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Reportage sui paesi

Das Schicksal der bulgarischen Regierung hängt am seidenen Faden

di Ralf Jaksch
Mit dem erzwungenen Abgang des bulgarischen Parlamentspräsidenten ist nun offenbar geworden, dass Ministerpräsident Sakskoburggotski die politische Agenda des Landes nicht länger diktieren kann, er praktisch seine Mehrheit in der Nationalversammlung verloren hat.

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Nach der Parlamentssitzung am Freitag, die streckenweise tumultartig verlief, scheint es nun auch nicht mehr ausgeschlossen, dass Ministerpräsident Sakskoburggotski noch vor dem Ablauf der Legislaturperiode Ende Juni zum Rücktritt gezwungen wird. Für alle Beobachter ist aber nun offenbar geworden, dass dem Ministerpräsidenten alle Zügel aus der Hand geglitten sind. Grund dieser Entwicklung ist das Scheitern einer Privatisierung:

Seit 2004 liefen die Verhandlungen des bulgarischen Staates mit dem Konzern „British American Tobacco“ (BAT) über die Übernahme des staatlichen bulgarischen Tabakkonzerns (Bulgartabak). Der ist mit einem Umsatz von 500 Mio € einer der größten Unternehmen im Lande, seine Privatisierung wäre nach der der Telekomgesellschaft die zweitgrößte, die in Bulgarien vorgenommen wurde. Diese Verhandlungen sind nun gescheitert – und das vor allem aus politischen Gründen. Zum einen stand die Partei der türkischen Minderheit, die Koalitionspartner der Königsbewegung von Ministerpräsident Simeon Sakskoburggotski ist, von Anfang an der Privatisierung von Bulgartabak äußerst skeptisch gegenüber. Das liegt daran, dass sehr viele Türken in Bulgarien vom Tabakanbau leben. Sie befürchteten, dass ein Verkauf an einen internationalen Konzern, ihnen wirtschaftliche Nachteile bringt, zum einen weil der Konzern vielleicht nicht alle Beschäftigten übernimmt, zum anderen weil die staatlich subventionierte Überproduktion an Tabak ein Ende hätte, was naheliegenderweise bei den vielen türkischen Tabakanbauern auf wenig Zustimmung stößt.

Ausdrücklich auf Verweis auf die „unklare politische Lage in Bulgarien“ hat der Konzern BAT die Verhandlungen nun abgebrochen. Dies alles wäre für die Regierung von Ministerpräsident Sakskoburggotski und der Verhandlungsführerin, Wirtschaftsministerin Schuleva, schon recht peinlich gewesen, hätte aber den Premier kaum in so große politische Bedrängnis gebracht, wenn er nicht ein paar groben Fehleinschätzungen zum Opfer gefallen wäre. Im Bemühen, das Ausmaß des Scheiterns zu vertuschen, versuchte die Partei des Ministerpräsidenten, die ureigensten Rechte des Parlaments auszuhebeln. Vier Mal weigerte sich die Wirtschaftsministerin, in die Fragestunde des Parlaments zu kommen. Eine Sondersitzung des Parlaments kam nicht zustande, weil die Regierungsfraktion der Sitzung fern blieb und damit das erforderliche Quorum nicht erreicht wurde. Dieses, milde ausgedrückt, wenig parlamentarische und demokratische Verhalten geschah mit der Deckung und Beteiligung des Ministerpräsidenten, der zudem in dem Präsidenten des Parlaments, Gerdshikov, einen nur allzu willfährigen Helfer gefunden hatte.

Tatsächlich ist es nun aber am Dienstag zu einer Sondersitzung des Parlaments gekommen, an der auch der Ministerpräsident anwesend war. Bedrohlich ist für ihn besonders, dass die neugegründete Fraktion „Neue Zeit“ sich nun gegen ihn stellt. Diese Fraktion hatte sich von der Mehrheitsfraktion der Königsbewegung abgespaltet und ist nun mit 13 Abgeordneten im bulgarischen Parlament vertreten. Bisher hatten sie aber trotz ihrer Abspaltung in allen kritischen Fragen der Regierungskoalition aus Königsbewegung und türkischer Minderheitspartei die Treue gehalten. Doch damit scheint es nun vorbei zu sein. Denn seit der Dienstagsitzung haben sich die Dinge weiter zu Ungunsten der Regierung entwickelt. Am Freitag ist nun offenkundig geworden: Ministerpräsident Sakskoburggotski hat die Mehrheit in der Nationalversammlung verloren. Gegen seinen Willen und dem seiner Parteifreunde beschloss die Nationalversammlung in einer äußerst stürmisch verlaufenden Sitzung die Abwahl von Parlamentspräsident Gerdshikov. Symbolischer hätten die Fernsehbilder in den bulgarischen Nachrichtensendungen kaum sein können: Mit gesenktem Haupt verläßt nach seiner Abwahl als Präsident der einfache Abgeordnete Gerdshikov den Plenarsaal, während Ministerpräsident Sakskoburggotski mit aschfahlem Gesicht ihm hinterhersieht.

Zugleich haben sich alle Oppositionsparteien auf einen Text für ein Mißtrauensvotum geeinigt und diesen als Antrag ins Parlament eingereicht, der auch die Unterschrift der „Neuen Zeit“ enthält. Über den Mißtrauensantrag muss nun in spätestens einer Woche debattiert werden. Möglich, dass es gelingt, noch ein paar Unentschlossene wieder zurück in die Reihen der Regierung zu bekommen. Die Mehrheiten sind äußerst knapp, nur wenige Stimmen können den Ausschlag geben. Vielleicht wird Ministerpräsident Sakskoburggotski für eine Gnadenfrist auch seine Wirstchaftsministerin Schuleva opfern. Doch so oder so: Viele Beobachter sehen in der Freitag–Sitzung der Nationalversammlung den Beginn der Demontage der Regierung „Sakskoburggotski“.

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Thorsten Geißler

Thorsten Geißler

Leiter des Auslandsbüros Bulgarien

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