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"Brasilien ist ein gespaltenes Land"

Felix Dane im Interview mit KAS.de zum Ausgang der Präsidentschaftswahlen

Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff hat sich in der Stichwahl gegen den Mitte-Rechts-Kandidaten Aécio Neves durchgesetzt und sich eine zweite Amtszeit von vier Jahren gesichert. Noch am Wahlabend rief die Siegerin jedoch zu Dialog und Einheit auf. Beides werde ein zentrales Anliegen ihrer nächsten Administration sein. Über Auswirkungen dieser Wahl, Chancen und Risiken sprach Felix Dane, Leiter des Brasilienbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung, im Interview mit KAS.de.

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51,64 Prozent erhielt Amtsinhaberin Rousseff, gefolgt von 48,36 Prozent für ihren Gegenkandidaten Aécia Neves. Dieses knappe Ergebnis zeige, wie gespalten und pluralisiert Brasilien sei, sagte Felix Dane. Und zwar nicht nur entlang des oft genannten Nord-Süd-Konflikts zwischen dem armen Norden und dem industrialisierten Süden, der sich sehr stark an Europa orientiere. "Es geht auch um eine ideologische Spaltung zwischen denjenigen, die sich eine liberalere Marktwirtschaft wünschen und denen, die gerne an eher links-sozialistischeren Entwicklungsmodellen festhalten", so der Leiter des Brasilien-Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Rio. Diese Spaltung ziehe sich durch das ganze Land und habe sich durch den sehr harten Wahlkampf der letzten Tage noch verschärft.

Rousseff habe zwar noch am Wahlabend dazu aufgerufen, das Land zu vereinen, "das hat sie aber erst ganz am Ende ihrer Rede getan und zwar so spät, dass viele Brasilianer bereits abgeschaltet hatten und enttäuscht waren, dass sie diesen Sprung eben nicht so klar gemacht hat, zu sagen, sie ist die Präsidentin für alle". Die von ihr angekündigte Politikreform werde seit fast zehn Jahren disktutiert und beinhalte viele Aspekte des politischen Lebens wie Wahlgesetz, Parteienfinanzierung oder Begrenzung der Parteienzahl im Parlament. Während der Proteste im Sommer 2013 wurde sogar darüber diskutiert, dafür eigens eine Volksabstimmung abzuhalten, so Dane. "Volksabstimmungen sind im brasilianischen Gesetz jedoch nicht vorgesehen. Somit muss man erstmal sehen, wie die Gesetze geändert werden müssten, damit ein solches Vorhaben umgesetzt werden kann." So gespalten wie das Land und das Parlament jedoch seien, werde es schwierig, diese Dinge zügig voranzubringen, so sehr sie auch eigentlich notwendig seien.

Blicke man auf die wirtschaftliche Situation Brasiliens, habe das Land vor allem drei große Probleme. Die schlecht ausgebaute Infrastruktur - Häfen, Flughäfen, Straßen - bremse den Güterverkehr aus dem Landesinneren, das schlechte Bildungssystem habe zu einem Fachkräftemangel unter Arbeitern geführt und schließlich lähme die überbordende Bürokratie den gesamten Entwicklungsprozess. "Das alles führt dazu, dass Brasilien eigentlich nicht mehr konkurrenzfähig ist und sich sein wirtschaftliches Wachstum in den letzten Jahren nur über den Verkauf von Rohmaterial verdient hat. Da dieser Markt wegen der krankenden Weltwirtschaft nun auch eingebrochen ist, hat Brasilien einfach nicht mehr viel." Trotz Rezession und wirtschaftlicher Schwierigkeiten, sei das Land mit seinen 200 Millionen potentiellen Konsumenten jedoch immer noch ein interessanter Markt auch für die deutsche Wirtschaft.

Darüber hinaus bleibe das Land sowohl für Deutschland, als auch Europa ein interessanter Spieler, "weil man es als Brückenkopf zwischen Süd-Süd und Nord-Süd nutzen kann". Am Ende solle man auch nicht auf die brasilianische Rhetorik reinfallen, weil sie oftmals doch häufiger gemeinsam mit der EU handeln, als die Rhetorik auf den ersten Blick andeute. "Ich glaube, dieser Trend wird sich auch erst einmal fortsetzen. "

Das komplette Interview finden Sie als Audio-Mitschnitt in der rechten Spalte.

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Dr. Jan Woischnik

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Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.

erscheinungsort

Berlin Deutschland