadurch sollen die Kapazitäten des CNA im Bereich der Korruptionsbekämpfung ausgebaut werden können.

Während in der Vergangenheit das CCCEC der Regierung unterstellt und dessen Direktor ebenfalls aufgrund parteipolitischer Kriterien ernannt worden war, soll das CNA als unabhängige Einrichtung fungieren. Der Direktor des CNA soll zwar vom Parlament nominiert werden, aber erst infolge einer öffentlichen Ausschreibung und einer zweistufigen Eignungsprüfung, die vom Rechtsausschuss des Parlaments vorgenommen wird. Die Änderung des Ernennungsverfahrens des Direktors des CCCEC – wie auch die gründliche Reformierung der Einrichtung - war bereits in der 2011 verabschiedeten Nationalen Antikorruptionsstrategie vorgesehen, um die Unabhängigkeit der Behörde zu konsolidieren.

Bis zum 14. September, dem Stichtag für den Eingang von Bewerbungen für dem Posten des CNA-Direktors, hatten 22 Personen ihre Kandidatur eingereicht, darunter der jetzige Direktor des CCCEC, Viorel Chetraru, und dessen Stellvertreter, Gheorghe Russu, aber auch Anwälte, Juristen und Dozenten der Rechtsfakultät. Zum 1. Oktober soll der neue Amtsinhaber ernannt werden. Ferner werden sämtliche Angestellte des CNA einen Lügendetektortest bestehen und sich regelmäßig Integritätsprüfungen unterziehen müssen, wodurch die Unabhängigkeit des CNA und die Integrität seiner Mitarbeiter konsolidiert werden sollen.

Kommission zur Kontrolle der Vermögen und Interessen hochrangiger Beamten steht fest

Nach gut vier Monaten Tauziehen konnten Ende Juni die Mitglieder der Nationalen Integritätskommission ernannt werden, die für die Überprüfung der Vermögens- und Interessenerklärungen hochrangiger Beamten zuständig sein wird. Das aus drei Vertretern der parlamentarischen Mehrheit und jeweils einem Vertreter von Opposition und von der Zivilgeselgesellschaft bestehende Gremium hat eine Amtszeit von fünf Jahren und hätte bereits zum 1. März 2012 seine Tätigkeit aufnehmen sollen.

Ungeklärt bleibt aber, wer den Vorsitz der Kommission (der vom Parlament gewählt wird) übernehmen wird, sodass die neue Institution zunächst nicht fungieren kann. Der Grund hierfür liegt darin, dass die Liberale Partei explizit diesen Posten für sich beansprucht hat, während die übrigen zwei Parteien aus der Regierungskoalition – die Liberaldemokratische Partei und die Demokratische Partei – die Übernahme des Vorsitzes durch die Vertreterin der Zivilgesellschaft bevorzugen. Dabei unterzeichneten knapp 50 Vertreter von NGOs einen offenen Brief bereits Mitte Juli, in dem argumentiert wurde, dass die Wahl von Cristina Cojocaru zur Vorsitzenden der Nationalen Integritätskommission der Glaubwürdigkeit des neuen Gremiums zugute kommen und somit zum Erfolg ihrer Tätigkeit beitragen würde. Daher werde an die Vertreter sämtlicher im Parlament vertretenen Parteien appeliert, Cojocaru für dieses Amt zu wählen. Nun soll in den kommenden Tagen im Rahmen interner Verhandlungen unter den drei Parteien der regierenden Allianz für Europäische Integration darüber entschieden werden.

Neues Antidiskriminierungsgesetz verabschiedet

Am 28. Mai 2012 unterzeichnete Präsident Nicolae Timofti das Gesetz über die Gewährleistung der Gleichheit (Antidiskriminierungsgesetz). Dadurch wurde eine Auflage erfüllt, um die zweite Phase des Aktionsplanes zur Liberalisierung des Visaregimes zwischen der EU und der Republik Moldau zu erreichen – ein aus Sicht der Regierungskoalition zentrales Ziel im Verhältnis zwischen Chişinău und Brüssel. Der neue Rechtsakt schließt eine Lücke in der moldauischen Gesetzgebung und soll auch erstmals eine Rechtspraxis im Bereich der Diskriminierung begründen. Das Gesetz zielt auf die Vorbeugung und die Bekämpfung der Diskriminierung und auf die Sicherung der Gleichheit der sich auf dem Gebiet der Republik Moldau aufhaltenden Personen im politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bereich sowie in anderen Sphären des öffentlichen Lebens. Als mögliche Diskriminerungsgründe werden nach Maßgabe des Art. 1 Abs. 1 des Gesetzes Rasse, Hautfarbe, Nationalität, ethnische Herkunft, Sprache, Glaube, Geschlecht, Alter, körperliche Behinderung, Meinung, politische Zugehörigkeit sowie „jegliches ähnliche Kriterium“ aufgeführt. Zudem soll ein Rat zur Vorbeugung und Bekämpfung der Diskriminierung als unabhängige Institution fungieren und die Umsetzung der Chancengleichheit wahren.

Die sexuelle Orientierung wird allerdings nur unter Art. 7 Abs. 1 des Gesetzes, der die Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt regelt, als Diskriminerungskriterium aufgeführt, wodurch fraglich wird, inwieweit das Gesetz eine Lücke freilässt und indirekt eine Diskriminierung in anderen Bereichen zulässt. Indes handelt es sich bei Art. 7 um einen Kompromiss, zumal die sexuelle Orientierung im ursprünglichen Entwurf der Regierung zu den allgemeinen Diskriminerungskriterien unter Art. 1 Abs. 1 benannt worden war. Das Gesetz hatte jedoch heftige Debatten in der moldauischen Gesellschaft ausgelöst und war auch innerhalb der Regierungskoalition höchst umstritten. Die orthodoxe Kirche hatte sich ebenfalls gegen den neuen Rechtsakt positioniert. Dabei hatten zuletzt 2011 internationale Organisationen, darunter der Europarat und die Vereinten Nationen, die Notwendigkeit eines umfassenden und besseren Schutzes vor Diskriminierung angemahnt.

Fazit

Die im Laufe des Jahres 2012 mehrfach gestellten Weichen für die Konsolidierung des Rechtsstaates in der Republik Moldau zeugen vom Willen der pro-europäischen Regierung, den Reformprozess fortzusetzen und zu beschleunigen, nachdem die ersten zweieinhalb Jahren nach der Übernahme der Macht von politischer Instabilität geprägt worden waren. Eine bedeutende Rolle bei der Erarbeitung der neuen Gesetzgebung ist auch der Zivilgesellschaft zuzuschreiben, die am Prozess aktiv beteiligt wurde und deren Vorschläge in den Reformprozess haben einfließen können.

Nun kommt es darauf an, nicht nur die Erneuerung des gesetzlichen Rahmens fortzusetzen, sondern auch auf die entschlossene Umsetzung der bereits verabschiedeten Gesetze. Dabei ist bei der Erneuerung des Justizwesens ein Widerstand innerhalb des Systems nicht auszuschließen, während auch der politische Wille, die Unabhängigkeit von Institutionen wie die CNA oder die Nationale Integritätskommission zu respektieren noch nicht in vollem Maße vorausgesetzt werden kann. Daher wird auch in absehbarer Zukunft die Unterstützung der Europäischen Union, wie auch ihrer Mitgliedstaaten, für die Konsolidierung der Reformen einen wichtigen Faktor darstellen. Die Stärkung der Unabhängigkeit und der Integrität der Justiz, die von wirkungsvollen Institutionen und Mechanismen zum Schutz der Grundrechte und der Bekämpfung der Korruption flankiert wird, dürfte indes einen entscheidenden Beitrag daran leisten, die Attraktivität der Republik Moldau für die Einwohner der außerhalb der Kontrolle Chişinăus stehenden Region Transnistrien zu steigern.

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