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Reportage sui paesi

Fingerhakeln mit dem Währungsfonds

di Frank Priess
Nun ist sie wieder zurück, die Mission des Währungsfonds: Seit einigen Tagen verhandeln der Inder Anoop Singh und sein Team mit der argentinischen Regierung über die Wiederaufnahme der Hilfen für das Land am La Plata.

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Nun ist sie wieder zurück, die Mission des Währungsfonds: Seit einigen Tagen verhandeln der Inder Anoop Singh und sein Team mit der argentinischen Regierung über die Wiederaufnahme der Hilfen für das Land am La Plata. Seit dem ersten Aufenthalt des troubleshooters hat sich zwar einiges getan, ob das allerdings hinreichend überzeugt ist fraglich:

Nach wie vor wurde der vom argentinischen Parlament verabschiedete Haushalt nicht korrigiert, die nach Meinung von Experten viel zu optimistischen Annahmen über Steuereinnahmen, Inflation und die Entwicklung der Devaluierung blieben. Es blieb bei einem Volumen von 42.844 Millionen Pesos und Einnahmeerwartungen von 39.844 Millionen, einem entsprechenden Defizit von über drei Milliarden, einer Inflationserwartung für 2002 von 15 Prozent und einem erwarteten Rückgang des Bruttoinlandsproduktes von 4,9 Prozent.

Auch den Politikern selbst ist die Fragilität dieser Konstruktion bewusst. UCR-Senator Rodolfo Terragno, der gegen den Entwurf gestimmt hatte: "Mit diesem Haushalt kann man weder den Währungsfonds noch sonstwen betrügen." Und sein Amtskollege Eduardo Menem, der eine Ja-Stimme abgegeben hatte, sprach trotzdem von einem "Haushalt der Dekadenz".

Parallel ist zwar ein Übereinkommen mit den Provinzen erzielt worden, auch hier aber liegt der Teufel im Detail. Der Nationalstaat ist hier um ein Vielfaches konkreter geworden als die Regionen, die ihre Ausgaben kaum zügeln und gleichzeitig eigene Schuldverschreibungen auf den Geldmarkt werfen, deren Höhe mittlerweile rund fünf Milliarden Pesos entspricht. Gerade hier aber erwartete der Währungsfonds bisher Veränderungen. Auch beim sogenannten "Pleiten-Gesetz", dem Gesetz gegen wirtschaftliche Subversion und der Steuerreform gibt es nach über drei Monaten Duhalde-Regierung nicht die positiven Korrekturen, auf die der IWF drängt, ganz zu schweigen von einer verbesserten Rechtssicherheit.

An der Währungsfront ist es der Regierung Duhalde zwar gelungen, den Dollar von einer spekulativen Spitze von annähernd vier Pesos auf etwa 2,80 Pesos "zurückzuholen", der Preis dafür aber ist hoch.

Die Zentralbank interveniert heftig, die Öffnungszeiten der Wechselstuben wurden drastisch gekürzt, die Exporteure müssen ihre Einnahmen nun innerhalb von fünf statt innerhalb von zehn Tagen tauschen, zudem kamen Schatzamtsbriefe zu exorbitanten Zinssätzen auf den Markt, um Pesos und Dollars abzuschöpfen. Auch Supermärkte, Tankstellen und die Mautstellen der privatisierten Autobahnen sind gezwungen, ihre Einnahmen täglich zu deponieren. Trotzdem aber steigt die Inflation, und zwar deutlich stärker, als die vom statischen Amt INDEC errechneten 9,7 Prozent für das erste Quartal des Jahres 2002.

Gerade Grundnahrungsmittel und Güter des täglichen Bedarfs, solche, die schlicht unverzichtbar sind, werden deutlich teurer, ebenso die Benzinpreise. Besonders schlimm für die Bürger: die drastische Anhebung der Preise für Medikamente und die Tatsache, dass angesichts der Dollarentwicklung wichtige Importe Argentinien nicht mehr erreichen. Trotz der Bemühungen der Regierung, eine Hyperinflation zu verhindern und mit einzelnen Sektoren, zum Beispiel den Supermärkten, Stillhalteabkommen zustande zu bringen, ist der Erfolg offen. Auch ist fraglich, wie lange die Gewerkschaften sich noch zurückhalten: die entwerteten Peso-Einkommen der Bürger sind in letzter Zeit nämlich eher noch zurückgegangen. Eine Indexierung der Löhne aber wäre, so nicht nur der Ökonom Roberto Alemann, erst recht "Treibstoff für die Hyperinflation".

Die Flucht in den Dollar hält jedenfalls an. Als die Zentralbank im Rahmen ihrer Interventionen Dollar zu Vorzugskonditionen bereitstellte, bildeten sich bereits am Vorabend lange Schlangen von Menschen, die auf die Öffnungszeiten warteten oder später ihren Platz weiterverkauften: 50 Pesos brachte ein solcher neuer Job des "Platzhalters" an bestimmten Tagen. Viele fragen sich allerdings, wie das benachbarte Brasilien eine Mega-Abwertung weitgehend ohne Inflation überstehen konnte, Argentinien aber genau in diese hineinzuschlittern scheint. Als Auslöser sehen Beobachter wieder einmal den Hang, schnelles Geld auf Kosten anderer zu verdienen. Der Ökonom Gabriel Rubinstein: "Wenn in einem Land die grundlegenden wirtschaftlichen Institutionen zusammenbrechen, so etwa der öffentliche Kredit, die Währung, das Finanzsystem, sei es durch externe Aggression wie einen Krieg oder interne Faktoren wie eingeborene Dummheit, verarmt ein Land. Wenn darüber hinaus die Bürger besonders "clever" zu sein versuchen und sich gegen einen staatlichen Betrug abzusichern wissen, ist die Verarmung noch größer. In diesem Stadium befinden wir uns." (Noticias, 23. März 2002)

Dramatische Verarmungstendenzen

Nicht zuletzt die Inflation und die hohe Arbeitslosigkeit sind es, die in Argentinien immer mehr Menschen unter die Armutsgrenze drücken: Nach Angaben der Sociedad de Estudios Laborales leben im Großraum Buenos Aires mittlerweile fast die Hälfte der Menschen (49,8 Prozent) unter der Armutsgrenze und können sich nicht mehr den Warenkorb leisten, der ein menschenwürdiges Leben zulässt. Bei einer Arbeitslosenquote von mittlerweile deutlich über 20 Prozent verschärft sich die Situation fast täglich: 170.000 Arbeitsplätze sollen bereits in den ersten drei Monaten 2002 zusätzlich verloren gegangen sein, hauptsächlich im Dienstleistungsgewerbe, das seit langem unter Nachfrageschwund leidet. Laut INDEC ist im Januar und Februar die Industrieproduktion im Vergleich zum schon schwachen Vorjahreszeitraum um 15,9 Prozent zurückgegangen, der Einbruch im Baugewerbe belief sich sogar auf 42,8 Prozent.

Für Interventionen aber fehlt der Regierung vor allem eines: Geld. Zwar soll eine neue Exportsteuer eingeführt werden, die mindestens 10 Prozent auf Agrar- und fünf Prozent auf Industrieprodukte beträgt. Zwar besteht die Hoffnung, damit rund 1,4 Milliarden Pesos jährlich einzunehmen. Die bisherige Entwicklung aber bleibt dramatisch: Um 7,4 Prozent gingen die Steuereinnahmen im März 2002 gegenüber März 2001 (Vergleichszahlen Februar: 20,3%) zurück, auf insgesamt 3,0767 Milliarden Pesos.

Diese Zahlen werden noch kritischer, wenn man bedenkt, dass hier die Akzeptanz eines Steuermoratoriums seitens der Bürger nicht erwartetes Geld in die Kassen brachte. Parallel aber sank zum Beispiel die Einnahme aus der Mehrwertsteuer im gleichen Zeitraum um 27,2 Prozent, bei der Einkommenssteuer ergab sich sogar ein Minus von 34,6 Prozent. Daraus wird dann für die ersten drei Monate 2002 gegenüber 2001 ein akkumuliertes Minus von 16,1 Prozent. Gleichwohl versucht die Regierung an der sozialen Front, mit einem neuen Bürgergeld für bedürftige und arbeitslose Haushaltsvorstände von 150 Pesos im Monat für Ruhe zu sorgen. Da der bereits zitierte Warenkorb für ein Verbleiben oberhalb der Armutsgrenze für eine vierköpfige Familie aber bei 600 Pesos liegt, ist der Erfolg mehr als zweifelhaft.

Hinzu kommt, dass immer mehr Firmen in die Zahlungsunfähigkeit schlittern. Jüngst erklärte sogar die Telecom, Schulden im Ausland nicht mehr bedienen zu können. Die Muttergesellschaft, Telecom France, hatte sich zuvor geweigert, der argentinischen Tochter unter die Arme zu greifen. Ein Beispiel, das Schule macht, mit allen Konsequenzen.

Gerade bei den Versorgungsunternehmen wie Metro Gas ist mittlerweile zu befürchten, dass es zu ernsthaften Versorgungsengpässen kommen könnte, sollte sich deren Finanzsituation nicht bessern. Ein weiterer Indikator: Das Verschwinden des amerikanischen Nachrichtensenders CNN aus den argentinischen Kabelnetzen. Angesichts des Wertverlustes des Peso hatte man sich nicht auf neue Gebühren mit den Kabelnetzbetreibern einigen können, die lediglich eine moderate Preiserhöhung durchzusetzen versuchen. Die Befürchtung, dass sonst noch mehr Klienten abspringen, ist zu groß. Lediglich der Touristiksektor sorgt für einen Hoffnungsschimmer: Zu Ostern bevölkerten Chilenen, Brasilianer und Uruguayer vor allem die grenznahen Gebiete. Mit Taschenrechnern bewaffnet gingen sie auf Schnäppchen-Jagd. Nach zehn Jahren Währungsparität zum Dollar für viele Argentinier eine neue Erfahrung. Bisher waren sie es, die gestützt auf einen überbewerteten Peso im Ausland billig einkaufen und urlauben konnten.

Die Bevölkerung zeigt sich derweil weiterhin ratlos, fast 70 Prozent der Argentinier sehen mit immer größerem Pessimismus in die Zukunft (CEOP-Umfrage, Clarín vom 10. März 2002). Und in einer Umfrage von Hugo Haime y Asociados im Großraum Buenos Aires sprachen sich 65 Prozent der Befragten dafür aus, die Anfang der neunziger Jahre privatisierten Staatsfirmen wieder zu verstaatlichen. Eine knappe Mehrheit von 41 gegen 39 Prozent (bei 20 Prozent Unentschiedenen) äußerte sich zudem positiv über eine Verstaatlichung der Banken, deren Image weiterhin am Boden liegt. Gleichzeitig aber zeigen die Bürger ein hohes Maß an Realismus: 52 Prozent der Befragten hielten es für einen Ausweg aus der Krise für unabdingbar, mit dem Internationalen Währungsfonds Einvernehmen zu erzielen, sogar 60 Prozent lehnten das Ansinnen ab, auf die Rückzahlung der Auslandsschulden zu verzichten. Und es geht sogar noch weiter: Nachdem MIT-Guru Rüdiger Dornbusch vor kurzem vorgeschlagen hatte, Argentinien unter internationale Kuratel zu stellen - in Analogie zum Modell für Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg -, sehen die Argentinier dies selbst offenbar nicht als bedrohlich an: 47,9 Prozent hielten es nach einer Ibope-OPSM-Umfrage für gut oder sogar sehr gut, wenn sich eine internationale task force der Regierungsarbeit annähme, mit deutlichem Schwerpunkt auf der Überwachung des gesamten Regierungshandelns.

Cavallo in Haft

Die Popularität der Politiker hat angesichts dieses Panoramas natürlich nicht zugenommen. Die sogenannten Escraches, zum Teil durchaus gewalttätiges Anpöbeln von Politikern, Bankern und anderen Personengruppen im Fadenkreuz der Kritik, halten an. Jüngste Opfer waren der über achtzigjährige ehemalige Wirtschaftsminister Roberto Aleman und der Ex-Kulturstaatssekretär Jorge Asis. Dieser allerdings, innerhalb der Justizialistischen Partei PJ dem Menem-Flügel zuzuordnen, machte dafür den Geheimdienst SIDE und den Duhalde-Sektor verantwortlich.

Über die Einschätzung solcher Übergriffe ist ein heftiger Streit entbrannt. Leitartikler Joaquín Morales Sola, unterstützt von Journalisten wie Mariano Grondona etwa, vergleicht diese Aktionen von radikalisierten Minderheiten mittlerweile mit Aktionen der Nazis gegen deutsche Parteipolitiker zu Anfang der dreißiger Jahre. James Neilson, langjähriger Chef des Buenos Aires Herald, hält hingegen das Verhalten der argentinischen Bürger angesichts der Größe der Krise und ihrer sozialen Einbussen für "außerordentlich friedlich", warnte aber gleichzeitig vor den üblichen Extremen: "In Argentinien, einem Land der Extreme, ist es üblich, dass sich Perioden exzessiver Permissivität, in denen sich alle zu ihrer Toleranz gratulieren, mit solchen abwechseln, wo ein überbordender Autoritarismus regiert: So wie in vielen anderen Bereichen auch, wäre es allemal besser, für den Mittelweg zu optieren." (Noticias, 23.März 2002)

Zu diesem Klima gesellen sich steigende Opferzahlen von Gewaltverbrechen, nicht zuletzt innerhalb der Polizei. Über dreißig ermordete Polizisten gibt es im Großraum Buenos Aires 2002 bereits zu beklagen, zuletzt wurde ein Leibwächter von Außenminister Carlos Ruckauf erschossen, als er in einem Restaurant einen Raubüberfall verhindern wollte. Beim Begräbnis machte der Minister, der schon als Gouverneur der Provinz Buenos Aires für eine schärfere Strafverfolgung eingetreten war, Luft und warf vor allem den Richtern vor, zu milde zu urteilen und Gewaltverbrecher zu schnell wieder auf freien Fuß zu setzen. Da Straftäter auch immer jünger werden und sich unter den Mördern nicht selten auch Strafunmündige befinden, ist das Dilemma nur allzu offensichtlich.

Währenddessen sitzt seit einigen Tagen Ex-Superminister Domingo Cavallo in Untersuchungshaft, ironischerweise in der gleichen Waffenschmuggel-Affäre, für die auch Ex-Präsident Carlos Menem monatelangen Hausarrest hinter sich brachte, mittlerweile aber wieder auf freiem Fuß ist. Nicht wenige sehen darin nun einen populistischen Racheakt aus Kreisen einen politikhörigen Justiz: Zu einem Zeitpunkt, als sich Cavallo auf dem Höhepunkt der Macht befand, wurde er nicht einmal als Zeuge in dieser seit Jahren anhängigen Sache vorgeladen.

Die Kandidaten laufen sich warm

Sein Amtsvorgänger Ricardo Lopez Murphy verliess derweil öffentlichkeitwirksam seine Partei UCR, der er seit Studentenzeiten angehörte. Auch den Posten als Chef- Ökonom des Wirtschafts - Think tanks FIEL gab er auf, um sich von einem neuen Büro und einer neuen Stiftung aus ganz auf eine Präsidentschaftskampagne zu konzentrieren. Damit reiht er sich ein in eine mittlerweile lange Liste möglicher Kandidaten, die alle zunächst nach Koalitionspartnern und einem unverwechselbaren Profil suchen:

Bei den Peronisten sind dies bereits erklärtermaßen Ex-Präsident Carlos Menem, Ex-Präsident Adolfo Rodriguez Saá sowie die Gouverneure der Provinzen Salta, Santa Cruz und Córdoba, Romero, Kirchner und De la Sota. Der nach wie vor aussichtsreichste Kandidat aber, Santa Fés Gouverneur Carlos Reutemann, bleibt seinem Stil treu: er äußert sich nicht. Ein Signal aber sehen Beobachter darin, dass Reutemann jetzt sichtbar auf Distanz zur Regierung Eduardo Duhaldes ging, deren stärkste innerparteiliche Stütze er außerhalb der Provinz Buenos Aires bisher war. Zwei enge Reutemann-Vertraute, die bisher als Staatssekretäre der Regierung angehörten, zogen sich zurück: Landwirtschaftsstaatssekretär Miguel Paulón und Finanzstaatssekretär Oscar Lamberto. Letzterer kehrt auf sein Mandat als Senator zurück, ebenfalls eine gutes Ausgangsbasis zur Unterstützung möglicher Ambitionen seines Gouverneurs.

Sollte Reutemann sich erklären, so ein einflussreicher Politikberater in Buenos Aires, verengte sich der Spielraum für andere Kandidaten der "rechten Mitte" dramatisch, unter ihnen Lopez Murphy, die ehemalige Arbeitsministerin Patricia Bullrich und der Präsident des Fußballclubs Boca Juniors, Mauricio Macri.

Ihnen allen werden aber auch Ambitionen nachgesagt, gerade mit Reutemann zu einer Übereinkunft zu g elangen. Der gleiche Politikberater gäbe einer solchen Kombination bei vorgezogenen Wahlen, die er im September/Oktober für möglich hält, nach wie vor einen Vorsprung vor einer Links-Alternative um die ARI - Führerin und nationale Abgeordnete Elisa Carrio. Sein worst case-Szenario: Ein Carrio-Sieg, getragen von der öffentlichen Unzufriedenheit und eine damit einhergehende Unregierbarkeit.

Dann müsse man sogar die jetzt eindeutig unwahrscheinliche zivil-militärische Option wieder in Erwägung ziehen. Währenddessen aber gilt für die aktuelle Regierung die Aussage eines anderen Politikberaters, Hugo Haime, in der Zeitung El Cronista (9. April 2002): "Es ist genau diese Fragmentierung, in der die größte Stärke Duhaldes liegt."

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Olaf Jacob

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Leiter des Auslandsbüros Chile

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