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Flickr/DoD photo by Staff Sgt. Lynette Hoke, the U.S. Army/CC BY 2.0

보고서

Das Zweistromland zwischen Schlachtfeld und Stabilitätsanker

Gregor Jaecke, Michaela Balluff

100 Tage Biden-Administration im Irak

In den ersten 100 Tagen der Amtszeit von Präsident Biden nahmen Angriffe pro-iranischer Milizen auf US-amerikanische Ziele im Irak zu. Auch wenn der neu gewählte Präsident vermeiden möchte, dass der Irak zum Schlachtfeld einer amerikanisch-iranischen Auseinandersetzung wird und er das Gespräch mit Teheran sucht, so muss er zugleich dem iranischen Regime und seinen Milizen ihre Grenzen aufzeigen. Die Zukunft des Irak, die für die Stabilität der Region von großer Bedeutung ist, hängt stark von der US-amerikanischen Iran-Politik ab.

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Biden, der Irak-Kenner

Als ehemaliger Vizepräsident unter US-Präsident Barack Obama mit langjähriger Erfahrung in Washington ist Joe Biden auch mit dem Irak gut vertraut:[1] Biden beaufsichtigte den US-Truppenabzug aus dem Irak ab 2011. Bereits drei Jahre später wurden im Rahmen der US-geführten Internationalen Allianz gegen den IS jedoch erneut US-Streitkräfte in den Irak entsandt. Auch andere Mitglieder der neuen US-Regierung verfügen über Irak-Expertise: Verteidigungsminister General Lloyd J. Austin organisierte als Kommandeur der US-Streitkräfte im Irak gemeinsam mit Biden den Truppenabzug 2011 und Brett McGurk, Koordinator für den Nahen Osten im Nationalen Sicherheitsrat, war von 2015 bis Ende 2018 US-Sonderbeauftragter für die Internationale Allianz gegen den IS. Dies weckt die Hoffnung, dass sich ein breiteres Verständnis der Komplexität des Irak positiv auf die Nahostpolitik Washingtons auswirken könnte. So urteilt auch Dlawer Ala’Aldeen, Direktor des Middle East Research Institute und Partner der Konrad-Adenauer-Stiftung: „Die US-Diplomaten im Irak scheinen nun eine größere Klarheit über die Politik ihres Landes zu besitzen, als dies noch in jüngster Vergangenheit der Fall war. Sie sind sehr interessiert daran, die irakische Regierung in einen ‚strategischen Dialog‘ über ihre militärische Präsenz und die allgemeinen bilateralen Beziehungen einzubeziehen.“[2]

Die Relevanz des Irak für die US-Außenpolitik wurde gleich nach Amtsübernahme Bidens deutlich: Der irakische Premierminister Mustafa Al-Kadhimi war der erste arabische Staatsmann, mit dem sich der neue US-Präsident telefonisch austauschte. Die beiden Politiker erklärten, die bilateralen Beziehungen unter Wahrung der Souveränität und Unabhängigkeit des Iraks zu vertiefen und den Schutz diplomatischer Vertretungen zu gewährleisten. Versuche, den Irak und die Region zu destabilisierten, verurteilten sie.

An Teheran führt kein Weg vorbei

Die US-Politik gegenüber dem Irak wurde und wird auch weiterhin wesentlich von der amerikanischen Iranpolitik beeinflusst. Im Jahr 2018 traten die Vereinigten Staatenaus dem 2015 abgeschlossenen Atom-abkommen (JCPoA) mit dem Iran aus. Als Teil ihrer „maximum pressure“-Strategie führte die Trump-Administration wieder strikte wirtschaftliche Sanktionen gegen den Iran ein. Auch irakische Militärfunktionäre und pro-iranische Milizen waren von den Sanktionsbestimmungen betroffen und der Irak, der weiterhin abhängig von iranischen Gas- und Elektrizitätsimporten ist, spürte die Auswirkungen der Auflagen. Um die Folgen zu mildern, erteilen die USA dem Irak seit 2018 Sondergenehmigungen (sog. „waiver“), die die Einfuhr dringend benötigter iranischer Energie- und Rohstofflieferungen erlauben.

Infolge der Tötung des iranischen Generals Qassem Soleimani und des irakischen Milizen-Anführers,[3] Abu Mahdi al-Muhandis, auf irakischem Boden im Januar 2020 erreichte das Verhältnis zwischen Washington und Teheran einen Tiefpunkt. Soleimani war als Kommandeur der Quds-Einheit der iranischen Revolutionsgarde maßgeblich an der Ausweitung des iranischen Einflusses in der Region, unter anderem durch Auslandseinsätze iranischer Spezialkräfte, verantwortlich. Pro-iranische Milizen im Irak reagierten auf seine Tötung mit vermehrten Raketenangriffen auf diplomatische Ziele innerhalb der sogenannten ‚Grünen Zone‘ in Bagdad sowie auf Konvois der Internationalen Allianz gegen den IS. Als Reaktion auf die wiederholten Angriffe drohten die USA im Oktober 2020 sogar mit der Schließung ihrer Botschaft in Bagdad.

Der Irak war stets gefangen im Konflikt zwischen Washington und Teheran. Farhad Alaaldin, Vorsitzender des Iraq Advisory Council, beschreibt Trumps Politik als „eine Mischung aus Konfrontation und Business“. „Er polarisierte die Region zwischen zwei Achsen: diejenigen auf seiner Seite und die auf der anderen. Der Irak war zerrissen zwischen diesen beiden Seiten, ins-besondere wenn es um die Politik des Iran ging.“[4] Der Irak-Experte Dlawer Ala’Aldeen ergänzt: „Ein Großteil des Engagements für den Irak steht im Kontext der übergreifenden Nahostpolitik und insbesondere im Rahmen ihrer Politik gegenüber dem Iran.“[5]

Bidens erster Test im Irak

Knapp einen Monat nach Amtsübernahme wurde Bidens Nahostpolitik einem ersten Test unterzogen. Bei einem Raketenangriff auf einen US-amerikanischen Luftwaffen-stützpunkt in Erbil (Autonome Region Kurdistan) im Februar 2021 wurden einige Personen verletzt, ein ziviler Mitarbeiter starb. Die bis dahin wenig bekannte Gruppierung Saraya Awliya al Dam bekannte sich zur Tat und kündigte weitere Aggressionen an. Zwar sind Angriffe auf internationale militärische und diplomatische Ziele im Irak keine Seltenheit, allerdings galt der kurdisch kontrollierte Nordirak bisher als weitgehend sicher. Wenige Tage später wurde auch der Luftwaffenstützpunkt Balad, nördlich von Bagdad sowie das Regierungsviertel, die ,Grüne Zone‘, mit Raketen beschossen. Washington machte pro-iranische Milizen für die Angriffe verantwortlich. In den folgenden Wochen fanden weitere Angriffe dieser Milizen auf verschiedene US-amerikanische Einrichtungen in unter-schiedlichen Landesteilen des Irak statt. Ein Ende der gewaltsamen Attacken auf US-amerikanische Ziele scheint daher nicht in Sicht zu sein. Seit Bidens Amtsantritt kam es insgesamt schon zu acht Angriffen auf US-amerikanische Ziele im Irak.

Die Wiederaufnahme der Angriffe nach Monaten relativer Ruhe wird allgemein als Test für die neue Biden-Administration und iranische Versuche gesehen, die USA zur Aufhebung der Sanktionen und einer Rückkehr an den Verhandlungstisch des JCPoA zu bewegen. Als Reaktion auf die Angriffe bombardierte die US-Luftwaffe am 25. Februar Basen pro-iranischer Milizen in Syrien. Biden erklärte, dass dieser erste Luftschlag in seiner Funktion als US-Oberbefehlshaber eine klare Nachricht an den Iran sei: „Ihr könnt nicht straflos handeln. Seid vorsichtig.”[6]

Die militärische Reaktion der USA war vergleichsweise gemäßigt, denn Washington steckt in einem Dilemma: Präsident Biden will einerseits eine Eskalation, wie zuletzt nach der Tötung von Qassem Soleimani, und eine Zunahme von iranisch-amerikanischen Kampfhandlungen auf irakischem Boden vermeiden. Die neue US-Regierung sucht außerdem den Dialog mit dem Iran. Biden hatte schon im Vorfeld der US-Wahlen verkündet, dass er eine Neuverhandlung des Atomabkommens führen wolle. Eine sehr harte militärische Reaktion gegen das iranische Regime könnte dies erschweren. Eine zu schwache Antwort auf die Raketenangriffe hingegen dürfte andererseits zu weiteren Provokationsversuchen Irans und pro-iranischer Milizen führen, die sich ohne Konsequenzen für ihr Handeln ermutigt fühlen könnten, aggressiver vorzugehen. Dies würde nicht nur die noch im Irak stationierten US-Truppen gefährden, sondern auch die irakische Bevölkerung. Mit der Entscheidung, Einrichtungen im Nachbarland Syrien anzugreifen, vermieden die USA bislang eine Eskalation im Irak. Gleichzeitig bewies die Biden-Administration, dass sie, wenn notwendig, nicht vor militärischen Aktionen zurückschreckt und Provokationen nicht straflos hinnimmt. Die neue US-Regierung setzt somit auf eine Mischung aus Diplomatie und militärischem Engagement. Zweifelsohne kein einfaches Unterfangen.

Kompletter Truppenabzug unwahrscheinlich

Ähnlich wie seine beiden Vorgänger hatte auch Biden verkündet, die endlosen Kriege beenden und die US-Truppen nach Hause bringen zu wollen. Unter Donald Trump wurde das US-Truppenkontingent im Irak bereits von über 5.000 Soldaten auf rund 2.500 Mann halbiert. Anfang April 2021 führten die neue Biden-Administration und der Irak den strategischen Dialog über die gegenseitigen Interessen in der Region sowie die Funktion der Koalitionskräfte im Irak weiter. In einer gemeinsamen Erklärung verkündeten sie, dass sich die Rolle der US- und der Koalitionstruppen angesichts der verbesserten Kapazitäten der irakischen Sicherheitskräfte auf Ausbildung und Beratung beschränken werde. Ein genauer Zeitplan zum Abzug der US-Armee soll in weiteren Gesprächen festgesetzt werden.[7] Dass die US-Truppen den Irak vollständig verlassen werden, ist jedoch unwahrscheinlich und General Frank McKenzie, Befehlshaber des Zentralkommandos CENTCOM, äußerte Ende April, es gäbe momentan keine Pläne für einen Abzug wie in Afghanistan.[8] Das Weiße Haus verkündete zudem unlängst eine mögliche Aufstockung von US-Personal für eine NATO-Trainingsmission. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte im Februar 2021 eine Verstärkung der Verbände im Irak von 500 auf rund 4.000 Mann verkündet, um den gestiegenen IS-Aktivitäten begegnen zu können.[9]

(K)eine US-Vision für die Zukunft des Irak?

Da die Stärkung der bilateralen Beziehungen mit dem Irak und seine Loslösung aus dem iranischen Einflussbereich wesentlich von der US-

amerikanischen Iran-Politik abhängt, versucht Präsident Biden, Teheran in ein regionales Gesamtkonzept einzubeziehen. Experten fürchten jedoch, dass die Auseinandersetzungen mit dem Iran sowie sicherheitspolitische Fragestellungen, wie bereits unter Barack Obama und Donald Trump, überproportional gewichtet werden könnten. Der Iran und das JCPoA dürften Bidens Nahost-Agenda dennoch weiterhin bestimmen. Doch eine vorschnelle Rückkehr zum Atomabkommen und die überstürzte Aufhebung von Sanktionen würden erhebliche Risiken mit sich bringen: Der Iran könnte durch verbesserte finanzielle Ressourcen seine Milizen auch im Irak stärken, was Konflikte weiter befeuern und die Gesamtregion de-stabilisieren könnte.

Für den Irak formulierte die Biden-Administration insbesondere die Unterstützung bei freien und fairen Wahlen, die Bekämpfung pro-iranischer Milizen und Terrorgruppen sowie die Überwindung von Korruption, der Covid-19-Pandemie und deren wirtschaftlichen Herausforderungen als Hauptziele der US-Außenpolitik im Land. Von besonderem Interesse sind dabei die, voraussichtlich im Oktober anstehenden, Parlamentswahlen. Der Ausgang der vorgezogenen Wahlen wird darüber entscheiden, wer in Zukunft die Geschicke des Landes lenkt, sei es eine mehr zu Teheran gewandte oder eher eine progressive und reformorientierte Regierung. Letztere könnte möglicherweise sogar (zumindest langfristig) ähnliche Ansätze wie die Protestbewegung verfolgen und den Irak in Richtung eines geeinten Staates – jenseits von ethno-konfessionellen Konfliktlinien – lenken. Laut einer von der KAS durchgeführten repräsentativen Umfrage sprechen sich eine Mehrheit der Iraker für eine Abnahme des US-amerikanischen Einflusses im Irak aus, sowie den Abzug ausländischer Truppen. Gleichzeitig stimmte auch eine überwiegende Mehrheit der Befragten für die Verminderung des iranischen Einflusses in der Region und wünschte sich, dass der Irak in Zukunft in regionalen Konflikten eine neutrale Position einnimmt.[10]

Das Land wird weiterhin im Fokus amerikanischer Politik stehen, auch wenn Bidens außenpolitische Schwerpunkte unbestritten international woanders verortet sind. Dennoch sind sich die USA im Klaren darüber, dass ein instabiler Irak die Stabilität der gesamten Region negativ beeinflussen kann.
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[1] Bidens Irak-Politik wurde in der Vergangenheit jedoch nicht immer unkritisch gesehen. Als Vorsitzender des Senates stimmte er 2002 für eine Resolution, die ein Jahr später zum Einmarsch der USA in den Irak führte. Im Juni 2006 empfahl Biden eine Aufteilung des Landes entlang ethno-konfessioneller Linien und die Bildung eines schiitischen, eines sunnitischen und eines kurdischen Teilstaates. Der Vorschlag wurde lediglich von kurdischer Seite positiv aufgenommen, sorgte sonst jedoch für breite Ablehnung, da er als Beschleuniger einer möglichen noch tieferen Spaltung der irakischen Gesellschaft wahrgenommen wurde.

[2] Dlawer Ala‘Aldeen im schriftlichen Interview am 29. März 2021.

[3] Die Volksmobilisierungseinheiten sind ein Verbund von rund 40 irakischen Milizen, die offiziell Teil der irakischen Armee sind, doch zumeist ein Eigenleben führen.

[4] Farhad Alaaldin im schriftlichen Interview am 31. März 2021.

[5] Dlawer Ala‘Aldeen im schriftlichen Interview am 29. März 2021.

[6] Vgl.: Iran ‘can’t act with impunity,’ Biden says after U.S. air strikes, Reuters, 27. Februar 2021.

[7] Vgl.: Joint Statement on the U.S.-Iraq Strategic Dialogue, U.S. Department of State, 7. April 2021.

[8] Vgl.: CENTCOM: US has 'no plans' to draw down forces in Iraq; Baghdad wants us to stay, Kurdistan24, 23. April 2021.

[9] Vgl.: Online press conference by NATO Secretery General Jens Stoltenberg following the second day of the meetings of NATO Defence Ministers, NATO, 18. Februar 2021.

[10] 72% der Befragten stimmten sehr stark (55%) oder zum Teil (17%) für eine Verminderung des US-amerikanischen Einflusses im Irak. Besonders hoch war die Zustimmung unter Frauen (74%) und 31-45-jährigen (78%). 90% befürworteten eine Abnahme des iranischen Einflusses, insbesondere in der Altersgruppe 25-30 (94%). 70% unterstützen einen Abzug ausländischer Truppen aus dem Irak, nur in der ARK stimmte eine Minderheit für den Abzug (39%). Eine Mehrheit von 59% möchte, dass der Irak neutral in regionalen Konflikten bleibt. Vgl.:Konrad-Adenauer-Stiftung, Opinion Poll on the Protest Movement in Iraq, November 2020.

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Gregor Jaecke

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