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"Der Kreisauer Kreis und seine europapolitischen Vorstellungen"

Begleitveranstaltung zum Ausstellungsprojekt „In der Wahrheit leben. Aus der Geschichte von Widerstand und Opposition in den Diktaturen des 20. Jahrhunderts“ - in Kooperation mit der Kreisdiakoniestelle Hildburghausen-Eisfeldmit Georg Funke (Erfurt)

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Im Rahmen des Ausstellungsprojektes „In der Wahrheit leben. Aus der Geschichte von Widerstand und Opposition in den Diktaturen des 20. Jahrhunderts“ führte das Bildungswerk Erfurt der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. Begleitveranstaltungen am Gymnasium Georgianum Hildburghausen, am Staatlichen Berufsbildenden Schulzentrum Hildburghausen sowie in der Stadtbibliothek Eisfeld durch. Die in der Kreisstadt Hildburghausen gezeigte Ausstellung beschäftigt sich mit Widerstand gegen die nationalsozialistische Diktatur sowie gegen die kommunistischen Diktaturen in Osteuropa. Im besonderen Blickfeld steht dabei der Kreisauer Kreis, eine der bekanntesten Widerstandsgruppen im Dritten Reich. Als Referent der Veranstaltung in Eisfeld wirkte Georg Funke (Erfurt), der sich seit vielen Jahren mit dem Widerstand gegen die nationalsozialistische Diktatur beschäftigt.

Der Kreisauer Kreis ist nach dem Ort Kreisau in Schlesien benannt, wo sich auf dem Gut des Helmuth James Graf von Moltke die Verschwörer zu ihren programmatischen Gesprächen trafen. Allerdings gab sich die Gruppe, die auch Treffen in der Villa Borsig nahe Berlin sowie in einzelnen Berliner Wohnungen durchführte, keinen eigenen Namen: „Kreisauer Kreis“ ist eine Bezeichnung durch den Sicherheitsdienst (SD) der Nationalsozialisten.

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Georg Funke referierte in Hildburghausen zum "Kreisauer Kreis"

Funke betonte zu Beginn seines Vortrages, dass es sich bei den Verschwörern um eine sehr heterogene Gruppe handelte. So habe Moltke angesichts der Erfahrungen in der Weimarer Republik stets ein kritisches Verhältnis zur Parteiendemokratie besessen, war aber ein überzeugter Demokrat und liberaler Weltbürger. Peter Graf Yorck von der Wartenburg beschrieb der Referent als deutschen Patrioten preußisch-konservativer Herkunft mit einer starken sozialen Komponente. Dem Kreis gehörten ferner Sozialdemokraten wie Carlo von Mierendorff, Theodor Haubach oder Julius Leber an, gleichermaßen Zentrumspolitiker wie Hans Peters, Hans Lukaschek oder Paulus van Husen, Jesuiten wie Augustin Rösch, Lothar König oder Alfred Delp, evangelische Geistliche wie Eugen Gerstenmaier, Wirtschaftsvertreter wie Theodor Steltzer, Carl-Dietrich von Trotha oder Horst von Einsiedel, Diplomaten wie Adam von Trott zu Solz bzw. Hans-Bernd von Haeften oder der Pädagoge Adolf Reichwein.

Die Verschwörer vermieden es, illegale Arbeit zu leisten. Stattdessen hofften sie auf den Sieg der Alliierten und arbeiteten Konzepte für die Zukunft aus. Dabei begaben sie sich auf die Suche nach unbelasteten Fachkräften, die in einer Nachkriegszeit wichtige Ämter in Politik und Gesellschaft übernehmen sollten. Vor allem galt es, die Folgen des Terrors zu mildern und „Inseln der Menschlichkeit“ (Moltke) zu bilden.

Bei allen diskutierten Themen war angesichts der angesprochenen heterogenen Gruppenstruktur nur schwer ein Konsens zu finden, wie beispielsweise beim Staatsaufbau: Eine föderale Ordnung sollte das Ziel sein, wobei die großen Länder wie Bayern oder Preußen aufgelöst werden sollten. Insgesamt gingen die Politiker von einem großdeutschen Gebiet aus – inklusive Österreichs sowie der Gebiete östlich von Oder und Neiße. Das allgemeine Wahlrecht sollte an die unmittelbare Ebene gebunden sein: Der Bürger wählt Gemeinde- und Kreisvertretungen direkt. Diese wählen Abgeordnete für die Landtage, jene die Vertreter für den Reichstag. Der Reichstag würde einen Reichskanzler benennen, diese die Reichsregierung. Ein Reichsverweser stellt das Staatsoberhaupt dar.

Die außenpolitische Konzeption ging vom Verzicht auf eine deutsche Hegemonialstellung aus, stattdessen vom Streben nach Frieden und internationaler Zusammenarbeit. Die politische Kultur im Innern sollte durch eine Entnazifizierung erreicht werden, Fragen der Wiedergutmachung würden akzeptiert. Zu den Zielen der künftigen Außenpolitik gehörten gleichermaßen gute Beziehungen nach Ost wie West sowie eine dauerhafte Partnerschaft. Sogar Gedanken für ein vereintes Europa arbeiteten die Widerständler aus: Auf der Suche nach einer Friedensordnung wuchs die Idee einer europäischen Völkergemeinschaft, damit es keine Hegemonialbestrebungen gegeneinander gebe und nationale Kulturen sich entfalten könnten. Freilich erkannten die Kreisauer schon früh den Ost-West-Konflikt, der den Kontinent erneut in einen Krieg ziehen könnte, wenn die militärischen Auseinandersetzungen mit dem Hitler-Reich beendet seien.

In den europapolitischen Vorstellungen sprach Moltke 1941 gar von einer gemeinsamen Währung, einer gemeinsamen Wirtschaft, einer gemeinsamen Außenpolitik. Der Kreisauer Kreis lässt sich überdies auch strukturell als Vordenker für das heutige vereinte Europa betrachten, denn schon in den vierziger Jahren stand das Konzept eines indirekt gewählten europäischen Regierungschef mit einzelnen Ministern, die von den Länderregierungen beraten würden. Das oberste politische Amt auf dem Kontinent wäre der Europäische Präsident.

Georg Funke stellte in seinem Vortrag dar, wie die Politiker des Kreisauer Kreises die Einigung Europas vorgedacht haben – allerdings unter den damaligen Gegebenheiten des Zweiten Weltkrieges. Dass einige ihrer Gedanken und Konzepte bis heute Wirklichkeit wurden, erlebten die meisten Widerständler nicht mit, denn im Zuge des Attentates vom 20. Juli wurden sie verhaftet und hingerichtet. Die wenigen Überlebenden waren nach dem Zweiten Weltkrieg aktiv am Neuaufbau der Demokratie und bei der Errichtung der Bundesrepublik Deutschland beteiligt, etwa Gerstenmaier als Bundestagspräsident, Steltzer als Ministerpräsident Schleswig-Holsteins oder Lukaschek als Vertriebenenminister unter Adenauer.

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