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US-Präsident braucht den Senat

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Бөлісу

Das Rennen um die amerikanische Präsidentschaft spitzt sich zu, und entgegen aller Erwartung schöpfen die Republikaner Hoffnung. Mit John McCain bieten sie einen integren Kandidaten auf, der sich in seiner langen Karriere auch unter moderaten Demokraten und unabhängigen Wählern großes Ansehen erworben hat. Zudem stellt sich Barack Obama nach dem bitter geführten Vorwahlkampf gegen Hillary Clinton die schwierige Aufgabe, die Demokratische Partei wieder zu einen. Dem entsprechend fallen die Umfragen aus: McCain liegt nur knapp hinter Obama, und in den meisten wahlentscheidenden Staaten hat er die besseren Karten.

Aber am 4. November wird nicht nur ein neuer Präsident gewählt, sondern auch ein neuer Kongress. Von großer Bedeutung ist dabei der Senat, der insbesondere in außenpolitischen Fragen erhebliches Gewicht hat. Derzeit ist die Kammer zwischen Republikanern und Demokraten mit 49:49 Sitzen gleichmäßig gespalten, aber da zwei Unabhängige zu den Demokraten neigen, haben diese eine hauchdünne Mehrheit.

Von den 100 Senatoren (für jeden Bundesstaat zwei), wird alle zwei Jahre ungefähr ein Drittel auf sechs Jahre neu gewählt, diesmal stehen 35 zur Wahl. Da amtierenden Senatoren nur in seltenen Fällen die Wiederwahl versagt bleibt, sind die sogenannten «offenen Sitze», die sich durch den Rückzug eines Amtsinhabers ergeben, besonders umkämpft. Fünf solcher Sitze sind diesmal im Spiel, und alle wurden bislang von Republikanern gehalten – für die Demokraten gibt es also nichts zu verlieren, aber viel zu gewinnen. Meinungsumfragen zeigen, dass mindestens zwei dieser Sitze (in Virginia und New Mexico) den Demokraten so gut wie sicher sind, weil sie äußerst beliebte und erfahrene Kandidaten ins Feld führen können.

Schlimmer noch für die Republikaner: Sogar einigen ihrer Amtsinhaber werden Niederlagen prognostiziert. John Sununu, ehemals Stabschef von Präsident Bush sen., liegt in New Hampshire fast zehn Prozentpunkte hinter seinem Herausforderer, und Norm Coleman gerät gegenüber dem Michael-Moore-haften Komiker Al Franken in Minnesota ins Hintertreffen. In dem Staat, der vor wenigen Jahren den Catcher Jesse «The Body» Ventura zum Gouverneur wählte, ist eben alles möglich. Die Demokraten wiederum müssen derzeit um keinen einzigen ihrer Senatoren bangen.

Daher sind sich die Zahlendeuter und Meinungsmagier in Washington einig: Die Republikaner werden im Januar 2009 mindestens einen Sitz weniger im Senat haben, vielleicht sogar sechs oder sieben. Solch eine komfortable demokratische Mehrheit hatte es seit 1993 nicht mehr gegeben, zumal außer Frage steht, dass das Repräsentantenhaus in Händen der Demokraten bleiben wird.

Für einen demokratischen Präsidenten bedeuten solche Machtverhältnisse zwar keine Carte blanche, aber sie wären eine belastbare Grundlage für einen spürbaren Politikwechsel. Umgekehrt kann sich John McCain darauf einstellen, dass er im Falle eines Wahlsieges mit einer starken Opposition konfrontiert sein wird. Er wird all sein Talent zur Überparteilichkeit aufbieten müssen, um überhaupt politisch agieren zu können.

Womöglich ist es gerade diese Konstellation, die viele Wähler dazu bringt, ihre Stimme dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten zu geben.

In jedem Fall steht fest, dass die Richtungsentscheidung über die Zukunft amerikanischer Politik nicht nur im Präsidentschaftswahlkampf fallen wird, sondern auch im republikanischen Rückzugsgefecht im Senat. Es lohnt sich daher auch aus deutscher Perspektive, genau zu verfolgen, wie hoch die Verluste der „Grand Old Party“ ausfallen werden.

Mit freundlicher Genehmigung der „Frankfurter Neuen Presse“.

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Dr. Patrick Keller

Foreign Affairs and Security Policy

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